Drucksache 18 / 10 111 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Jürn Jakob Schultze-Berndt (CDU) vom 01. Dezember 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Dezember 2016) und Antwort Unzustellbare Wahlbenachrichtigungen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Wahlbenachrichtigungen konnten im Jahr 2016 nicht zugestellt werden? Zu 1.: Rund 70.000 Wahlbenachrichtigungen konnten laut Datenübermittlung der PIN AG an die Landeswahlleiterin nicht zugestellt werden. 2. Welche Prognose hat der Senat für die Zahl der nicht-zustellbaren Wahlbenachrichtigungen für die Wahl im September 2017? Zu 2.: Bei der letzten Bundestagswahl am 22. September 2013 waren 22.642 Wahlbenachrichtigungen unzustellbar (0,9 % der 2.505.718 Wahlberechtigten). Der Senat rechnet für 2017 mit einer etwas niedrigeren Zahl, da die Landeswahlleiterin mit den Bezirkswahlämtern verabredet hat, die rund 70.000 nicht zustellbaren Wahlbenachrichtigungen für die Berliner Wahlen 2016 für eine Bereinigung des Melderegisters zu nutzen. 3. Wie hat sich die Situation von Nicht-Anmeldung und/oder Scheinadressen im Laufe der letzten Jahre entwickelt ? Zu 3.: Dem Senat liegen keine Erkenntnisse über die Zahl von Nicht-Anmeldungen oder Scheinanmeldungen vor, da hierüber keine statistischen Erhebungen geführt werden können. 4. Welche gesetzlichen Änderungen auf Bundesebene hat es im Laufe der letzten Jahre gegeben und wie schätze der Senat deren bisherige Wirkung ein? Zu 4.: Mit § 19 des am 1.11.2015 in Kraft getretenen Bundesmeldegesetzes (BMG) wurde die am 1. Juni 2004 abgeschaffte Mitwirkung des Wohnungsgebers bei der Anmeldung (Nebenmeldepflicht) wieder eingeführt. Danach ist der Wohnungsgeber verpflichtet, bei der Anmeldung mitzuwirken und den Einzug schriftlich gegenüber der Meldebehörde zu bestätigen. Der Senat erwartet, dass durch diese Regelung zumindest eine weitere Hürde gegen Scheinanmeldungen geschaffen worden ist. 5. Wie beurteilt der Senat die aktuelle landesgesetzliche Lage bei Meldeangelegenheiten angesichts dieser Situation und welche Veränderungen sind denkbar? Zu 5.: Nach der Neuregelung der Art. 72 ff GG durch das FöderalismusreformG vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034) fällt das Meldewesen in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes (Art. 71, 73 Abs. 1 Nr. 3 GG). Gestaltungsmöglichkeiten besitzen die Länder nur in den engen, von § 55 BMG gesetzten Grenzen. Scheinanmeldungen werden bei den Meldebehörden im Rahmen der Vorgänge „Abmeldungen von Amts“ wegen bearbeitet. Nach § 6 Abs. 1 BMG ist das Melderegister bei Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit von der Meldebehörde von Amts wegen zu berichtigen oder zu ergänzen (Fortschreibung). Liegen der Meldebehörde bezüglich einzelner oder einer Vielzahl namentlich bekannter Einwohnerinnen und Einwohner konkrete Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Melderegisters vor, hat sie den Sachverhalt gem. § 6 Abs. 3 BMG ebenfalls von Amts wegen zu ermitteln. Diejenigen Behörden oder sonstigen öffentlichen Stellen, Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 111 2 die Empfänger regelmäßiger Datenübermittlungen der Meldebehörde sind, soweit sie nicht Aufgaben der amtlichen Statistik wahrnehmen oder öffentlich-rechtliche Religionsgesellschaften sind, haben die Meldebehörden gem. § 6 Abs. 2 BMG unverzüglich zu unterrichten, wenn ihnen konkrete Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit übermittelter Daten vorliegen. Sonstige öffentliche Stellen, denen auf deren Ersuchen hin Meldedaten übermittelt worden sind, dürfen die Meldebehörden bei Vorliegen solcher Anhaltspunkte unterrichten. Ergeben die Ermittlungen der Meldebehörde eine zu Unrecht bestehende Anmeldung, so wird die betroffene Person mit Wirkung zum vorgegebenen Einzugstermin von Amts wegen mit unbekanntem Verbleib abgemeldet. Nach § 54 Abs. 2 Nr. 1 BMG handelt ordnungswidrig, wer sich vorsätzlich oder fahrlässig als meldepflichtige Person für eine Wohnung anmeldet, die er nicht bezieht. Nach Absatz 3 dieser Vorschrift kann diese Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu 1000 Euro geahndet werden. Der Senat erachtet die melderechtlich vorgegebenen Instrumente als ausreichend, vorausgesetzt auch andere Behörden teilen ihre Verdachtsmomente wiederum der Meldebehörde mit. Darüber hinaus müssen die Meldebehörden eine Anmeldung nicht vornehmen, wenn berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der Angaben bestehen. Der Senat verkennt jedoch nicht den Umstand, dass es trotz weitreichender rechtlicher Regelungen tatsächlich unmöglich ist, Scheinanmeldungen gänzlich zu unterbinden . Auch mit einer Wiedereinführung der Nebenmeldepflicht werden sich Scheinanmeldungen nicht gänzlich verhindern lassen. Berlin, den 09. Dezember 2016 In Vertretung Christian Gaebler Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Dez. 2016)