Drucksache 18 / 10 025 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sven Rissmann (CDU) vom 08. November 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. November 2016) und Antwort Entwicklung der Berliner Justiz (II) - Opferschutz Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie beurteilt der Senat die Arbeit des Opferbeauftragten ? Zu 1.: Die Stelle des Opferbeauftragten des Landes Berlin wurde im September 2012 eingerichtet. Der Opferbeauftragte arbeitet unabhängig vom Senat, wird von diesem in seiner Arbeit aber fortwährend unterstützt. Es handelt sich bei dem Opferbeauftragten um eine bislang einmalige Einrichtung in der Bundesrepublik. Zu seinen Aufgaben gehört der Aufbau eines Netzwerkes aus den Hilfsangeboten der Polizei und der Justiz im Bereich der Opferhilfe sowie privater Hilfsorganisationen . Er wertet die im Land Berlin bestehenden Angebote im Opferschutz aus, unterbreitet Vorschläge zur Verbesserung der Situation von Opfern von Straftaten und berät die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz sowie andere Behörden in Fragen des Opferschutzes. Vor allem aber bietet der Opferbeauftragte eine Hilfestellung für die Opfer von Gewalt und deren Angehörigen , steht mit kostenfreiem juristischen Rat zur Seite und vermittelt, soweit dies angezeigt ist, auch an dritte Hilfsorganisationen weiter. Auf diese Weise hat er in der Vergangenheit in einer Vielzahl von Fällen Opfern von Gewalt helfen können. Darüber hinaus organisiert der Opferbeauftragte Fortbildungsveranstaltungen , um bestimmte Aspekte des Opferschutzes an die Gerichte und Strafverfolgungsbehörden , aber auch an im Bereich des Opferschutzes Tätige zu vermitteln. Auf der Internetpräsenz der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (https://www.berlin.de/sen/justv/ beauftragte/opferbeauftragter/) stellt er nicht nur die von ihm zu erstellenden Tätigkeitsberichte zur Verfügung, sondern zeigt hilfesuchenden Opfern von Straftaten in verschiedenen Sprachen geeignete Hilfseinrichtungen auf, auch in anderen Bundesländern und im europäischen Ausland. Die Tätigkeit des Opferbeauftragten des Landes Berlin ist ein wichtiger Baustein im Bereich des Opferschutzes. Auch aus polizeilicher Erfahrung stellt er ein wichtiges Bindeglied zwischen Institutionen und Behörden und den Opferhilfeeinrichtungen dar. Die Polizei Berlin arbeitet auf unterschiedlichen Ebenen eng mit dem Opferbeauftragten zusammen. Bedürfnisse von Opfern von Straftaten werden durch die Arbeit des Opferbeauftragten in der öffentlichen Wahrnehmung deutlicher dargestellt und Veränderungen für den Opferschutz und in der Opferhilfe initiiert. So ist im letzten Jahr auf Initiative des Opferbeauftragten bei der Polizei Berlin ein Verfahren entwickelt worden, mit dem die Daten von Opfern von Gewaltstraftaten an das Versorgungsamt des Landesamtes für Gesundheit und Soziales übermittelt werden können, um ihnen ihre gesetzlich zustehende Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz zu sichern. Der Opferbeauftragte informiert bei zahlreichen Veranstaltungen innerhalb der Polizei Berlin über neue gesetzliche Entwicklungen des Opferschutzes und die umfangreichen Opferrechte im Strafverfahren. Durch das bestehende Gesprächsangebot können Fragen zu unter schiedlichen Opferschutzthemen auf kurzem Weg im Sinne der Betroffenen geklärt werden. Der Senat bewertet die Arbeit der Opferschutzbeauftragten daher sehr positiv und ist der Überzeugung, dass diese Institution in Zukunft fortgeführt und vom Senat weiterhin unterstützt werden sollte. 2. Welche Bedeutung misst der Senat der Bekämpfung von Hass-Kriminalität im Internet, insbesondere in sozialen Netzwerken bei und welche Maßnahmen hat er diesbezüglich unternommen? Zu 2.: Der Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet wird ein sehr hoher Stellenwert eingeräumt. Insbesondere in den sozialen Netzwerken spielt Hasskriminalität heutzutage bedauerlicherweise eine große Rolle. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 025 2 Die Polizei Berlin wird sowohl aufgrund von Anzeigen und Hinweisen als auch aufgrund eigener anlassbezogener Recherchen zur Bekämpfung dieses Kriminalitätsphänomens tätig. Dabei werden Mitarbeitende des Landeskriminalamts (LKA) eingesetzt, die speziell in der Auswertung und Ermittlung im Internet und den sozialen Medien geschult sind. Gegen Veröffentlichungen, die zu Hass und Gewalt gegen andere Bevölkerungsgruppen aufrufen, wird konsequent sowohl strafrechtlich als auch gefahrenabwehrend eingeschritten. In den letzten beiden Jahren hat der Polizeiliche Staatsschutz im LKA im Rahmen eines „Aktionstages gegen rechts“ mehrfach öffentlichkeitswirksam strafprozessuale Maßnahmen gegen Verursacher von Hasspostings vollstreckt, um damit spezial- und generalpräventive Effekte gegen dieses Kriminalitätsphänomen zu erzielen. Aufgrund der damit verbundenen positiven Wirkung wurde diese Aktionsform zuletzt bundesweit übernommen und vom Bundeskriminalamt (BKA) in einem bundesweiten „Aktionstag gegen rechts“ koordiniert. Seitens der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz hat es in den letzten Jahren eine Vielzahl von Verbesserungsmaßnahmen für eine effektivere Bekämpfung und Verfolgung von Hasskriminalität gegeben. So hat Berlin auf der Herbstsitzung des Strafrechtsausschusses im Oktober 2015 angeregt, eine Bund-Länderarbeitsgruppe einzurichten, die sich mit der zeitgemäßen und aussagekräftigen Erfassung von Hasskriminalität in justiziellen Statistiken und alternativen Darstellungsmethoden befasst. Unter Leitung von Berlin wird derzeit mit weiteren Landesjustizverwaltungen und Vertretern des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz eine Erfassungssystematik erarbeitet. Im Frühjahr 2016 hat sich das Land Berlin darüber hinaus auf der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister für eine weitergehende Effektivierung der Strafverfolgung von „Hate Speech“ im Internet eingesetzt . So ist auf Antrag Berlins einstimmig der Beschluss gefasst worden, den Bundesminister für Justiz und Verbraucherschutz um Prüfung zu bitten, inwieweit Betreiber von Social-Media-Plattformen bundesgesetzlich verpflichtet werden können, den Strafverfolgungsbehörden unmittelbar Auskunft über den Urheber der Hassbotschaft zu erteilen, die inkriminierten Einträge bei Bekanntwerden zu löschen und diese als Beweismittel zu dokumentieren sowie die strafprozessualen Möglichkeiten gegenüber im Ausland ansässigen Dienstanbietern auszuloten. Berlin hat sich in Fortsetzung dessen im Rahmen der Herbstkonferenz der Justizministerinnen und Justizminister 2016 zur Stärkung der Position der von Hasskriminalität im Internet betroffenen Nutzer für weitere Maßnahmen eingesetzt; insbesondere dafür, dass eine effektive Löschung von „Hate Speech“ im Internet bei gleichzeitiger Beweissicherung ermöglicht und dafür ein transparentes Beschwerdeverfahren geschaffen wird. Bei der Staatsanwaltschaft Berlin werden seit dem 1. Januar 2013 Verfahren, die Hasskriminalität zum Nachteil des LSBTI-Personenkreises zum Gegenstand haben, konzentriert und jetzt in der Abteilung 284 bearbeitet. Hierzu gehören beispielsweise auch Beleidigungen, die unter Nutzung sozialer Netzwerke begangen werden. In den betreffenden Verfahren wird regelmäßig das für die Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft gemäß § 376 Strafprozessordnung erforderliche öffentliche Interesse an der Strafverfolgung angenommen. Eine Verweisung der Anzeigenden auf den Privatklageweg erfolgt mithin grundsätzlich nicht. Alle sonstigen Fälle der Hasskriminalität werden bei der Staatsanwaltschaft Berlin konzentriert in der Abteilung 231 bearbeitet. Auch gegen einzelne Internetangebote mit hasskriminellen Inhalten wurde konsequent vorgegangen. So hat der Senator für Justiz und Verbraucherschutz in Zusammenarbeit mit US-amerikanischen Behörden dafür gesorgt, dass die Seite NW-Berlin.org abgeschaltet wird. Hier wurde offen zu Gewalt an deutschen Politikern aufgerufen . Weiterhin fördert der Berliner Senat im Rahmen des Landesprogramms „Demokratie. Vielfalt. Respekt. Gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus“ Maßnahmen zur Unterstützung von Personen, die sich gegen Hassrede im Internet engagieren wollen oder davon betroffen sind: Nutzerinnen und Nutzer von sozialen Netzwerken können sich z. B. bei menschenverachtender und vorurteilsmotivierter Hasssprache im Internet an die „Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus“ (MBR Berlin) wenden. Die MBR unterstützt bei der Analyse und entwickelt gemeinsam mit den Betroffenen eine Kommunikations - und Verhaltensstrategie. Menschenverachtende Vorfälle im Internet können zudem an die zivilgesellschaftlichen „Register zur Erfassung rechtsextremer und diskriminierender Vorfälle in Berlin“, bzw. deren Koordinierungsstelle beim Verein Ariba e.V. gemeldet werden. Darüber hinaus werden spezifische Formen von diskriminierender Hassrede von den folgenden Organisationen erfasst: Die „Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS)“ des VDK e.V. erfasst Fälle von Antisemitismus , das „Netzwerk gegen Diskriminierung und Islamfeindlichkeit “ des Vereins Inssan e.V. erfasst Fälle von antimuslimischen Rassismus und das Projekt „Dokumentation von antiziganistisch motivierten Vorfällen und Stärkung der Opfer von Diskriminierung“ des Vereins Amarao Foro e.V. erfasst Fälle von Rassismus gegen Roma bzw. antiziganistische Vorfälle im Internet. Alle hier genannten Organisationen anonymisieren personenbezogene Angaben, bereiten die Fallmeldungen analytisch auf und informieren die Öffentlichkeit über Diskriminierung im Alltag. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 025 3 Um insbesondere junge Internetnutzerinnen und Internetnutzer frühzeitig für das Thema Hasskriminalität im Internet zu sensibilisieren, setzen einige Maßnahmen des Senats bereits im Arbeitsfeld der Kinder- und Jugendhilfe an. So wurde das durch den Europäischen Sozialfonds (ESF) und das Land Berlin geförderte Qualifizierungsprogramm „Medienbildung für sozialpädagogische Fachkräfte “ aufgelegt, das Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Kindertagesstätten, Familienzentren und Jugendeinrichtungen praxisorientiert im Umgang mit den Medien und Informationstechnologien qualifiziert. Das Qualifizierungsprogramm ist Bestandteil des Landesprogramms „jugendnetz-berlin.de“ und unterstützt auch die medienpädagogische (Netzwerk-) Arbeit der Medienkompetenzzentren in den Bezirken zur Stärkung der Medienkompetenz der Heranwachsenden und der medienerzieherischen Kompetenz in den Familien. Sie sind maßgebliche Stütze und signifikanter Bestandteil eines präventiven Jugendmedienschutzes , bei dem Kinder und Jugendliche nicht nur vor den Gefährdungen im Umgang mit den digitalen Medienwelten gewarnt werden, sondern präventiv, nämlich über die Entwicklung einer soliden Medienkompetenz , in die Lage versetzt werden, mit den digitalen Medien sachgerecht und verantwortungsbewusst umzugehen. Der Informationsbedarf zum Jugendmedienschutz ist sowohl bei Kindern und Jugendlichen als auch bei Eltern und Fachkräften hoch. Der Senat hat in Kooperation mit dem Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit zu den Themen „Soziale Netzwerke & Datenschutz “ eine Broschüre für Jugendliche aufgelegt, die Hinweise und Tipps zum Schutz der Privatsphäre in den sozialen Netzwerken gibt. Die Broschüre ist sowohl in den bezirklichen Medienkompetenzzentren kostenlos erhältlich als auch online unter www.jugendnetz-berlin.de abrufbar. Darüber hinaus hat sich die durch alle Jugendministerien der Länder - also auch durch den Senat von Berlin - finanzierte länderübergreifende Stelle für den Jugendschutz im Internet „jugendschutz.net“ in letzter Zeit verstärkt mit dem Phänomen auseinandergesetzt. Aktuelle Erkenntnisse dazu finden sich in den von jugendschutz .net veröffentlichten Broschüren „Rechtsextremismus online“ (Jahresbericht 2014) und „Islamismus im Internet“. Darüber hinaus wurde ein eigenes Internetangebot zum Thema entwickelt (vergleiche http://www.hass-im-netz.info/). Bei seiner Arbeit nutzt jugendschutz.net den direkten Kontakt zu Plattformbetreibern und wirkt auf die Löschung extremistischer Inhalte hin. Wenn deutsche Verantwortliche bekannt sind, werden die Fälle an die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) - als Aufsicht nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) - abgegeben. International arbeitet das Team mit Partnern aus dem International Network Against Cyber Hate (IN- ACH) zusammen, um Betreiber für Extremismus auf ihren Plattformen zu sensibilisieren und gemeinsam dagegen vorzugehen. 3. Welche Erfolge hat die Arbeit der Gewaltschutzambulanz bislang aufzuweisen und was unternimmt der Senat darüber hinaus, um den Opfern von Gewalttaten eine bessere Hilfe anzubieten? Zu 3.: Im Frühjahr 2014 wurde an der Charité Berlins erste Gewaltschutzambulanz eröffnet. Wer Opfer einer Gewalttat geworden ist, aber noch unsicher ist, ob er Anzeige erstatten möchte, kann sich hier untersuchen und beraten lassen. Die Unterstützung des Senats bei der Einrichtung der Gewaltschutzambulanz geht auf eine Initiative der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz zurück. Seit der Arbeitsaufnahme der Gewaltschutzambulanz bis zum Stichtag 30. September 2016 wandten sich 1613 Personen an die Gewaltschutzambulanz. Hierbei berichteten 844 Personen von akut sichtbaren Verletzungen, so dass 844 Untersuchungstermine vereinbart wurden. In den anderen 769 Fällen handelte es sich nicht um körperliche Gewalt oder die Gewalt lag schon länger zurück und es waren keine Verletzungen mehr sichtbar. Da in diesen Fällen eine rechtsmedizinische Verletzungsdokumentation nicht möglich war, wurde den Betroffenen ein anderer Ansprechpartner vermittelt. Von den 844 vergebenen Untersuchungsterminen wurden 730 Termine wahrgenommen . Hierbei handelte es sich um 210 Kinder und Jugendliche und um 520 Erwachsene (411 Frauen, 108 Männer, 1 Transperson). Der Kontakt zur Gewaltschutzambulanz kam wie folgt zustande: Polizei 194, Jugendamt /Berliner Notdienst Kinderschutz 164, medizinischer Bereich (Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte) 134, Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen - BIG e.V.- Hotline/Frauenberatungsstellen 77, andere (Medien, Internet , Werbung) 122, Opferhilfe Berlin e.V. 28, Weißer Ring e.V. 12. In 321 Fällen wurde von häuslicher Gewalt berichtet, in 244 Fällen ging die Gewalt von einer Person aus dem Umfeld aus, in 145 Fällen von einer unbekannten Person und in 20 Fällen lagen dazu keine Angaben vor (Kinder, die noch keine Angaben machen konnten). Seit dem Frühjahr 2016 werden die fünf Kinderschutzambulanzen in Berlin von der Gewaltschutzambulanz konsiliarisch rechtsmedizinisch betreut. Bis zum 30. September 2016 führte die Gewaltschutzambulanz in diesem Rahmen 18 rechtsmedizinische Untersuchungen und 21 Fallberatungen durch. Seit Juli 2016 erfolgte die Aufnahme der mobilen Dienste und des Rendezvous- Verfahrens nach sexualisierter Gewalt sowohl bei Erstattung einer Strafanzeige als auch in Fällen, in denen keine Strafanzeige erstattet wurde. In den letztgenannten Fällen erfolgte die vertrauliche Spurensicherung. Bis 30. September 2016 erfolgten sechs mobile Untersuchungen, 17 Untersuchungen nach sexualisierter Gewalt mit erstatteter Strafanzeige und drei Untersuchungen ohne Erstattung einer Strafanzeige, in denen die vertrauliche Spurensicherung durchgeführt wurde. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 025 4 Die Gewaltschutzambulanz hatte im monatlichen Durchschnitt im Jahr 2014 29 Fälle, im Jahr 2015 64 Fälle und im Jahr 2016 75 Fälle (bis zum 30. September 2016). Es ist mithin seit der Eröffnung der Gewaltschutzambulanz eine kontinuierliche Steigerung der Fallzahlen zu verzeichnen. Zum 1. Juli 2016 wurde das Angebot zudem erweitert. Seither können auch Spuren sexualisierter Gewalt vertraulich gesichert werden. Opfer können also in Ruhe über eine mögliche Strafanzeige nachdenken, ohne dass wichtige Spuren verloren gehen. Dazu hat der Senat die Förderung von 150.000 Euro pro Jahr auf zuletzt 750.000 Euro pro Jahr infolge steten und sehr starken Anstieges der Fallzahlen pro Jahr erhöht. Die Erfahrung der Gewaltschutzambulanz hat gezeigt, dass viele Gewaltbetroffene noch keinen Kontakt zum psychosozialen Beratungssystem hatten, eine sich an die rechtsmedizinische Untersuchung anschließende Beratung , zum Beispiel durch die Opferhilfe Berlin e.V. oder die BIG-Hotline, jedoch angezeigt erscheint. Die Weitervermittlung durch die Gewaltschutzambulanz wird gern angenommen. Es werden daher Pläne erarbeitet, im Rahmen eines Interdisziplinären Gewaltschutzzentrums (IGZ) in den Räumen der Gewaltschutzambulanz neben der rechtsmedizinischen Untersuchung standardmäßig auch Erst-Beratungen durch Opferhilfeeinrichtungen und damit einen niedrigschwelligen Zugang zum psychosozialen Unterstützungssystem für die Betroffenen zu ermöglichen . Darüber hinaus wird in den nächsten Jahren eine weitere Ausweitung der Öffnungszeiten angestrebt, um eine 24/7-Versorgung von Opfern von sexualisierter Gewalt zu gewährleisten. Aus Sicht der Polizei ist die Gewaltschutzambulanz ein wirkungsvolles Instrument für den Opferschutz und die Strafverfolgung. Durch die komplexe Zusammenführung der medizinischen und psychologischen Versorgung mit der rechtsmedizinischen Untersuchung, werden für Opfer von Gewalttaten optimale Bedingungen geschaffen. Zusätzliche Belastungen in einem Straf- und Ermittlungsverfahren werden vermieden und eine unmittelbare Beweissicherung gewährleistet. Im Bereich der für Delikte am Menschen zuständigen Abteilung des Landeskriminalamts besteht eine enge und fachkompetente Zusammenarbeit mit der Gewaltschutzambulanz insbesondere bei der Untersuchung von Opfern sexueller Gewalt. Insgesamt wurde im Vergleich zu früheren Verfahrensweisen ein deutlich höherer Qualitätsstandard erreicht. So wurden die für die Beweissicherung notwendigen Untersuchungskits und der Ärztliche Befundbericht (ÄBB) in Abstimmung mit dem Fachdezernat für die Bearbeitung von Sexualdelikten gemeinsam entwickelt. Es finden ablauforientierte Absprachen mit der Gewaltschutzambulanz statt, die beispielsweise zur Einführung der vertraulichen Spurensicherung durch die Gewaltschutzambulanz in Kooperation mit Polizei und Staatsanwaltschaft führten. Die Polizei unterstützt grundsätzlich Opfer bei der Wahrnehmung ihrer Rechte in einem Ermittlungsverfahren und vermittelt diese bei Bedarf an entsprechende Hilfsorganisationen weiter. Zu diesem Zweck wurden in den Polizeidirektionen und im Landeskriminalamt Opferschutzbeauftragte und Ansprechpersonen zu speziellen Deliktsformen oder für verschiedene Bevölkerungsgruppen benannt, die eng und vertrauensvoll mit anderen staatlichen und nichtstaatlichen Stellen zusammenarbeiten . Das Thema Opferschutz ist fester Bestandteil der polizeilichen Aus- und Fortbildung. Im Sommer 2012 wurde bei der Staatsanwaltschaft Berlin erstmalig in der Bundesrepublik eine Ansprechpartnerin für gleichgeschlechtliche Lebensweisen eingerichtet . Nachdem sich die Erweiterung um einen männlichen Kollegen als zweckmäßig erwiesen hatte und auch die Bezeichnung „gleichgeschlechtliche Lebensweisen“, die an die damalige Bezeichnung der Ansprechpersonen bei der Polizei angelehnt war, den Tätigkeitsumfang nicht hinreichend widergespiegelt hat, lautet die nunmehrige Bezeichnung Ansprechpersonen der Staatsanwaltschaft Berlin für LSBTI. Für rechtsuchendes Publikum besteht die Möglichkeit, sowohl telefonisch als auch per E-Mail Kontakt aufzunehmen und bei Bedarf einen Gesprächstermin zu vereinbaren. Es besteht eine enge Zusammenarbeit mit Opferschutzverbänden. Zum Beispiel werden mit MANEO, dem schwulen Anti-Gewalt-Projekt des Vereins Mann-O-Meter e.V., regelmäßig gemeinsame Informationsveranstaltungen zu bestimmten Deliktsfeldern wie zum Beispiel Raub-Taten im Zusammenhang mit KO- Tropfen angeboten. Mit der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen, Landesstelle für Gleichbehandlung und gegen Diskriminierung, Fachbereich LSBTI, wurde ein Flyer mit dem Titel „Homo- und transfeindliche Gewalt und Diskriminierung: Beratung, Begleitung und Anzeigenerstattung in Berlin - Hilfe und Unterstützung für Lesben, Schwule, Bisexuelle sowie trans- und intergeschlechtliche Menschen“ erarbeitet. Eine weitere Handreichung, die sich an Betroffene, Heimleitungen, Aufsichtspersonal und Opferschutzverbände richtet, thematisiert Gewalt gegen LSBTI-Personen in Unterkünften Geflüchteter. In diesem Zusammenhang wurde von den Ansprechpersonen gemeinsam mit dem Lesben- und Schwulenverband Berlin- Brandenburg e.V. (LSVD) eine Aufklärungsveranstaltung angeboten, bei der etwa 15 Geflüchteten oder deren Beratern Informationen zur Erstattung von Strafanzeigen bzw. strafwürdiges Verhalten zum Nachteil von LSBTI- Personen allgemein vermittelt werden konnte. Die Veranstaltung soll in zweimonatigen Abständen wiederholt werden. Berlin, den 25. November 2016 In Vertretung Straßmeir Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. Nov. 2016)