Drucksache 18 / 10 390 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Adrian Grasse (CDU) vom 06. Februar 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Februar 2017) und Antwort Aktueller Stand der Planungen zur Zukunft der Dahlemer Museumsbauten Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine umfassende Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Stiftung Preußischer Kulturbesitz um Stellungnahme gebeten. Die Stellungnahme ist in der Beantwortung berücksichtigt. 1. Welche Initiative hat der Senat angesichts des seit Jahren bekannten Umzugs und der damit einhergehenden Schließung des Ethnologischen Museums (EM) und des Museums für Asiatische Kunst (AKU) ergriffen, um eine Verödung des Kulturstandorts Dahlem zu vermeiden, zu welchen Ergebnissen haben die bisherigen Bemühungen geführt und wer ist daran beteiligt? Zu 1.: Der seit einigen Jahren laufende Prozess der grundsätzlichen Verständigung zu einer Nachnutzung des Dahlemer Museumskomplexes und der perspektivisch angekündigten Aufgabe des Standortes hat auf ursprüngliche Initiative des Senats dazu geführt, dass das Thema von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz auf eine breite Kommunikationsebene gestellt wurde. Aktuelle Entwicklungen führten dazu, dass die Stiftung eine generelle Aufgabe des Standortes noch einmal überdenkt. Das schließt auch Neuüberlegungen zur stiftungsinternen Nutzung ein. Zur Beteiligung am Prozess siehe auch Antwort zu 14. 2. Welche Fortschritte hat es in den Planungen seit dem August 2016 gegeben (Vgl. Drs. 17/18920), wie sieht der aktuelle Zeitplan aus und wie hoch sind die prognostizierten Kosten und wer wird diese Kosten tragen ? Zu 2.: Aktuell stellen sich die Planungen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) wie folgt dar: Im Rahmen der Umzugsvorbereitungen in das Humboldt Forum werden seitens des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst vor allem zur Reinigung, Dekontaminierung und Verpackung der Sammlungsobjekte zusätzliche Flächen (Ausstellungs- und Verkehrsflächen) benötigt. Aufgrund von Brandschutzmaßnahmen müssen darüber hinaus die Depots im Museumskomplex in erheblichem Umfang entzerrt werden und beanspruchen zusätzliche Lagerflächen. Mittelfristig wird das Museum Europäischer Kulturen in Dahlem verbleiben. Die langfristigen Planungen der Staatlichen Museen zu Berlin (SMB) sehen immer noch vor, dass das Haus seinen Standort am Kulturforum in einem Neubau finden soll. Die Entscheidung, die Bibliothek außereuropäischer Kunst und Kulturen nicht, wie geplant, im Humboldt Forum unterzubringen, muss in die weiteren Überlegungen zur Nachnutzung des Standortes Museumskomplex Dahlem einfließen. Eine Kostenprognose lässt sich aufgrund der aktuellen Entwicklungen daher noch nicht abgeben . Siehe dazu auch Antwort zu 8. 3. Wie ist der aktuelle Stand der Realisierung des Depotbaus der Staatlichen Museen Berlin in Friedrichshagen ? Zu 3.: Wegen fehlender Mittel wurde der in Friedrichshagen geplante 1. Bauabschnitt eines Neubaus für Depots und Werkstätten der SMB bislang nicht begonnen. Aktuell ist eine Wiederaufnahme der Maßnahme (Planung ) für das Jahr 2019 wahrscheinlich. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 390 2 4. Wie groß ist derzeit die Finanzierungslücke und welche Auswirkungen würde eine Realisierung für den Standort Dahlem haben? Zu 4.: In der aktuellen Bauablauf- und Finanzierungsplanung der SPK ist die Baumaßnahme Friedrichshagen ab 2019 enthalten, eine Finanzierungslücke besteht insofern nicht. Zwar kann sich eine zukünftige Standortentwicklung Dahlem auf eine Belegungsplanung in Friedrichshagen auswirken, nichtsdestotrotz bedürfen die SMB zweifelsfrei des zentralen Depotstandortes. 5. Wie groß ist die freiwerdende Fläche (in qm) in den Dahlemer Museumsbauten und wie viel von dieser Fläche soll in Zukunft als Depot und Werkstätten genutzt werden? Zu 5.: Mit dem Umzug der zu Ausstellungszwecken vorgesehenen Sammlungsobjekte des Ethnologischen Museums (EM) und des Museums für Asiatische Kunst (AKU) in das Humboldt Forum werden in Dahlem etwa 10.000 m² Ausstellungsfläche frei. Davon wäre die von der FU angefragte Fläche von 3.000 m² abzuziehen (siehe auch Antwort zu 7.). Es verbleiben etwa 7.000 m², die aber nicht vollständig zusammenhängen. 6. Wie groß wird die Ausstellungsfläche sein, die jeweils dem AKU und dem EM im Humboldt Forum zur Verfügung stehen wird? Zu 6.: In Summe bespielen beide Häuser eine Fläche von 16.992 m², davon entfallen auf das EM 11.667 m² und auf das AKU 5.325 m². 7. Welche Fortschritte gab es hinsichtlich der Idee, die Gipsabguss-Sammlung der Freien Universität nach Dahlem zu verlagern? Zu 7.: Mit Verweis auf Drs. 17/18920 Ziffer 5 hat nach Kenntnisstand der SPK/SMB die Freie Universität Berlin noch immer Interesse an einer Verlagerung ihrer Abguss-Sammlung Antiker Plastiken in das Dahlemer Museumsgebäude. 8. Gibt es weitere, alternative Nachnutzungskonzepte für die Museumsbauten, insbesondere als Standort der Bibliothek des AKU und somit als Wissenschaftsstandort ? Wie sieht der Zeitplan für diese Konzepte aus und mit welchen Kosten wird gerechnet? In wie weit plant der Senat, sich an diesen zu beteiligen? Zu 8.: Die SPK/SMB prüfen aktuell, ausgelöst durch die jüngsten Entwicklungen in der Belegung des Humboldt Forums, inwieweit die Bibliotheken des EM und des AKU am Standort Dahlem verbleiben können. Darüber hinaus werden die Auswirkungen auf einen übergreifenden funktionierenden Museums- und Wissenschaftsbetrieb geprüft. In der laufenden Prüfphase können noch keine Zeit- und Kostenpläne benannt werden. 9. In welchem baulichen Zustand befinden sich die Dahlemer Museumsbauten derzeit? Zu 9.: Es besteht Sanierungsbedarf an allen Bauteilen. Gegenwärtig werden für Bauteil 4 (Depot des EM) Brandschutzmaßnahmen durchgeführt; alle übrigen Depots und Werkstätten werden weiter wie bisher benutzt, für diese wurden bereits im Laufe von Jahren sogenannte funktionserhaltende Maßnahmen (für Bauteil 1, 2 und Bruno- Paul-Bau Brandschutz und Gebäudetechnik) durchgeführt. Darüber hinaus erfolgen nur die notwendigen Bauunterhaltungsmaßnahmen. Eine für den dauerhaften Vollbetrieb der Gebäude notwendige Generalsanierung wurde aufgrund der Umzugspläne und bisherigen Perspektiven für den Standort nicht geplant. 10. Welcher Sanierungsbedarf besteht insgesamt (bitte mit Auflistung der jeweiligen Kosten und Zeitpläne)? Zu 10.: Eine Aufstellung der notwendigen Sanierungsmaßnahmen (Art, Kosten, Termine) kann nur im Ergebnis einer bau- und fachlichen Begutachtung vorgenommen werden. 11. Welche Sanierungsmaßnahmen sind bereits geplant (bitte mit Nennung der prognostizierten Kosten und Zeitpläne)? Zu 11.: Siehe auch Antwort zu 9. Derzeit wird die brandschutztechnische Ertüchtigung BT4 durchgeführt. Die Gesamtkosten für die Sanierungsmaßnahmen hinsichtlich der Brandschutzanforderungen (Einbau einer Wassernebelhochdruckanlage und Einbau von Entrauchungsanlagen ) wurden mit 1,37 Mio. € prognostiziert. 12. Kann der Senat bestätigten, dass das Museum für Europäische Kulturen (MEK) dauerhaft in Dahlem verbleiben wird? 13. Wie sieht das Zukunftskonzept des MEK aus, um als letztes in Dahlem verbliebenes Museum weiterhin Besucher anzuziehen? Zu 12. und 13.: Die Tatsache, dass das Museum Europäischer Kulturen (MEK) am Standort Dahlem bleibt, sieht das Museum als Chance und zugleich als Herausforderung zu einer Neu-Profilierung. Dies geschieht bereits durch eine akzentuierte Verortung, und zwar auf der lokalen Ebene mit dem Museumsrestaurant eßkultur, der Domäne Dahlem und dem Botanischen Garten und Botanischen Museum wie auch auf der regionalen Ebene. Hier wirbt es zusammen mit weiteren neun Museen und Ausstellungshäusern in Steglitz-Zehlendorf für „Berlins grünen Museumsbezirk“, basierend auf der in einem Stadtteil Berlins einmaligen Verbindung von Natur und Kultur. Darüber hinaus wird das MEK in der Stadt durch Kooperationen mit Galerien, mit den SMB am Kulturforum und im Humboldt Forum sichtbarer werden. Hier besteht bereits eine konkrete Kooperation mit der Stiftung Stadt- Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 390 3 museum und den Kulturprojekten Berlin bei der geplanten Präsentation „Berlin und die Welt“. Diese externen Aktivitäten sind das „Spielbein“ des MEK, während es sein „Standbein“ nach wie vor in Dahlem haben wird. In dem dortigen Stammhaus führt das Museum seine erfolgreichen Veranstaltungsformate fort. Jährlich finden im Museumsgarten Großveranstaltungen wie das Nachbarschaftsfest, die Fête de la musique, der Textiltag, die Perlen- und Textilbörse und nicht zuletzt die erfolgreichen Europäischen Kulturtage statt. Regelmäßig werden drei unterschiedliche Ausstellungsformate zu gesellschaftspolitischen Fragen und kulturellem Wandel in Europa umgesetzt. Sie sind immer gegenwartsorientiert, historisch hergeleitet und partizipativ orientiert. Darüber hinaus dient ein weiteres Format mit dem Titel „Europa-Lab“ als Experimentierfeld, mit dem museale Themen und Methoden erprobt werden sollen, um diese dann ggf. im Stammhaus des MEK oder in seinen „Schaufenstern“ in der Stadt zu elaborieren. Mit dem Auszug der beiden außereuropäischen Museen 2019 ins Humboldt Forum wird das MEK seine bisherige Ausstellungsfläche vergrößern. In den neu hergerichteten Räumen wird es Teile seiner umfangreichen europäischen Sammlungen zur Alltagskultur und populären Kunst und seine Sammlungsgeschichte in einer modular angelegten Präsentation zeigen. In temporären Ausstellungen werden aktuelle Forschungsergebnisse auf der Basis historischer und neu angelegter Sammlungen vorgestellt . Dabei kommt dem Vermittlungsbereich ein besonderer Stellenwert zu, indem verschiedene Zielgruppen besonders in Berlin angesprochen und involviert werden sollen. Mehr denn je wird das MEK für seine Besucher und mit seinen Besuchern darauf hinarbeiten, Europa in Dahlem besser kennen zu lernen. Dabei wird es seine bilaterale bzw. multilaterale Zusammenarbeit mit europäischen (Kultur-) Institutionen intensivieren. 14. Inwieweit ist die Bezirksverwaltung Steglitz- Zehlendorf bislang in die Planungen involviert? Zu 14.: In den vergangenen Jahren fanden Gespräche unter Beteiligung der damaligen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, der damaligen Senatskanzlei - Kulturelle Angelegenheiten, des Bezirksamts Steglitz-Zehlendorf, des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung, der Staatlichen Museen zu Berlin sowie der Hauptverwaltung der SPK statt. 15. Welche Planungen gibt es derzeit zur Einbeziehung der Zivilgesellschaft zur kulturellen Nachnutzung des Museumsstandorts Dahlem (Vgl. Koalitionsvereinbarung 2016-2021: Kultur und Medienmetropole Berlin, S. 122, oben)? Zu 15.: Die Nachnutzung des Museumskomplexes wird in verschiedensten Foren diskutiert und gefordert. Dazu besteht immer wieder auf Senatsebene Kontakt. Auch bezirklicherseits (insbesondere Regionalmanagement SüdWest) werden verschiedene Diskussionsveranstaltungen begleitet. Seitens der SPK wird der Dialog mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern zu gegebener Zeit aufgenommen . Berlin, den 17. Februar 2017 Dr. Klaus Lederer Senator für Kultur und Europa (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 23. Feb. 2017)