Drucksache 18 / 10 289 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Bernd Schlömer (FDP) vom 16. Januar 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Januar 2017) und Antwort Elektronische Fußfessel Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Personen in Berlin tragen mit Stichtag 15. Januar 2017 eine elektronische Fußfessel bzw. werden elektronisch aufenthaltsüberwacht EAÜ)? Zu 1.: Zum Stichtag 15. Januar 2017 standen zwei verurteilte Personen in Berlin unter Elektronischer Aufenthaltsüberwachung (EAÜ). Bei einer weiteren verurteilten Person ruht derzeit die EAÜ, weil diese inhaftiert ist. 2. Führt das Land Berlin diese elektronischen Überwachungsmaßnahmen gänzlich eigenständig durch oder werden für die Überwachung (und damit im Zusammenhang stehende Dienstleistungen) andere Dritte beauftragt? Bitte Name, Bezeichnung und Adresse der Institution auflisten. 3. Welche Rolle spielt das Bundesland Hessen im Zusammenhang mit Überwachungsmaßnahmen mithilfe der elektronischen Fußfessel? 4. Gibt es neben dem Staatsvertrag über die Gemeinsame elektronische Überwachungsstelle der Länder (GÜL) noch andere gesonderte Vereinbarungen mit dem Land Hessen? Zu 2. bis 4.: Das Land Hessen stellt die technische und fachliche Infrastruktur der EAÜ zur Verfügung. So hat sowohl die Gemeinsame Überwachungsstelle der Länder (GÜL) ihren Sitz in Hessen als auch das Technische Monitoringcenter (TMC) der Hessischen Zentrale für Datenverarbeitung (HZD). Das Land Berlin nutzt sowohl die GÜL als auch das TMC. Die GÜL, welche die fachliche Überwachung durchführt, ist bei der Gemeinsamen IT- Stelle der Hessischen Justiz (GIT) mit Sitz in Bad Vilbel (Friedrich-Ebert-Straße 28, 61118 Bad Vilbel) angesiedelt . Die Einrichtung und Nutzung der GÜL ist durch einen Staatsvertrag geregelt, welchem Berlin im Jahr 2012 beigetreten ist. Das TMC stellt das technische System der EAÜ bereit . Darüber hinaus stellt es auch die Nutzung eines Vor- Ort-Services zur Verfügung. Die Vergabe des Vor-Ort- Services erfolgt durch öffentliche Ausschreibung. Derzeit werden die Aufgaben durch die Firma Securitas wahrgenommen . Dieser Vor-Ort-Service wird vom Land Berlin genutzt. Das TMC hat seinen Sitz in der Außenstelle der HZD in der Mackenzeller Str. 3 in 36088 Hünfeld. Der Betrieb und die Nutzung sind in einer Verwaltungsvereinbarung geregelt, welche Berlin im Jahr 2011 abgeschlossen hat. 5. Gibt es neben der elektronischen Fußfessel noch andere technische Mittel, die bei einer Person zur EAÜ eingesetzt werden können? Zu 5.: Weitere technische Mittel, die einer EAÜ dienen , werden neben der sogenannten elektronischen Fußfessel nicht eingesetzt. Es wird jedoch vorsorglich mitgeteilt , dass bei jeder verurteilten Person, sofern diese einverstanden ist, ein weiteres Gerät, die Homeunit, in der Wohnung aufgestellt wird. Diese Homeunit sorgt dafür, dass innerhalb der Wohnung keine Bewegungsdaten erhoben werden. Dies dient der Erfüllung der gesetzlichen Vorgabe des § 463a Absatz 1 Strafprozessordnung, welche besagt, dass sicherzustellen ist, dass innerhalb der Wohnung der verurteilten Person keine über den Umstand ihrer Anwesenheit hinausgehenden Aufenthaltsdaten erhoben werden. 6. Bitte die Modellbezeichnungen der in Berlin eingesetzten elektronischen Fußfesseln und falls eingesetzt der anderen technischen Mittel aufführen. Zu 6.: Die Modellbezeichnung der deutschlandweit im Rahmen der EAÜ eingesetzten Fußfessel lautet: 1-TrackR 2.0. Darüber hinaus wird die Homeunit eingesetzt. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 289 2 7. Was ist das Ziel dieser Überwachungen (bitte absolut und prozentual nach Grund der Anordnungen aufschlüsseln )? Zu 7.: In Berlin wird eine EAÜ im Rahmen der Führungsaufsicht nach § 68b Abs. 1 Nr. 12 Strafgesetzbuch (StGB) eingesetzt. Seit dem Jahr 2011 sind insgesamt neun Probanden mit einer entsprechenden Weisung überwacht worden. Ziel dieser EAÜ ist nicht nur die Überwachung an sich, vielmehr zielt diese Weisung - wie generell die Weisungen des § 68b StGB - darauf ab, die verurteilte Person im Sinne einer positiven und negativen Spezialprävention von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten, da nicht nur die Einhaltung aufenthaltsbezogener Weisungen überwacht, sondern auch die Aufklärung von Straftaten im Nachhinein erleichtert werden können. 8. Was sind die Kapazitätsgrenzen des Systems? 9. Wie viele Personen können gleichzeitig überwacht werden? Zu 8. und 9.: Die Kapazitätsgrenze des eingesetzten Systems liegt bei etwa 500 Fällen. Die personellen Kapazitäten der GÜL sind derzeit auf die Überwachung von 150 verurteilten Personen ausgelegt. 10. Erfüllt die EAÜ die in sie gesetzten Erwartungen? a. Was geschieht konkret, wenn ein Alarm ausgelöst wird? b. In wie vielen Fällen zog ein Alarm eine Polizeibenachrichtigung nach sich? c. Was war das jeweilige Ergebnis? d. Wie viel Fehlalarme gab es in den letzten drei Jahren ? e. Was waren die jeweiligen Gründe dafür? Zu 10.: Die EAÜ erfüllt die in sie gesetzten Erwartungen . Zu a.: Grundsätzlich erarbeitet das jeweils zuständige Land eine Handlungsanweisung an die GÜL, welche die konkreten Schritte der GÜL für die jeweilige Ereignismeldung vorgibt. Bei einer Ereignismeldung nimmt die GÜL Einsicht in die Handlungsanweisung, verschafft sich einen Überblick über den Aufenthalt der verurteilten Person, und leitet die entsprechenden Schritte ein. Hierbei sind unterschiedliche Vorgehensweisen möglich. Dies kann zuerst der telefonische Kontakt mit der verurteilten Person sein, jedoch kann auch die sofortige Information der Polizei vorgesehen sein. Die Handlungsanweisung wird individuell der jeweils zu überwachenden verurteilten Person angepasst. Zu b.: Im Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2016 kam es bundesweit zu insgesamt 15.032 Ereignismeldungen bei der GÜL. In 739 Fällen (4,9 %) zog eine Ereignismeldung/ein Alarm eine Polizeibenachrichtigung nach sich. Eine gesonderte Ausweisung der Zahlen für die in Berlin überwachten verurteilten Personen ist nicht verfügbar. Zu c.: Die verurteilte Person wurde geortet und durch die Meldung der GÜL einer polizeilichen Gefahrenabwehrmaßnahme zugeführt. Zu d: In den letzten drei Jahren kam es zu keinem Fehlalarm. Zu e.: Vgl. Antwort zu d). 11. Auf wie viel Meter genau arbeitet das System? Zu 11.: Das System arbeitet je nach Satellitenverfügbarkeit metergenau. 12. Wie bewertet der Senat den Einsatz der EAÜ für (islamistische) Gefährder? Zu 12.: Die EAÜ ist kein Garant für die Verhinderung terroristischer Anschläge. Eine Nutzung dieses Instrumentes durch die Länder und den Bund wird derzeit geprüft. Berlin, den 03. Februar 2017 In Vertretung M. Gerlach Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Feb. 2017)