Drucksache 18 / 10 453 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tino Schopf (SPD) vom 15. Februar 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Februar 2017) und Antwort Schülerlotsen in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wer entscheidet, ob und wie viele Schülerlotsen an einer Berliner Schule zum Einsatz kommen und nach welchen Kriterien wird über die Frage des Einsatzes entschieden ? Zu 1.: Die Entscheidung über die Einrichtung eines Schulwegdienstes trifft die Schulkonferenz einer Schule nach Anhörung der örtlich zuständigen Verkehrssicherheitsberaterin oder des örtlich zuständigen Verkehrssicherheitsberaters der Polizei. An jeder Einsatzstelle sollen mindestens zwei Schülerlotsinnen oder Schülerlotsen eingesetzt werden. Damit ein abwechselnder Dienst möglich ist, sollten für jede Einsatzstelle mehrere Teams zur Verfügung stehen. 2. Wie viele Schülerlotsen sind in Berlin an den jeweiligen Schulen im Einsatz (Auflistung nach Schulen in den Bezirken und Anzahl der Schülerlotsen)? Zu 2.: Die Anzahl der Schülerlotsinnen und Schülerlotsen wird nicht zentral erfasst. 3. Wie viele Schülerlotsen wurden bisher in Berlin ausgebildet (Übersicht nach Bezirken für die Jahre 2014- 2016) und welche Kosten fallen hierfür für das Land Berlin an? Zu 3.: Zur Anzahl der ausgebildeten Schülerlotsen sind valide Angaben nicht möglich. Die Verkehrshelferausbildungsveranstaltungen pro Kalenderjahr und die dabei entstandenen Dienstkräftestunden werden in der folgenden Übersicht aufgeführt. Eine Unterteilung auf Bezirksebene ist allerdings nicht darstellbar. In der Kosten-Leistungs-Rechnung ist die „Schulwegsicherung “ durch mehrere Einzelleistungen als produktorientierte Bezugsgröße für das Fiskalprodukt enthalten. Die darin einfließenden unterschiedlichen Leistungen sind allerdings nicht einzeln auswertbar; die für die Ausbildung der Schülerlotsen für das Land Berlin anfallenden Kosten können aus diesem Grund durch die Polizei Berlin nicht dargestellt werden. Jahr Gesamtanzahl der Veranstaltungen zur Ausbildung von Verkehrshelfern im Schulwegdienst in Berlin Dabei entstandene Dienstkräftestunden durch Verkehrssicherheitsberaterinnen und Verkehrssicherheitsberater (VkSB) (auf volle Zeitstunden gerundet) 2014 342 1.472 2015 353 1.439 2016 336 1.645 Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 453 2 4. Seit wann gibt es das Projekt der Schülerlotsen in Berlin und was war der Anlass für die Projektinitiierung? Zu 4.: Der Schülerlotsendienst wurde sowohl in der Bundesrepublik Deutschland als auch in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) im Jahr 1953 eingeführt ; Mitte der 50er Jahre auch im Westteil Berlins. Die Einführung im Westteil Deutschlands geht auf Vorbilder in den USA zurück und war eine Initiative mehrerer Partner , darunter auch der Deutschen Verkehrswacht. 5. Wie erfolgt konkret die Auswahl der Schülerlotsen? Anhand welcher definierten Kriterien findet diese statt und wer legt die Auswahlkriterien fest? Zu 5.: Die für den Schülerlotsendienst zuständige Lehrkraft wählt im Einvernehmen mit den Klassenlehrerinnen und Klassenlehrern geeignete Schülerinnen und Schüler aus, die sich bei ihrem Einsatz mindestens im 2. Halbjahr der 5. Klasse befinden sollen. 6. Wie findet die Ausbildung der Lotsen statt (Anzahl der Unterrichtsstunden, zeitlicher Rahmen, durchführende Personen, Ort)? Zu 6.: Die theoretische und praktische Ausbildung der Verkehrshelferinnen und Verkehrshelfer obliegt den jeweiligen Verkehrssicherheitsberaterinnen und Verkehrssicherheitsberatern des für die Grundschulen mit Schülerlotsendienst örtlich zuständigen Polizeiabschnitts. Für die Ausbildung wird mindestens eine Woche veranschlagt. Die theoretische Ausbildung findet nach dem Schulunterricht in den Räumlichkeiten der Schule statt. Die praktische Ausbildung erfolgt zu den üblichen Lotsendienstzeiten grundsätzlich am Einsatzort der Schülerlotsen. In Abhängigkeit der Anzahl der auszubildenden Schülerlotsinnen und Schülerlotsen, dem Lerneifer, der Eignung und der Zuverlässigkeit der angehenden Verkehrshelferinnen und Verkehrshelfer wird die Ausbildungsdauer den Bedarfen angepasst. 7. Welche Lerninhalte sind Bestandteil der Ausbildung ? Zu 7.: Die Aufgabe der Schülerlotsen besteht darin, jüngeren, im Straßenverkehr noch unerfahrenen Schülerinnen und Schülern, das sichere Überqueren der Straße zu ermöglichen und deren Schulweg zu sichern. Für diese Tätigkeit sind Regelkenntnisse und fundiertes Anwendungswissen wichtig. Im Rahmen der theoretischen Unterrichtseinheiten werden neben der Erläuterung der Aufgaben der Schülerlotsen die im Verkehrssystem in gegenseitiger Wechselwirkung stehenden Faktoren aus Verkehrsteilnehmern, Verkehrsmitteln, Verkehrsregeln und Verkehrswegen inhaltlich erklärt. Weitere Unterrichtseinheiten beinhalten u.a. die Regelkenntnisse und Verkehrszeichen. In der praktischen Ausbildung sind für das Abschätzen der Geschwindigkeit sich annähernder Fahrzeuge, die Länge des Anhalteweges und das Wissen darüber, welche Faktoren den Bremsweg beeinflussen, unabdingbar. Dieses Anwendungswissen wird durch eine Ortsbegehung, praxisnahe Erläuterungen mit Übungen und Demonstrationen sowie Beobachtung von „Altschülerlotsen“ durch die Verkehrssicherheitsberaterinnen und Verkehrssicherheitsberater vermittelt. Zum Lerninhalt zählt ebenso die Einweisung in ihren Aufgabenbereich: Schülerlotsinnen und Schülerlotsen dürfen nicht regulierend in den fließenden Verkehr eingreifen , sondern sollen ausreichend große Lücken im Verkehrsfluss abwarten. Dies fehlerfrei umzusetzen ist Teil des Praxisunterrichts. 8. Wie wird gewährleistet, dass das erworbene Wissen (Fähigkeiten und Fertigkeiten) in der Praxis korrekt angewendet wird? Durch wen und über welchen Zeitraum hinweg, erfolgt die anschließende Begleitung in der Praxis ? Zu 8.: Die Ausbildung zum Schülerlotsen wird durch Ablegen einer Prüfung abgeschlossen. Träger der Schulwegdienste sind die Schulen. Beim Einsatz von Verkehrshelferinnen und Verkehrshelfern zur Schulwegsicherung handelt es sich originär um eine schulische Aufgabe. An der Schule tätige, gewöhnlich für die Mobilitäts- und Verkehrserziehung zuständige Pädagoginnen und Pädagogen begleiten daher die Schülerlotsinnen und Schülerlotsen bei ihrer ehrenamtlichen Aufgabenwahrnehmung über das gesamte Schuljahr. Die Verkehrssicherheitsberaterinnen und Verkehrssicherheitsberater der Polizei Berlin unterstützen hinweisgebend die Schülerinnen und Schüler mindestens in der ersten Woche nach der Ausbildung täglich bei ihrer Lotsentätigkeit. Die Konzentration auf weitere relevante Aufgabenfelder der Verkehrssicherheitsarbeit ermöglicht im Anschluss jener Einführungswoche meist nur eine sporadische Betreuung der Schülerlotsinnen und Schülerlotsen durch Verkehrssicherheitsberaterinnen und Verkehrssicherheitsberater oder Dienstkräfte im Kontaktbereichsdienst der Polizei Berlin im Rahmen der polizeilichen Schulwegsicherung. 9. In welchem Turnus erfolgen Weiterbildungen /Schulungen der Schülerlotsen? Wer führt diese in welchem Zeitraum durch? Zu 9.: Nach ihrer Ausbildung versehen die Schülerlotsinnen und Schülerlotsen maximal für eineinhalb Jahre ihren ehrenamtlichen Dienst. Über ihre Betreuung durch die Verkehrssicherheitsberaterinnen und Verkehrssicherheitsberater der Polizei und die zuständigen Lehrkräfte an den Einsatzstellen hinaus, sind keine zusätzlichen Schulungen vorgesehen. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 453 3 10. Wer betreut die Schülerlotsen an den Berliner Schulen? Wer stellt die fachliche Eignung der betreuenden Person fest und wie erfolgt deren Aus- und Weiterbildung ? Zu 10.: Die Betreuung der Schülerlotsinnen und Schülerlotsen erfolgt durch die dafür beauftragten Lehrkräfte der Schulen. Ihre fachliche Eignung ergibt sich aus ihrer beruflichen Qualifikation. Ein fachlicher Austausch der betreuenden Personen erfolgt in den Regionalkonferenzen für Mobilitäts- und Verkehrserziehung innerhalb der Fortbildungsverbünde der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie. 11. Inwieweit findet eine Zusammenarbeit der Schulen und der 12 Berliner Verkehrsschulen im Rahmen der Ausund Weiterbildung der Lotsen statt? Zu 11.: Die theoretische Ausbildung der Schülerlotsinnen und Schülerlotsen erfolgt durch die Verkehrssicherheitsberaterinnen und Verkehrssicherheitsberater der Polizei an den jeweiligen Grundschulen. Die praktische Unterweisung erfolgt direkt an den Einsatzstellen. Die Nutzung des Lernorts Jugendverkehrsschule ist hier nicht erforderlich. 12. Wer trägt im Fall von Sach- oder Personenschäden , verursacht durch Unachtsamkeit des Schülerlotsen, die Kosten? Welche Kosten sind dem Land Berlin hierdurch im Zeitraum von 2014-2016 entstanden (Kostenaufschlüsselung nach Sach- und Personenschaden)? Zu 12.: Die Schülerlotsinnen und Schülerlotsen sind als ehrenamtlich Tätige durch die gesetzliche Unfallversicherung bei der Unfallkasse Berlin versichert. Haftpflichtschäden , die durch Schülerlotsinnen und Schülerlotsen öffentlicher Schulen verursacht würden, sind entsprechend in den für öffentliche Schulen geltenden Regelungen abgesichert. Für Schülerlotsinnen und Schülerlotsen privater Schulen wird durch das Land Berlin eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen. Über etwaige Kosten liegen keine Informationen vor. 13. Wie groß ist der Ausbildungsbedarf an Schülerlotsen für das Jahr 2017 (Ausschlüsselung nach Bezirken)? Zu 13.: Der Ausbildungsbedarf wird nicht zentral erfasst . 14. Wie und in welcher Regelmäßigkeit erfährt die Arbeit der Schülerlotsen bisher vom Land Berlin eine Wertschätzung und welche Überlegungen gibt es darüber hinaus, die Arbeit der Schülerlotsen angemessen zu würdigen ? Zu 14.: Über die Würdigung der Schülerlotsinnen und Schülerlotsen an der jeweiligen Schule hinaus erfolgt in einigen Bezirken eine vorbildliche Wertschätzung bei Veranstaltungen mit unterschiedlichen Zielsetzungen. Dazu zählen Theater- und Kinobesuche, Bowlingbahnund Kletterhallenbesuche, aber auch Mitmachangebote in einer Jugendverkehrsschule innerhalb eines Schülerlotsentages . Innerhalb dieser Veranstaltungen findet eine Würdigung der ehrenamtlichen Tätigkeit durch Stadträtinnen und Stadträte statt. Dafür können über die Verkehrswacht Anerkennungsurkunden und Broschen bezogen werden. Seit 2015 lädt die Landesverkehrswacht Berlin in Kooperation mit ihrem Sponsor zu einem Freifahrt -Nachmittag auf die Neuköllner Maientage ein. Zur Vorbereitung des Bundeswettbewerbs der Schülerlotsinnen und Schülerlotsen findet jährlich der Berliner Landeswettbewerb durch die Landesverkehrswacht Berlin und unter Beteiligung der Polizei und der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie statt. Berlin, den 01. März 2017 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Mrz. 2017)