Drucksache 18 / 10 029 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sven Rissmann (CDU) vom 08. November 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. November 2016) und Antwort Entwicklung der Berliner Justiz (VI) – Gerichte und Staatsanwaltschaft Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Maßnahmen mit welchem Erfolg hat der Senat in den letzten fünf Jahren ergriffen, um die Gerichte zu stärken? Zu 1.: Der Senat hat in den letzten fünf Jahren eine Vielzahl von Maßnahmen zur Stärkung der Gerichte ergriffen . Hervorzuheben ist insbesondere die personelle Verstärkung der Justiz. Neben 70 zusätzlichen Richterstellen hat der Senat die Gerichte auch durch 90 Stellen im nichtrichterlichen Dienst gestärkt, also vor allem mehr Stellen für die Geschäftsstellen und im IT-Bereich geschaffen . Außerdem wurde die Sicherheit an den Gerichten mittels Stellenzuwächsen bei den Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeistern erhöht. Insgesamt wurde der größte Stellenzuwachs seit der Wiedervereinigung vorgenommen. Zudem wurden für die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs erhebliche Mittel aus dem Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt zur Verfügung gestellt. Schließlich fördern auch kleinere Maßnahme, wie die Einführung eines Familiengerichts beim Amtsgericht Köpenick oder die weitere Stärkung des Neuköllner Modells, die Effizienz der Justiz. Im Bereich der Ausbildung hat der Senat eine Image- und Werbekampagne für die justizeigenen Ausbildungsgänge aufgelegt und ihren online-Auftritt neu, modern und zielgruppenorientiert gestaltet. Die Kampagne „Rechthaber gesucht“ startete am 31. August 2015 und wurde seither gut angenommen. Um auch die bislang unterrepräsentierte Gruppe der Menschen mit Migrationshintergrund stärker für die justizeigenen Ausbildungsgänge zu gewinnen, wird seit September 2016 als Teil einer Senatsfördermaßnahme mit einem externen Partner ein justizspezifischer Ausbildungsvorbereitungskurs durchgeführt. 2. Wie hat sich die Belastung der Staatsanwaltschaft in den letzten fünf Jahren entwickelt? 3. Welche Maßnahmen mit welchem Erfolg hat der Senat in den letzten fünf Jahren zur Stärkung der Staatsanwaltschaft ergriffen? Zu 2. und 3.: In den letzten zwei Jahren sind die Eingänge bei der Staatsanwaltschaft Berlin wie folgt gestiegen : 2011 2012 2013 2014 2015 Eingänge 133.137 128.653 * 134.466 147.050 159.486 Erledigungen 131.521 122.575 * 134.140 146.150 158.055 Bestände 20.027 24.335 * 24.694 25.596 27.036 *) Aufgrund der Einführung eines neuen IT-Fachverfahrens liegen für 2012 keine gesicherten Zahlen vor. Der Senat hat in den letzten fünf Jahren mit insgesamt 47 zusätzlichen Stellen im staatsanwaltschaftlichen Dienst und 20 Stellen im nichtstaatsanwaltschaftlichen Dienst die Belastung abfedern können. Schwerpunkte der personellen Aufstockung waren dabei die Bekämpfung der organisierten Kriminalität, der Hasskriminalität und von Cybercrime . Daneben wurden organisatorische Projekte wie Staatsanwalt für den Ort und das Gemeinsame Projekt zur Verbesserung der Abläufe und Bedingungen in den Strafverfolgungsbehörden unter Berücksichtigung der bestehenden Haushaltskonsolidierung durchgeführt. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 029 2 Im Ergebnis konnten die Verfahrenslaufzeiten nach einem anfänglichen Anstieg wieder reduziert werden: 2011 2012 2013 2014 2015 Durchschnittliche Verfahrensdauer in Monaten 1,6 2,2 2,1 2,0 1,9 4. Welche weiteren Maßnahmen hält der Senat für erforderlich , um den anstehenden Problemen der Justiz in den kommenden Jahren zu begegnen? Zu 4.: Zentrale Themen der Justiz werden in den kommenden Jahren der demografische Wandel, Sicherheitsfragen und die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs sein. Nach dem derzeitigen Stand werden bis 2030 bezogen auf alle Dienstgrade 79,2 % der derzeit in der Justiz Beschäftigten ausscheiden. Dabei stellt sich vor allem im nichtrichterlichen und nichtstaatsanwaltschaftlichen Dienst die Problematik der Nachwuchsgewinnung. Einerseits müssen genügend Nachwuchskräfte zur Einstellung in die justizeigenen Ausbildungsgänge gewonnen werden, um dem demografischen Wandel effektiv zu begegnen. Andererseits muss die Justizausbildung modernisiert und auf die Herausforderungen der Zukunft (elektronisches Arbeiten als Folge des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte) ausgerichtet werden. Im Rahmen einer eigens aufgelegten Arbeitsgruppe wurde der Modernisierungsbedarf in der Ausbildung identifiziert. Auf dieser Grundlage wird ein neues Ausbildungskonzept erstellt und umgesetzt. Erforderlich ist daneben eine Erhöhung der Attraktivität der Justiz als Arbeitgeber durch angemessene personelle, räumliche und sachliche Ausstattung . Als besonders problematisch stellt sich derzeit die Zunahme der sicherheitsrelevanten Strafverfahren (erstinstanzliche Staatsschutzsachen, Rockerprozesse, organisierte Kriminalität) dar, die erhebliche personelle Ressourcen binden und für die geeignete Sicherheitssäle in ausreichender Anzahl nicht zur Verfügung stehen. Aus dem Grund, aber auch weil der Campus Moabit derzeit in Bezug auf Büroflächen an seine Kapazitätsgrenzen stößt, hat die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, um zusammen mit der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) einen Plan zur Erweiterung der Kapazitäten von benötigten Sälen, Büros und Sozialräumen zu erarbeiten. In den kommenden Jahren stellt die Einführung von elektronischem Rechtsverkehr und elektronischen Gerichtsakten eine der wesentlichen Maßnahmen zur Modernisierung der Justiz dar. Die durch die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz in die Wege geleiteten Aktivitäten zur Umsetzung sind in der Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/10026 dargestellt. Berlin, den 25. November 2016 In Vertretung Straßmeir Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. Nov. 2016)