Drucksache 18 / 10 169 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Regina Kittler (LINKE) vom 14. Dezember 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Dezember 2016) und Antwort Wirtschaft – Arbeit – Technik: WAT-Unterricht und Praxisklassen auf gutem Weg? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie hoch ist der Anteil der Lehrkräfte, die im aktuellen Schuljahr das Fach WAT fachfremd unterrichten (bitte Angabe in VZE und prozentual)? Zu 1.: Die Angaben für das aktuelle Schuljahr sind noch in Bearbeitung, das Ergebnis wird voraussichtlich im Februar 2017 vorliegen. Im Schuljahr 2015/2016 (Stand: 01.11.2015) wurde in einem Umfang von 106 Vollzeiteinheiten (VZE) bzw. 34,9 Prozent der wöchentlichen Unterrichtsstunden im Fach Wirtschaft-Arbeit-Technik durch fachfremde Lehrkräfte Unterricht erteilt. 2. Seit ca. 3 Jahren werden am Institut für Berufliche Bildung und Arbeitslehre (IBBA) der TU Berlin Quereinsteiger *innen für das Fach WAT ausgebildet: a. Wie umfangreich ist die Ausbildung (Semesterwochenstunden )? b. Wie viele Quereinsteiger*innen wurden bisher ausgebildet? c. Wie viele Quereinsteiger*innen befinden sich aktuell im Ausbildungsgang? Zu 2.: a) 60 Leistungspunkte sind zu erreichen (40 Semesterwochenstunden (SWS)). b) Es wurden bisher acht Quereinsteiger und Quereinsteigerinnen im Zeitraum 2014 - 2016 ausgebildet. c) Aktuell befinden sich 11 Quereinsteiger und Quereinsteigerinnen in der Ausbildung (2015 - 2017). 3. Wie viele von ihnen sind inzwischen im regulären Schuldienst im Fach eingesetzt (bitte Angabe in VZE)? Zu 3.: Alle Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger, die die berufsbegleitenden Studien erfolgreich abgeschlossen haben, gehen über in den berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst. Spätestens zu diesem Zeitpunkt müssen sie in WAT im Fachunterricht eingesetzt werden. Es ist davon auszugehen, dass sie nach Abschluss des Staatsexamens bedarfsorientiert in ihren Schulen im Fach WAT eingesetzt werden. 4. Nach Anlage 1 zur Sek I VO können Integrierte Sekundarschulen (ISS) unter bestimmten Voraussetzungen WAT im 9. auf eine Wochenstunde kürzen und im 10. Jahrgang komplett streichen, wobei die Möglichkeiten der Kürzung und Streichung in der Fußnote f zur Anlage 1 eingeschränkt wurden: Wie viele und welche Schulen haben WAT im 9. Jahrgang gekürzt und im 10. Jahrgang ganz gestrichen? Welche konkreten Begründungen wurden für die Kürzungsmaßnahmen angegeben? 5. An wie vielen ISS wird WAT nur noch im Pflichtbereich angeboten (bitte Angabe nach absoluter Zahl und prozentual)? 6. An wie vielen Schulen wird der im Rahmenlehrplan vorgesehene Werkstattunterricht mit Teilungsstunden durchgeführt (bitte Angabe nach absoluter Zahl und prozentual)? Zu 4. bis 6.: Im Rahmen der schulischen Selbstständigkeit und Eigenverantwortung gestaltet und organisiert jede Schule im Rahmen der staatlichen Verantwortung und der Rechts- und Verwaltungsvorschriften den Unterricht , die Erziehung, das Schulleben sowie ihre personellen und sächlichen Angelegenheiten selbständig und in eigener Verantwortung (vgl. Schulgesetz (SchulG) § 7 (2)). Die zur Beantwortung der Fragen 4. bis 6. benötigten Daten wurden daher in der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie nicht zentral erfasst. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 169 2 7. Wie viele Praxisklassen waren in den vergangenen fünf Schuljahren bzw. sind im aktuellen Schuljahr an den ISS eingerichtet? Zu 7.: An den Integrierten Sekundarschulen (ISS) wurden und werden keine Praxisklassen eingerichtet, da Praxisklassen ausschließlich ein Angebot für ehemalige Hauptschulen in Berlin waren. An ISS wurden bzw. werden stattdessen Praxislerngruppen (PLG) eingerichtet, in denen alle Abschlüsse der Sekundarstufe I erreicht werden können. Praxislerngruppen zielen darauf, schulabschlussgefährdeten Schülerinnen und Schülern der ISS im Rahmen der besonderen Organisationsformen des Dualen Lernens (vgl. Schulgesetz Berlin § 22 (5) und Sekundarstufe I Verordnung – Sek I VO § 29 (3)) den Zugang zum theoretischen Lernen durch praktische Tätigkeit bei einem Bildungsträger zu erleichtern. In Praxislerngruppen sollen die Motivation am Lernen und das Selbstbewusstsein gestärkt sowie der Ehrgeiz für das Erreichen eines Schulabschlusses entwickelt werden. Darüber hinaus sollen in Praxislerngruppen eine qualifizierte Berufsorientierung und vertiefte Kenntnisse und Fähigkeiten in einem gewählten Berufsfeld vermittelt werden. Zur Zielgruppe gehören insbesondere Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 9 und 10, deren Leistungsstand am Ende der Jahrgangsstufe 8 zeigt, dass ein Schulabschluss als stark gefährdet erscheint. Für das Lernen in Praxislerngruppen sind vor allem Schülerinnen und Schüler geeignet, die durch einen verstärkten Praxisbezug eher gefördert werden können als durch andere Fördermaßnahmen. Um Defizite insbesondere in den Bereichen der Sozial- und Handlungskompetenz zu kompensieren , ist eine erhöhte sozialpädagogische Betreuung erforderlich. Aufgrund einer engen Verzahnung von Theorie und Praxis sowie einem erhöhten Praxislernen wird ein größerer Lernzuwachs erwartet als durch den Unterricht in einer Regelklasse. Zur Zielgruppe gehören auch Schülerinnen und Schüler, die mehr Zeit zum Lernen benötigen, besonderer Unterstützung bedürfen und gezeigt haben, dass sie eher praxisorientierte als theorieorientierte Zugänge zu Bildung haben. Die folgende Tabelle zeigt die Anzahl der PLG in der Jahrgangsstufe (JG) 9 und JG 10. Im Schuljahr 2012/2013 wurden Praxislerngruppen ausschließlich in der JG 9 angeboten. Mit dem Aufwuchs der ISS werden Praxislerngruppen ab Schuljahr 2013/2014 in den Jahrgängen 9 und 10 angeboten. 2012/2013 2013/2014 2014/2015 2015/2016 2016/2017 PLG JG 9 45 44 37 39 38 PLG JG 10 0 42 32 31 50 PLG gesamt 45 86 69 70 88 7.a. Wie viele Schülerinnen und Schüler (nach Geschlechtern getrennt) waren in den vergangenen fünf Schuljahren bzw. werden gegenwärtig in ihnen unterrichtet ? Zu 7.a.: Die folgende Tabelle zeigt die Anzahl der Schülerinnen und Schüler in Praxislerngruppen ab Schuljahr 2012/2013. Eine statistische Auswertung nach Geschlechtern ist erstmals ab Schuljahr 2016/2017 vorgesehen . Die Ergebnisse werden voraussichtlich im Frühjahr 2017 vorliegen. 2012/2013 2013/2014 2014/2015 2015/16 2016/2017 TN JG 9 652 587 506 499 472 TN JG 10 0 577 470 456 685 TN gesamt 652 1.164 976 955 1.157 7.b. Wo verblieben Schülerinnen und Schüler der Praxisklassen in den vergangenen Schuljahren nach ihrem Schulabschluss bzw. nach ihrem Ausscheiden aus der ISS? (Bitte jeweils gliedern nach Dualer Ausbildung, berufsbefähigenden Lehrgängen, regulären Arbeitsverhältnissen , Übergangssystem.) Zu 7.b.: Zum Verbleib der Schülerinnen und Schüler der Praxislerngruppen nach ihrem Schulabschluss bzw. nach ihrem Ausscheiden aus der ISS gibt es keine Angaben . Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 169 3 8. Wie bewertet der Senat die Entwicklung nach 7.? Zu 8.: Zur Zielgruppe gehören insbesondere Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 9 und 10, deren Leistungsstand am Ende der Jahrgangsstufe 8 zeigt, dass ein Schulabschluss als stark gefährdet erscheint. In der Regel besuchen die Schülerinnen und Schüler eine Praxislerngruppe zwei Schuljahre. Das Lernen in den Werkstätten eines Bildungsträgers an bis zu drei Tagen in der Woche erfolgt mit deutlich höherem Praxisanteil und deutlich erhöhter sozialpädagogischer Begleitung. Der Senat sieht den Erfolg der Maßnahme vor allem darin begründet, dass in den vergangenen Schuljahren nahezu 60 % der Schülerinnen und Schüler der Praxislerngruppen nach Abschluss der Jahrgangsstufe 10 einen Schulabschluss erreicht haben, obwohl ein Schulabschluss stark gefährdet schien. Nach dem ersten zweijährigen Durchlauf (2012/2013 und 2013/2014) haben 59,9 % der Schülerinnen und Schüler einen Schulabschluss erreicht. Nach dem zweiten zweijährigen Durchlauf (2013/2014 und 2014/2015) haben 58,6 % der Schülerinnen und Schüler einen Schulabschluss erreicht. Die Daten für die Schuljahre 2014/2015 und 2015/2016 sind noch in Bearbeitung. Die Ergebnisse werden voraussichtlich im Februar 2017 vorliegen. Berlin, den 28. Dezember 2016 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Jan. 2017)