Drucksache 18 / 10 074 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Claudio Jupe (CDU) vom 21. November 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. November 2016) und Antwort Entwicklung des Verbraucherschutzes (II) – Verbraucherschutz und Lebensmittel? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Was hat der Senat gegen die mangelnde Wertschätzung und darauf basierende Verschwendung von Lebensmitteln getan? Zu 1.: Mangelnde Wertschätzung von Lebensmitteln und Lebensmittelverschwendung sind seit mehreren Jahren Themen des Verbraucherschutzes, die zunehmend an Bedeutung gewinnen. In der letzten Legislaturperiode wurden beispielhaft gefördert: Projekt/ Kampagne Träger Bemerkungen Schulgartenwettbewerb Lenné Akademie Vermittlung von Kenntnissen über gesunde Ernährung und über die Verarbeitung der geernteten Gemüse und Kräuter verbunden mit integrativen Aspekten der gemeinsamen Arbeit der Kinder. Stadt Land Food – Symposium/ Festival Markthalle Neun Das Projekt Stadt Land Food sieht zwei Veranstaltungsformate vor, die jeweils abwechselnd im Jahresrhythmus im Kontext der Wertewochen Lebensmittel stattfinden. Forum für gutes Essen Stiftung Zukunft Berlin NAHhaft e.V. Die neutrale Organisation des Forums, die Sicherstellung von Verfahrensgrundsätzen und die Beratung der Senatsverwaltung sowie eines Dienstleisters zur inhaltlichen und organisatorischen Unterstützung des Forums, die wissenschaftliche Begleitung des Forums. Hühnermobil Kinder-, Jugend- und Freizeitzentrum - FEZ Zitty Das Thema Ökolandbau, Regionalität und Saisonalität der Nahrungsmittelproduktion, artgerechte Tierhaltung sowie komplexe Nachhaltigkeit wurde erleb- und begreifbar gemacht. Vom Acker auf den Tisch Naturwacht Berlin e.V. Kindern wurde Wissenswertes rund um das Thema Landwirtschaft und gesunde und abwechslungsreiche Ernährung auf spielerische Weise nahegebracht. GemüseAckerdemie GemüseAckerdemie Das Projekt sollte der zunehmenden Entfremdung der teilnehmenden Kinder und Jugendlichen von der natürlichen Nahrungsmittelproduktion verbunden mit fehlendem oder falschem Wissen über Nahrungsmittel und der gesunkenen Wertschätzung und der damit verbundenen Verschwendung von Lebensmitteln entgegenwirken. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 074 2 Wertewochen Lebensmittel Die Wertewochen Lebensmittel wurden 2016 zum vierten Male mit wechselnden Schwerpunkten um das jährliche Kernthema „Wertschätzung von Lebensmitteln“ im Zeitraum für zwei Wochen bis zum Erntedank-Sonntag durchgeführt. Schwerpunkte: 25.09. – 06.10.2013: „In den Topf statt in die Tonne“ Wertschätzung von Lebens- mitteln 22.09. – 05.10.2014: „So bunt schmeckt die Region“ Regionalität 21.09. – 04.10.2015: „Ich kenn mein Essen“ Zielgruppe Kinder und Jugend- liche 19.09. – 02.10.2016: „Esskulturen Berlin“ Esskulturen der Berliner aus vielen Teilen der Erde 2. Wie hat sich das sog. Smiley-Projekt entwickelt? Zu 2.: Das Verwaltungsgericht Berlin hatte zunächst im November 2012 die Veröffentlichung der im Rahmen von amtlichen Kontrollen festgestellten Mängel eines Cafés auf der im Internet von der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz geführten „Liste der kontrollierten Gaststätten und Schankwirtschaften“ mangels ausreichender Rechtsgrundlage untersagt. In zwei nachfolgenden Entscheidungen untersagte das Verwaltungsgericht Berlin im März 2014 auch die Aufnahme der antragstellenden Lebensmittelbetriebe in die im Internet zugänglichen bezirklichen Listen "Smileys für Lichtenberger Lebensmittelbetriebe" sowie "Das Smiley Projekt im Bezirk Pankow". Nach diesen Entscheidungen waren die Veröffentlichungen der Ergebnisse der zugrunde liegenden Lebensmittelkontrollen durch die Angabe von „Benotungen “ und Minuspunktzahlen nicht von den bestehenden Rechtsgrundlagen in den bundesgesetzlichen Vorschriften des Verbraucherinformationsgesetzes sowie des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches abgedeckt. Diese Entscheidungen wurden nachfolgend vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg bestätigt. Der Erlass einer solchen die vorgenannten Veröffentlichungen abdeckenden bundesgesetzlichen Rechtsgrundlage ist trotz wiederholter und vielfacher Forderungen insbesondere der Bundesländer und auch des Bundesrates von dem fachlich zuständigen Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft stets abgelehnt worden. Der Senat hat daher am 8. September 2015 beschlossen, einen von der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz erarbeiteten Gesetzesantrag zur Änderung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches beim Bundesrat einzubringen. Ziel dieser Bundesratsinitiative (BR- Drs. 410/15) ist dabei die Einführung einer ergänzenden Regelung, die es den Ländern ausdrücklich ermöglicht, eigene gesetzliche Regelungen für die Veröffentlichung der Ergebnisse von amtlichen Lebensmittelkontrollen zu erlassen. Aufgrund einer solchen Ermächtigungsgrundlage könnten die Länder und mithin auch Berlin rechtssicher eigene Gesetze zur umfassenden Transparentmachung der Lebensmittelkontrollergebnisse erlassen. Im Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz des Bundesrates sind die Beratungen über den Gesetzesantrag jedoch bis zum Wiederaufruf durch Berlin vertagt worden , da hinsichtlich der Auslegung der Reichweite der Gesetzgebungszuständigkeiten der Länder noch Unklarheiten bestehen. Ein Wiederaufruf durch Berlin ist bisher nicht erfolgt. Um auch bei dem Erlass landesgesetzlicher Regelungen für die umfassende Veröffentlichung der Ergebnisse amtlicher Lebensmittelkontrollen diese möglichst einheitlich auszugestalten, ist durch die Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz im November 2015 die Einsetzung einer Projektgruppe beschlossen worden, welche Vorschläge für eine einheitliche landesrechtliche Regelung erarbeiten soll. Die Ergebnisse dieser Projektgruppe sind aktuell den zuständigen Ministerien in den Bundesländern - und mithin auch der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz - im Wege eines Umlaufbeschlussverfahrens bekannt gegeben worden. 3. Wie ist die Marktüberwachung aus Sicht der Verbraucher verbessert worden? Zu 3.: Im EU-Recht unterliegen die Bereiche der kosmetischen Mittel, Bedarfsgegenstände und Tabakerzeugnisse der Marktüberwachung. Die Überwachung erfolgt in Deutschland traditionell durch die Lebensmittelüberwachungsbehörden . Dies schließt neben den Vor-Ort- Kontrollen von Betrieben auch die Entnahme von Proben mit ein. In Deutschland sind für den Bereich der kosmetischen Mittel, Bedarfsgegenstände und Tabakerzeugnisse Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 074 3 gemäß § 9 Allgemeine Verwaltungsvorschrift-Rahmenüberwachung (AVV-Rüb) 0,5 Proben je 1000 Einwohner vorgesehen, was etwa 1800 Proben für Berlin entspricht. Die Probennahmen erfolgen risikoorientiert sowie seit 2010 auch im Rahmen des Monitorings auf der Basis eines repräsentativen, verbrauchsnahen Warenkorbs (bei letzterem sind Tabakprodukte nicht erfasst). Ein zentrales Beurteilungskriterium sind die Untersuchungen im Labor. Hierbei werden die Analysenmethoden laufend verbessert , um ein größtmögliches Spektrum von Risiken für den Verbraucher abzudecken. Derzeit entsteht in Berlin ein moderner Neubau für das Landeslabor Berlin- Brandenburg, dessen Grundsteinlegung am 16.11.2016 stattgefunden hat. Eine kontinuierliche Verbesserung des Verbraucherschutzes erfolgt zudem durch die Mitarbeit in Fachgremien , die sich mit aktuellen Themen und Problemstellungen befassen. Ferner haben in diesem Jahr umfassende rechtliche Änderungen im Bereich des Tabakerzeugnisrechts stattgefunden , die einem höheren Schutz des Verbrauchers vor den gesundheitlichen Risiken des Rauchens diene und u. a. größere und z. T. graphische gesundheitlich Warnhinweise , die Aufnahme von Regelungen über neuartige Produkte wie E-Zigaretten und erweiterte Werbebeschränkungen umfassen. Hierbei handelt es sich um die Umsetzung europäischer Vorgaben sowie darüber hinaus gehende nationale Bestimmungen, welche mit Zustimmung Berlins im Bundesrat beschlossen worden sind. 4. Welche Perspektive hat der Senat für das Landeslabor entwickelt und wie gestaltet sich hier die Zusammenarbeit mit Brandenburg? Zu 4.: Im Rahmen der konstruktiven und kooperativen Zusammenarbeit mit dem Land Brandenburg bekennen sich die beiden Trägerländer zum Landeslabor Berlin- Brandenburg als dem Dienstleister für die amtlichen Untersuchungsleistungen in den Bereichen gesundheitlicher Verbraucherschutz, gentechnische Sicherheit, Infektionsschutz , Tierseuchenschutz, Tierschutz, Schutz von Umwelt und Natur, Chemikaliensicherheit, Strahlenschutz, Gefahrenabwehr, Bioterrorismus und Katastrophenschutz. Sowohl gesunde und sichere Lebensmittel als auch sichere verbrauchernahe Produkte haben für die Bevölkerung einen hohen Stellenwert. Verbraucherinnen und Verbraucher müssen sich darauf verlassen können, dass die Produkte, die sie zu sich nehmen oder in anderer Weise gebrauchen, gesundheitlich unbedenklich und sicher sind. Laboruntersuchungen sind daher ein unverzichtbarer Teil der staatlichen Überwachung im Rahmen der Daseinsfürsorge . Das Landeslabor Berlin-Brandenburg nimmt gemäß Staatsvertrag überwiegend hoheitliche Aufgaben wahr und unterstützt die Länder Berlin und Brandenburg als unabhängige, staatliche und akkreditierte Untersuchungseinrichtung bei der grundgesetzlich verankerten Daseinsfürsorge für die Bürgerinnen und Bürger der beiden Trägerländer . Der Senat von Berlin ist sich seiner Verantwortung gegenüber dem Landeslabor bewusst und trägt dem Rechnung. Mit der am 16.11.2016 erfolgten Grundsteinlegung für einen Laborneubau im Bereich der „Stadt der Wissenschaft“ in Berlin Adlershof ist für das Landeslabor Berlin-Brandenburg die grundlegende Perspektive für die Errichtung eines zukunftsfähigen und adäquaten Laborbetriebs geschaffen worden. Der Senat von Berlin hat dafür Sorge getragen, dass ab Frühjahr 2019 die zentrale Untersuchungseinrichtung im Land Berlin, die Sicherung und Wahrung der Verbraucherinteressen - und Rechte beider Bundesländer im gesundheitlichen Verbraucherschutz, im umweltbezogenen Gesundheitsschutz, im Arzneimittelwesen, im Veterinärwesen , in der Umweltüberwachung, in der Landwirtschaft und Geologie in neuer Qualität wahrnehmen kann. Berlin, den 07. Dezember 2016 In Vertretung Straßmeir Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Dez. 2016)