Drucksache 18 / 10 498 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Harald Gindra (LINKE) vom 20. Februar 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Februar 2017) und Antwort Durch Finanzämter erwirkte Mieterhöhungsverlangen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Gilt für die Berliner Finanzämter das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen aus dem Jahr 2004 (Randnummer 12 ff), wonach vermietenden Steuerzahlern unterstellt wird, bei einer Miete unterhalb der aktuellen ortsüblichen Vergleichsmiete fehle die Gewinnerzielungsabsicht bzw. das zu versteuernde Einkommen falle niedriger als erzielbar aus, womit auch die Steuereinnahmen für den Fiskus niedriger ausfallen könnten? Zu 1.: Bei dem Schreiben vom 08.10.2004 (Bundessteuerblatt I S. 933) handelt es sich um eine vom Bundesfinanzministerium (BMF) herausgegebene Verwaltungsanweisung , die für alle Finanzämter bundesweit bindend ist. Die Rdnr. 12 des BMF-Schreibens vom 08.10.2004 (a. a. O.) ist aufgrund einer Gesetzesänderung im § 21 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) seit dem Veranlagungszeitraum 2012 überholt und wird seitdem nicht mehr angewandt. 2. Trifft es zu, dass die Berliner Finanzämter vom Vermieter eine Prognose über die Gesamtlebensdauer von Ein- und Zweifamilienhäusern verlangen, weil im Gegensatz zu steuerlich absetzbaren Aufwendungen bei Mehrfamilienhäusern beim Bau und beim Unterhalt von Einund Zweifamilienhäusern verhindert werden soll, dass Eigentümer – respektive Vermieter – durch Geltendmachung von Werbungskosten diese Kosten nicht wieder einspielen? Zu 2.: Nein. 3. Legen die Berliner Finanzämter damit Vermietern auf, Mindestmieten nach aktuellem Berliner Mietspiegel zu nehmen und nicht allzu viel Zeit für Mieterhöhungen ins Land streichen zu lassen; wenn ja, welche Gründe führt der Senat hierfür an und hält der Senat das Vorgehen der Berliner Finanzämter für gerechtfertigt angesichts der politischen Zielstellung sozialverträglicher Mieten? 4. Trifft die oben beschriebene unterstellte Herangehensweise der Berliner Finanzämter auf Vermieter zu, die an eigene Familienangehörige in Ein- und Zweifamilienhäusern oder Einliegerwohnungen vermieten, die nicht dem Berliner Mietspiegel unterliegen? 5. Sind in diesen Fällen Mieten nach dem jeweils aktuellen Berliner Mietspiegel zu erheben, obwohl der Berliner Mietspiegel für diese Wohnungen keine Aussagen trifft? Zu 3. bis 5.: Nein. Die Berliner Finanzämter verpflichten die Vermieterinnen und Vermieter nicht, Mindestmieten nach aktuellem Berliner Mietspiegel zu vereinbaren. 6. Wie beurteilt der Senat ein Urteil des BGH (BGH VIII ZR 58/08), wonach die Anwendbarkeit des Mietspiegels auf Einfamilienhäuser bejaht wird, was im Widerspruch zur Grundkonzeption des Berliner Mietspiegels steht? Zu 6.: Der Berliner Mietspiegel wird von den Berliner Finanzämtern als Vergleichsbasis zur Ermittlung der ortsüblichen Marktmiete im Rahmen der Prüfung der sogenannten verbilligten Überlassung nach § 21 Abs. 2 EStG herangezogen. Der Mietspiegel gibt Richtwerte für das Mietniveau von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern an. Er ist nicht speziell auf Einfamilienhäuser zugeschnitten . Nach der Rechtsprechung kann der Vergleichswert des Mietspiegels gleichwohl einen Anhaltspunkt für den Mietpreis eines vergleichbaren Einfamilienhauses geben, wenn das vermietete Haus im Hinblick auf Größe und Ausstattung im Vergleich zu einer Mietwohnung keine Besonderheiten aufweist (vgl. zuletzt Finanzgericht Berlin -Brandenburg vom 18.02.2016 – 5 K 4220/12; EFG S. 1858-1861). Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 498 2 7. Machen sich die Berliner Finanzämter die Argumentation des BGH zunutze, wonach im Urteil ausgeführt wird, dass Mieten in Ein- und Zweifamilienhäusern ohnehin in der Regel höher seien als für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern, weshalb der Mietspiegel schon deswegen angesetzt werden könne, weil die dort ausgewiesenen Beträge für Einfamilienhäuser eher zu niedrig seien? Zu 7.: Die Argumentation des Bundesgerichtshofes gibt eine empirische Erfahrung wieder. 8. Was gedenkt der Senat zu unternehmen, um die beschriebene Praxis zu beenden und müsste er hierfür auf Bundesebene politisch aktiv werden? Zu 8.: Der Senat sieht insoweit keinen Handlungsbedarf . Berlin, den 27. Februar 2017 In Vertretung Dr. Margaretha Sudhof Senatsverwaltung für Finanzen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Mrz. 2017)