Drucksache 18 / 10 488 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Niklas Schrader (LINKE) vom 16. Februar 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Februar 2017) und Antwort Beobachtung von Bürger*innen und Funktionsträger*innen der DDR durch den Verfassungsschutz Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele personenbezogene Vorgänge gegen Bürgerinnen und Bürger der DDR bzw. der sowjetischen Besatzungszone gab es vonseiten des Berliner Verfassungsschutzes im Zeitraum von 1951 bis zum 3. Oktober 1990 insgesamt und welche nachrichtendienstlichen Mittel wurden dabei eingesetzt (vgl. hierzu sowie zu den folgenden Fragen die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke im Bundestag auf Drs. 18/3773)? Zu 1.: Statistische Daten zu dem angefragten Zeitraum sind nicht vorhanden. Es liegen auch keine Informationen zum weitergehenden Teil der Frage vor. Inwieweit im Landesarchiv Dokumente vorliegen, siehe Antwort zu Frage 5. 2. Nach welchen Kriterien (Voraussetzungen, Gründe und Ziele) wurde eine Beobachtung und Informationserhebung gegenüber Funktionsträger*innen und Bürger *innen der DDR durch den Berliner Verfassungsschutz veranlasst und zu welchen Veränderungen kam es hier im Zeitraum von 1951 bis zum 3. Oktober 1990? Zu 2.: Die Kriterien einer Beobachtung und Informationserhebung durch den Berliner Verfassungsschutz ergaben und ergeben sich aus der jeweils gültigen gesetzlichen Grundlage. Weiterhin wird auf die bis 1990 geltenden alliierten Vorbehaltsrechte hingewiesen. Im Übrigen siehe Antwort zu Frage 1. 3. Wurde Hans Modrow vom Berliner Verfassungsschutz beobachtet bzw. wurden Informationen über ihn erhoben und wenn ja, über welchen Zeitraum und aus welchem Anlass? 4. Wurden nachrichtendienstliche Mittel zur Beobachtung und Informationserhebung der Person Hans Modrow eingesetzt und wenn ja, um welche Mittel handelte es sich und wer hat diese Maßnahmen jeweils angeordnet , veranlasst oder genehmigt? Zu 3. und 4.: Dem Senat liegen keine Erkenntnisse über eine Beobachtung von Hans Modrow durch den Berliner Verfassungsschutz vor. 5. Welche Aktenbestände mit Informationen zur Beobachtung von Funktionsträger*innen und sonstigen Bürger *innen der DDR durch den Berliner Verfassungsschutz existieren in den entsprechenden Behörden oder Archiven und welchen Umfang haben diese Dokumente (bitte nach Aufbewahrungsort und Umfang in laufenden Metern aufschlüsseln)? Zu 5.: Im Landesarchiv Berlin befindet sich im Magazin M 002 der Bestand B Rep. 072 mit Unterlagen des ehemaligen Landesamtes für Verfassungsschutz. Dieser Bestand lagert in insgesamt acht Regalachsen und umfasst 257,6 laufende Meter. Diese Unterlagen sind sämtlich noch als ‚VS-Nfd‘ oder ‚Geheim‘ eingestuft. Der Bestand B Rep. 072 enthält zudem speziell erarbeitete Telefonbücher zu Ost Berlin, die von den Telefonnummern jeweils zu den Anschlussinhabern führen (‚Telefonbücher rückwärts‘). Sie sind aus den Jahren 1958, 1963, 1965, 1967, 1969, 1972 und 1977. Diese speziellen Telefonbücher umfassen 33 Kisten à 0,15 laufende Meter, also 4,95 laufende Meter. Es muss davon ausgegangen werden, dass sich in den oben genannten Unterlagen personenbezogene Daten von Bürgerinnen und Bürger der DDR bzw. der sowjetischen Besatzungszone befinden. Darauf deuten einzelne Sammeltitel von Sachvorgängen hin (zum Beispiel „Deutsche prosowjetische Partei“, „17. Juni“, „Republikflucht, Rückkehrer, Übersiedler“). Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 488 2 In den 1960er Jahren wurden vom Berliner Verfassungsschutz Personenvorgänge auf Mikrofiche verfilmt und nachfolgend an das Landesarchiv Berlin abgegeben. Die Personenvorgänge geben Name und Geburtsdatum an, nicht aber die jeweilige Staatsangehörigkeit. Daher ließe sich nur durch eine blattweise Einsicht in die Mikrofiches feststellen, ob Bürgerinnen und Bürger der DDR bzw. der sowjetischen Besatzungszone betroffen sind. Im Übrigen ist dem Senat nicht bekannt, ob sich entsprechende Unterlagen in Archiven außerhalb der Zuständigkeit des Landes Berlin, z.B. der Stasiunterlagenbehörde , befinden. 6. Wann ist nach Kenntnis des Senats jeweils wo und unter welchen Voraussetzungen Akteneinsicht möglich? Zu 6.: Die Benutzung des Archivguts des Landesarchivs regelt sich nach § 9 Archivgesetz des Landes Berlin (ArchGB), wonach jede Person auf Antrag das Recht hat, Archivgut entsprechend der Maßgaben des Gesetzes und der aufgrund des Gesetzes erlassenen Verwaltungsvorschriften zu benutzen. Berlin, den 28. Februar 2017 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Mrz. 2017)