Drucksache 18 / 10 279 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Hanno Bachmann (AfD) vom 18. Januar 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Januar 2017) und Antwort Abschiebungen in 2016 Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele abgelehnte Asylbewerber sind im Jahr 2016 seitens des Landes Berlin abgeschoben worden? Wie viele abgelehnte Asylbewerber sind im 2016 freiwillig aus Berlin und Deutschland ausgereist? Zu 1.: Die Behörden des Landes Berlin haben im Jahr 2016 insgesamt 1.820 abgelehnte und vollziehbar ausreisepflichtige Asylbewerberinnen und Asylbewerber abgeschoben . Eine exakte Erfassung freiwilliger Ausreisen ist nicht möglich, da ein Rücklauf der Grenzübertrittsbescheinigungen in der Regel nicht erfolgt. Die von der Ausländerbehörde quartalsweise ermittelte Zahl erfasst nicht nur freiwillige Ausreisen nach Inanspruchnahme einer Rückkehrberatung / -hilfe, sondern auch die unabhängig davon erfolgten freiwilligen Ausreisen sowie Wohnsitzabmeldungen Ausreisepflichtiger ins Ausland bzw. nach „unbekannt “. Auf dieser Grundlage kann davon ausgegangen werden, dass aus Berlin im Jahr 2016 insgesamt 9.601 Personen freiwillig ausgereist sind. Eine Eingrenzung der Zahl der freiwilligen Ausreisen auf den Personenkreis der abgelehnten Asylbewerberinnen und Asylbewerber ist nicht möglich. Ebenso liegen hier keine Informationen über die Zahl der freiwilligen Ausreisen aus dem gesamten Bundesgebiet vor. 2. Wie viele der unter 1) genannten Abschiebungen / freiwilligen Ausreisen entfallen dabei auf den Dezember 2016? Sind seit dem Amtsantritt des neuen Senats am 08.12.2016 noch Asylbewerber abgeschoben worden, und falls ja, wie viele? Zu 2.: Im Dezember 2016 wurden insgesamt 56 abgelehnte und vollziehbar ausreisepflichtige Asylbewerberinnen und Asylbewerber abgeschoben. Im Zeitraum vom 08.12. bis 31.12.2016 sind insgesamt 51 abgelehnte und vollziehbar ausreisepflichtige Asylbewerberinnen und Asylbewerber abgeschoben worden. Die statistische Erfassung der freiwilligen Ausreise erfolgt – wie unter 1. ausgeführt – quartalsweise. Eine spezielle Auswertung für den Monat Dezember liegt daher nicht vor. 3. Hat der Senat 2016 / 2017 einen sog. „Winterabschiebestopp “ verhängt, und falls ja, für welche Dauer und für welche Gruppen von Asylbewerbern? Zu 3.: Nein. 4. Am 20.12.2016 wurde eine Abschiebung von 120 abgelehnten Asylbewerbern seitens des Innensenators wegen des zu wahrenden „Weihnachtsfriedens“ gestoppt. Ist geplant, die Abschiebung dieser 120 Asylbewerber nachzuholen, und falls ja, wann? Welche Kosten sind durch den kurzfristigen Stopp der Abschiebung entstanden (beispielsweise für das nunmehr nicht genutzte Charterflugzeug )? In welches Land sollte die gestoppte Abschiebung erfolgen und handelt es sich bei den 120 nicht abgeschobenen Asylbewerbern um Christen? Plant der Senat, demnächst auch vor weiteren christlichen Feiertagen (Ostern / Pfingsten z.B.) Abschiebungen – sofern er überhaupt noch welche vornimmt - willkürlich auszusetzen ? Zu 4.: Nach den praktischen Erfahrungen der Vergangenheit ist davon auszugehen, dass am 20.12.2016 voraussichtlich etwa 50 bis 100 Ausreisepflichtige hätten zurückgeführt werden können. Direktabschiebungen ohne Haft mit Sammelchartern in die Westbalkanstaaten sowie nach Moldau werden auch weiterhin in regelmäßigen Abständen stattfinden. Die Durchsetzung der Ausreisepflicht von Ausreisepflichtigen , deren Abschiebung an dem stornierten Termin vorgesehen war oder die bei anderen Terminen nicht Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 279 2 zurückgeführt werden konnten, wird für künftige Maßnahmen vorgesehen. Die Bekanntgabe diesbezüglicher Termine verbietet sich bereits durch Gesetz (vgl. § 59 Abs. 1 S. 8 des Aufenthaltsgesetzes). Da die für den 20. Dezember 2016 geplante Abschiebung am 14. Dezember 2016 und somit fristgerecht (72 Stunden vor dem Abflug) storniert wurde, sind keine Kosten entstanden. Für den Flug bestand darüber hinaus ein Finanzierungsvorbehalt der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex). Somit wäre der Haushalt der Polizei Berlin und der hierfür grundsätzlich zur Verfügung stehende Titel 54011 (Überführungen, Überstellungen) in Kapitel 0541 ohnehin nicht belastet worden. In welcher Anzahl unter den betroffenen Personen Christen waren, ist nicht bekannt. Die Entscheidung, in der Woche vor dem Weihnachtsfest von der Durchführung des Abschiebungstermins abzusehen, knüpft nicht an die Religionszugehörigkeit der Betroffenen an, sondern ist aus humanitären Gründen getroffen worden. Die Aussetzung von Abschiebungen vor sonstigen christlichen Feiertagen ist derzeit nicht beabsichtigt. 5. Welches sind die zehn häufigsten Hauptherkunftsländer der vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer, die sich zum 31.12.2016 in Berlin aufgehalten haben (Bitte mit Angabe der absoluten Zahl und des Prozentsatzes der Personen, welcher auf das jeweilige Land entfällt)? Zu 5.: Die Zahl der Ausreisepflichtigen zum Stand 31.12.2016 und die diesbezüglich zehn häufigsten Herkunftsstaaten ergeben sich aus folgender Übersicht: Vollziehbar ausreisepflichtige Personen Herkunftsstaat (Top 10) Anzahl Ausreisepflichtiger Anteil an Gesamtzahl Ausreisepflichtiger Ausreisepflichtige Gesamt 10.512 davon: ungeklärt 1.374 13,1 % Libanon 1.094 10,4 % Serbien 1.066 10,1 % Russische Föderation 855 8,1 % Bosnien und Herzegowina 616 5,9 % Vietnam 616 5,9 % Türkei 417 4,0 % Kosovo 351 3,3 % Albanien 318 3,0 % Afghanistan 315 3,0 % Quelle: Fachverfahren der Ausländerbehörde (Auswertung zum Stand 31.12.2016) 6. Welches sind die zehn häufigsten Hauptherkunftsländer der abgelehnten Asylbewerber, welche in 2016 abgeschoben wurden bzw. freiwillig ausgereist sind (Bitte mit Angabe der absoluten Zahl und des Prozentsatzes der Personen, welcher auf das jeweilige Land entfällt)? Zu 6.: Die zehn häufigsten Herkunftsstaaten abgelehnter Asylbewerberinnen und Asylbewerber, die im Jahr 2016 abgeschoben wurden, ergeben sich aus der nachfolgenden Übersicht. Anzumerken ist, dass die Rückführungen von syrischen, afghanischen und irakischen Staatsangehörigen ausnahmslos in (sichere) Drittstaaten erfolgten. In der Regel wird es sich bei diesen Fällen um Rücküberstellungen nach der Dublin-Verordnung gehandelt haben. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 279 3 Abschiebungen abgelehnter Asylbewerberinnen und Asylbewerber 2016 Herkunftsstaat (Top 10) Anzahl Abschiebungen Anteil an Gesamtzahl abgeschobener abgelehnter Asylbewerberinnen und Asylbewerber Abschiebungen abgelehnter Asylbewerberinnen und Asylbewerber gesamt 1.820 davon: Serbien 420 23,1 % Albanien 388 21,3 % Kosovo 372 20,4 % Bosnien und Herzegowina 250 13,7 % Moldau 208 11,4 % Afghanistan 23 1,3 % Irak 20 1,1 % Mazedonien 19 1,0 % Russische Föderation 19 1,0 % Syrien 12 0,7 % Quelle: Abschiebungsstatistik der Ausländerbehörde Eine Auswertung aller freiwilligen Ausreisen aufgegliedert nach Herkunftsstaaten liegt nicht vor. Als Anhaltspunkt für die Hauptherkunftsstaaten freiwilliger Rückkehrerinnen und Rückkehrer im Jahr 2016 kann die (vorläufige) Statistik der IOM herangezogen werden. Die Statistik ist allerdings nicht auf abgelehnte Asylbewerberinnen und Asylbewerber begrenzt; außerdem sind dabei nur die bewilligten Förderanträge für freiwillige Ausreisen erfasst. Die zehn häufigsten Herkunftsstaaten der (geförderten ) freiwilligen Rückkehrer im Jahr 2016 ergeben sich aus folgender Übersicht: Hauptherkunftsstaaten bewilligter geförderter freiwilliger Ausreisen 2016 Bundesland Berlin Herkunftsstaat Top 10 Anzahl freiwillige Ausreisen Anteil an Gesamtzahl freiwilliger Ausreisen Freiwillige Ausreisen Gesamt 2.098 davon: Irak 529 25,2 % Afghanistan 372 17,7 % Moldau 352 16,8 % Albanien 230 11,0 % Iran 168 8,0 % Kosovo 139 6,6 % Serbien 119 5,7 % Mazedonien 43 2,0 % Bosnien und Herzegowina 37 1,8 % Pakistan 22 1,0 % Quelle: Statistik der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zum REAG/GARP-Programm (Reintegration and Emigration Programme for Asylum-Seekers in Germany/ Government Assisted Repatriation Programme) Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 279 4 7. Wie viele weitere Drittstaatenangehörige sind neben abgelehnten Asylbewerbern im Jahr 2016 seitens des Senates abgeschoben worden? Auf welcher Rechtsgrundlage erfolgten diese Abschiebungen bzw. die zugrunde liegenden Ausweisungen (bitte die drei wichtigsten Rechtsgrundlagen jeweils mit Prozentsatz angeben)? Zu 7.: Neben abgelehnten Asylbewerberinnen und Asylbewerbern sind im Jahr 2016 weitere 208 vollziehbar ausreisepflichtige Ausländerinnen und Ausländer (nicht nur Drittstaatsangehörige, sondern auch Unionsbürgerinnen und Unionsbürger) abgeschoben worden, davon 143 Personen aus der Strafhaft. Rechtsgrundlage für Abschiebungen ist § 58 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Ausweisungen erfolgen gemäß §§ 53 ff. AufenthG. Wie viele der abgeschobenen Personen aufgrund einer vorherigen Ausweisung vollziehbar ausreisepflichtig wurden, wird statistisch nicht erfasst. 8. Wie viele Abschiebeversuche von Ausländern sind im Jahre 2016 gescheitert? Was waren die Gründe für ihr Scheitern (Bitte die fünf häufigsten Gründe jeweils mit Prozentsatz nennen)? Zu 8.: Gescheiterte Abschiebungsversuche werden statistisch nicht erfasst. Eine prozentuale Aufstellung der Hauptgründe ist daher nicht möglich. Festzustellen ist allerdings, dass eine häufige Ursache für das Scheitern von Abschiebungen darin liegt, dass die Betroffenen bei Abschiebungen, die nicht aus der Haft heraus erfolgen, an ihren Meldeadressen nicht angetroffen werden. 9. In wie vielen Fällen lagen 2016 die Voraussetzungen des § 54 I Nr. 1 / 1a / 2 AufenthG sowie von § 54 II Nr. 1 / 1a / 2 / 8a + b AufenthG vor und in wie vielen Fällen haben sich die Berliner Behörden dabei jeweils als Ergebnis der vorzunehmenden Abwägung für eine Ausweisung entschieden? Zu 9.: Bei der Ausländerbehörde Berlin werden statistisch ausschließlich die erlassenen Ausweisungsbescheide erfasst (Stand 31.12.2016: insgesamt 303 Ausweisungen). Eine Differenzierung nach den jeweiligen Ausweisungsgründen sowie den insgesamt geprüften und sodann ohne Ausweisung, sondern ggf. nur mit einer ausländerrechtlichen Verwarnung abgeschlossenen Fällen erfolgt nicht. 10. In wie vielen Fällen erging 2016 seitens des Landes Berlin eine Anordnung gemäß § 58a I AufenthG? Zu 10.: In Berlin sind im Jahr 2016 keine Anordnungen nach § 58 a AufenthG erlassen worden. Berlin, den 03. Februar 2017 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Feb. 2017)