Drucksache 18 / 10 073 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Claudio Jupe (CDU) vom 21. November 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. November 2016) und Antwort Entwicklung des Verbraucherschutzes (I) – Wirtschaftlicher Verbraucherschutz Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welchen Stellenwert hatte die Verbraucheraufklärung in den letzten fünf Jahren für den Senat? Zu 1.: Die Verbraucheraufklärung hatte in den letzten fünf Jahren einen deutlich gewachsenen Stellenwert. Sichtbar wird dies an den zur Verfügung stehenden Mitteln in Einzelplan 06, Kapitel 0608, a) Titel 68475 Förderung der Verbraucheraufklärung und der Anzahl der mit diesen Mitteln geförderten Projekte : b) Titel 68469 Zuschuss an die Verbraucherzentrale Berlin e.V.: Jahr Ansatz 2012 968.000 € 2013 968.000 € 2014 1.284.000 € 2015 1.284.000 € 2016 1.384.000 € 2. Welche rechtlichen Verbesserungen im Bereich des Verbraucherschutzes hat der Senat initiiert? Zu 2.: Im Bereich des wirtschaftlichen Verbraucherschutzes ist vom Senat insbesondere eine Verbesserung der Transparenz im Bereich der Lebensmittelkontrollen angestrebt worden. Ziel war es, die Verbraucherinnen und Verbraucher in einfacher und verständlicher Weise zeitnah insbesondere über die bei den durchgeführten amtlichen Kontrollen festgestellten hygienischen Zustände der lebensmittelherstellenden und -verarbeitenden Betriebe zu informieren. Das Lebensmittelrecht, welches auch die Begründung von Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten im Lebens - und Futtermittelbereich umfasst, ist nach Artikel 74 Absatz 1 Nummer 20 Grundgesetz jedoch Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung. Gemäß Artikel 72 Absatz 1 Grundgesetz ist in diesem Bereich eine Zuständigkeit der Länder nur gegeben, solange und soweit der Bund nicht unter den Voraussetzungen des Artikel 72 Absatz 2 Grundgesetz von seiner Gesetzgebungskompetenz abschließend Gebrauch gemacht hat. Diesbezüglich hat der Bundesgesetzgeber mit § 6 des Verbraucherinformationsgesetzes sowie § 40 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches bereits Regelungen zu behördlichen Veröffentlichungen von Informationen im Bereich des Lebensund Futtermittelrechts getroffen, ohne dass sich aus den Gesetzen selbst noch aus den diesbezüglichen Gesetzesmaterialien ergibt, ob damit eine umfassende und abschließende Regelung, welche auch eine Sperrwirkung für landesgesetzliche Regelungen zur Veröffentlichung von amtlichen Kontrollergebnissen entfaltet, getroffen werden sollte. Um eine landesgesetzliche Regelung zur Veröffentlichung der bei den amtlichen Lebensmittelkontrollen getroffenen Feststellungen rechtssicher für das Land Berlin treffen zu können, hat der Senat daher am 8. September 2015 beschlossen, den von der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz vorgelegten Gesetzesantrag zur Änderung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches beim Bundesrat einzubringen. Inhalt des Gesetzesantrages (BR-Drs. 410/15) ist eine Ergänzung des § 40 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches um einen Absatz 6, der es den Ländern ermöglicht, eigene gesetzliche Regelungen zum Aushang der Ergebnisse amtlicher Kontrollen in den betroffenen Lebens- und Futtermittelunternehmen zu treffen. Im Interesse eines effektiven Jahr Ansätze Anzahl der geförderten Projekte 2012 50.000 € 3 2013 50.000 € 3 2014 400.000 € 10 2015 400.000 € 12 2016 450.000 € 15 Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 073 2 Verbraucherschutzes sollten damit Regelungen zu einer umfassenden Information der Verbraucherinnen und Verbraucher über die im Rahmen der amtlichen Kontrollen getroffenen werden. Darüber hinaus ist zur 12. Verbraucherschutzministerkonferenz (VSMK) im April 2016 für das Land Berlin ein Beschlussvorschlag zur Verbesserung der Rechte von Busreisenden eingebracht worden. Ziel dieser Initiative war und ist es, die Rechte von Busreisenden, die in vielen Bereichen hinter denen von Flug- und Bahnreisenden zurückbleiben, vor dem Hintergrund der deutlich stärkeren Nutzung der Fernbusse nach der zum 1. Januar 2013 erfolgten Liberalisierung des Fernbusmarktes zu stärken. Durch die VSMK ist auf den Antrag Berlins das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) aufgefordert worden, über die Einschätzung der Europäische Kommission sowie der Bundesregierung zum gesetzgeberischen Handlungsbedarf für eine Verbesserung der Rechte von Busreisenden zu berichten. Nach dem Bericht des BMJV auf der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz im November dieses Jahres wird ein solcher aber weder von der Kommission noch vom BMJV gesehen, so dass hier durch die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz die Ergreifung weiterer Maßnahmen im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher derzeit geprüft wird. In der letzten Legislaturperiode fand auf Initiative der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz zudem bei Bedarf ein Runder Tisch Verbraucherrechtsschutz statt. Zur Erhöhung der Effektivität der Rechtsdurchsetzung von Verbraucherinnen und Verbrauchern kommen dabei Vertreterinnen und Vertreter der veranstaltenden Senatsverwaltung, der Staatsanwaltschaft Berlin, der Berliner Polizei sowie der Verbraucherzentrale Berlin zusammen, um sich über ihre Erfahrungen zu bestimmten verbraucherrechtlichen Schwerpunktthemen auszutauschen , eine bessere Vernetzung der beteiligten Stellen zu fördern und die Ergreifung einzelner präventiver Maßnahmen abzustimmen. Schließlich ist durch den Berliner Senat Ende 2012 beschlossen worden, einen Gesetzesantrag zur Änderung des Beurkundungsgesetzes sowie der Bundesnotarordnung in den Bundesrat einzubringen. Ziel dieser Bundesratsinitiative war, die Verbraucherinnen und Verbraucher besser davor zu schützen, Opfer von Verkäufern sogenannter Schrottimmobilien zu werden. Dabei werden systematisch minderwertige Immobilien unter Vortäuschung von falschen Tatsachen und ohne Einräumung von Überlegungs- sowie Überprüfungsmöglichkeiten zu einem deutlich über deren Wert liegenden Preis meist als Vermögensanlage oder Altersvorsorge verkauft. Im Ergebnis der Gesetzesinitiative hat im Juli 2013 der Bundestag das Beurkundungsgesetz dahingehend geändert, dass nunmehr der notarielle Kaufvertrag der Käuferin/dem Käufer vor Vertragsabschluss nur noch durch die Notarin /den Notar und dies mindestens zwei Wochen vor Kaufvertragsabschluss übersandt werden soll. Ein wiederholter Verstoß der Notarin/des Notars gegen diese Verpflichtung kann nach der ebenfalls geänderten Bundesnotarordnung zudem zu einer Amtsenthebung der Notarin/des Notars führen. 3. Wie hat der Senat bei der Verbraucheraufklärung auf die zunehmende Digitalisierung der Gesellschaft reagiert? Zu 3.: Die zunehmende Digitalisierung spiegelt sich auch in der Verbraucheraufklärung wieder. Durch eine Projektförderung der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz mit Schwerpunkt Digitalisierung werden einerseits Projekte gefördert, die der jeweiligen Zielgruppe Möglichkeiten und Aspekte aus der digitalen Welt nahe bringen oder sie auf die Gefahren des Internets hinweisen und sensibilisieren sollen. Andererseits wird ein Projekt der Online-Schlichter, gefördert, wodurch Berlinerinnen und Berlinern, die bei Onlinegeschäften auf Probleme stoßen, eine außergerichtliche Schlichtung ermöglicht wird. Die Projekte der letzten fünf Jahre: Projekttitel Projektträger Inhalt/Schwerpunkt Online-Schlichter Zentrum für europäischen Verbraucherschutz e.V. Berlin förderte den Aufbau einer neuen Internetpräsenz sowie Bereitstellung/Support der daran ausgerichteten Software für die Internetgestützte Streitschlichtung sowie die Schlichtung bei streitigen Onlinegeschäften. Smarte Bürger für Smart City Berlin Technologiestiftung Berlin Im Fokus des Projekts stand die Sensibilisierung der Verbraucher über die breite Öffentlichkeit, welche Daten sie wo hinterlassen, wofür dieses genutzt werden und was sie tun können, um eine unerwünschte Datenweitergabe zu verhindern. Alt genug fürs Netz Stiftung digitale Chancen Berliner Seniorinnen und Senioren sollten für die Chancen, die das Internet bietet, sensibilisiert, unbegründete Befürchtungen zerstreut und Risiken als Verbraucher konkret minimiert werden. Die unübersichtliche Fülle an Ratgebern, die den Seniorinnen und Senioren, aber auch den Personen und Institutionen, bei denen die Seniorinnen und Senioren Rat suchen, überblickbar werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 073 3 Check your Web Kinder-, Jugend- und Freizeitzentrum FEZ Projekttage für ca. 700 Kinder und Jugendliche zur Aufklärung und Prävention im Bereich der digitalen Mediennutzung /Förderung der Medienkompetenz. Check your Web WeTek Berlin gGmbH Organisation und die Durchführung des Projekts „Check your Web“ – „Mobile Medienwelten sicher nutzen“ in Form von Workshops für Schüler im Alter zwischen zehn und zwölf Jahren Too much information – Persönliche Daten im Internet Deutsche Gesellschaft e.V. Workshopprogramm für Schülerinnen und Schüler als Präventionsmaßnahme, um über die Zusammenhänge von Internetkonsum und Datenschutz aufzuklären Studie zur Identifizierung häufig auftretender Probleme türkeistämmiger Verbraucherinnen und Verbraucher in Berlin TBB – Türkischer Bund in Berlin- Brandenburg e.V. Detaillierte Bedarfsermittlung innerhalb der Zielgruppe Digi-Pros – Medienkompetenz und Verbraucherschutz – Datenschutzlots _innen in Schulen TBB – Türkischer Bund in Berlin- Bran-denburg e.V. Die Datenschutzlotsen wurden im Rahmen von vier Ausbildungsseminaren qualifiziert und sollen in der Folgezeit als Ansprechpartner/-innen für ihre Mitschüler/-innen dienen und als Multiplikatoren Fragen ihrer Mitschüler zum Thema Datenschutz und Internet beantworten. Berlin, den 05. Dezember 2016 In Vertretung Sabine Toepfer-Kataw Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Dez. 2016)