Drucksache 18 / 10 120 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) vom 07. Dezember 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Dezember 2016) und Antwort Vertrauen in die Polizei - Dienstwaffen außerhalb des Dienstes Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Nach Medienberichten soll es eine Dienstanweisung an die Berliner Polizeibeamten geben, nach der diese ihre Dienstwaffe nicht länger auch außerhalb der Dienstzeiten bei sich tragen dürfen. 1. Gibt es eine solche Anweisung und wenn ja, wer hat sie wann mit welchem vollständigen Wortlaut erlassen und ab wann soll(te) diese gelten? Zu 1.: Das Führen der dienstlich überlassenen Faustfeuerwaffe ist in der Geschäftsanweisung ZSE II Nr. 1/2016 über den Umgang mit Faustfeuerwaffen geregelt. Diese Geschäftsanweisung wurde durch den Polizeipräsidenten in Berlin erlassen und ist am 1. Juni 2016 in Kraft getreten. Hiernach ist es den Dienstkräften auf dem Weg vom und zum Dienst sowohl in bürgerlicher Kleidung als auch in Dienstbekleidung freigestellt, die Faustfeuerwaffe zu führen. Darüber hinaus sind Dienstkräfte des Polizeidienstes nach erfolgreichem Abschluss der für die jeweilige Laufbahn vorgeschriebenen Ausbildung bei Vorliegen eines berechtigten Interesses ermächtigt, über Faustfeuerwaffen , mit denen sie dienstlich ausgestattet sind, außerhalb des Dienstes die tatsächliche Gewalt auszuüben (Besitz) und diese Faustfeuerwaffe zu führen. Ein solches berechtigtes Interesse ist regelmäßig nur dann gegeben, wenn das Führen der Faustfeuerwaffe in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Dienstverrichtung erfolgt. Hierunter fallen über den versicherungsrechtlichen Begriff des Dienstweges hinaus Versorgungsgänge, Arztbesuche und ähnlich anerkannte Tätigkeiten der Daseinsvorsorge jeweils unmittelbar vor und nach der Dienstverrichtung sowie bei Dienstunterbrechungen. Des Weiteren kann gemäß der Geschäftsanweisung ZSE II Nr. 1/2016 über den Umgang mit Faustfeuerwaffen in begründeten Einzelfällen die bzw. der Dienstvorgesetzte das außerdienstliche Führen der Faustfeuerwaffe ganz oder teilweise genehmigen bzw. anordnen. Weiterführende Genehmigungen bzw. Anordnungen könnten im konkreten Bedarfsfall auf der Grundlage einer Einsatzanordnung erlassen werden. Wortlaut der Textpassagen zum Führen der Faustfeuerwaffe außerhalb des Dienstes: „7.4 Führen der Faustfeuerwaffe auf dem Weg vom und zum Dienst Auf dem Weg vom und zum Dienst ist es den Dienstkräften sowohl in bürgerlicher Kleidung als auch in Dienstbekleidung freigestellt, die Faustfeuerwaffe zu führen. 7.5 Führen der Faustfeuerwaffe außerhalb des Dienstes (1) Nach erfolgreichem Abschluss der für die jeweilige Laufbahn vorgeschriebenen Ausbildung sind Dienstkräfte des Polizeidienstes bei Vorliegen eines berechtigten Interesses ermächtigt, über Faustfeuerwaffen, mit denen sie dienstlich ausgestattet sind, außerhalb des Dienstes die tatsächliche Gewalt auszuüben (Besitz) und diese Faustfeuerwaffe zu führen. Ein berechtigtes Interesse liegt regelmäßig nur dann vor, wenn das Führen der Faustfeuerwaffe in unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Dienstverrichtung erfolgt. Über den versicherungsrechtlichen Begriff des Dienstweges hinaus fallen hierunter Versorgungsgänge, Arztbesuche und ähnlich anerkannte Tätigkeiten der Daseinsvorsorge jeweils unmittelbar vor und nach der Dienstverrichtung sowie bei Dienstunterbrechungen. (2) Die Ermächtigung gilt nicht a) in öffentlichen Sportstätten und Schwimmbädern oder bei öffentlichen Veranstaltungen, z.B. Volksfesten , Messen und Ausstellungen, Kino- oder Sportveranstaltungen, b) bei einer öffentlichen Versammlung unter freiem Himmel oder in geschlossenen Räumen, c) in den sonstigen durch Gesetz bestimmten Verbotsfällen des Mitführens von Waffen (z.B. Luftverkehrsgesetz ) sowie Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 120 2 d) in den Zeiten des Erholungsurlaubs, einer Kur oder Rehabilitationsmaßnahme, eines planbaren Krankenhausaufenthalts oder bei sonstiger längerer Abwesenheit vom Dienst. (3) Das Führen der Faustfeuerwaffe ist der Dienstkraft grundsätzlich untersagt, wenn sie beabsichtigt oder wenn nach den Umständen nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie alkoholische Getränke, Medikamente oder andere Stoffe zu sich nimmt, oder zu sich genommen hat, die die geistige oder körperliche Leistung nicht nur unbedeutend beeinträchtigen können. Ausnahmen ergeben sich aus der GA ZSE I über das Verbot von Alkoholkonsum in der jeweils geltenden Fassung. (4) Wird die Faustfeuerwaffe außerdienstlich geführt , ist der Dienstausweis mitzuführen. Die Faustfeuerwaffe ist in bürgerlicher Kleidung grundsätzlich verdeckt zu tragen. (5) Für die durch die Amtshaftung nicht gedeckten Schadensfälle, welche beim außerdienstlichen Besitz und Führen von Faustfeuerwaffen entstehen können, sollte, bevor von der Ermächtigung Gebrauch gemacht wird, eine Haftpflichtversicherung über die in § 4 Abs. 1 Nr. 5 WaffG genannte Deckungssumme abgeschlossen werden (1 Million Euro pauschal für Personenschäden und Sachschäden ). (6) In begründeten Einzelfällen kann die bzw. der Dienstvorgesetzte das außerdienstliche Führen der Faustfeuerwaffe ganz oder teilweise genehmigen bzw. anordnen .“ 2. Ist der Senat der Auffassung, dass die Zahl der Straftaten in Berlin soweit gesunken ist, dass ein Eingreifen von nicht im Dienst befindlichen Polizeibeamten zum Schutz der Bürger nicht länger erforderlich ist? Zu 2.: Nein. Polizeiliche Eingriffsmaßnahmen begründen sich, unabhängig davon, ob sich die Dienstkraft im Dienst befindet oder nicht, nach dem Legalitäts- und Opportunitätsprinzip sowie dem Gefahrenabwehrrecht. Hierfür stellt das Führen der dienstlich überlassenen Faustfeuerwaffe keine zwingende Voraussetzung dar. Inwieweit nicht im Dienst befindliche Dienstkräfte zum Schutz der Bürger in der Vergangenheit unter Verwendung der dienstlich überlassenen Faustfeuerwaffe eingeschritten sind, kann nicht dargestellt werden, da eine statistische Erhebung durch die Polizei Berlin nicht erfolgt . Direkte Auswirkungen auf die Anzahl der Straftaten lassen sich daher nicht ableiten. 3. Wie ist diese Einschätzung damit in Einklang zu bringen, dass die Zahl der in Berlin erfassten Straftaten sich während der 17. Wahlperiode um etwa 15 % erhöht hat? Zu 3.: Siehe Antwort zu Frage 2. 4. Schätzt der Senat die Gefahr einer Verletzung eines Polizeibeamten inzwischen geringer ein als noch vor fünf Jahren und will deshalb ein Eingreifen außerhalb der Dienstzeit nur ohne Dienstwaffe erlauben? Zu 4.: Nein. Berlin, den 23. Dezember 2016 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Dez. 2016)