Drucksache 18 / 10 556 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Stephan Schmidt (CDU) vom 28. Februar 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. März 2017) und Antwort Finanzierung der Hilfen zur Erziehung Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie hoch waren die Ausgaben des Landes Berlin für die Hilfen zur Erziehung jeweils in den Jahren 2011- 2016; insgesamt und gegliedert nach Bezirken? Zu 1.: Die Ausgaben des Landes Berlin für die Hilfen zur Erziehung (inklusive Eingliederungshilfe nach SGB VIII und Inobhutnahme) in den Jahren 2011 bis 2016 können der nachfolgenden Übersicht entnommen werden. Bezirk Jahre in T€ 2011 2012 2013 2014 2015 2016 31 Mitte 42.238 45.448 44.898 46.479 51.634 57.940 32 Friedrichsh.-Kreuzb. 29.637 28.945 30.466 29.881 29.743 33.725 33 Pankow 41.136 40.682 42.935 45.822 46.613 48.362 34 Charlottenb.-Wilmersd. 22.638 22.393 22.868 22.624 23.662 25.562 35 Spandau 35.929 34.990 37.777 40.304 40.969 44.022 36 Steglitz-Zehlendorf 20.495 20.482 20.879 20.941 23.721 25.606 37 Tempelhof-Schöneberg 35.337 34.997 36.035 38.987 38.618 41.268 38 Neukölln 47.001 48.192 46.870 49.373 50.727 53.885 39 Treptow-Köpenick 27.687 26.797 26.858 28.825 31.444 33.631 40 Marzahn-Hellersdorf 44.249 48.658 55.651 62.782 67.916 74.807 41 Lichtenberg 35.231 37.219 41.587 40.364 43.859 47.285 42 Reinickendorf 32.302 32.661 34.298 37.895 41.194 38.875 Summe 413.881 421.464 441.122 464.275 490.097 524.969 2. Werden die über den Ansätzen der Bezirkshaushalte liegenden Ausgaben für das Jahr 2016 den Bezirken vollständig abgefedert? 3. Nach welchen Kriterien wird dabei im Einzelnen verfahren, d.h. wie werden konkret steuerbare von nicht steuerbaren Ausgaben bei den einzelnen Produkten der HzE unterschieden? 4. Welche Überlegungen hat der Senat entwickelt, um bei einem vom Senat als grundsätzlich steuerbar eingestuften Kostenelement die auf der fachlichen Ebene zwingenden Entscheidungsparameter zu berücksichtigen? 5. Welchem Bezirk wird wie viel und in welchem Produkt von den Ausgaben in der HzE im Haushaltsjahr 2016 abgefedert? Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 556 2 Zu 2 bis 5: Bei der Basiskorrektur der Globalsummenzuweisung werden im Bereich der HzE-Ausgaben grundsätzlich sowohl Fallkosten, als auch Fallzahlentwicklungen berücksichtigt. Bezüglich der Fallkosten werden die Zuweisungspreise um die zentral vom Land verhandelten Entgeltsteigerungen fortgeschrieben, die in den bisherigen Preisen noch nicht enthalten sind. Mit dieser Vorgehensweise wird sichergestellt, dass die Erfolge der dezentralen Fallkostensteuerung in vollem Umfang bei den Bezirken verbleiben. Die HzE-Zuweisungsmengen sind 2016 nach einem modifizierten Verfahren ermittelt worden, das gemeinsam mit den Bezirken entwickelt und am 10. Juni 2015 vom Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses zur Kenntnis genommen worden ist (RN 17/1852 A). Die zuvor rein Istmengen-basierte Zuweisung wird dabei aus Anreizgründen durch eine „Modell-Menge“ ergänzt, die auf den gewichteten Einwohnerzahlen (0 bis unter 21 Jahre; Gewichtung mit dem „HzE-Belastungsfaktor“) eines Bezirks beruht. Auf diesem Wege sollen erfolgreiche Steuerungsmaßnahmen , die zu Fallzahlabsenkungen führen können, unterstützt werden, ohne dabei die sich aus dem individuellen Rechtsanspruch auf Hilfe ergebenden Leistungsverpflichtungen zu gefährden. Mit der o.g. Vorlage RN 17/1852 A wurden auch die Details der ab 2016 vorzunehmenden fallzahlbezogenen Basiskorrektur-Berechnung geregelt. Auf die entsprechenden Ausführungen in der Vorlage wird verwiesen. Hinzu tritt eine ergänzende Basiskorrektur für Fallzahländerungen bei den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (umF). Konkrete Zahlen zum Ergebnis der HzE- Basiskorrektur 2016 liegen zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vor. Nach Abschluss der Berechnungen und Kenntnisnahme durch den Senat wird der Hauptausschuss unaufgefordert über die Basiskorrekturinhalte und die Jahresabschlussergebnisse der Bezirke informiert. 6. Welche Vorsorge trifft der Senat für zukünftige Kostensteigerungen? Zu 6.: Die für bezirkliche HzE-Ausgaben bereitgestellten Mittel, zu denen auch die o.g. Kostensteigerungen gehören, fließen in den Bezirksplafond für den Doppelhaushalt 2018/2019 ein. Über die geplante Höhe und Zusammensetzung des Bezirksplafonds wird der Hauptausschuss vorab, d.h. noch im Frühjahr 2017, unaufgefordert informiert. Die eigentliche Festlegung erfolgt dann mit dem Senatsbeschluss über den Haushaltsplan 2018/19. 7. Wie will der Senat steigenden Fallzahlen in den HzE entgegenwirken? Welche Ausgaben sind dafür in welchen Bereichen geplant? Zu 7.: Bedingt durch den weiteren Bevölkerungszuwachs ist von einer weiteren Steigerung der Fallzahlen und Ausgaben in den individuellen Hilfen auszugehen. In der für die Hilfen relevanten Altersgruppe der 0 bis 21– Jährigen kann sich zudem ein Anstieg der Kinder und Jugendlichen mit Entwicklungsauffälligkeiten und seelischen Problemen auf die Entwicklung der Fallzahlen auswirken. Diese Entwicklung wird im Rahmen des gesamtstädtischen Fach- und Finanzcontrolling weiterhin evaluiert, hinsichtlich der erforderlichen Änderungs- und Anpassungserfordernisse zur bedarfsgerechten Angebotsstruktur gemeinsam mit den freien Trägern der Jugendhilfe geprüft, weiterentwickelt und mit den zuständigen Gremien (z.B. Vertragskommission Jugend) verhandelt (s.a. Berichterstattungen gegenüber dem Hauptausschuss, RN 17/0025 L und M). Wie bereits zu den Fragen 2 bis 5 ausgeführt, sollen erfolgreiche Steuerungsmaßnahmen, die zu Fallzahlabsenkungen führen können, durch das seit 2016 modifizierte Zuweisungsverfahren unterstützt werden. Über die Höhe des Modell-Anteils wird dabei gesteuert, wie stark die Unterstützung ausfällt und den vor 2016 bestehenden Fehlanreizen entgegengewirkt wird. Zusätzlich zu den Steuerungskonzepten des Fach- und Finanzcontrollings (FFC) unter Federführung der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie ist es darüber hinaus gelungen, im Jahr 2015 mit sechs Bezirken eine Zielvereinbarung über jeweils ein Modellprojekt zur Reduzierung des Transferkostenanstieges bei den Hilfen zur Erziehung abzuschließen. Von den Bezirken, die diese Zielvereinbarung nicht unterzeichnet haben, wird ein eigenes Steuerungskonzept gefordert, das eine innerbezirkliche Steuerung, Angaben zur Verwendung der zusätzlichen VZÄ und ggf. die Nennung von Personalentwicklungsmaßnahmen beinhaltet. Sowohl die Zielvereinbarung als auch diese Steuerungskonzepte verfolgen das Ziel, den Transferkostenanstieg bei den Hilfen zur Erziehung berlinweit perspektivisch zu verringern. Deshalb werden die Ergebnisse beider Prozesse evaluiert und die Auswertung im Wege der best practice / better practice allen Bezirken zugänglich gemacht. Der Senat wird ferner weitere Möglichkeiten eruieren, um steigenden Fallzahlen entgegenzuwirken. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 556 3 8. Wie schätzt der Senat die Entwicklung bei den HzE-Fällen und den Kosten wegen des Zuzugs von Geflüchteten und Migranten ein, insbesondere von Familien sowie unbegleiteten Jugendlichen? Zu 8.: Die zukünftige Inanspruchnahme von Jugendhilfemaßnahmen nach dem SGB VIII, unter anderem HzE, durch geflüchtete junge Menschen und geflüchtete Familien ist abhängig von der Entwicklung der allgemeinen Flüchtlingszahlen. Eine steigende Inanspruchnahme ist derzeit insofern nicht zwingend absehbar, kann aber auch nicht ausgeschlossen werden. 9. Wie schätzt der Senat die Entwicklung der HzE- Fälle und der Kosten in den Bezirken unter Berücksichtigung des Wegzugs von Familien aus den Innenstadtbezirken in die Randbezirke ein? Zu 9.: Die Fallwanderungen aus 2016 konnten aufgrund der für 2016 erforderlichen Zusammenführung der Daten aus dem IT-Fachverfahren ProJUGEND in das Neuverfahren SoPart (noch) nicht ausgewertet werden. Es ist davon auszugehen, dass die starken (individuellen und daher nicht beeinflussbaren) Wanderungsbewegungen aus den Vorjahren von Familien aus den Innenstadtbezirken in die Randbezirke aufgrund von fehlenden Umzugsvorteilen nachlassen. Unter anderem steht auch in den Randbezirken immer weniger günstiger Wohnraum zur Verfügung , welcher bisher oftmals ein Kriterium zum Bezirkswechsel darstellte. Für die kommenden Jahre können noch keine weitergehenden Schlussfolgerungen getroffen werden. Berlin, den 16. März 2017 In Vertretung Klaus Feiler Senatsverwaltung für Finanzen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Mrz. 2017)