Drucksache 18 / 10 346 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Jürn Jakob Schultze-Berndt und Stephan Schmidt (CDU) vom 24. Januar 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Januar 2017) und Antwort Bekämpfung von Schwarzarbeit Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft zum Teil spezielle Daten und Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort zukommen zu lassen und hat daher die für den Bereich der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) zuständige Generalzolldirektion sowie die Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit, die Deutsche Rentenversicherung Bund sowie die Deutsche Rentenversicherung Berlin -Brandenburg um Mitwirkung gebeten. Die Generalzolldirektion hat das an sie gerichtete Mitwirkungsersuchen zur Bearbeitung an das Bundesministerium der Finanzen weitergeleitet. Soweit dort entsprechende Erkenntnisse vorlagen und dem Senat übermittelt wurden, sind die dort in eigener Verantwortung erstellten Stellungnahmen zu den Fragen 1 bis 4 und 6 nachfolgend in ihren maßgeblichen Teilen wiedergegeben. 1. Wie oft und durch welche Behörden wurden in den Jahren 2015 und 2016 Kontrollen wegen des Verdachts auf Schwarzarbeit in Berlin durchgeführt? 2. Wo (in welchen Bezirken) wurden diese Kontrollen durchgeführt? 3. Wie viele Strafverfahren und Ordnungswidrigkeitsverfahren wurden im Zuge dessen eingeleitet (bitte getrennt und ebenfalls nach Bezirken auflisten)? Zu 1. bis 3.: Der Beantwortung der Fragen 1 bis 3 hat der Senat die gesetzliche Definition der Schwarzarbeit nach § 1 Abs. 2 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz – SchwarzArbG) zugrunde gelegt . In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die Durchführung von Kontrollen zur Aufdeckung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung im gesamten Bundesgebiet weitestgehend in den Zuständigkeitsbereich der FKS der Bundeszollverwaltung fällt. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Durchführung von Kontrollen zur Aufdeckung von Schwarzarbeit im Sinne von § 1 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 SchwarzArbG, soweit nicht die Zuständigkeit der Landesfinanzbehörden gegeben ist. Die Beschäftigten der FKS führen im Rahmen ihres Prüfauftrages nach § 2 Abs. 1 SchwarzArbG sowohl anlassbezogene als auch verdachtsunabhängige Prüfungen durch. Im Jahr 2015 hat das Hauptzollamt Berlin in diesem Zusammenhang 1.462 Arbeitgeberprüfungen und 16.729 Personenbefragungen und im Jahr 2016 1.233 Arbeitgeberprüfungen und 12.663 Personenbefragungen durchgeführt. Eine Differenzierung nach Berliner Bezirken erfolgt in den Statistiken des Hauptzollamtes Berlin generell nicht. Im Jahr 2015 hat das Hauptzollamt Berlin 5.136 Strafverfahren und 767 Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen des Verdachts auf Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung eingeleitet. Im Jahr 2016 wurden 4.527 Strafverfahren und 995 Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet. Wie viele dieser Ermittlungsverfahren dabei aus den Prüfungen resultieren, wird von der FKS statistisch nicht erfasst. Die Berliner Steuerverwaltung begegnet Fällen von Steuerhinterziehung und damit auch von Schwarzarbeit im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG mit geeigneten Prüfungs- und Kontrollmaßnahmen. Hierbei erfolgt die Überprüfung von Unternehmen unter Abwägung aller steuerlichen Risikogesichtspunkte grundsätzlich im Rahmen des allgemeinen Besteuerungsverfahrens durch den Innendienst der Finanzämter, ggf. durch eine Außenprüfung oder eine Maßnahme im Rahmen der Steueraufsicht (Aufdeckung unbekannter Steuerfälle). Die Berliner Steuerverwaltung geht grundsätzlich sämtlichen Hinweisen nach, die auf ein steuerliches Vergehen hinweisen. Sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, ist sie verpflichtet, im Rahmen ihrer Zuständigkeit wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten. Aufzeichnungen über Häufigkeit und Umfang von Kontrollen in bestimmten Bezirken werden von der Berliner Steuerverwaltung nicht geführt. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 346 2 Im Jahr 2016 sind in der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts für Fahndung und Strafsachen 831 Fälle mit Bezug zur Schwarzarbeit eingegangen. Die Art ihrer Erledigung wird in der Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts für Fahndung und Strafsachen statistisch nicht erfasst. Fälle von Schwarzarbeit im Sinne von § 1 Abs. 2 Nrn. 4 und 5 SchwarzArbG werden als Ordnungswidrigkeiten nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 Buchstaben d und e sowie § 8 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Nr. 1 Buchstaben d und e SchwarzArbG von den nach Landesrecht zuständigen Behörden verfolgt und geahndet. Die Zuständigkeiten für die Verfolgung und die Ahndung dieser Ordnungswidrigkeiten sind im Land Berlin geteilt. Für die Verfolgung ist der Polizeipräsident in Berlin und dort das Landeskriminalamt (LKA) 33 zuständig . Die Ahndung obliegt den Bezirksämtern von Berlin (Ordnungsämter). Mit Inkrafttreten der Schwarzarbeitsbekämpfungs- Zuständigkeitsverordnung (SchwarzArb-ZustVO) erfolgt in der Zeit vom 01. September 2016 bis zum 31. August 2017 für die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach dem SchwarzArbG, die mit handwerks- und gewerberechtlichen Pflichtverletzungen einhergehen, sowie die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach der Handwerksordnung (HwO) und der Gewerbeordnung (GewO), bei denen Betroffene rechtswidrig Dienst- oder Werkleistungen in mehreren Bezirken erbracht haben, eine vorübergehende Teilregionalisierung. Für die Ahndung der vorgenannten Ordnungswidrigkeiten übernimmt in diesem Zeitraum das Bezirksamt Pankow als zuständige Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten für elf Berliner Bezirke diese Aufgabe . Die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Bezirks Reinickendorf bleibt hiervon währenddessen unberührt . Ergeben sich bei den vom LKA 33 durchgeführten Kontrollen Verdachtsmomente für das Vorliegen von Ordnungswidrigkeiten nach der GewO, der HwO bzw. dem SchwarzArbG werden Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Im Polizeilichen Landessystem für Information , Kommunikation und Sachbearbeitung (POLIKS) wird allerdings keine Unterscheidung getroffen, ob sich Ordnungswidrigkeiten- und Strafverfahren aus einer Kontrolle , einem Hinweis oder einer Anzeige ergeben. Statistische Angaben, welche Verfahren auf der Grundlage von Kontrollen des LKA 33 eingeleitet wurden, können von daher nicht gemacht werden. Auch mit dem bei der Staatsanwaltschaft Berlin genutzten Aktenverwaltungssystem MESTA ist es generell nicht möglich zu erkennen, auf welcher Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sind. Es ist von daher nicht isoliert abrufbar, ob einem Ermittlungsverfahren eine Kontrolle (z. B. der FKS) vorangegangen ist. Die statistischen Angaben der für die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 Buchstaben d und e sowie § 8 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Nr. 1 Buchstaben d und e SchwarzArbG zuständigen Bezirksämter von Berlin können der als Anlage beigefügten Übersicht entnommen werden. Darüber hinaus liegen dem Senat keine gesonderten Statistiken zu Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren im Zusammenhang mit Schwarzarbeit vor. 4. Gibt es Auffälligkeiten in bestimmten Gewerbezweigen ? Zu 4.: Grundsätzlich kommen Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung in nahezu allen Branchen vor, die lohnintensiven Wirtschaftszweige sind jedoch besonders betroffen. Neben der Baubranche sind erfahrungsgemäß vor allem das Hotel- und Gaststättengewerbe, das Fuhrgewerbe , das Personenbeförderungsgewerbe sowie der Bereich der Gebäudereinigung besonders anfällig für Schwarzarbeit. 5. Wie bewertet der Senat den Erfolg der Kontrollen? Zu 5.: Nach Auffassung des Senats können Kontrollen zur Aufdeckung von Schwarzarbeit nur dann erfolgreich sein, wenn sie nicht nur einen kleinen Teil der am Arbeitsleben Beteiligten betreffen. Dies gilt in besonderem Maße in den für Schwarzarbeit besonders anfälligen Wirtschaftsbereichen . Jüngste Untersuchungen zur Wirksamkeit von Kontrollen hinsichtlich der Einhaltung des seit dem 1. Januar 2015 geltenden allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns deuten darauf hin, dass die Einhaltung des Mindestlohngesetzes bislang nur bei einer sehr geringen Anzahl von Unternehmen überprüft wurde. Aus Sicht des Senats ist von daher ausdrücklich zu begrüßen, dass die Bundesregierung eine sukzessive Personalaufstockung beim Zoll um zusätzlich 1.600 Planstellen beschlossen hat. Wegen des ganzheitlichen Prüfansatzes der FKS kommt das zusätzliche Personal nicht nur einer intensiveren Überprüfung der Einhaltung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns, sondern auch der Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung insgesamt zu Gute. Der Senat fordert deshalb eine konsequente und nach Möglichkeit früher als geplante Umsetzung der beim Zoll vorgesehenen Personalaufstockung. 6. Gibt es Schätzungen über eine Dunkelziffer im Bereich Schwarzarbeit, also darüber hinaus gehende, bislang nicht entdeckte Fälle? Zu 6.: Es liegt im Wesen der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung, dass sie im Verborgenen stattfinden und sich einer exakten Erfassung entziehen. Der Senat verfügt über keine eigenen Erkenntnisse zur Höhe der Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 346 3 Dunkelziffer im Bereich der Schwarzarbeit in Berlin. Ihm sind allerdings Schätzungen zum gesamten Ausmaß schattenwirtschaftlicher Aktivitäten in der Bundesrepublik Deutschland (einschließlich der nicht gesondert ausgewiesenen Teilmenge der verbotenen Schwarzarbeit) bekannt, die im Ergebnis jedoch stark voneinander abweichen (je nach methodischer Herangehensweise bzw. Definition des Betrachtungsgegenstandes liegen entsprechende Schätzungen zwischen 3 % und 11 % des Bruttoinlandsprodukts ). Aus Sicht des Bundesministeriums der Finanzen gibt es derzeit keinen methodischen Ansatz, der geeignet ist, den Umfang und die Entwicklung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung verlässlich zu errechnen und in absoluten Zahlen zu belegen. Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Gleichwohl geht er davon aus, dass Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung nicht unerhebliche Störfaktoren für das Berliner Wirtschafts - und Arbeitsleben darstellen. 7. Welche Schwerpunkte sieht der Senat bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit zukünftig? Zu 7.: Nach den vom Regierenden Bürgermeister mit Abgeordnetenhaus-Drucksache 18/73 vorgelegten und vom Abgeordnetenhaus am 12. Januar 2017 gebilligten Richtlinien der Regierungspolitik hat es sich der Senat zum Ziel gesetzt, die Verfolgung und Ahndung von Schwarzarbeit gemeinsam mit den Bezirken und dem Landeskriminalamt zu optimieren (vgl. hierzu S. 8 der o.g. Drucksache). Zu diesem Zweck führt die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales bereits das ServiceStadt-Berlin-Projekt „Optimierung der Verfolgung und Ahndung von Schwarzarbeit im Land Berlin“ durch. Nähere Angaben zum Projektstatus können der Abgeordnetenhaus -Drucksache 17/3167 vom 26. September 2016 (S. 142 ff.) entnommen werden. Aus aktuellem Anlass setzt sich der Senat darüber hinaus dafür ein, Schwarzarbeit und organisierten Betrug im Berliner Taxigewerbe zu bekämpfen (vgl. hierzu S. 29 der Abgeordnetenhaus- Drucksache 18/73). Das Ziel, die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen zur Bekämpfung von Schwarzarbeit, illegaler Beschäftigung , Mindestlohnverstößen, sittenwidrigen Löhnen und sonstigen Arbeitsdelikten intensiv fortzuführen, insbesondere mit der bundesweit vorrangig für die Bekämpfung der vorgenannten Rechtsverstöße zuständigen FKS der Bundeszollverwaltung, ist auch Bestandteil des Programms „BerlinArbeit“ (Ziel 2: „Gute Arbeit als Grundprinzip durchsetzen“, Handlungsfeld 5: „Stärkung des ordnungspolitischen Rahmens“). Diese Zielsetzung bildet für den Senat weiterhin die Grundlage seines Handelns. Berlin, den 09. Februar 2017 In Vertretung Alexander Fischer Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Feb. 2017) Anlage zur Antwort des Senats auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/10346 zuständige Verwaltungsbehörde (Bezirksamt) 01.01.2015 bis 31.12.2015 Bußgeldverfahren nach § 8 Abs. 1 Nr. 1d SchwarzArbG2 2 (einschließlich unerledigter Fälle aus Vorjahren) 01.01.2015 bis 31.12.2015 Bußgeldverfahren nach § 8 Abs. 1 Nr. 1e SchwarzArbG 3 (einschließlich unerledigter Fälle aus Vorjahren) 01.01.2016 bis 31.08.2016 Bußgeldverfahren nach § 8 Abs. 1 Nr. 1d SchwarzArbG (einschließlich unerledigter Fälle aus Vorjahren) 01.01.2016 bis 31.08.2016 Bußgeldverfahren nach § 8 Abs. 1 Nr. 1e SchwarzArbG (einschließlich unerledigter Fälle aus Vorjahren) 01.09.2016 bis 31.12.2016 Bußgeldverfahren nach § 8 Abs. 1 Nr. 1d SchwarzArbG (neu aufgegriffen) 01.09.2016 bis 31.12.2016 Bußgeldverfahren nach § 8 Abs. 1 Nr. 1e SchwarzArbG (neu aufgegriffen) Berichtsjahr 2015 Berichtsjahr 2016 Reinickendorf 2 - 2 - - - Charlottenburg /Wilmersdorf - 1 - - - - Pankow 1 8 4 12 5 14 8 Spandau - - - - - - Treptow/Köpenick - - - - - - Neukölln - - - - - - Lichtenberg - 1 - 1 - - Mitte - 1 - - - - Marzahn/Hellersdorf - 1 - - - - Friedrichshain /Kreuzberg - - - - - - Steglitz/Zehlendorf Keine Angaben Keine Angaben Keine Angaben Keine Angaben Keine Angaben Keine Angaben Tempelhof /Schöneberg Keine Angaben Keine Angaben Keine Angaben Keine Angaben Keine Angaben Keine Angaben Berichtsjahr 2015 Berichtsjahr 2016 10 8 14 6 14 8 Gesamt 4 18 42 1 zuständige Verwaltungsbehörde für die Zeit vom 01.09.2016 bis 31.08.2017 2 Erbringung von Dienst- und Werkleistungen in erheblichem Umfang ohne Gewerbeanmeldung oder Reisegewerbekarte 3 Betreiben eines zulassungspflichtigen Handwerks in erheblichem Umfang ohne Handwerksrolleneintragung 4 Ordnungswidrigkeitenverfahren nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Nr. 1 Buchstaben d und e SchwarzArbG sind im Berichtszeitraum nicht angefallen S18-10346 S1810346_Anlage