Drucksache 18 / 10 221 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) vom 03. Januar 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Januar 2017) und Antwort Anwendung und Kontrolle des Asylbewerberleistungsgesetzes Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Sind dem Senat Fälle von Asylbewerbern in Berlin bekannt, die unter mehreren Aliasnamen Asylanträge gestellt oder Leistungen beansprucht haben? Zu 1.: Ja, dem Senat sind Fälle bekannt, in denen unter mehreren Aliasnamen Asyl-anträge gestellt und Leistungen beansprucht wurden. 2. Ist in diesen Fällen stets Strafanzeige erstattet worden ? Wenn nein, warum nicht? Zu 2.: Ja, die Polizei Berlin bzw. das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) leiten für bekannt gewordene Betrugsversuche regelmäßig Ermittlungsverfahren ein. 3. Wird im Hinblick auf das Fehlen sozialer Bindungen , das Fehlen einer festen Arbeitsstelle, das Fehlen eines Wohnsitzes und die Verwendung eines falschen Namens) in solchen Fällen Haftbefehl nach § 112 StPO beantragt? Gibt es eine diesbezügliche Weisung an die Staatsanwaltschaft und wenn nein, warum nicht? Zu 3.: Die Strafverfolgungsbehörden beantragen den Erlass eines Haftbefehls, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen zum Erlass einer die Untersuchungshaft anordnenden richterlichen Entscheidung nach § 112 Absatz 1 der Strafprozessordnung (StPO) vorliegen. Danach müssen der dringende Verdacht einer Straftat und - regelmäßig - ein Haftgrund vorliegen. Ausgeschlossen ist die Beantragung bzw. Anordnung der Untersuchungshaft, wenn dies unverhältnismäßig wäre. Fehlende soziale Bindungen, ein fehlender Wohnsitz, Beschäftigungslosigkeit oder das Verwenden von Aliaspersonalien können zur Begründung des Haftgrundes der Fluchtgefahr, letzteres auch zur Begründung des Haftgrundes der Verdunkelungsgefahr, herangezogen werden. Ob sämtliche eingangs genannten Voraussetzungen für den Erlass eines Haftbefehls vorhanden sind, bleibt der Prüfung im jeweiligen Einzelfall vorbehalten. 4. Wie erfasst und prüft der Senat die Identitäten von Asylbewerbern ohne Ausweisdokumente? Welche Maßnahme zur Identifikation der Personen findet bei der jeweiligen Auszahlung von Leistungen statt? Zu 4.: Alle Asylsuchenden, die in Berlin ein Asylbegehren vorbringen, werden über das gemeinsam mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlingsangelegenheiten (BAMF) betriebene Ankunftszentrum registriert. Bei der Registrierung wird die Identität aller Asylsuchenden mit erkennungsdienstlichen Maßnahmen nach § 16 Asylgesetz (AsylG) festgestellt. Hierfür ist es unerheblich , ob ein Ausweisdokument vorgelegt wird oder nicht. Im Rahmen der erkennungsdienstlichen Maßnahmen erfolgt auch die Prüfung, ob die Fingerabdrücke in Deutschland bereits im Zuge eines Asylverfahrens oder aus anderen Gründen erfasst wurden. Doppelregistrierungen können somit zuverlässig vermieden werden. Alle Asylsuchenden, die in Berlin registriert werden, durchlaufen zudem eine Sicherheitsüberprüfung durch die Polizei, die mit den vorliegenden Daten einen Abgleich in den dort zur Verfügung stehenden Datenbanken durchführt . Im Rahmen dieser Überprüfung werden auch alle vorgelegten Reisedokumente in Zusammenarbeit mit Mitarbeitern des BAMF auf Echtheit geprüft. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 221 2 Leistungen werden an Asylsuchende ausgezahlt, die registriert worden sind und einen gültigen Ankunftsnachweis oder eine gültige Aufenthaltsgestattung besitzen. 5. Wie beurteilt der Senat vor dem Hintergrund der genannten Medienberichte und der Missbrauchsgefahr in rechtlicher Hinsicht mit Rücksicht auf die Treuepflicht die Entscheidung der Senatsverwaltung für Soziales im Januar 2016, das Taschengeld für Asylbewerber drei Monate im Voraus auszuzahlen? Zu 5.: Die Leistungsbehörden sind mit Rundschreiben Soz Nr. 10/2015 (Fundstelle: http://www.berlin.de/sen/soziales/berlinersozialrecht /land/rdschr/2015_10.html) unter anderem darauf hingewiesen worden, dass Geldleistungen für längstens einen Monat ausgezahlt werden dürfen und davon auch nicht aufgrund landesrechtlicher Regelungen abgewichen werden darf. Diese rechtliche Vorgabe konnte im Rahmen der Versorgung Asylsuchender aus tatsächlichen Gründen nicht umgesetzt werden, da angesichts der großen Anzahl an Asylsuchenden das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) alle vorhandenen Kräfte darauf verwenden musste, Erstvorsprache, Registrierung und Leistungsgewährung der Asylsuchenden möglichst zeitnah zu realisieren . Eine monatliche Einbestellung des stetig wachsenden Personenkreises hätte in dieser Situation nicht bewältigt werden können, so dass die hier vorrangige Erfüllung des gesetzlichen Auftrages zur menschenwürdigen Versorgung der Geflüchteten gefährdet gewesen wäre. Aktuell werden Leistungen an Asylsuchende aus sicheren Herkunftsländern monatlich bar ausgezahlt. Für Asylsuchende aus nicht sicheren Herkunftsländern wird die Barauszahlung sukzessive auf eine monatliche Auszahlung zurückgeführt. Soweit dieser Personenkreis über eine Kontoverbindung verfügt, was in zunehmendem Umfang der Fall ist, werden die Leistungen ohnehin monatlich überwiesen. Berlin, den 26. Januar 2017 In Vertretung Alexander F i s c h e r _____________________________ Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 31. Jan. 2017)