Drucksache 18 / 10 053 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) vom 16. November 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. November 2016) und Antwort Die funktionierende Stadt – Hier die Aufzüge Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat teilweise nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) AöR sowie die Deutsche Bahn (DB) AG um eine Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Sie wird nachfolgend mit entsprechendem Verweis auf den Ursprung wiedergegeben. Frage 1: An wie vielen Haltepunkten von BVG und S- Bahn gibt es Fahrtreppen bzw. Aufzüge? Antwort zu 1: Die BVG teilt hierzu Folgendes mit: „Die BVG betreibt derzeit 146 Aufzüge auf 101 U- Bahnhöfen und 364 Fahrtreppen auf 94 U-Bahnhöfen. Bezüglich der Anlagen im S-Bahnbereich kann nur die S- Bahn GmbH Stellung nehmen.“ Die DB AG teilt hierzu Folgendes mit: „Im Berliner ÖPNV sind derzeit 125 von 133 S- Bahnhöfen durch einen Aufzug oder eine Rampe erschlossen .“ Frage 2: Wie viele dieser Mobilitätshilfen waren im Zeitraum 07/2015 bis 06/2016 außer Betrieb (in Tagen) und wie lange dauerte der Ausfall im Durchschnitt? Antwort zu 2: Die BVG teilt hierzu Folgendes mit: „Im Bezugszeitraum 07/2015 bis 06/2016 betrug die kumulierte Ausfalldauer bei den Aufzügen durchschnittlich 8,75 Tage je Anlage und bei den Fahrtreppen durchschnittlich 11,3 Tage je Anlage. Dies entspricht einer sehr guten Verfügbarkeit bei den Aufzügen von 97,6 Prozent und bei den Fahrtreppen von 96,9 Prozent. Die mittlere Dauer eines Ausfalls betrug bei den Aufzügen durchschnittlich 0,4 Tage und bei den Fahrtreppen 0,79 Tage.“ Die DB AG teilt hierzu Folgendes mit: „Hierzu liegen keine validen Statistiken vor.“ Frage 3: Was waren die Gründe des Ausfalls? Instandsetzung / Reparatur / Umbau? Antwort zu 3: Die BVG teilt hierzu Folgendes mit: „Die Ausfallzeiten beinhalten planbare Ereignisse wie gesetzliche Prüfungen, Wartungen sowie Grundinstandsetzungen und nicht planbare Ereignisse wie Entstörung, Beseitigung von Schäden durch Vandalismus sowie ungeplante Reparaturen.“ Die DB AG teilt hierzu Folgendes mit: „Gründe für Ausfälle: Ausfälle aufgrund von Wartung und Inspektion, Bauaktivitäten im Umfeld, Austausch der Anlage, kurzfristige Entstörung.“ Frage 4: Wie lange war die maximale Ausfallzeit? Differenziert nach Gründen. Antwort zu 4: Die BVG teilt hierzu Folgendes mit: „Die längste kumulative Ausfallzeit bei den Aufzügen musste am U-Bahnhof Rudow mit insgesamt 76,4 Tagen verzeichnet werden. Diese außergewöhnlich lange Ausfallzeit kam hauptsächlich durch einen komplizierten Herstellerfehler in der Elektronik der Bremsüberwachung zustande. Zudem musste der Aufzug mehrmals aufgrund von Vandalismus außer Betrieb genommen werden. Die längste kumulative Ausfallzeit bei den Fahrtreppen betrug 92,6 Tage an der Fahrtreppe 2 auf dem U- Bahnhof Gesundbrunnen. Eine derart lange Ausfallzeit ist ein Ausnahmefall und resultierte primär aus einem schweren Getriebeschaden der Antriebseinheit. Leider war hier die BVG alternativlos auf die Instandsetzungsleistung des Herstellers angewiesen, der sich nicht in der Lage zeigte, diesen Schaden in kürzerer Zeit erfolgreich zu beheben.“ Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 053 2 Die DB AG teilt hierzu Folgendes mit: „Hierzu liegen keine validen Statistiken vor. Die Anlagenverfügbarkeit und Dauer der Reparatur hängt im Wesentlichen mit der Bereitstellung von Ersatzteilen zusammen. Die Herstellerfirmen werden auf eine zeitnahe Ersatzteillieferung der Standardersatzteile verpflichtet um eine schnelle Reparatur zu ermöglichen. Aufgrund der oftmals spezifischen Einbausituation der Anlagen in den Bahnhöfen werden allerdings auch Einzelanfertigungen notwendig. Bei einem Ausfall dieser Teile ist aufgrund des langen Beschaffungsprozesses eine längere Standzeit leider nicht zu verhindern.“ Frage 5: Teilt der Senat die Einschätzung, dass Ausfallhäufigkeit und Ausfalldauer bei anderen Einrichtungen der Stadt; z.B. Einkaufszentren, touristische Highlights deutlich niedriger liegen? Antwort zu 5: Die BVG teilt hierzu Folgendes mit: „Die Einsatzbedingungen von Aufzügen und Fahrtreppen der BVG sind nicht mit denen in Einkaufszentren oder Museen vergleichbar. Insbesondere sind die Betriebsbedingungen der BVG durch die häufig ungeschützten Standortlagen, durch die permanent hohe Frequentierung und durch ein besonders unachtsames Nutzungsverhalten charakterisiert.“ Dieser Aussage schließt sich der Senat an. Frage 6: Worauf führt der Senat die häufigen und vor allem langwierigen Ausfälle im ÖPNV zurück? Antwort zu 6: Die BVG teilt hierzu Folgendes mit: „Ein hauptsächlicher Grund für langwierige Ausfälle sind die durch Vandalismus verursachten Störungen. Leider ist es der BVG nicht möglich, die Anlagenstandorte mit ausreichender Personalpräsenz zu überwachen, um dies wirksam zu verhindern. Weiterhin werden sehr häufig Störungen durch den unsachgemäßen Transport von sperrigen Gegenständen verursacht. Bei den Aufzügen führt dies oft zu schweren Türschäden, bei den Fahrtreppen sogar zu Stufenbrüchen. Des Weiteren begünstigt die teilweise unmittelbare Standortnähe zur Straße das Einschleppen von Fremdkörpern in die Türführungen der Aufzüge und auf das Stufenband der Fahrtreppen. Dies führt häufig zur Abschaltung der Anlagen durch Sicherheitseinrichtungen.“ Die DB AG teilt hierzu Folgendes mit: „Häufigste Störursachen an den Aufzügen sind Schäden in den Türbereichen bis hin zum Vandalismus (ein Tritt in die Türbereiche zum Beispiel führt zumeist zu Störungen an den Schienen- und Lichtschrankensystem). Weiterhin gab es in der Vergangenheit oftmals Ausfälle an hydraulisch betriebenen Aufzugsanlagen. Die mit Öldruck betriebenen Anlagen erwiesen sich gerade in Temperaturrandbereichen (sehr warm, sehr kalt) als störanfällig . Als Reaktion werden heute zumeist (sofern es die bauliche Gegebenheit zulässt) mechanische Aufzugssysteme mit Seilsystemen verbaut.“ Frage 7: Wie will der Senat sicherstellen, dass der ÖPNV in unserer Stadt in der Praxis künftig endlich barriereärmer wird, denn Aufzüge und Fahrtreppen helfen nur, wenn sie nicht ständig außer Betrieb sind? Antwort zu 7: Wie bereits in der Antwort zu der Schriftlichen Anfrage 17/16505 dargelegt, ist im Verkehrsvertrag zwischen dem Land Berlin und der BVG eine direkte Sanktionierung von nichtbetriebenen Fahrtreppen und Aufzügen nicht vorgesehen. Die BVG ist jedoch vertraglich verpflichtet, die Verfügbarkeitsquoten von Aufzügen und Fahrtreppen auszuweisen. Als Qualitätsziel gilt jeweils mindestens 95,0 % Betriebsfähigkeit als Durchschnitt für das Gesamtjahr. Die BVG hat quartalsweise über die monatlichen Verfügbarkeitsquoten zu berichten. Einzelne Fahrtreppen dürfen zudem nicht länger als 4 Monate, Aufzüge nicht länger als 2 Monate außer Betrieb sein, wobei unausweichliche Ausfälle über 6 Wochen mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt abzustimmen sind. Sollte ein längerer Ausfall unabwendbar sein, muss die BVG AöR selbst darüber informieren. Eine direkte Vertragsbeziehung zwischen dem Land Berlin und dem Eisenbahninfrastrukturunternehmen DB Station&Service AG besteht nicht. Zur Gewährleistung der Barrierefreiheit sind jedoch die Anforderungen an die Verfügbarkeit von Aufzügen im Verkehrsvertrag zwischen den Ländern Berlin und Brandenburg und der S- Bahn Berlin GmbH geregelt. Dies gilt unter der Voraussetzung , dass im Rahmen vertraglicher Beziehungen mit der DB Station&Service AG die S-Bahn Berlin GmbH für die Wartung der Anlagen verantwortlich ist. Demzufolge sind Reparaturen defekter Aufzüge spätestens eine Stunde nach Bekanntwerden der Störung einzuleiten und innerhalb von fünf Stunden abzuschließen. Diese Regelung gilt nicht, wenn der Schaden von solcher Art ist, dass diese Maßgabe technisch oder mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand nicht zu erfüllen ist, beispielsweise aufgrund eines größeren Zeitbedarfs für die Beschaffung von Ersatzteilen . Über Anlagen, die länger als drei Tage außer Betrieb sind, sind die Aufgabenträger zu informieren. Die BVG teilt hierzu Folgendes mit: „Die BVG betreibt ein umfangreiches Investitionsprogramm , indem jährlich 5-7 Aufzüge und 12-15 Fahrtreppen komplett ausgetauscht werden, um die immer noch bestehende Überalterung des Anlagenbestandes kontinuierlich abzubauen. Des Weiteren werden permanent umfassende Modernisierungen und Grundinstandsetzungen an den Aufzügen und Fahrtreppen der BVG vorgenommen .“ Die DB AG teilt hierzu Folgendes mit: „Wir haben uns zum Ziel gesetzt, in Ballungsräumen, wie zum Beispiel Berlin, eine Verfügbarkeit der fördertechnischen Anlagen von mindestens 97% zu erreichen, in der Fläche mindestens 95%. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 053 3 Die DB arbeitet mit einer Task Force an einer nachhaltigen Entwicklung für ein hohes Verfügbarkeitslevel. Entsprechende Maßnahmen wurden erarbeitet, wie z.B. die kurzfristige Entstörung durch die Servicemitarbeiter am Bahnhof, regelmäßige Telefonkonferenzen (3x täglich ) zur aktuellen Lage der fördertechnischen Anlagen, die Priorisierung der stark frequentierten Anlagen, die Aufstockung der Entstörmannschaft, insbesondere am Wochenende. Einschränkungen und längere Ausfälle sind aufgrund von Vandalismus bzw. zum Austausch der Anlagen allerdings nicht vollständig zu vermeiden.“ Berlin, den 28. November 2016 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Dez. 2016)