Drucksache 18 / 10 398 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Hanno Bachmann (AfD) vom 07. Februar 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Februar 2017) und Antwort Identitätstäuschung und Sozialbetrug durch Asylbewerber – Ausmaß, Erkenntnisse und Gegenmaßnahmen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Werden in Berlin gemeldete anerkannte Asylbewerber , die seit 2015 nach Deutschland kamen und - vermeintlich - aus Syrien stammen, nochmals auf ihre Identität und Herkunft hin überprüft, nachdem bekannt geworden ist, dass die syrische Botschaft in Berlin systematisch syrische Pässe auch an andere Staatsangehörige verkauft hat? Zu 1.: Alle Pässe und sonstigen Dokumente zur Identitätsfeststellung von Asylbewerbern werden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) auf Echtheit überprüft. Ein entsprechender verlässlicher und belastbarer Prüfvermerk wird an die Ausländerbehörde übermittelt. Sollten in Einzelfällen aus der Vergangenheit die Prüfvermerke des BAMF fehlen, werden die Identitätsdokumente entweder durch das BAMF oder entsprechend geschulte Mitarbeiter der Berliner Ausländerbehörde erneut auf ihre Echtheit hin überprüft. 2. Sind bereits Ermittlungsverfahren gegen Asylbewerber angesichts der unter 1) erwähnten Praxis der syrischen Botschaft anhängig, und wenn ja, wie viele ? Zu 2.: Es sind keine Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit der unter 1) behaupteten Praxis bekannt. 3. Ist ungefähr bekannt, wie viele Pässe seitens der syrischen Botschaft in Berlin in den Jahren 2015 und 2016 ausgestellt wurden und wie viele der Empfänger tatsächlich gar keine Syrer waren ? 4. Welche Maßnahmen hat der Senat, ggf. in Kooperation mit dem Bund, ergriffen, um zukünftig die weitere Ausstellung von Pässen durch die syrische Botschaft an andere als syrische Staatsangehörige zu unterbinden? Zu 3. und 4.: Dem Senat liegen hierzu keine Zahlen vor. Seitens des Bundes konnten keine Zahlen erlangt werden. Die Bundesregierung hat mitgeteilt, dass sie und damit die Bundespolizei ausschließlich dem Kontrollrecht und dem damit korrelierenden Fragerecht des Deutschen Bundestages unterliege. 5. Die beiden zeitweise in Berlin aufenthältlichen tunesischen Terroristen A. Amri und Bilel A. führten vierzehn bzw. achtzehn verschiedene Identitäten. Und aus dem übrigen Bundesgebiet werden immer wieder Fälle systematischen Sozialbetruges mittels der Nutzung von Mehrfachidentitäten durch Asylbewerber bekannt. Allein in Niedersachsen geht die Zahl der Täter ggf. in die hunderte , das dortige Innenministerium spricht von einem „flächendeckenden“ Phänomen. Hat der Senat vor diesem Hintergrund – ggf. in Kooperation mit dem BAMF - die Identität aller seit 2015 nach Berlin gelangten und noch hier aufenthältlichen Asylbewerber gezielt und umfassend aufgeklärt, so dass die fortgesetzte Nutzung von Mehrfachidentitäten mittlerweile ausgeschlossen ist? Sind u.a. die Fingerabdrücke aller Asylbewerber abgenommen, in ein bundesweites System eingespeist und abgeglichen worden? In wie vielen Fällen wurde die Nutzung von Mehrfachidentitäten aufgedeckt? 6. Falls die beiden ersten Fragen unter 5) verneint werden, sind Maßnahmen zur umfassenden Identitätsklärung wenigstens am Laufen oder zumindest geplant? Falls auch diese Frage verneint wird – warum unterbleiben trotz sich aufdrängender Verdachtsmomente die in Rede stehenden Aufklärungsmaßnahmen? Zu 5. und 6.: Alle Asylsuchenden, die in Berlin ein Asylbegehren vorbringen, werden im gemeinsam mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlingsangelegenheiten (BAMF) betriebenen Ankunftszentrum registriert. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 398 2 Bei der Registrierung wird die Identität der Asylsuchenden mit erkennungsdienstlichen Maßnahmen nach § 16 Asylgesetz (AsylG) festgestellt. Hierfür ist es unerheblich , ob ein Ausweisdokument vorgelegt wird oder nicht. Im Rahmen der erkennungsdienstlichen Maßnahmen erfolgt auch die Prüfung, ob die Fingerabdrücke in Deutschland bereits im Zuge eines Asylverfahrens oder aus anderen Gründen erfasst wurden. Doppelregistrierungen können somit zuverlässig vermieden werden. Alle Asylsuchenden, die in Berlin registriert werden, durchlaufen zudem eine Sicherheitsüberprüfung durch die Polizei, die mit den vorliegenden Daten einen Abgleich in den dort zur Verfügung stehenden Datenbanken durchführt . Im Rahmen dieser Überprüfung werden auch alle vorgelegten Reisedokumente in Zusammenarbeit mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BAMF auf Echtheit geprüft. Leistungen werden an Asylsuchende ausgezahlt, die registriert worden sind und einen gültigen Ankunftsnachweis oder eine gültige Aufenthaltsgestattung besitzen. Die Außenstelle Berlin des BAMF hat nach Kenntnisstand des Senats seit einigen Monaten den Rückstand der Asylantragstellung aus 2015 abgearbeitet und hierbei die Asylsuchenden mit ihren biometrischen Daten, also Fingerabdrücken und Lichtbild, erfasst. Erkannte Mehrfachidentitäten werden ausnahmslos bei der Polizei zur Anzeige gebracht und von dort bearbeitet . 7. Wie viele Ermittlungsverfahren sind derzeit gegen Asylbewerber (u.a.) wg. Sozialbetruges und mittelbarer Falschbeurkundung in Berlin anhängig? Wie hoch ist der bislang ermittelte Schaden, der dem Land Berlin seit 2015 durch Sozialbetrug von Asylbewerbern entstanden ist? Zu 7.: Bei der Eintragung eines Ermittlungsverfahrens im Aktenverwaltungssystem der Strafverfolgungsbehörden Berlin, MESTA, wird nicht gesondert erfasst, ob der Beschuldigte ein Asylbewerber ist. Insoweit gibt es hierzu keine belastbaren Zahlen. Auch die Berliner Polizei erhebt keine statistischen Erfassungen in der angefragten Fallkonstellation. Das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten erfasst etwaigen Sozialbetrug durch Asylsuchende nicht statistisch . 8. Beabsichtigt der Senat, zur Verhinderung von Identitätstäuschung und Sozialbetrug eine umfassende Einführung von Dokumentenprüfgeräten auf Ebene der bezirklichen Verwaltung zu erreichen, und wenn ja, bis wann? Wie hat der Senat auf den Antrag der Fraktionen von SPD und CDU zur flächendeckenden Einführung der Geräte in der Drucksache Az. 17/2758 vom 01.03.2016 reagiert? Welche Schlüsse über die Notwendigkeit der flächendeckenden Einführung solcher Prüfgeräte zieht der Senat aus den in den letzten Jahren durchgeführten Pilotprojekten , so insbesondere aus dem Projekt in den drei Bürgerämtern des Bezirks Neukölln im Jahre 2014 ? Zu 8.: Die Einführung von Dokumentenprüfgeräten für die Berliner Verwaltung wird zur Zeit vom Senat vorbereitet. Die Grundlagen für den Einsatz werden gemeinsam mit dem Bezirk Neukölln, der Polizei Berlin und dem ITDZ erarbeitet. Die europaweite Ausschreibung der Geräte wird in Kürze gestartet. Parallel werden aktuell die notwendigen Konzepte zur Sicherheit, zum Datenschutz, zur Betriebsführung und zur Schulung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entwickelt. In einem ersten Schritt werden die Bürgerämter des Landes Berlin mit den Geräten ausgestattet. Nach gründlicher Vorbereitung soll jedoch allen interessierten Verwaltungen das Grundkonzept für eine Nutzung an die Hand gegeben werden. Das Pilotprojekt in Neukölln wird vom Senat als Erfolg gewertet. Die Geräte zeigen Auffälligkeiten bei geprüften Dokumenten korrekt an, die im Anschluss von geschulten Mitarbeitenden auf Fälschungen hin untersucht werden müssen. Dadurch wurden bereits zahlreiche Dokumente in Neukölln als Fälschungen identifiziert. Die Einführung ist aufgrund der komplexen Beteiligungen vieler Akteure und der hohen Ansprüche an Datenschutz und Sicherheit im Verzug. Es wird mit der Einführung der Geräte ab September 2017 gerechnet. 9. Wie oft wurde seit deren Einführung am 01.08.2015 die Befugnis des § 48 Abs. 3a AufenthG, Identität und Herkunft von Asylbewerbern durch Zugriff auf deren Kommunikationsdaten zu ermitteln, durch Berliner Behörden genutzt? Hält der Senat diese Vorschrift mit Blick auf die Voraussetzungen für die Maßnahme für praxistauglich, insbesondere was den Juristenvorbehalt in S. 4 anbetrifft? Sind in Berlin Juristen besonders qualifiziert worden, um die Maßnahme vornehmen zu können? Falls ja, wie viele dieser besonders ausgebildeten Personen stehen derzeit zur Verfügung? Zu 9.: Die Ausländerbehörde Berlin nimmt die Möglichkeit der Auslesung von Kommunikationsdaten im Rahmen der Passbeschaffung durch die in der Behörde tätigen Juristen wahr. So fanden im Jahre 2015 eine Auswertung , im Jahre 2016 fünfzehn und im Jahre 2017 (Stand 15.02.2017) zwei Auswertungen durch Juristinnen und Juristen statt. Berlin, den 27. Februar 2017 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Feb. 2017)