Drucksache 18 / 10 082 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Stefan Förster (FDP) vom 23. November 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. November 2016) und Antwort Zuletzt Sport? – Fahrplan für Freizug der beschlagnahmten Turnhallen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Turnhallen in Berlin sind immer noch mit Flüchtlingen belegt und stehen somit dem Schul- und Vereinssport nicht zur Verfügung? 2. Um welche Turnhallen handelt es sich dabei und in welchen Bezirken befinden sich diese? 3. Wie viele Personen sind insgesamt noch in diesen Turnhallen untergebracht? Zu 1. bis 3.: Die derzeit noch mit Flüchtlingen belegten Sporthallen können der beigefügten Übersicht 1 entnommen werden. 4. Weshalb gelang es dem Senat nicht, seinen vollmundig vor den Wahlen in einer Pressemitteilung am 13.09.2016 verkündeten Fahrplan, alle Turnhallen bis Ende des Jahres 2016 leerziehen zu wollen, umzusetzen, obwohl die Zahl der Flüchtlinge deutlich zurückgegangen ist? Zu 4.: Ungeachtet des Rückgangs der Anzahl an Flüchtlingen in Berlin, gibt es derzeit keine freien Kapazitäten in Gemeinschaftsunterkünften in Berlin. Die zwischen Juli 2015 und Februar 2016 angekommenen Flüchtlinge befinden sich zum Teil noch in Notunterkünften, da ein Wechsel in den Wohnungsmarkt nur in Ausnahmefällen möglich ist. Der Markt für günstigen Wohnraum in Berlin ist extrem angespannt. Für den Freizug der Sporthallen werden aus diesem Grund Folgeunterkünfte (Gemeinschaftsunterkünfte mit mehr Privatsphäre und Küche) benötigt. Wie bei allen Bauprojekten kann es aus diversen Gründen zu Verzögerungen kommen, hierzu gehören mangelnde Termintreue der Hersteller und Lieferanten, nötige Ausbesserungen von Qualitätsmängeln, Naturschutzauflagen (z. B. Abwarten der Brutzeit) und die Beseitigung kontaminierten Bodens, um nur einige der Vielzahl an Beispielen zu benennen. Zudem kam es auf Grund von Vergaberügen zur Verzögerungen bei der Ausschreibung der Betreiberleistungen . 5. Welcher Zeitplan wird nun angestrebt, um die belegten Turnhallen zu räumen und sie wieder dem Schulund Vereinssport zur Verfügung zu stellen? Zu 5.: Der Freizug der belegten Sporthallen wird prioritär verfolgt, d. h. die künftig fertiggestellten Unterkünfte werden zuerst mit den aktuell in Sporthallen untergebrachten Flüchtlingen belegt. Der Zeitplan ist abhängig von der konkreten Fertigstellung der Folgeunterkünfte. 6. Mit welchen Kosten für die Renovierung und Ertüchtigung der freigewordenen Turnhallen wird jeweils pro Turnhalle und insgesamt gerechnet und wer hat diese Kosten zu tragen? Zu 6.: Die insgesamt für die Renovierung der Sporthallen zu veranschlagenden Kosten können noch nicht beziffert werden. Die voraussichtlichen Kosten werden nach einer Begutachtung jeder einzelnen Halle festgelegt. Für Sporthallen an 19 Standorten wurde bereits Einvernehmen bezüglich der voraussichtlichen Kosten für die Wiederherstellung der Sportfähigkeit erzielt. Diese variieren stark je nach Größe, Zustand und Ausstattung der jeweiligen Hallen. Für das Horst-Korber-Sportzentrum und die Rudolf- Harbig-Halle (Glockenturmstr.) wurden insgesamt 3 Mio. € veranschlagt. Für die anderen bereits begutachteten Standorte liegen die voraussichtlichen Kosten jeweils zwischen ca. 135.000 € und 485.000 €. Die Kosten werden vom Land Berlin getragen. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 082 2 7. Welcher Zeitraum wird für die Renovierung der Turnhallen nach deren Freigabe veranschlagt? Zu 7.: Je nach Aufwand beträgt die Renovierungszeit zwischen 3 und in Einzelfällen bis zu 5 Monaten. 8. Wie viele Sportvereine können derzeit nicht in ihren angestammten Turnhallen trainieren? 9. Um welche Vereine handelt es sich und welche Ersatzmöglichkeiten bestehen jeweils? Zu 8. und 9.: Diese Daten werden nicht zentral erhoben . Die Verwaltung der meisten öffentlichen Sportstätten , die nun zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden beziehungsweisen wurden, obliegt der örtlich zuständigen Bezirksverwaltung. Die vom Landessportbund Berlin e. V. (LSB) betriebenen Sportanlagen – das Horst-Korber-Sportzentrum und die Rudolf-Harbig-Halle – sind inzwischen zwar wieder geräumt. Aufgrund der notwendigen Sanierung gibt es für die Betroffenen dort aber weiterhin Ersatzlösungen : - Mit dem Berliner Leichtathletik Verband (BLV) wurden sämtliche Ersatzangebote erörtert und abgestimmt . Alle Nutzerinnen und Nutzer der Rudolf -Harbig-Halle haben sowohl für das regelmäßige Training als auch für Wettkämpfe ein Ersatzangebot im Sportforum Berlin (SFO) erhalten. Für Angebote im vorrangig breitensportlichen Bereich wurden Nutzungszeiten im Sportkomplex Paul- Heyse-Straße zur Verfügung gestellt. - Mit dem Handball Verband Berlin (HVB) erfolgte gleichfalls eine regelmäßige Abstimmung zur Absicherung des Spiel- und Wettkampfbetriebs durch umfangreiche Nutzungsverdichtungen. Der Bundesligist Spreefüxxe wird anteilig mit Nutzungsüberlassungen im SFO unterstützt. Analog verhält es sich mit den Vereinen Füchse Berlin, PSV, SSG Humboldt Universität, SV Pfeffersport, Berliner TSC und weiteren Vereinen. - Wie im Handball konnten auch für die Sportart Volleyball Lösungen gefunden werden: Der Trainingsbetrieb des Bundesligisten BR Volleys wird vorrangig im SFO sowie in der Max-Schmeling- Halle abgesichert. Die Ersatzmaßnahmen für die Vereine Berliner TSC, Rotation Prenzlauer Berg, Volleyballclub Pankow, BBSC wurden in Abstimmung mit dem Volleyball Verband Berlin (VVB) sowie mit dem Ankernutzer VCO Berlin (BSP Volleyball) vorgenommen. 10. Welche Ersatzmöglichkeiten gibt es für den ausfallenden Schulsport in den jeweiligen Hallen? Zu 10.: Für die Zeit der Hallenbelegung mit Flüchtlingen und der darauf folgenden Wiederherstellungsmaßnahmen wird den Schulen im Rahmen eines „Bündnisses für den Schulsport“ der Zugang zu alternativen Sportangeboten außerhalb der Schule ermöglicht. Diese Maßnahme soll die bereits genutzten Instrumente, wie Verdichtung von Nutzungszeiten, Erhöhung des Theorieanteils im Sportunterricht, Projektunterricht und verstärkte Nutzung von Sport im Freien, ergänzen und absichern. Hierfür hat der Senat ein Sonderbudget in Höhe von 1,5 Mio. € zu Verfügung gestellt. 34 Schulen haben dieses „Bündnis für den Schulsport“ im vergangenen und laufenden Schuljahr in Anspruch genommen. 11. Wie viele Hallen wurden bereits geräumt, aber noch nicht renoviert und stehen somit dem Schul- und Vereinssport noch nicht zur Verfügung? 12. Wie viele Turnhallen sind bereits wieder ihrem Bestimmungszweck entsprechend in Betrieb? Zu 11. und 12.: An 23 Standorten wurde die Belegung von Sporthallen mit Flüchtlingen in 2016 bereits beendet. Derzeit sind Sporthallen an drei Standorten wieder ihrem Bestimmungszweck entsprechend in Betrieb. 13. Kann der Senat die deutliche Kritik des Landessportbundes und seines Vorsitzenden nachvollziehen, der die Einschränkungen für den Vereinssport in Berlin scharf kritisiert und darauf verweist, dass andere deutsche Großstädte wesentlicher schneller bei dieser Thematik sind? Zu 13.: Die fortdauernde Belegung der Sporthallen mit Flüchtlingen liegt nicht im Interesse des Senats. Es wird angestrebt, die belegten Sporthallen schnellstmöglich wieder für ihren eigentlichen Zweck zur Verfügung zu stellen. Hierbei sind jedoch die bereits genannten Umstände zu beachten. Eine Vielzahl der Bundesländer verfügt über die Möglichkeit, die Flüchtlinge auch auf Kommunen zu verteilen, in denen der Wohnungsmarkt weniger angespannt ist als in Berlin. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 082 3 14. Ist dem Senat bekannt, dass es durch die langfristig belegten Turnhallen bereits zu erheblichen Mitgliederverlusten und finanziellen Einbußen bei Sportvereinen gekommen ist und was wird dagegen konkret unternommen ? Zu 14.: Dem Senat sind derartige Aussagen einzelner Sportvereine bekannt. Um den Mitgliederverlusten entgegenzuarbeiten hat der Senat am 09.02.2016 eine „Richtlinie für den Kostenersatz für die von der Sicherstellung von Sportstätten erheblich betroffenen Sportvereine (Kostenersatz RL)“ beschlossen. Die mögliche finanzielle Unterstützung des Landes Berlin umfasst danach die Erstattung von Mietkosten für Ersatzräumlichkeiten zur Sportausübung und gegebenenfalls notwendige Transportund Lagerkosten von Sportgeräten und sporttechnischen Anlagen. Die Kostenersatzrichtlinie regelt neben dem Erstattungszweck auch die Erstattungs-voraussetzungen, die Höhe der Erstattung sowie das Verfahren zur Beantragung der möglichen Kostenerstattung. Die Richtlinie soll Vereine zur kurzfristigen Suche von Ausweichmöglichkeiten motivieren. Die Zielrichtung war die Sicherung des Sportbetriebes. Hier bot und bietet die Richtlinie – neben der Verdichtung des Sportbetriebes in den nicht von der Sicherstellung betroffenen öffentlichen Sport-anlagen – eine weitere Möglichkeit an. Berlin, den 09. Dezember 2016 In Vertretung Alexander Fischer _____________________________ Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Dez. 2016) S18/10082 Anlage 1 Übersicht der für die Unterbringung von Flüchtlingen genutzten Sporthallen Stand: 25.11.2016 Nr. Einrichtung Bezirk Belegt 1 Alt-Friedrichsfelde Lichtenberg 183 2 Alt-Moabit Mitte 109 3 Buckower Damm Neukölln 152 4 Cyclopstr. Reinickendorf 148 5 Darßer Str Lichtenberg 82 6 Efeuweg Neukölln 143 7 Forckenbeckstr. Charlottenburg-Wilmersdorf 118 8 Fritz-Reuter-Str. Pankow 114 9 Glienicker Str. Treptow-Köpenick 118 10 Gürtelstr. Friedrichshain-Kreuzberg 139 11 Hüttenweg Steglitz-Zehlendorf 159 12 Im Erpelgrund Reinickendorf 92 13 Kladower Damm Spandau 102 14 Koloniestr. / Osloer Str. Mitte 117 15 Königshorster Str. Reinickendorf 105 16 Kühleweinstr. Reinickendorf 110 17 Lauenburger Straße Steglitz-Zehlendorf 62 18 Leo-Baeck-Str. Steglitz-Zehlendorf 82 19 Lessingstr. Steglitz-Zehlendorf 104 20 Lobeckstr. Friedrichshain-Kreuzberg 117 21 Malmöer Str. Pankow 127 22 Otto-Ostrowski- Str. Pankow 68 23 Prinzregentenstraße Charlottenburg-Wilmersdorf 131 24 Siemensstr. Mitte 110 25 Wackenbergstraße Pankow 87 26 Wedellstr. Steglitz-Zehlendorf 81 27 Wiesenstr. Mitte 160 28 Wollenberger Str. Lichtenberg 84 Summe 3204 S18-10082 S1810082_Anlage1