Drucksache 18 / 10 183 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Burkard Dregger (CDU) vom 03. Januar 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Januar 2017) und Antwort Abschiebestopp durch rot-rot-grünen Senat Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Treffen Medienberichte zu, nach denen der rot-rotgrüne Senat unter der Verantwortung von Innensenator Geisel (SPD) eine für den 20.12.2016 vorbereitete Abschiebung von 120 abgelehnten Asylbewerbern mit einem gecharterten Flugzeug nach Serbien gestoppt hat, so dass es nicht zur Abschiebung dieser Personen gekommen ist? Zu 1.: Ja, es trifft zu, dass eine für diesen Tag geplante Sammelabschiebung auf Veranlassung des Innensenators storniert worden ist. Bei 148 Sitzplätzen, die das geplante Fluggerät gehabt hätte, und rund 35 Bundespolizistinnen und Bundespolizisten, die den Flug hätten begleiten sollen , hätten jedoch maximal rund 110 abgelehnte Asylbewerberinnen und Asylbewerber aus Serbien, Kosovo und Bosnien zurückgeführt werden können. Da zudem nie alle für die Abschiebung vorgesehenen Personen auch tatsächlich angetroffen und festgenommen werden können, liegt die Zahl derer, die zu diesem Termin tatsächlich hätten zurückgeführt werden können, erfahrungsgemäß zumeist zwischen 50 und 100. 2. Bei wie vielen der betroffenen Personen lagen die Voraussetzungen für eine Abschiebung nicht vor? Zu 2.: Alle Personen, die für die Abschiebung vorgesehen waren, sind selbstverständlich vollziehbar ausreisepflichtig und ohne Duldungsstatus gewesen. Dies schließt nicht aus, dass sich in Einzelfällen auch noch kurzfristig Abschiebungshindernisse (wie eine krankheitsbedingte Reiseunfähigkeit) hätten ergeben können. 3. Aus welchen Gründen ist von der Abschiebung Abstand genommen worden? Zu 3.: Da der Abschiebungstermin in der Woche vor dem Weihnachtsfest lag, ist aus humanitären Gründen von der Durchführung abgesehen worden. 4. Welche Kosten sind der öffentlichen Hand für die Vorbereitung dieser geplanten Abschiebung, insbesondere für das Chartern des Flugzeuges, entstanden und aus welchem Haushaltstitel werden diese Kosten getragen? Zu 4.: Die geplante Abschiebung am 20. Dezember 2016 wurde durch die Ausländerbehörde Berlin am 14. Dezember 2016 storniert. Durch die fristgerechte Stornierung (72 Stunden vor dem Abflug) sind keine Kosten entstanden. Für den Flug bestand darüber hinaus ein Finanzierungsvorbehalt der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex). Somit wäre der Haushalt der Polizei Berlin und der hierfür grundsätzlich zur Verfügung stehende Titel 54011 (Überführungen, Überstellungen) in Kapitel 0541 nicht belastet worden. 5. Welche Kosten entstehen der öffentlichen Hand und den betroffenen Sozialsystemen für die Versorgung dieser Personen monatlich? Zu 5.: Personen, deren Asylantrag abgelehnt wurde, haben bis zu ihrer Ausreise (unabhängig davon, ob diese freiwillig oder im Wege der Abschiebung erfolgt) Anspruch auf Leistungen, deren Form und Umfang vom Bundesgesetzgeber im Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) geregelt wird. Die erfragten Kosten können als Gesamtsumme nicht berechnet werden, da es spekulativ ist, wie viele Personen welchen Alters zu dem stornierten Termin hätten abgeschoben werden können und sich stattdessen jetzt noch hier aufhalten. Der Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG wird zudem für jede Person individuell bestimmt, so dass die Leistungshöhe nicht allgemein gültig beziffert werden kann. Insofern lassen sich auch aus der nachstehenden Tabelle keine Rückschlüsse auf die Gesamtkosten ziehen. Auch in der Ausgabenstatistik werden Ausgaben für abgelehnte Asylbewerberinnen und Asylbewerber nicht gesondert ausgewiesen. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 183 2 Davon ausgehend, dass der hier betroffene Personenkreis abgelehnter Asylbewerberinnen und Asylbewerber aus den Westbalkan-Staaten bis zur Ausreise bzw. Abschiebung in einer Aufnahmeeinrichtung nach § 44 Abs. 1 AsylG untergebracht ist, fallen grundsätzlich folgende Kosten an: Regelbedarfs - stufe (RBS) Personenkreis Notwendiger Bedarf § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege , Gebrauchs - und Verbrauchsgütern des Haushalts Notwendiger persönlicher Bedarf § 3 Abs. 1 Satz 4 AsylbLG persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens, (sofern nicht als Sachleistung oder Wertgutschein erbracht 1 Alleinstehende wird durch Sachleistungen gedeckt 135 Euro 2 Volljährige, die als Partner einen gemeinsamen Haushalt führen 122 Euro 3 Haushaltsangehörige ab Beginn des 19. Lebensjahres 108 Euro 4 Haushaltsangehörige ab Beginn des 15. bis Vollendung des 18. Lebensjahres 76 Euro 5 Haushaltsangehörige ab Beginn des 7. bis Vollendung des 14. Lebensjahres 83 Euro 6 Haushaltsangehörige bis Vollendung des 6. Lebensjahres 79 Euro Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Leistungsansprüche bei ausreisepflichtigen Personen mit feststehendem Ausreisetermin und Ausreisemöglichkeit ab dem auf den Ausreisetermin folgenden Tag gemäß § 1a AsylbLG tatsächlich geringer ausfallen. Diesen Personen werden nur noch (Sach-)Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Ausreise aus Gründen, die die Betroffenen nicht zu vertreten haben, nicht durchgeführt werden konnte. Auch Einkommen einer dem Grunde nach leistungsberechtigten Person mindert deren Bedarf nach dem AsylbLG. In jedem Falle zusätzlich zu übernehmen sind jedoch die Kosten der medizinischen Versorgung nach § 4 AsylbLG. 6. Beabsichtigt der Senat, die kurzfristige Abschiebung der betroffenen Personen nachzuholen, und ggfs. bis wann soll die Abschiebung nachgeholt werden? Zu 6.: Ja, entsprechend dem Bundesrecht wird Berlin auch künftig Abschiebungen als letztes Mittel zur Durchsetzung vollziehbarer Ausreisepflichten anwenden. Direktabschiebungen mit Sammelchartern in die Westbalkanstaaten sowie nach Moldau sollen weiterhin in regelmäßigen Abständen stattfinden. 7. Sollte der Senat die kurzfristige Abschiebung der betroffenen Personen nicht beabsichtigen, welches sind die Gründe? Zu 7.: Siehe Antwort zu Frage 6. Berlin, den 16. Januar 2017 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Jan. 2017)