Drucksache 18 / 10 244 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Joschka Langenbrinck (SPD) vom 20. Dezember 2016 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Januar 2017) und Antwort Müll, Müll, Sondermüll: Was unternimmt der Senat gegen illegalen Sperrmüll in Berlin? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Tonnen illegaler Sperrmüll wurden von der BSR jeweils in den Jahren 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015 in Berlin insgesamt und jeweils in den einzelnen Bezirk entsorgt? 2. Wie teuer war es jeweils in den Jahren 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015 für die BSR, diese illegalen Sperrmüllhaufen in Berlin zu beseitigen? Zu 1. und 2.: Eine Aufschlüsselung der angefragten Daten nach den einzelnen Berliner Bezirken ist nicht möglich, da die Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) die Werte ausschließlich bezirksübergreifend erfassen. Die im Folgenden genannten Werte für die Entsorgung von illegalem Sperrmüll beziehen sich daher auf das gesamte Land Berlin und beinhalten die Kosten für Reinigung nach Demonstrationen und Umfeldreinigung nach Veranstaltungen, deren Anteil ca. 5-10% an den ausgewiesenen Gesamtsummen beträgt. 2011 2012 2013 2014 2015 Mengen in Kubikmeter 22.800 20.900 20.200 24.600 23.700 Kosten in Mio. € 4,9 4,8 3,8 3,8 3,9 3. Wie hoch ist das Verwarngeld und wie hoch ist das Bußgeld für Müllverursacher, die dabei erwischt werden, ihren illegalen Sperrmüll z.B. auf öffentlichem Straßenland abzuladen? Zu 3.: Bei der ordnungswidrigen Ablagerung von Sperrmüll auf öffentlichem Straßenland wird gegen § 28 Abs. 1 Nr. 2 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz Berlin (KrW-/AbfG Bln) vom 21. Juli 1999 (GVBl. S. 413) in der zurzeit gültigen Fassung verstoßen. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 50.000,- € geahndet werden. Die „Arbeitshilfe Bußgelder“ der Berliner Ordnungsämter sieht für das "Abladen von illegalem Sperrmüll auf öffentlichem Straßenland" eine Regelgeldbuße zwischen 100,- € und 200,- € vor. Verwarnungsgelder werden ausschließlich bei "Kleinstverschmutzungen" auf Grundlage des Berliner Straßenreinigungsgesetzes oder nach dem Kreislaufwirtschafts - und Abfallgesetz erhoben, wenn der Müllverursachende einsichtig ist und seinen Sperrmüll nach Aufforderung vor Ort durch die Polizei bzw. durch die Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter des Ordnungsamtes unverzüglich wieder entfernt. Die Höhe des Verwarnungsgeldes richtet sich nach dem Berliner Verwarnungsgeld- katalog, der dafür in Abhängigkeit des weggeworfenen Gegenstandes bzw. des Ortes Verwarnungsgelder zwischen 20 € und 35 € vorsieht. Die Berliner Bezirke entscheiden allerdings alleinverantwortlich über die Anwendung des Verwarnungsgeldkataloges beim Tatbestand der illegalen Sperrmüllentsorgung. 4. Wie viele Müllverursacher konnten jeweils in den Jahren 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015 in Berlin insgesamt und jeweils in den einzelnen Bezirken identifiziert werden und wie hoch waren jeweils die angeordneten Verwarn- bzw. Bußgelder? Zu 4.: Im Rahmen der Erhebung zur Anzahl der identifizierten Müllverursacher und Höhe der jeweils angeordneten Verwarnungs- und Bußgelder konnten nicht aus allen Berliner Bezirken Rückläufe verzeichnet werden. Es können daher auch keine Werte für das Land Berlin insgesamt angegeben werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 244 2 Bezirk Anzahl der identifizierten Müllverursachenden und Höhe der jeweils angeordneten Verwarnungs- und Bußgelder 2011 2012 2013 2014 2015 Charlottenburg-Wilmersdorf Anzahl Müllverursachende --- --- --- --- --- Verwarngeld --- --- --- --- --- Bußgeld --- --- --- --- --- Friedrichshain-Kreuzberg Anzahl Müllverursachende --- 2 4 2 --- Verwarngeld --- --- --- --- --- Bußgeld --- 600,- € 1.600,- € 600,- € --- Lichtenberg Anzahl Müllverursachende --- --- --- --- --- Verwarngeld --- --- --- --- --- Bußgeld 1.325,- € 2.285,- € 650,- € 800,- € 1.085,- € Marzahn-Hellersdorf Anzahl Müllverursachende 11 15 8 8 10 Verwarngeld --- 165,- € --- 150,- € 130,- € Bußgeld 1.090,- € 1.450,- € 850,- € 1.150,- € 1.450,- € Mitte Anzahl Müllverursachende 3 7 10 3 --- Verwarngeld --- --- --- --- --- Bußgeld 550,- € 605,- € 810,- € 200,- € --- Neukölln Anzahl Müllverursachende 14 5 18 4 8 Verwarngeld --- --- 100,- € 50,- € 50,- € Bußgeld 1.115,- € 500,- € 1.345,- € 390,- € 765,- € Pankow Anzahl Müllverursachende 7 8 9 8 12 Verwarngeld --- --- --- --- --- Bußgeld 425,- € 750,- € 970,- € 790,- € 1.215,- € Reinickendorf Anzahl Müllverursachende 7 9 8 6 13 Verwarngeld --- --- 20,- € 50,- € 50,- € Bußgeld 200,- € 200,- € 120,- € --- 220,- € Spandau Anzahl Müllverursachende 51 28 20 21 101 Verwarngeld --- 35,- € 20-35,- € 35,- € 35-50,- € Bußgeld 100 -750,- € 50 - 100,- € 50 - 100,- € 50 - 100,- € 60 – 300,- € Steglitz-Zehlendorf Anzahl Müllverursachende --- --- --- --- --- Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 244 3 Verwarngeld --- --- --- --- --- Bußgeld --- --- --- --- --- Tempelhof-Schöneberg Anzahl Müllverursachende --- --- --- --- --- Verwarngeld --- --- --- --- --- Bußgeld --- --- --- --- --- Treptow-Köpenick Anzahl Müllverursachende --- --- --- --- --- Verwarngeld --- --- --- --- --- Bußgeld --- --- --- --- --- 5. Was unternimmt der Senat, um die Verursacher von illegalen Sperrmüllhaufen auf frischer Tat zu ertappen , im Nachhinein zu identifizieren und dafür zu sorgen, dass weniger Sperrmüll auf Straßen, in Grünfläche, etc. abgeladen wird? Zu 5.: Zur Verbesserung der Situation bezüglich der illegalen Müllablagerungen ist es notwendig, die jeweiligen Verursacher direkt bei der Tatbegehung zu ermitteln. Dieses ist naturgemäß schwierig, da der Müll in der Regel anonym abgelegt wird. Bei den öffentlichen und in der Baulast Berlins liegenden Straßen sind die Ordnungsämter der Berliner Bezirke für die Beseitigung von nicht zum Straßenkehricht gehörenden Abfällen (Abfallablagerungen) zuständig . Diese beauftragen in der Regel die BSR mit der Beseitigung und Entsorgung der Abfallablagerungen. Wenn die Verursacher der Abfallablagerungen nicht zu ermitteln sind und unbekannt bleiben, wird die Beseitigung aus einem Haushaltstitel Sonderreinigungen bezahlt, der von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe verwaltet wird. Die Berliner Ordnungsämter haben bereits gemeinsame Kampagnen gegen illegale Müllentsorgung mit intensiver öffentlichkeitswirksamer Begleitung durchgeführt. Darüber hinaus ergreifen die Ordnungsämter einiger Berliner Bezirke gezielte Maßnahmen, um der illegalen Müllentsorgung entgegenzuwirken. Insbesondere werden an den bekannten potentiellen Ablagerungsorten für illegal entsorgten Müll verstärkte Kontrollen durch den Außendienst der Ordnungsämter durchgeführt. Zudem wird versucht, durch zügige Beseitigung einzelner illegaler Ablagerungen einem Ausbreiten der Müllmengen frühzeitig entgegenzuwirken. 6. Trifft es zu, dass es in der Vergangenheit in Berlin kostenlose Sperrmüll-Touren gab und wenn ja: Wer hat diese angeboten, wie häufig wurden diese angeboten, wer trug die Kosten, wie hoch waren die Kosten durchschnittlich pro Jahr und weshalb wurden diese Sperrmüll-Touren abgeschafft? Zu 6.: Es gibt bei der BSR für in Berlin gemeldete Personen die Möglichkeit, Sperrmüll entgeltfrei zu entsorgen . Auf den 15 Recyclinghöfen können Mengen bis zu 3 Kubikmeter pro Anlieferung entgeltfrei abgegeben werden. Aus Gründen einer verbesserten Verursachungsgerechtigkeit bei der Gestaltung der Abfallgebühren wurde von der BSR vor über 20 Jahren ein Entgelt für die Sperrmüllabfuhr aus Haushalten eingeführt. Diese Entgelte beginnen mit einem Betrag von 50,- €, der eine Abholung von Sperrmüll in Höhe von 5 Kubikmeter durch die BSR direkt aus der Wohnung beinhaltet. Kostendaten aus dem Zeitraum vor Einführung der Sperrmüllabfuhr können mit vertretbarem Aufwand nicht ermittelt werden. 7. Welche Grünflächen bzw. Parkanlagen in Berlin werden aktuell im Rahmen eines Modellprojekts von der BSR statt von den Bezirksämtern in welchem Rhythmus gereinigt, was kostet dieses Modellprojekt insgesamt und ist angedacht dieses Modellprojekt auf alle Grünflächen und Parkanlagen in bezirklicher Verantwortung von der BSR reinigen zu lassen und wenn ja, ab wann und mit welchen Gesamtkosten wäre zu rechnen? Zu 7.: Im Rahmen des Pilotprojekts „Reinigung von ausgewählten Parkanlagen“ reinigt die BSR gemäß der Vereinbarungen mit den beteiligten Bezirksämtern folgende öffentliche Grün- und Erholungsanlagen: Spreebogenpark, Bereich am Fernsehturm (Mitte), Görlitzer Park (Friedrichshain-Kreuzberg), Park am Weißen See (Pankow), Münsinger Park (Spandau), Paul-Ernst-Park (Steglitz-Zehlendorf), Nelly-Sachs-Park plus Erweiterung Bolzplatz/ Skaterbahn (Tempelhof-Schöneberg), Grünzug Britz, Park am Buschkrug (Neukölln), Luisenhain (Treptow-Köpenick), Stadtpark Lichtenberg (Lichtenberg), Greenwichpromenade plus Uferwegerweiterung (Reinickendorf). Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 244 4 Für das Pilotprojekt stehen gemäß „Rahmenvereinbarung zur Durchführung, Evaluierung und Abrechnung neuer Aufgabenstellungen für die BSR“ auf Grundlage einer mit den Projektverantwortlichen erarbeiteten Kostenkalkulation rd. 2.822.000,- € für 2016 sowie rd. 4.400.000,- € für 2017 zur Verfügung. Die Abrechnung über die von der BSR erbrachten Leistungen umfasst ausschließlich die tatsächlich entstandenen Kosten, eine Überschreitung des jährlichen Budgets ist nur mit Zustimmung der Steuerungsrunde zulässig. In den Vereinbarungen der BSR mit den beteiligten Bezirksämtern zum Pilotprojekt wurden keine konkreten Frequenzen oder spezifischen Reinigungszyklen festgelegt . Der genaue Reinigungsrhythmus für einen verbesserten Sauberkeitszustand soll im Rahmen des Pilotprojektes getestet werden. Für eine Ausweitung des modellhaft erprobten Vorgehens bezüglich der Reinigung durch die BSR auf alle Grünflächen und Parkanlagen in bezirklicher Verantwortung ist die Evaluierung des Projektes nach dem Abschluss am 31.12.2017 abzuwarten. 8. Welche Kompetenzen besitzen die bezirklichen Ordnungsämter, um Müllverursacher auf frischer Tat zu ertappen bzw. im Nachgang zu identifizieren? Zu 8.: Die Schwierigkeit liegt in der Feststellung eines objektiv nachweisbaren Verursachers, da diese häufig nicht oder nur zufällig bei der Tatbegehung ermittelt werden können. Anzeigen durch Bürgerinnen und Bürger mit Benennung des Namens des Beschuldigten oder Zeugen gehen sehr selten bei den Ordnungsämtern der Berliner Bezirke ein. Bei einer unvollständigen Anzeige durch beispielsweise fehlende Angaben von Namen oder Zeugen oder eine nicht verifizierbare Nachweisbarkeit beispielweise durch das Abstreiten der/des Tatverdächtigen ein auf sie/ihn zugelassenes Kraftfahrzeug, aus dem Sperrmüll ausgeladen wurde, zur Tatzeit selbst geführt zu haben, müssen viele Ordnungswidrigkeitsverfahren eingestellt werden. 9. Wie bewertet der Senat die in Hamburg bei der Hamburger Straßenreinigung eingeführte „Müll-Polizei“ und wie bewertet der Senat die Weigerung der BSR, dieses erfolgreiche Maßnahme auch in Berlin einzuführen? Zu 9.: Bei der Stadtreinigung Hamburg (SRH) existiert keine „Müllpolizei“. Es gibt jedoch Überlegungen, eine entsprechende Einheit einschließlich der Übertragung hoheitlicher Befugnisse bei der SRH aufzubauen. Angestrebtes zeitliches Ziel für die Umsetzung ist derzeit der 1. Januar 2018. Eine Übertragbarkeit einer sogenannten „Müllpolizei“ im Land Berlin kann daher derzeit nicht bewertet werden. 10. Stimmt der Senat der Auffassung zu, dass das Hinund Herschieben von Verantwortlichkeiten endlich ein Ende haben muss und die zuständigen Stellen besser zusammenarbeiten müssen, um dem Sperrmüllproblem in Berlin Herr zu werden und wenn ja, was wird der Senat unternehmen? Zu 10.: Der Senat ist grundsätzlich der Auffassung, dass die Berliner Behörden und auch die BSR nachhaltig im Rahmen der dezentralen Verwaltungsorganisation des Landes Berlin effizient und gut zusammenarbeiten und nicht von einem „Sperrmüllproblem“ in der Stadt gesprochen werden kann. Probleme liegen aus hiesiger Sicht nicht bei der Zusammenarbeit der Behörden, sondern bei dem behördenseitig nicht veränderbaren Umstand, dass die Täter von illegalen Sperrmüllablagerungen nach der Tatdurchführung nicht rechtssicher identifiziert werden können und somit ein entsprechendes Bußgeldverfahren in den meisten Fällen eingestellt werden muss. Berlin, den 26. Januar 2017 In Vertretung Christian Gaebler Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Feb. 2017)