Drucksache 18 / 10 112 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sebastian Czaja (FDP) vom 07. Dezember 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Dezember 2016) und Antwort Die Methode Vogel Strauß – Welche rechtlichen Herausforderungen sieht der Senat beim BER Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Überlegungen wurden im Senat hinsichtlich eines eventuellen Weiterbetriebs von TXL angestellt ? Antwort zu 1: Der Senat hat keine derartigen Überlegungen angestellt. Frage 2: Liegen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Untersuchungen, Stellungnahmen oder Gutachten zur rechtlichen Lage bei einer Weiternutzung von TXL als Verkehrsflughafen vor? Antwort zu 2: Dem Senat liegt eine Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages zum Thema „Voraussetzungen für die Weiterführung des Flughafens Berlin-Tegel“ vom April 2013 vor. Frage 3: Zu welchem Ergebnis kommen ggf. die bisherigen Untersuchungen zu diesem Thema? Antwort zu 3: Die Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom April 2013 vertritt die Auffassung, der Planfeststellungsbeschluss 2004 entfalte „keine Bindungswirkung zur Schließung des Flughafens Berlin-Tegel“, da diese nicht in dem „Verfügenden Teil“ des Planfeststellungsbeschlusses 2004 enthalten sei und die Begründung des Planfeststellungsbeschlusses – vergleichbar mit der Begründung rechtskräftiger zivilgerichtlicher Urteile – rechtlich unbeachtlich sei. Frage 4: Auf welche rechtlichen Gegebenheiten stützt sich die Aussage im Koalitionsvertrag, dass die Schließung von TXL "… wegen der Auflagen in der Planfeststellung des BER und der fehlenden Genehmigung des Betriebs des Flughafens Tegel nach deutschem Recht" erforderlich sei? Antwort zu 4: Die Aussage stützt sich darauf, dass Rechtsgrundlage für den Betrieb des internationalen Verkehrsflughafens Berlin-Tegel § 2 Abs. 5 des Gesetzes zur Überleitung von Bundesrecht von Berlin (West), 6. Überleitungsgesetz vom 25.09.1990 (Bundesgesetzblatt [BGBl.] I S. 2106) i.V.m. §§ 6, 8 des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) ist. Nach diesen Vorschriften gilt der Flughafen Berlin-Tegel als luftrechtlich genehmigt und planfestgestellt . Weitere rechtliche Grundlagen sind die bestandskräftigen Bescheide über den Widerruf der Betriebsgenehmigung des Flughafens Berlin-Tegel vom 29. Juli 2004 und über die Aufhebung der Planfeststellung vom 02. Februar 2006. Frage 5: Welche „Auflagen“ gibt es in der Planfeststellung des BER? Wurde der Begriff „Auflage“ dort überhaupt verwandt? Welche rechtliche Bedeutung haben diese „Auflagen“? Kann der Senat von Berlin überhaupt von „Auflagen“ zum Handeln im Land Berlin gezwungen werden, die einen Flughafen im Land Brandenburg betreffen ? Antwort zu 5: Der Planfeststellungsbeschluss Ausbau Flughafen Berlin-Schönefeld vom 13.08.2004 enthält in seinem verfügenden Teil auf den Seiten 97 bis 204 zahlreiche Auflagen zu den verschiedensten Themenbereichen . Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 112 2 § 36 Abs. 2 Nr. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) definiert Auflage als „Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird“. Begünstigter ist im konkreten Fall die Vorhabensträgerin , die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB). Frage 6: Ist dem Senat bekannt, dass das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich verneint hat, für eine Umsetzung bestimmter Voraussetzungen im Land Berlin in Abhängigkeit des Baus des BER überhaupt zuständig zu sein? Antwort zu 6: Entsprechend dem Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz wurden Anfechtungsklagen gegen einen Planfeststellungsbeschluss, darunter zum Vorhaben Ausbau Flughafen Berlin-Schönefeld, in erster und einziger Instanz vom Bundesverwaltungsgericht entschieden. Hingegen war für die Bescheide über den Widerruf der Betriebsgenehmigung des Flughafens Berlin-Tegel vom 29. Juli 2004 und über die Aufhebung der Planfeststellung vom 02. Februar 2006 das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zuständig. Frage 7: Im Abgeordnetenhaus wurde in der vergangenen Legislaturperiode davon gesprochen, dass ein Weiterbetrieb von TXL „zu seinem Baustopp des BER“ führen würde oder den „BER gefährden würde“. Welche rechtlichen Grundlagen mit welchen ausdrücklichen Konsequenzen bestehen für diese Annahme? Unterstellt, es würden für solche Konsequenzen Klagen erforderlich sein: Welche Personen oder Gremien sieht der Senat als klagebefugt an? Frage 8: Stimmt der Senat der Aussage zu, dass die Planfeststellung von Dritten nicht mehr angreifbar ist und aus eigenem Bestand weder einen Baustopp noch eine Nichterteilung der Betriebsgenehmigung hervorrufen könnte, wenn TXL weiter betrieben wird? Antwort zu 7 und 8: Die Begründung des Planfeststellungsbeschlusses Ausbau Flughafen Berlin-Schönefeld geht von einer Schließung des Flughafens Berlin-Tegel aus. Das Bundesverwaltungsgericht bezieht sich auf den gemeinsamen Landesentwicklungsplan Flughafenstandortsicherung der Länder Berlin und Brandenburg (LEP FS) und stellt "die genannten Vorteile eines stadtnahen Single-Flughafens und die Lärmentlastung gegenüber, die durch die Aufgabe der Standorte Tegel und Tempelhof sowie der nördlichen Start- und Landebahn in Schönefeld entstehen würden. Der Nachteil neuer Lärmbelastungen im Umfeld des Standorts Schönefeld müsse daher im Ergebnis in Kauf genommen werden. Im Gesamtraum werde die Lärmbetroffenheit gemessen an der Anzahl der Anwohner deutlich verringert. Das Ausbauvorhaben führe zu einer Reduzierung der Fluglärmbetroffenen auf weniger als 30 % gegenüber der gegenwärtigen Situation. Das entspreche einer Verringerung um ca. 100 000 Lärmbetroffene " (Bundesverwaltungsgericht, in: BVerwGE 125, 116 Rdnr. 109). Mit einem unbefristeten Weiterbetrieb des Flughafens Berlin-Tegel parallel zum Flughafen Berlin Brandenburg (BER) könnte dieses Ziel nicht mehr erreicht werden. Vor diesem Hintergrund besteht die Gefahr, dass ein Gericht im Falle eines Weiterbetriebes des Flughafens Berlin-Tegel über den Zeitraum von 6 Monaten nach Inbetriebnahme des Flughafens BER hinaus einem prozessualen Wiedereinsetzungsantrag für eine erneute Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss BER stattgibt. Frage 9: Stimmt der Senat der Aussage zu, dass die beiden von der Berliner Luftfahrtbehörde erlassenen Bescheide zum Entzug der Betriebsgenehmigung bzw. zur Aufhebung der Planfeststellung für TXL durch einen Verwaltungsakt zurückgenommen werden können? Antwort zu 9: Diese Frage stellt sich nicht – siehe Antwort auf Ihre Schriftliche Anfrage Nr. 18/10054 vom 16.11.2016. Frage 10: Ist dem Senat bewusst, dass „Lärmentlastung “ im Umfeld von TXL immer mit einer Lärmbelastung im Umfeld von Schönefeld einhergeht? Antwort zu 10: Siehe Antwort zu 7 und 8. Frage 11: Ist dem Senat bewusst, dass die Lärmbelastung im Umfeld des BER im Jahre 2023 das Dreifache der heutigen Belastung in SXF erreichen wird? Antwort zu 11: Der Senat hat keine entsprechenden Berechnungen vorgenommen. Im Übrigen wird auf die Verordnung der Landesregierung Berlin über die Festsetzung des Lärmschutzbereichs für den Verkehrsflughafen Berlin Brandenburg (Flug- LärmBERV Bln) vom 30. Juli 2013 i.V.m. § 4 Abs. 5 und 6 des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm in der Bekanntmachung vom 31.10.2007 verwiesen. Berlin, den 20. Dezember 2016 In Vertretung S t e f a n T i d o w ................................ Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Dez. 2016)