Drucksache 18 / 10 180 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Hans-Joachim Berg (AfD) vom 03. Januar 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Januar 2017) und Antwort Unterkunft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) in der Boothstr. , Berlin-Steglitz-Zehlendorf (Lichterfelde) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: In seiner Antwort (Drs.18/10094) auf meine Schriftliche Anfrage vom 22. November 2016 hat der Senat u.a. festgehalten, dass im Bezirk Steglitz-Zehlendorf 12 Zuwandererunterkünfte belegt und 6 weitere Unterkünfte in Planung sind. Vor dem Hintergrund der gegenwärtig stattfindenden Baumaßnahmen der Trägergesellschaft „Refugeo gGmbH“ in der Boothstraße 17, frage ich den Senat: 1. Handelt es sich bei der genannten Baumaßnahme um eine der in der Antwort des Senates zahlenmäßig genannten Unterkünfte? 2. Wie begründet der Senat, dass in einem räumlich sehr begrenzten Bereich mit den Unterkünften in der Bäkestraße, dem Leonorenpark und jetzt in der Boothstraße eine unvergleichliche Massierung von Zuwandererunterkünften stattfinden wird? 3. Mit welchen Argumenten und Alternativvorschlägen ist den Plänen des Senates seitens der Bezirksverwaltung Steglitz-Zehlendorf entgegengetreten worden? 4. Mit welchen Argumenten und Alternativvorschlägen hat der Senat diese zurückgewiesen? 5. Welche Kommunikationsmaßnahmen hat der Se-nat geplant und/oder ergriffen, um die Anwohner im Einzugsgebiet der Boothstraße auf die Unterkunft für UMFe vorzubereiten?! 6. Welches Partizipationskonzept hat der Senat konkret für die Unterkunft Boothstraße entwickelt? 7. Welches Sicherheitskonzept hat der Senat für den Standort Boothstraße mit welchen weiteren Stellen und/oder bürgergesellschaftlich Beteiligten entwickelt? 8. Wann und wie beabsichtigt der Senat, dieses Konzept umzusetzen? 9. Wie beabsichtigt der Senat, die Durchsetzung zu überprüfen? 10. In wie weit hat der Senat dem Umstand Rechnung getragen, dass die Unterbringung von UMFen ggf. besondere Sicherheitsvorkehrungen verlangt? 13. In wie weit stellt der Senat sicher, dass bei den unterzubringenden Personen eindeutige Identitäten vorliegen ? Zu 1. bis 10. und 13.: Bei dem Objekt Boothstraße handelt es sich nicht um eines der in der Antwort des Senats auf die Schriftliche Anfrage 18/10094 zahlenmäßig genannten Unterkünfte. Darüber hinaus bestehen seitens des Senats derzeit keine Planungen, am Standort Boothstraße eine Unterkunft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) zu errichten. Im Laufe des Jahres 2015 gab es Planungen zum Bau einer Unterkunft für die genannte Zielgruppe, diese wurden jedoch aufgegeben. Darüber hinaus liegen der zuständigen Fachaufsicht der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie keine Anträge auf eine Betriebsgenehmigung der Refugeo gGmbH an diesem Standort vor, die für den Betrieb einer Jugendhilfeeinrichtung notwendig sind. 11. Hält der Senat die stattfindende Massierung von Zuwandererunterkünften in Lichterfelde überhaupt für sicherheitsrelevant? Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 180 2 Zu 11.: Anhand der vorliegenden kriminalstatistischen Daten wird die Einrichtung und der Betrieb von Flüchtlingsunterkünften in Lichterfelde im Hinblick auf die Sicherheitsrelevanz als unproblematisch angesehen. Die Gewaltbereitschaft und das Aggressionspotential unter Asylsuchenden und Flüchtlingen sind nach hiesigen Erkenntnissen pauschal nicht signifikant höher zu bewerten als bei anderen Personengruppen der Bevölkerung. So wird der Bundesminister des Innern in der Pressemitteilung seines Ministeriums vom 13.11.2015 zur Lageübersicht „Kriminalität im Kontext von Zuwanderung“ mit folgender Aussage zitiert: "Insgesamt zeigen uns die derzeit verfügbaren Tendenzaussagen , dass Flüchtlinge im Durchschnitt genauso wenig oder oft straffällig werden wie Vergleichsgruppen der hiesigen Bevölkerung. Der Großteil von ihnen begeht keine Straftaten, sie suchen vielmehr in Deutschland Schutz und Frieden." Weiterhin lautet eine der im Internet veröffentlichten Kernaussagen der vom Bundeskriminalamt (BKA) für den Betrachtungszeitraum 01.01.2016 bis 30.06.2016 durchgeführten Studie „Kriminalität im Kontext von Zuwanderung“, dass „die Straftaten in Erstaufnahmeeinrichtungen / Sammelunterkünften (…) von Januar bis Juni 2016 um 33 Prozent zurückgegangen (sind).“ Ferner wird festgestellt, dass „im Vergleich zu ihrem Anteil an der Gruppe der Zuwanderer (…) der Anteil von Syrern, Afghanen und Irakern an der Gruppe der Tatverdächtigen deutlich niedriger (war).“ Hierbei ist zu berücksichtigen, dass im Jahr 2015 rund 50 Prozent und im ersten Halbjahr 2016 sogar rund 75 Prozent aller in Deutschland aufgenommenen Asylsuchenden aus diesen drei Herkunftsländern stammten. Mit Stand vom 05.01.2017 (Verlaufsstatistik) wurden im Ortsteil Lichterfelde im Jahr 2016 knapp 5.800 Straftaten (ohne ausländerrechtliche Verstöße) registriert. Gegenüber 2015 entspricht dies einem Rückgang um 4,5 Prozent. Bisherige statistische Auswertungen belegen, dass im Umfeld von Flüchtlingsunterkünften keine signifikanten Veränderungen der Kriminalitätslage vor und nach der Belegung mit Zuwanderern zu verzeichnen sind. 12. Über welche Erkenntnisse hinsichtlich polizeirelevanten Verhaltens verfügt der Senat bezüglich der zukünftigen und gegenwärtigen Bewohner der Unterkünfte in Steglitz-Zehlendorf? Zu 12.: Statistisch zuverlässige Vorhersagen darüber, inwieweit künftige Bewohnerinnen und Bewohner von Flüchtlingsunterkünften polizeirelevant in Erscheinung treten werden, sind nicht möglich. Aussagen zu Straftaten, die von gegenwärtigen Bewohnerinnen und Bewohnern begangen wurden, sind nur bei Betrachtung des jeweiligen Einzelfalles möglich. Statistische Daten werden hierzu nicht erhoben. Aufgrund der vorhandenen statistischen Datenbasis sind lediglich Aussagen zum Straftatenaufkommen im lokalen Umfeld der Unterkünfte möglich (siehe Antwort zu Frage 11). 14. Wie und in welchem Umfang stellt der Senat sicher , dass unterzubringende Personen nicht einerseits polizeilich gesucht, andererseits aber für den Empfang von finanziellen und sachlichen Unterstützungsleistungen auffindbar sind? Zu 14.: Das Registrierungsverfahren für neu ankommende Flüchtlinge sieht vor, dass Asylsuchende im Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), Zentrale Ersterfassung, oder beim Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten, Ausländerbehörde Berlin (LABO), polizeilich überprüft werden. Dies umfasst auch eine Abfrage, ob zu der betreffenden Person eine Fahndungsausschreibung vorliegt. 15. In welchem Umfang hat der Senat die Personalausstattung der Polizeiabschnitte in den mit Zuwandererunterkünften besonders betroffenen Bezirksbereichen angepasst? Zu 15.: Die Personalausstattung der Polizeiabschnitte erfolgt zum einen aufgrund einer nach einheitlichen Kriterien festgelegten Sockelausstattung, zum anderen aufgrund von belastungsabhängigen Kriterien, zu denen auch die Anzahl der kriminalpolizeilichen Vorgänge gehört. Diesbezüglich sind im Umfeld von Flüchtlingsunterkünften keine signifikanten Auffälligkeiten zu verzeichnen (siehe Antwort zu Frage 11). In Anbetracht der Aufgaben, die sich in Folge der Zuwanderung insgesamt für die Polizei Berlin ergeben, hat der Senat im Jahr 2016 die Einstellung von 53 zusätzlichen Tarifbeschäftigten für den Zentralen Objektschutz im Rahmen des Masterplans für Integration und Sicherheit veranlasst. Es wurden weiterhin 288 zusätzliche Ausbildungspositionen für den Polizeivollzugsdienst für die Jahre 2016 und 2017 zur Verfügung gestellt. Davon wurden bereits 48 Anwärterinnen und Anwärter im Jahr 2016 eingestellt. Im Jahr 2017 sind weitere 132 Einstellungen im Frühjahr und 108 Einstellungen im Herbst geplant. Berlin, den 23. Januar 2017 In Vertretung Alexander F i s c h e r _____________________________ Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Jan. 2017)