Drucksache 18 / 10 283 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Michael Dietmann (CDU) vom 18. Januar 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Januar 2017) und Antwort Kitaausbauprogramm: Ist eine die Planungsraumgrenzen überschreitende Bedarfsbetrachtung bei Förderanträgen gewährleistet? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie ist der Verfahrensablauf vom Antrag eines Kita-Trägers für Zuschüsse aus dem Kitaausbauprogramm über die Bewertungen und Stellungnahmen des Bezirks und der Kitaaufsicht bis hin zur Erteilung des Bescheides der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie? Zu 1.: Alle eingehenden Projektanträge werden durch die Gesellschaft für Stadtentwicklung (GSE gGmbH) gelistet und auf Vollständigkeit und Plausibilität geprüft. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie (SenBildJugFam) entscheidet laufend und parallel anhand der Kriterien der Förderrichtlinie, hier insbesondere des Bedarfs und der zur Verfügung stehenden Mittel, welche Projekte zur Förderung ausgewählt werden. Die Träger erhalten eine vorläufige Förderentscheidung, die unter dem Vorbehalt der weiteren positiven Prüfung erfolgt, schriftlich zur Kenntnis. Ggf. wird eine Genehmigung zum vorzeitigen Maßnahmenbeginn erteilt. Im weiteren Verfahren werden die Kindertagesstättenaufsicht und das jeweils zuständige örtliche Jugendamt in einem vereinfachten Verfahren um Stellungnahme gebeten, ob die Erteilung einer Betriebserlaubnis gemäß § 45 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) zu erwarten ist und ein entsprechender Bedarf bestätigt werden kann. Bei Projekten ab einer Fördersumme von 200.000 EUR obliegt der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen die baufachliche Antragsbeurteilung, in deren Rahmen Unterlagen zum Raum-, Funktions- und Ausstattungsprogramm, eine Baubeschreibung, Berechnungen zu Flächen und Kubus, eine Kostenschätzung nach DIN 276 und entsprechende Pläne vorzulegen sind. Soweit die genannten Prüfungen positiv abgeschlossen werden können, fertigt die GSE gGmbH als Dienstleister den Bescheidentwurf und legt diesen der SenBild- JugFam zur weiteren Bearbeitung vor. Die Bescheide werden abschließend geprüft, unterschrieben und versandt sowie die entsprechenden Mittel festgelegt. 2. Wer stellt – ggf. nach wessen Stellungnahme – letztendlich fest, ob es für das beantragte Vorhaben einen Bedarf gibt und in welcher Höhe eine Förderung gewährt wird? 3. Wird diese Bedarfsprüfung streng nach den Grenzen der Bezirksregionen aus dem Bedarfsatlas durchgeführt oder wird z.B. auch berücksichtigt, dass es Bezirksregionen geben kann, in denen bereits eine so hohe bauliche Verdichtung besteht, dass Kita-Neubauvorhaben praktisch nicht mehr möglich sind und diese nur noch unmittelbar jenseits der Grenzen der Bezirksregion realisiert werden können, was statistisch einerseits nicht zu einem ausgeglichenen Angebot führt und andererseits zu einer Überversorgung, aber trotzdem die Nachfrage vollständig befriedigt? Zu 2. und 3.: Die Feststellung erfolgt durch die Sen- BildJugFam unter Berücksichtig des jeweils aktuellen Bedarfsatlasses, der Stellungnahme des örtlich zuständigen Jugendamtes und ggf. weiterer Faktoren, bspw. der regionalen Inanspruchnahmequote der Betreuungsangebote . Bereits bei der Erstellung des Bedarfsatlasses wird die Mitversorgungsfunktion für angrenzende Bezirksregionen berücksichtigt. 4. Wie ist es zu erklären, dass im Bedarfsatlas 2016 (Stand Dez. 2015) in Reinickendorf die Bezirksregionen MV 1 und MV 2 als einzige gemeinsam mit der Erläuterung „Derzeit keine Platzreserven; prognostisch steigender Bedarf“ ausgewiesen sind, aber offenbar verwaltungsintern einzeln betrachtet werden, so dass es in der weniger verdichteten Bezirksregion MV 2 scheinbar keinen Mangel an Kitaplätzen gibt, während der Bedarf nur in der Region MV 1 wohl über Jahre nicht gedeckt werden kann (geplanter Wohnungsneubau der GESOBAU)? Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 283 2 Zu 4.: Die Zusammenlegung der Bezirksregionen MV1 (Märkisches Viertel) und MV2 (Rollbergesiedlung) als gemeinsames Kita-Versorgungsgebiet erfolgte ab Bedarfsatlas 2013 mit der Zielsetzung, die erheblichen Versorgungsengpässe des Kerngebiets des Märkischen Viertels und seinerzeit fehlende Möglichkeiten des Ausbaus durch zusätzliche Angebote auch im angrenzenden nördlichen Planungsraum ‚Lübarser Str.‘ der Bezirksregion MV2 auszugleichen. Die Auswertung der Betreuungsmobilität der letzten beiden Jahre zeigte jedoch einen hohen Zuwachs an betreuten Kindern im westlich benachbarten Planungsraum Wittenau-Süd, sodass im Bedarfsatlas 2017 die Zusammenlegung aufgehoben und beide Bezirksregionen einzeln aufgeführt werden. Den Schwerpunkt der aktuellen Kita-Entwicklungsplanung bildet die Ausweitung von bedarfsgerechten Angeboten im Kernbereich des Märkischen Viertels mit Blick auf wenig mobile und bildungsbenachteiligte Familien , d.h. zuzahlungsfrei und ohne Fahrtkosten erreichbar. Fördermittel aus den Kita-Ausbauprogrammen sind in den vergangenen Förderperioden für das MV2 nicht bewilligt worden. Bezüglich der in Planung befindlichen Wohnungsbauvorhaben im Märkischen Viertel (MV1) ist das Bezirksamt mit der Gesellschaft für sozialen Wohnungsbau (GESOBAU) in Abstimmungsgesprächen, um den bestehenden und zusätzlichen Platzausbaubedarf mit zu berücksichtigen. 5. Ist es zutreffend und wie bewertet es der Senat, dass zur schnellen Schaffung weiterer Kitaplätze aktuell seitens der Kitaaufsicht gerade unabhängig von Bezirksregionen geprüft wird, welche Einrichtungen generell ihre Platzzahl erweitern und welche in Einzelfällen eine Überbelegung bis zum Sommer zugesprochen bekommen können? Wie ist es dann zu erklären, dass bei beantragten Neubauvorhaben nach wie vor eine Bedarfsbetrachtung nach Bezirksregionen erfolgt und über viele Monate hinweg keine Entscheidungen zugunsten antragstellender Träger getroffen werden? Zu 5.: Nein, das trifft nicht zu. Vielmehr prüft die Kitaaufsicht nur auf Antrag eines Trägers, ob im Einzelfall eine Belegung über die erteilte Betriebserlaubnis gemäß § 45 SGB VIII hinaus zugelassen werden kann. 6. Werden aus dem Kitaausbauprogramm auch bilinguale Kitas gefördert (mit welchen Bedarfsannahmen?), obwohl sie einen weitaus größeren Einzugsbereich haben, ihre Existenz aber natürlich auch nachfragedämpfend wirken, weil andernorts Kitaplätze frei werden? Zu 6.: Auch Träger mit einem bilingualen Konzept können eine Förderung erhalten. Handelt es sich bei der Zweitsprache um eine gängige Verkehrssprache (bspw. englisch oder spanisch) kann zumeist von einer Platzbelegung durch Kinder der Bezirksregion selbst oder angrenzender Bezirksregionen ausgegangen werden. Im Übrigen wird von einer mindestens teilweisen überregionalen Belegung ausgegangen. Die Gründung einer bilingualen Kindertageseinrichtung in einem Einzugsbereich, in dem es keinen oder nur einen sehr geringen Bedarf für die angebotene Zweitsprache gibt, empfiehlt sich schon aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit nicht, da nur belegte Plätze finanziert werden. 7. Welche (anonymisiert darzustellenden) Förderanträge mit jeweils welchem Antragsdatum und jeweils wie vielen Kitaplätzen liegen dem Senat derzeit für die einzelnen Reinickendorfer Bezirksregionen vor? Zu 7.: Der folgenden Tabelle sind die für den Bezirk Reinickendorf aktuell vorliegenden Anträge zu entnehmen : Bezirk Reinickendorf 2017 Anzahl der beantragten Kitaplätze Antragsdatum Kita 1 14 31.10.2014 Kita 2 35 09.11.2016 Kita 3 25 07.12.2016 Kita 4 20 19.02.2016 Kita 5 140 07.11.2016 Gesamt 234 Berlin, den 01. Februar 2017 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Feb. 2017)