Drucksache 18 / 10 602 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Emine Demirbüken-Wegner (CDU) vom 01. März 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. März 2017) und Antwort Verkehrssituation Kurt-Schumacher-Platz, Scharnweberstraße und angrenzender Straßen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Erkenntnisse liegen dem Senat hinsichtlich Schadstoff- und anderer Umweltbelastungen durch den Straßenverkehr im Bereich Kurt-Schumacher- Platz, Scharnweberstraße und angrenzender Straßen vor? Antwort zu 1: Zur Luftqualität: Die Luftschadstoffbelastung im Bereich Kurt- Schumacher-Platz, Scharnweberstraße und angrenzender Straßen wurde für das Jahr 2015 mit einem vom Umweltbundesamt vorgeschlagenem Rechenmodell simuliert. Laut Modellrechnung sind die höchsten Luftschadstoffbelastungen am Kapweg zu erwarten. Dort werden für das Jahr 2015 ein Stickstoffdioxid-(NO2)-Jahresmittelwert von 42 µg/m², ein Feinstaub-PM10-Jahremittelwert von 31 µg/m³ und ein Feinstaub-PM2,5-Jahresmittelwert von 20 µg/m³ simuliert. Der Grenzwert zum Schutz der menschlichen Gesundheit für NO2 und PM10 beträgt 40 µg/m³ im Jahresmittel. Bei einem PM10-Jahresmittel von über 30 µg/m³ muss davon ausgegangen werden, dass der PM10- Kurzzeitgrenzwert überschritten wird. Dieser besagt, dass nicht häufiger als 35mal pro Kalenderjahr ein PM10- Tagesmittelwert von über 50 µg/m³ erreicht werden darf. Der Grenzwert für PM2,5 liegt bei 25 µg/m³ im Jahresmittel . Weitere hoch belastete Straßen, an denen zumindest der Tagesgrenzwert für PM10 nicht sicher eingehalten wird, jedoch die berechneten NO2-Jahresmittel nicht über 40 µg/m³ und PM2,5-Jahresmittel nicht über 25 µg/m³ liegen sind: Name des Straßenabschnittes NO2-Belastung (Jahresmittel in µg/m³) Prognose 2015 PM10-Belastung (Jahresmittel in µg/m³) Prognose 2015 PM2,5-Belastung (Jahresmittel in µg/m³) Prognose 2015 Ollenhauerstr. 40 31 21 Scharnweberstr. 37 29 19 Gotthardstr. 37 30 20 Eichborndamm 36 30 20 An einer Straßenlaterne am Eichborndamm 23-25 in Berlin, Wittenau, wird mit einem vereinfachten Messverfahren zudem NO2 und PM10 gemessen. Für 2015 wurden für NO2 41 µg/m³ und für PM10 25 µg/m³ als Jahresmittel ermittelt. Der lokale Straßenverkehr trägt in Berlin maximal 70 % zu der lokalen NO2-Belastung und maximal 44 % zu der lokalen PM10- und PM2,5-Belastung bei. Der Rest verteilt sich auf übrige, nicht lokale NO2 bzw. PM10 und PM2,5-Quellen. Zur Lärmbelastung: Für die Beurteilung der Lärmbelastung wurde der Untersuchungsbereich auf die vier, von der Kreuzung Kurt- Schumacher-Platz abführenden Hauptverkehrsstraßen bis zur nächsten größeren Kreuzung festgelegt, da hier die höchsten Lärmbelastungen zu erwarten ist. In diesem Bereich sind jeweils beidseitig der Straße die maximalen Fassadenpegel an der Wohnbebauung, verursacht von den verschiedenen Verkehrsträgern (kommunale Straße, BAB und Bundesstraße, Flugverkehr Tegel, Eisenbahn (S- und Vollbahn), kommunale Bahn (U- und Straßenbahn)), aus der Lärmkartierung 2012 ausgewertet worden. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 602 2 Gelistet sind die maximalen Gesamtlärmpegel, gemittelt über 24 Stunden (LDEN) sowie über die Nachstunden von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr (LN), sowie der jeweilige Hauptemittent: Straßenabschnitt LDEN in dB(A) Gesamt: Hauptemittent: LN in dB(A) Gesamt: Hauptemittent: Scharnweberstraße bis zur Kreuzung Eichborndamm Gesamt: 74 Gesamt: 64 Flughafen Tegel: 73 Straße: 63 Scharnweberstraße/Müllerstraße bis Londoner Straße Gesamt: 76 Gesamt: 66 Tegel und Straße: je 74 Straße: 66 Ollenhauerstraße bis Humboldstraße Gesamt: 79 Gesamt: 71 Straße: 79 Straße: 71 Kurt-Schumacher-Damm bis zur Autobahnabfahrt Kurt-Schumacher-Platz Gesamt: 75 Gesamt: 65 Tegel und Straße: je 73 Straße: 64 Bereits mit dem Lärmaktionsplan Berlin 2008 wurden Schwellenwerte für die Dringlichkeit von Maßnahmenprüfungen in zwei Stufen definiert, die auch weiterhin ihre Gültigkeit haben: 1. Stufe: 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts - bei Überschreitung dieser Werte sollen vorrangig und möglichst kurzfristig Maßnahmen zur Verringerung der Gesundheitsgefährdung ergriffen werden. 2. Stufe: 65 dB(A) tags und 55 dB(A) nachts - diese Werte wurden von der Lärmwirkungsforschung als gesundheitsrelevante Schwellenwerte ermittelt und dienen im Rahmen der Vorsorge als Zielwerte für die Lärmminderungsplanung . Frage 2: Welche Maßnahmen plant der Senat, um in diesem Bereich Belastungen zu reduzieren? Antwort zu 2: Zur Reduzierung der Luftbelastung: Der Senat plant derzeit keine zusätzlichen zu denen im Luftreinhalteplan 2011-2017 und im Lärmaktionsplan 2013-2018 beschlossenen Maßnahmen, die ausschließlich den Bereich Kurt-Schumacher-Platz, Scharnweberstraße und angrenzender Straßen betreffen. Der derzeit gültige Luftreinhalteplan 2011-2017 enthält eine Vielzahl von Maßnahmen im Verkehrssektor, die schrittweise umgesetzt werden und stadtweit zur Verbesserung der Luftqualität beitragen. Vorrangig umgesetzt werden sollen im Jahr 2017 folgende Maßnahmen: Sukzessive Umstellung der Dienstfahrzeugflotte auf Hybrid- und Elektro-Kfz und verstärkte Nutzung von Dienstfahrrädern und Carsharing- Fahrzeugen Nachrüstung von weiteren ca. 270 BVG-Bussen mit Stickoxidminderungskatalysatoren Erhöhung der Beförderungskapazitäten im ÖPNV Anordnung von Tempo 30 an weiteren schadstoffund lärmbelasteten Hauptverkehrsstraßen mit dem Ziel der Verstetigung des Verkehrsflusses auf einem stadtverträglichen Geschwindigkeitsniveau Weiterer Ausbau von Radverkehrsanlagen Weiterer Ausbau von Lademöglichkeiten für Elektrofahrzeuge Der derzeitige Luftreinhalteplan hat eine Laufzeit bis 2017, sodass derzeit eine Überarbeitung erfolgt mit dem Ziel, weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität zu identifizieren und zu beschließen. Zur Reduzierung der Lärmbelastung: Geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung des Straßenverkehrslärms sind beispielsweise straßenräumliche Maßnahmen oder der Einbau lärmmindernden Asphalts sowie das Berliner Schallschutzfensterprogramm. Straßenräumliche Maßnahmen werden mit den zuständigen Straßenbaulastträgern entwickelt und können vielfach nicht vom Berliner Senat eigenmächtig umgesetzt werden. Im benannten Bereich sind derzeit keine konkreten Maßnahmen geplant. Lärmarten, bei denen die Zuständigkeiten nicht beim Land Berlin liegen (Bundesstraßen, Bundesautobahnen, S- und Vollbahnen), werden von den zuständigen Stellen bearbeitet. Der Berliner Senat ist bemüht auf die zuständigen Stellen einzuwirken, um bestehende Lärmprobleme zu lösen. Frage 3a: Welche konkrete Ursache haben nach Kenntnis des Senates die sich täglich dort auf einer Länge von bis zu einem Kilometer und mehr bildenden Rückstaus ? Antwort zu 3a: In den Spitzenstunden verkehrsstarker Werktage tritt an dem Knotenpunkt eine Überlastsituation ein, die ihren Grund in den hohen Zuflusszahlen der zuführenden Hauptverkehrsstraßen hat. Ein höheres Verkehrsaufkommen ist häufig bei parallelem dichten bis stauenden Verkehr auf der Bundesautobahn A 111 festzustellen . Stauerscheinungen in der beschriebenen Länge (bis zu einem Kilometer) sind dabei aber eher die Ausnahme . Der Abfluss nach dem Knotenpunkt Kurt- Schumacher-Platz über den Kurt-Schumacher-Damm (Richtung Charlottenburg ab Anschlussstelle Bundesautobahn ) und über die Afrikanische Straße / Müllerstraße Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 602 3 (Richtung Mitte ab Kapweg) ist nach den jeweiligen Knoten im Allgemeinen gewährleistet. Frage 3b: Hält der Senat die Staus für vermeidbar und falls ja, welche konkreten verkehrlichen Maßnahmen zur Staureduzierung sind seitens des Senats vorgesehen? Antwort zu 3b: Zu den jeweiligen Verkehrsspitzenzeiten müssen Verkehrsteilnehmer auch mit Störungen im Verkehrsablauf rechnen. Kommen darüber hinaus noch weitere verkehrliche Einschränkungen wie Baumaßnahmen oder Lieferverkehre hinzu, sind Stauerscheinungen häufig unvermeidbar. Zur Staureduzierung werden die Lichtsignalanlagen verkehrsabhängig gesteuert, um in Abhängigkeit vom jeweiligen Verkehrsaufkommen einen für alle Verkehrsteilnehmer möglichst günstigen Verkehrsfluss zu erzeugen. Unabhängig vom motorisierten Individualverkehr stehen den Verkehrsteilnehmern aber auch der Öffentliche Nahverkehr u.a. am U-Bahnhof Kurt-Schumacher-Platz und das Radverkehrsnetz zur Verfügung. Frage 3c: Sofern der Senat konkrete Maßnahmen zur Staureduzierung beabsichtigt, welche Auswirkungen erwartet, kennt oder prognostiziert der Senat auf die parallel zum Stau verlaufenden Straßenverbindungen und die angrenzenden Wohnviertel? Antwort zu 3c: Voraussetzung für einen reibungslosen Verkehrsablauf sind ausreichende Verkehrswege für alle Verkehrsteilnehmer, die naturgemäß in einem eng bebauten städtischen Raum nicht immer verfügbar sind. Hauptstraßen sollen dabei den Verkehr bündeln und über verkehrsabhängig gesteuerte Lichtsignalanlagen bestmöglich abwickeln. Durch Verkehrsmanagementmaßnahmen soll eine gleichmäßige Verteilung des Verkehrsaufkommens im Hauptverkehrsstraßennetz gesichert werden. Angrenzende Wohnviertel werden als geschwindigkeitsbegrenzte Zonen (Tempo 30-Zone) ausgewiesen und verkehrsberuhigt . Berlin, den 14. März 2017 In Vertretung J e n s – H o l g e r K i r c h n e r ................................ Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Mrz. 2017)