Drucksache 18 / 10 380 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Karsten Woldeit (AfD) vom 30. Januar 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Februar 2017) und Antwort Islamistische Gefährder in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Am Montag, 23. Januar 2017 wurde im Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses durch Innensenator A. Geisel (SPD) bekanntgegeben, dass sich in Berlin islamistische Gefährder „im oberen zweistelligen Bereich“ aufhalten. 80 Prozent dieser islamistischen Gefährder hätten die deutsche Staatsangehörigkeit. Wie viele Personen dieser 80 Prozent haben einen Migrationshintergrund ? Zu 1.: Mit Stand 6. Februar 2017 hat die Polizei Berlin Personen in einer Anzahl im oberen zweistelligen Bereich als Gefährder des islamistischen Spektrums eingestuft. Hiervon besitzen 44 % eine ausländische Staatsangehörigkeit, 5 % die deutsche und eine ausländische Staats- angehörigkeit, 6 % die deutsche Staatsangehörigkeit (eingebürgert) und 45 % die deutsche Staatsangehörigkeit. Von den als Gefährder eingestuften deutschen Staatsangehörigen (insgesamt 56 %) haben 87 % einen Migrationshintergrund , d. h. es handelt sich um Personen, die trotz deutscher Staatsangehörigkeit aufgrund ihrer früheren Staatsangehörigkeit oder des Geburtsortes eine nichtdeutsche Herkunft haben oder bei denen dies für wenigstens ein Elternteil gilt. 2. Sollte es sich bei den islamistischen Gefährdern um Personen mit doppelter Staatsbürgerschaft handeln, inwieweit ist eine Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft möglich? Zu 2.: Für eine Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit bei islamistischen Gefährdern gibt es gegenwärtig keine gesetzliche Grundlage. 3. Laut Polizeipräsident Klaus Kandt habe die Polizei niemals das Personal alle Gefährder lückenlos zu überwachen . Welche Maßnahmen sind hier geplant, diese personelle Lücke zu schließen. Zu 3.: Nachdem die Polizei Berlin im Doppelhaushalt 2016/2017 zusätzliche Planstellen zur Bekämpfung des Terrorismus erhalten hat, werden auch zum Doppelhaushalt 2018/2019 ergänzende Stellenbedarfe angemeldet. Darüber hinaus wird das im Landeskriminalamt Berlin (LKA Berlin) angesiedelte Dezernat zur Bekämpfung Politisch motivierter Kriminalität (Islamismus) sowohl durch das LKA selbst, als auch durch andere Gliederungseinheiten der Polizei Berlin personell gestärkt. Dennoch wird eine lückenlose Überwachung aller als Gefährder eingestuften Personen in einem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat nicht möglich sein. 4. Laut Aussagen von Innensenator Geisel (SPD) und Innenstaatssekretär Akmann (SPD) sitzt keine dieser Personen in Abschiebehaft (Personen ohne deutsche Staatsbürgerschaft). Welche Maßnahmen gedenkt der Senat zu veranlassen, damit diese Personen, welche offenbar eine Gefahr für die Bewohner der Bundesrepublik Deutschland und der Stadt Berlin darstellen, das Land verlassen? Zu 4.: Die Berliner Sicherheitsbehörden, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und die Ausländerbehörde Berlin unternehmen in enger Kooperation alle rechtlich möglichen Schritte, um die rechtlichen Schranken für den Aufenthalt von Gefährdern durch Nichtverlängerung oder Entzug von Aufenthaltstiteln im Wege der Ausweisung zu nutzen, vollziehbare Ausreisepflichten zu begründen und diese im Wege der Abschiebung durchzusetzen. Sofern die jeweiligen rechtlichen Voraussetzungen vorliegen und die Abschiebung nicht bereits aus Strafhaft vollzogen werden kann, kommt dabei auch das Instrument der Abschiebungshaft zum Einsatz. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 380 2 Kommt eine Aufenthaltsbeendigung aus rechtlichen Gründen, etwa wegen deutscher Kinder, nicht in Betracht, wird der aufenthaltsrechtliche Status so weit wie möglich eingeschränkt. Unter den in § 56 Aufenthaltsgesetz (Aufenth G) genannten Voraussetzungen werden Überwachungsmaßnahmen (Meldepflichten, räumliche Vorgaben ) durchgeführt. 5. Laut Leiter des Landeskriminalamtes, Christian Steiof gibt es Stand Oktober 2016 (Aussage am 23. Januar 2017) 18 offene Haftbefehle gegen Islamisten in Berlin, welche sich zur Zeit alle in Syrien aufhalten. Wie viele offene Haftbefehle sind es Stand Januar 2017? Zu 5.: Die Statistik über die offenen Haftbefehle zu Islamisten wird nur zweimal jährlich zentral vom Bundeskriminalamt (im Frühjahr und im Herbst) erhoben. Somit liegen aktuell keine anderen Zahlen vor als die zum Oktober 2016, die sich nicht auf ausgereiste Personen nach Syrien, sondern generell auf Ausreisen in das Kampfgebiet beziehen. 6. Wie ist gewährleistet, dass diese Islamisten bei Wiedereinreise in die Bundesrepublik identifiziert werden ? Zu 6.: Aus ausländerrechtlicher Sicht erfordert die Erfüllung der Ausreisepflicht in der Regel das Verlassen des Schengenraums. Eine Ausnahme gilt nur bei einem erlaubten Aufenthalt des Betroffenen in einem anderen Schengen-Staat. Die Wiedereinreise ist daher in der Regel bereits an der Schengen-Außengrenze und nicht erst an der deutschen Binnengrenze zu verhindern. Zu allen Personen , zu denen Haftbefehle vorliegen, besteht eine nationale Fahndung im Informationssystem der Polizei (IN- POL). Bei Antreffen in Deutschland ist demnach eine Fahndungsabfrage zu den angegebenen Personalien und damit ein Erkennen einer Fahndung möglich. Grundsätzlich werden alle nationalen Fahndungen, die hierfür geeignet sind, auch im Schengener Informationssystem II (SIS II) ausgeschrieben. Dabei werden die Führungspersonalien , die in Deutschland bekannten Aliaspersonalien sowie vorliegende Lichtbilder in das System übermittelt. 7. Ist es diesen Islamisten möglich, bei Wiedereinreise anzugeben, ihre Pässe, bzw. andere zur Identifizierung notwendigen Unterlagen seien „auf der Flucht“ verlorengegangen und somit unerkannt als „Asylbewerber“ einzureisen ? Zu 7.: Dies wäre unter der Annahme denkbar, dass eine solche Person vorher noch nicht erkennungsdienstlich behandelt wurde. Asylsuchende oder unerlaubt Eingereiste werden im Rahmen der Ersterfassung im Ankunftszentrum erkennungsdienstlich behandelt. Dabei werden unter anderem die Personalien und die Fingerabdrücke zentral gespeichert. Die Polizei Berlin gleicht im Zuge der Ersterfassung sowohl die Fingerabdrücke als auch die Personalien mit den vorhandenen Datenbeständen ab. Berlin, den 16. Februar 2017 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Feb. 2017)