Drucksache 18 / 10 415 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Daniel Buchholz (SPD) vom 14. Februar 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Februar 2017) und Antwort Spielhallen-Flut zerstört Kieze und Menschen (XV): Wie dramatisch ist die Lage im Jahr 2017? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1) Wie viele Spielhallen und aufgestellte Geld- Gewinnspielgeräte („Glücksspiel-Automaten“) gab es in Berlin insgesamt und in den einzelnen Bezirken jeweils am Jahresende 2015 und 2016 (bitte getrennt angeben nach Erlaubnissen, Standorten und Aufstellorten)? Zu 1.: Die Anzahl der Spielhallenerlaubnisse und - standorte sowie der in Spielhallen aufgestellten Geldgewinnspielgeräte in den einzelnen Bezirken jeweils zum Jahresende sind den nachfolgenden Übersichten zu entnehmen . Die Angaben basieren auf Rückmeldungen der bezirklichen Ordnungsämter. Bezirk Anzahl der Spielhallen- Erlaubnisse § 33i GewO / § 2 SpielhG Bln (ab 02.06.2011) Anzahl der Spielhallenstandorte § 33i GewO / § 2 SpielhG Bln (ab 02.06.2011) Anzahl der Geldspielgeräte in diesen Spielhallen 2016 2015 2016 2015 2016 2015 Mitte 127 138 90 99 995 1069 Friedrichshain-Kreuzberg 51 59 41 49 402 455 Pankow 26 28 20 21 208 273 Charlottenburg-Wilmersdorf 61 64 41 44 483 495 Spandau 39 47 28 31 312 341 Steglitz-Zehlendorf 9 9 8 8 72 72 Tempelhof-Schöneberg 45 46 22 25 360 368 Neukölln 49 51 37 37 337 342 Treptow-Köpenick 15 15 12 12 120 115 Marzahn-Hellersdorf 35 37 26 27 272 280 Lichtenberg 10 10 8 8 80 80 Reinickendorf 30 31 15 15 230 230 Berlin insgesamt 479 535 348 376 3.871 4.120 Erlaubnisse nach § 33i GewO haben zum 31.07.2016 ihre Wirksamkeit verloren (§ 8 Absatz 1 SpielhG Bln). Sie gelten nach dem Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin (MindAbtUmsG Bln) noch fort, wenn im Sonderverfahren zur Umsetzung der gesetzlichen Mindestabstände fristgerecht und vollständig ein Antrag für eine neue Spielhallenerlaubnis gestellt wurde. Fortgeltende Bestandserlaubnisse wurden zum Stichtag 31.12.2016 mit einbezogen. Die form- und fristgerecht gestellten Anträge auf neue Spielhallenerlaubnisse werden von den Bezirken derzeit geprüft. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 415 2 Zur Anzahl der Geldgewinnspielgeräte an sogenannten „sonstigen Aufstellorten“ (Gaststätten und sonstige Aufstellorte nach der Spielverordnung - außer Spielhallen ) liegen der für Finanzen zuständigen Senatsverwaltung aus der Anmeldung der Vergnügungssteuer folgende Daten vor: Am 31.12.2015 waren nach der endgültigen statistischen Auswertung des Gerätebestands (personelle Auswertung der vorliegenden Steueranmeldungen sowie Hochrechnung im Wege der Schätzung für nicht vorliegende Vergnügungssteueranmeldungen) an „sonstigen Aufstellorten“ 6.611 Geldspielgeräte aufgestellt. Da die Auswertungen per 31.12. eines Kalenderjahres jeweils bis zum Ende des 1. Quartals des Folgejahres erfolgen, liegen zurzeit keine belastbaren Zahlen für den Gerätebestand an sonstigen Aufstellorten am 31.12.2016 vor. 2) Wie viele Wettbüros gab es in Berlin insgesamt und in den einzelnen Bezirken jeweils am Jahresende 2015 und 2016? Welche Veränderungen erwartet der Senat durch die vorgesehene Novellierung des Glücksspielstaatsvertrags ? Zu 2.: Hinsichtlich der Anzahl der „Wettbüros“ verweist der Senat auf die Beantwortung der Schriftlichen Anfragen 18/10079 vom 22. November 2016 und 18/10162 vom 06. Dezember 2016; weitergehende Erkenntnisse zu dieser Thematik liegen dem Senat aktuell nicht vor. Durch die beabsichtigte Novellierung des Glücksspielstaatsvertrages (vgl. etwa Vorlage zur Kenntnisnahme in Drucksache 18/0122) würden ab dem 01. Januar 2018 erstmals seit Inkrafttreten der aktuellen Fassung des Glücksspielstaatsvertrages gesetzliche Berechtigungen zur Veranstaltung von Sportwetten existieren und wäre zudem ein quantitativ unbeschränktes - daher im Grundsatz weniger angreifbares - Erlaubnisverfahren für die weitere Erteilung solcher Berechtigungen eröffnet. In der Konsequenz der Existenz legaler Sportwettveranstalter und des Vorliegens legaler Sportwettangebote wäre dann auch zeitnah vom Anlaufen des Erlaubnisverfahrens für die Sportwettvermittlung gemäß § 9 des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Juli 2012 (GVBl. S. 238), zuletzt geändert durch Gesetz vom 07. Juli 2016 (GVBl. S. 450) auszugehen, in welchem jedem legalen Sportwettveranstalter nach bestimmten, im Zusammenhang mit der Ratifizierung des Änderungsstaatsvertrages noch konkret auszuformenden Maßstäben in Berlin eine gewisse Zahl an Wettvermittlungsstellen („Wettbüros“) erlaubt werden könnte. Parallel zu diesem Verfahren der Legalisierung einer bestimmten Anzahl von Wettvermittlungsstellen würde sich dann nach Ansicht des Senats auch die Möglichkeit eröffnen, Wettvermittlungsstellen, für die keine Erlaubnis von einem legalen Veranstalter beantragt wird oder die nach den künftigen Maßstäben materiell nicht erlaubnisfähig sind, im Betrieb zu untersagen und letztlich zu schließen. Im Ergebnis geht der Senat somit davon aus, dass die beabsichtigte Novellierung des Glücksspielstaatsvertrages die aktuell bestehende Blockade auch bei der Regulierung der Sportwettvermittlung auflösen und mittelfristig im Rahmen eines tatsächlichen Vollzuges dann hinsichtlich der bestehenden Wettvermittlungsstellen - unter deutlicher Reduzierung der Gesamtanzahl - entweder eine Legalisierung oder aber eine Schließung ermöglichen könnte. 3) Wie hoch war in den Jahren 2015 und 2016 das Aufkommen aus der Vergnügungssteuer durch die Benutzung der Geld-Gewinnspielgeräte (bitte nach Aufstellorten unterteilen den Daten der Steuerverwaltung entsprechend )? Zu 3.: Die Entwicklung der Steuereinnahmen (Aufkommen aus der Vergnügungssteuer) stellt sich wie folgt dar: 2015: 41.209.477 Euro 2016: 43.412.242 Euro Das Aufkommen aus der Vergnügungssteuer kann nicht nach Aufstellorten oder Art der Geräte unterteilt werden, da die Steuereinnahmen ausschließlich zur Steuerart „Vergnügungssteuer“ aufgezeichnet und unter der entsprechenden Buchungsstelle (Haushaltstitel) in den Kassenabschlüssen nachgewiesen werden. 4) Welche Einnahmen erwartet der Senat aus der Vergnügungssteuer in den Jahren 2017, 2018 und 2019, wenn die Übergangsfristen des Berliner Spielhallengesetzes vollständig abgelaufen sein werden? Zu 4.: Im Haushaltsplan 2016/ 2017 ist die Einnahmeerwartung für die Vergnügungssteuer auf 40 Mio. Euro festgelegt worden. Nach der Steuerschätzung vom November 2016 wurde der Erwartungswert auf 43 Mio. Euro pro Jahr erhöht. Dieser Wert ist auch in den Entwurf für den Nachtragshaushalt 2017 eingeflossen. Einnahme mindernde Effekte aus der Umsetzung des Spielhallengesetzes sind hierbei noch nicht berücksichtigt worden, da das Verfahren der Neuerteilung von Spielhallenerlaubnissen noch nicht abgeschlossen ist und somit keine Erkenntnisse über die künftige Anzahl an Spielhallen und Geldgewinnspielgeräten in Spielhallen vorliegen. Eine Einschätzung im Hinblick auf Einnahmen aus der Vergnügungssteuer in den Jahren 2018 und 2019 kann aus dem gleichen Grunde nicht getroffen werden. Dies hängt davon ab, wie viele Geldspielgeräte es nach Abschluss des Sonderverfahrens im Land Berlin geben wird. 5) Wie viele Menschen sind in Berlin aktuell krankhaft spielsüchtig oder zeigen ein problematisches Spielverhalten ? Welche neueren Entwicklungen wurden diesbezüglich seit Anfang des vergangenen Jahres beobachtet ? Zu 5.: Die Anzahl der Menschen in Berlin mit problematischem bzw. pathologischem Glücksspielverhalten ist dem Senat nicht bekannt. Bei der letzten bundesweiten Repräsentativerhebung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA-Erhebung 2015, Bericht von Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 415 3 2016) wurde festgestellt, dass – bezogen auf die 16- bis 70-jährige Bevölkerung in Deutschland – schätzungsweise 308.000 bis 676.000 Personen ein problematisches bzw. pathologisches Glücksspielverhalten aufweisen. 6) Welche Maßnahmen ergreift der Senat im laufenden Haushaltsjahr zur Bekämpfung von Glücksspielsucht, insbesondere in Bezug auf Prävention, Hilfsangebote und wissenschaftliche Begleitforschung sowie speziell zugunsten von Kindern und Jugendlichen? Zu 6.: Im Haushaltsjahr 2017 werden die laufenden senatsgeförderten Maßnahmen gegen Glücksspielsucht weitergeführt. Finanziert wird das Präventionsprojekt Glücksspiel der pad gGmbH, welches die gesamtstädtische Aufgabe der glücksspielbezogenen Prävention in Berlin wahrnimmt. Die Maßnahmen des Projekts richten sich u.a. gezielt an junge Menschen (Kampagnen, Materialien , Website-Bereich für Jugendliche, WhatsApp- Beratung für Jugendliche und junge Erwachsene zur Thematik Glücksspielsucht), auch unter Nutzung digitaler Medien (Youtube, Facebook, Twitter). In 2017 wird unter anderem die Präventionsarbeit in Sportvereinen verstärkt, um weitere Zugangswege zu dieser Zielgruppe zu ebnen. Informationen zu den Projektaktivitäten finden sich fortlaufend unter www.faules-spiel.de. Ergänzend werden für den schulischen Bereich das Projekt GameR Over der Fachstelle für Suchtprävention (www.berlin-suchtpraevention.de) sowie der Mitmachparcours „Einsatz@Leben.Komm!“ des KARUNA e.V. (www.karuna-prevents.de) gefördert. Weitere Mittel fließen in das Beratungsangebot Café Beispiellos für glücksspielsüchtige Menschen und deren Angehörige (www.cafe-beispiellos.de) in Trägerschaft des Caritasverbandes für das Erzbistum Berlin. Im Auftrag der für Gesundheit zuständigen Senatsverwaltung wurde durch die AG Spielsucht der Charité – Universitätsmedizin Berlin in 2016 eine Online-Plattform speziell für Menschen mit Glücksspielsucht bzw. exzessiver Internetnutzung entwickelt , die weitergeführt wird. Unter www.spielsucht-hilfeberlin .de sind etwa 140 Berliner Anlaufstellen in einer Datenbank erfasst. Dort können passgenaue Hilfeangebote nach bestimmten Kriterien gefiltert und ermittelt werden , unter anderem nach Bezirken. Für Betroffene und Angehörige wird die frühzeitige Suche nach geeigneten Beratungs- und Behandlungsangeboten in Berlin dadurch vereinfacht. Die Hilfedatenbank erleichtert darüber hinaus die Arbeit von Fachkräften und die Vernetzung der Angebote . Berlin, den 28. Februar 2017 In Vertretung Christian R i c k e r t s ....................................................... Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Mrz. 2017)