Drucksache 18 / 10 179 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Christian Buchholz (AfD) vom 20. Dezember 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Januar 2017) und Antwort Taxigewerbe Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft u.a. auch spezielle Daten und Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort zukommen zu lassen und hat daher die für den Bereich der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) zuständige Generalzolldirektion um Mitwirkung gebeten. Die Fragen wurden von der Generalzolldirektion an das Bundesministerium der Finanzen weitergeleitet. Die dort in eigener Verantwortung erstellten Stellungnahmen zu den Fragen 2 und 14 sind nachfolgend wiedergegeben (als Teil der jeweiligen Gesamtantwort ). Frage 1: In einer Untersuchung zur Wirtschaftlichkeit des Taxigewerbes in der Bundeshauptstadt Berlin, durchgeführt von Linne & Krause Juni 2016, wurde festgestellt, dass 77% der Betriebe sogenannte semiprofessionelle Bertriebe sind. Semiprofessionelle Betriebe sind dabei solche Betriebe, die einer betriebswirtschaftlichen Plausibilitätsüberprüfung nicht standhalten. Welche Maßnahmen hat der Senat im Zeitraum 2011 bis 2016 durchgeführt , um die Professionalität des Taxigewerbes zu steigern ? Antwort zu 1: Die Berliner Taxigenehmigungs- und Aufsichtsbehörde, das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO), führt bereits seit 2009 eine intensivierte Zuverlässigkeitsprüfung bei den Berliner Taxiunternehmen in Anlehnung an ein in Hamburg praktiziertes Verfahren durch. Insofern sind im Zuge der Erneuerung der zeitlich befristeten Genehmigung zum Verkehr mit Taxen nicht nur die Bescheinigung in Steuersachen der Finanzämter, Krankenkassen und Berufsgenossenschaften sowie Auszüge aus dem Bundeszentralregister (Führungszeugnis) vorzulegen, sondern weitere Betriebsunterlagen. Hierzu zählen z. B. die sog. Einnahmeursprungsaufzeichnungen , HU-Bescheinigungen und Jahresabschlüsse. Anhand dieser Unterlagen bewertet das LABO eigenständig, ob ein Taxiunternehmen seinen abgaberechtlichen Verpflichtungen nachgekommen ist. Um für diese Prüfungen noch repräsentativere und belastbarere Referenzwerte zu erhalten, beauftragte die damalige Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt im Februar 2015 die Firma Linne + Krause zur Erstellung der in der Frage erwähnten Untersuchung zur Wirtschaftlichkeit des Taxigewerbes in Berlin. Auf Grund der Erkenntnisse aus der Untersuchung (Stand Juni 2016) wurde eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe, bestehend aus den relevanten Senatsverwaltungen, dem LABO und dem Zoll gebildet. Erste Arbeitssitzungen haben bereits stattgefunden. Ziel ist die Erarbeitung einer gemeinsamen abgestimmten Vorgehensweise. Frage 2: Bei wie vielen Betrieben wurden Prüfungen in Hinblick auf die Abführung von Steuern und Sozialabgaben im o.g. Zeitraum durchgeführt? Antwort zu 2: Die Berliner Taxigenehmigungsbehörde , das LABO, prüft an Hand von vorzulegenden Bescheinigungen und Registerauskünften bei jeder Erneuerung und Erweiterung der zeitlich befristeten Genehmigung zum Verkehr mit Taxen, ob die abgaben- und sozialrechtlichen Verpflichtungen des Unternehmens erfüllt wurden. Darüber hinaus fanden anlassbezogen außerordentliche Betriebsprüfungen bzw. intensivierte Plausibilitätsprüfungen statt. Im Ergebnis wurden im Zeitraum 2011 bis 2016 ca. 500 solcher Prüfungen durchgeführt. Bei der Finanzverwaltung erfolgt grundsätzlich die steuerliche Überprüfung von Betrieben unter Abwägung aller Risikogesichtspunkte im Rahmen des allgemeinen Besteuerungsverfahrens durch den Innendienst der Finanzämter , ggf. durch eine Außenprüfung oder steueraufsichtliche Maßnahmen (Aufdeckung unbekannter Steuerfälle ). Gesonderte Aufzeichnungen für einzelne Branchen über die Anzahl von Überprüfungen durch den Innen- und den Außendienst der Berliner Finanzämter werden nicht geführt. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Zollverwaltung (FKS) sieht in ihrer Arbeitsstatistik eine gesonderte Erfassung des Taxigewerbes nicht vor. In der Arbeitsstatistik Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 179 2 wird das Personenbeförderungsgewerbe erfasst, zu dem unter anderem auch das Taxigewerbe zählt. Die FKS des Hauptzollamtes Berlin hat im Rahmen ihrer Zuständigkeit nach § 2 Absatz 1 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz in den Jahren 2011 bis 2016 die in der nachfolgenden Tabelle dargestellten Arbeitgeberprüfungen im Personenbeförderungsgewerbe durchgeführt: Frage 3: Wie vielen Betrieben wurde seit dem 01.07.2016 die Konzession entzogen? Antwort zu 3: Seit dem 01.07.2016 wurden seitens des LABO sechs Unternehmen Genehmigungen zum Verkehr mit Taxen versagt. Frage 4: Um welche Art von Betrieben handelte es sich bei Betrieben, die ihre Konzession verloren haben hinsichtlich Größe, Dauer des Bestehens und Eigentümerverhältnissen ? (z. B. GmbH, KG, OHG, GbR und andere europäische Rechtsformen)? Antwort zu 4: Bei den seit dem 01.07.2016 versagten Unternehmen handelt es sich ausschließlich um Einzelunternehmen . Es wird darauf hingewiesen, dass in Berlin vorrangig GmbHs und Einzelunternehmen Inhaber der Genehmigung zum Verkehr mit Taxen sind. Widerrufe und Versagungen von Genehmigungen haben daher in der Regel diese beiden Rechtsformen zu verzeichnen. Maßnahmen waren hierbei sowohl gegen neue, als auch gegen langjährige Betriebe (Genehmigungsdauer 2-20 Jahre), gegen Ein-Wagen-Betriebe sowie gegen Großbetriebe (1-70 Fahrzeuge) zu ergreifen. Frage 5: Wie hoch schätzt der Senat die entgangenen Steuereinnahmen durch die Existenz semiprofessioneller Betriebe ein? Antwort zu 5: Seriöse Schätzungen von entgangenen Einnahmen durch die Existenz semiprofessioneller Betriebe sind nicht möglich. Frage 6: In der unter 1 genannten Studie ist die Rede von 130 sogenannten Intensivtäterbetrieben, von denen eine besonders große Schadenswirkung ausgehe. Was wurde unternommen, um diese Betriebe zu kontrollieren? Antwort zu 6: Die Feststellung, dass es in Berlin 130 sog. Intensivtäterbetriebe geben würde, wurde von den Gutachtern getroffen. Aus datenschutzrechtlichen Gründen konnten die der Feststellung zugrundeliegenden unternehmensbezogenen Daten nicht an das LABO weitergegeben werden. Das LABO führt demnach Betriebsprüfungen nach Maßgabe eigener Feststellungen und Verdachtsmomente durch. Frage 7: Wem gehören diese und wer ist der Inhaber oder Eigentümer, bzw. wer arbeitet dort? Antwort zu 7: Hierzu liegen keine Angaben vor. Frage 8: Wie hoch schätzt der Senat die Schadenwirkung dieser Betriebe in der Summe für den Berliner Haushalt ein? Antwort zu 8: Seriöse Schätzungen von Beträgen etwaiger Schäden durch fehlende Steuerehrlichkeit sind nicht möglich. Frage 9: Welche Maßnahmen sind aufgrund der Kontrolle von Intensivtäterbetrieben getroffen worden und zu welchen konkreten Ergebnissen führten diese? Antwort zu 9: Dem LABO sind keine Angaben möglich . Es werden Betriebsprüfungen durchgeführt und im Anschluss die erforderlichen Maßnahmen – bis zum Widerruf der Genehmigung zum Verkehr mit Taxen – ergriffen . Ob hierbei allerdings auch sog. Intensivtäterbetriebe im Sinne des Gutachtens betroffen sind, ist nicht bekannt (vgl. Antwort zu der Frage 6). Frage 10: Wie viele Mitarbeiter sind im LABO mit Stand Dezember 2016 für die Erteilung der Taxikonzessionen und die Durchführung der Plausibilitätsprüfungen im Taxigewerbe zuständig, welche Stellenentwicklung ist in diesem Bereich in den nächsten Jahren geplant? Frage 11: Wie viele Taxis sind durch einen Mitarbeiter zu prüfen? Antwort zu 10 und 11: Für den Taxenbereich (Antragsbearbeitung , Betriebsprüfungen, Außenkontrollen, Widerruf von Genehmigungen) standen dem LABO im Dezember 2016 insgesamt 10 Stellen zur Verfügung. Aus diesen Stellen musste in geringem Umfang auch die Aufgabe , Mietwagen und Krankentransportwagen zu konzessionieren und zu überwachen, verstärkt werden. Bei 8.282 konzessionierten Taxen im Land Berlin entfallen auf eine Dienstkraft 828 Fahrzeuge. Für das Jahr 2017 stehen dem LABO weitere 8 Beschäftigungspositionen zur Verfügung. Diese Beschäftigungspositionen sollen mit der Dienstkräfteanmeldung 2018/2019 dauerhaft in Stellen umgewandelt werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 179 3 Frage 12: Was hat der Senat zur Aushebelung des sogenannten "Drehtüreffekts" unternommen? Gemeint ist damit die Überprüfung von Betrieben, die den Eigentümer in häufigen Intervallen wechseln, die dazu noch kürzer sind als die vorgesehenen Intervalle für Betriebsprüfungen (abgesehen von der Nachschau bei der Neubeantragung größerer Betriebe)? Frage 13: In welchem Umfang hat der Senat eine Nachschau bei der Neubeantragung größerer Betriebe durchgeführt und welches waren die Ergebnisse? Antwort zu 12 und 13: Zur Klarstellung wird zunächst darauf hingewiesen, dass bei dem sog. „Drehtüreffekt“ nicht die Eigentümer der Betriebe in häufigen Intervallen wechseln. Tatsächlich stellen Unternehmen bewusst keinen Antrag zur Erneuerung der zeitlich befristeten Genehmigung zum Verkehr mit Taxen, da dann eine intensivierte Zuverlässigkeitsprüfung des LABO die Folge wäre. In zeitlicher Nähe zu dem Ablauf der befristeten Genehmigung stellt vielmehr ein in der Regel neu gegründetes Unternehmen einen Erstantrag auf Erteilung einer Genehmigung zum Verkehr mit Taxen. Da ein bisher nicht bekannter Geschäftsführer auftritt und die tatsächlichen Inhaber der Gesellschaftsanteile nicht ohne weiteres nachvollzogen werden können, ist nicht erkennbar, dass es sich bei diesem „neuen“ Unternehmen bei einer rein wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Ergebnis um „dasselbe “ Unternehmen handelt. Insofern wird es zukünftig erforderlich sein, eine intensivierte Zuverlässigkeitsprüfung regelmäßig nicht erst im Zuge eines Antrags auf Erneuerung der zeitlich befristeten Genehmigung zum Verkehr mit Taxen durchzuführen , sondern bereits in zeitlicher Nähe zur Geschäftsaufnahme eines neuen Unternehmens. Wesentliche Voraussetzung hierfür ist allerdings die Besetzung der 8 Beschäftigungspositionen , die dem LABO zusätzlich in 2017 zur Verfügung stehen, und die Einarbeitung dieser neuen Dienstkräfte. Frage 14: Geht der Senat ebenso davon aus, dass die Mitarbeiter in o.g. Intensivtäterbetrieben aufgrund ihrer Beschäftigungsverhältnisse von der Hinterziehung ihrer Sozialabgaben wissen? Welche Ergebnisse hat der Zoll bei diesen Kontrollen erzielt? Antwort zu 14: Zu der Frage in Satz 1 sind keine Angaben möglich. Die Arbeitsstatistik der FKS sieht eine standardisierte, ergebnisbezogene Auswertung der in der Antwort zu Frage 2 aufgeführten branchenbezogenen und regionalen Arbeitgeberprüfungen nicht vor. Frage 15: Erkennt der Senat die online erfassten Daten des Taxameters als Grundlage für eine genaue Beurteilung der wirtschaftlichen Situation des Taxigewerbes an, wie es der Gesetzgeber lt. PBfG vorschreibt? Antwort zu 15: Die mithilfe der Fiskaltaxameter erfassten Daten der Taxiunternehmen sollen laufend betrachtet werden, damit neben der erforderlichen Zuverlässigkeit eine permanente und vor allem aktuelle Bewertung der wirtschaftlichen Situation der Unternehmen und damit eine Bewertung der finanziellen Leistungsfähigkeit als eine der Genehmigungs-voraussetzungen erfolgen kann. Anhand dieser Bewertung werden die weiteren erforderlichen Maßnahmen abzuleiten sein. Berlin, den 16. Januar 2017 In Vertretung Jens-Holger Kirchner ................................ Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Jan. 2017)