Drucksache 18 / 10 613 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Anja Schillhaneck und June Tomiak (GRÜNE) vom 28. Februar 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. März 2017) und Antwort Was rechte Burschen schafften: Rechte Burschenschaften in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Burschenschaften bzw. studentischen Verbindungen und „pennale“ Burschenschaften (Schülerverbindungen ) in Berlin sind dem Senat bekannt? Bitte aufschlüsseln nach a) (Schätzung der) Mitgliederzahlen b) Entwicklung der Mitgliederzahlen in den letzten 10 Jahren (Schätzung) c) Erkenntnisse über die jeweiligen Aufnahmekriterien d) Mitgliedschaft im Dachverband „Deutsche Burschenschaften “ e) Mensurstatus f) Geschlechtlichkeit (Männerbund, Damenbund, gemischt ) g) Einstufung als rechtsextrem Zu 1.: Dem Senat liegen keine Übersichten zu Anzahl, Mitgliederzahlen, Aufnahmekriterien, Mitgliedschaften im Dachverband „Deutsche Burschenschaften“, Mensurstatus oder Geschlechtlichkeit von studentischen Verbindungen , Burschenschaften oder Schülerverbindungen vor. Ebenso liegen dem Senat keine Anhaltspunkte dafür vor, dass in Berlin ansässige studentische Verbindungen, Burschenschaften oder Schülerverbindungen rechtsextremistisch sind. 2. Liegen dem Senat Kenntnisse darüber vor, inwieweit die unter 1. genannten Organisationen an Schulen für sich oder ihre speziell an Schüler gerichteten Angebote werben und warben? Zu 2.: Aktivitäten von Burschenschaften an Berliner Schulen sind dem Senat nicht bekannt. 3. Klären Beratungs- und Präventionsangebote gegen Rechtsextremismus des Landes Berlin an Schulen und Hochschulen über die unter 1. genannten Organisationen auf? Wenn ja, wie und in welchem Umfang? Wenn nein, warum nicht? Zu 3.: Im Rahmen des Berliner Landesprogramms „Demokratie. Vielfalt. Respekt. Gegen Rechtsextremismus , Rassismus und Antisemitismus“ informieren verschiedene Organisationen über die Strategien und ideologischen Hintergründe rechtsextremer und demokratiefeindlicher Organisationen in Berlin. Die Bildungs- und Beratungsangebote werden auf Nachfrage vermittelt. An den Berliner Schulen wird das Thema Rechtsextremismus in der Sekundarstufe I und II von den Lehrkräften im Rahmen des Geschichts- und gesellschaftswissenschaftlichen Unterrichts behandelt. Dabei werden die Schulen auch durch themenbezogene Informationsveranstaltungen (TIV) der Polizei Berlin unterstützt. In dem Themenunterricht und auch in der TIV wird auf das Thema Burschenschaft nicht explizit eingegangen. Es ist weder Thema im Rahmenlehrplan noch in den TIV, könnte jedoch im Rahmen des Geschichtsunterrichts am Rande erwähnt werden. Die Hochschulen selbst unterhalten keine eigenen Beratungs - oder Präventionsangebote. Über entsprechende Aktivitäten Dritter an Hochschulen liegen keine Informationen vor. 4. Hat der Senat Kenntnis über die Mitgliedschaften einzelner Berliner Abgeordneter a) im Europaparlament b) im Bundestag c) im Abgeordnetenhaus in Burschenschaften, die im Dachverband „Deutsche Burschenschaften“ organisiert sind? Zu 4.: Hinsichtlich der Mitgliedschaft von Abgeordneten in Vereinen oder Organisationen wird auf die jeweiligen Abgeordnetenhandbücher verwiesen. Darüber hinaus: nein. Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 613 2 Unabhängig davon ist der Senat bei der Beantwortung Schriftlicher Anfragen gehalten, das Recht der Abgeordneten auf Information und das Recht der von der Fragestellung betroffenen Personen auf informationelle Selbstbestimmung und weitere Grundrechte abzuwägen. Dem Senat ist es aus rechtlichen Gründen nicht möglich, personenbezogene Auskünfte zu erteilen. 5. Welche Erkenntnisse hat der Senat über Mitgliedschaften von Inhaberinnen und Inhabern hoher politischer Ämter (z.B. Senator*innen, Staatssekretär*innen, Bezirksbürgermeister *innen, Bezirksstadträt*innen) in Burschenschaften , die im Dachverband „Deutsche Burschenschaften “ organisiert sind? Zu 5.: Siehe Antwort zu Frage 4. 6. Haben Vertreterinnen oder Vertreter des Berliner Senats oder der Senatsverwaltungen in der 17. oder 18. Wahlperiode Grußworte an die Teilnehmer von Veranstaltungen der unter 1. genannten Organisationen gerichtet ? Zu 6.: Soweit dies noch nachvollziehbar ist, haben Vertreterinnen und Vertreter des Berliner Senats und der Senatsverwaltungen in den letzten fünf Jahren keine Grußworte an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Veranstaltungen von Berliner Burschenschaften oder der „Deutschen Burschenschaft“ gerichtet. 7. Liegen dem Senat Kenntnisse über Anträge der unter 1. genannten Organisationen auf Finanzierung durch Landesmittel vor? Zu 7.: Dem Senat sind derartige Anträge auf Finanzierung durch Landesmittel der unter 1. genannten Organisationen nicht bekannt. 8. Hat der Berliner Senat in den letzten 10 Jahren Veranstaltungen (Kongresse, Tagungen, Seminare etc.) der unter 1.) genannten Organisationen mit Landesmitteln gefördert? Wenn ja, welche Veranstaltungen und in welcher Höhe? (Bitte nach Jahren aufschlüsseln) Zu 8.: Dem Senat sind Finanzierungen von Veranstaltungen der unter 1. genannten Organisationen mit Landesmitteln in den letzten 10 Jahren nicht bekannt. 9. Fanden in den letzten 10 Jahren Veranstaltungen der unter 1. genannten Organisationen bzw. auswärtigen Burschenschaften und Verbindungen in öffentlichen Gebäuden des Landes Berlin statt? Zu 9.: Dem Senat ist lediglich die Vermietung des Bürgersaals des Rathaus Zehlendorf an den „Akademischen Turnverein zu Berlin 1860 e.V.“ in den Jahren 2010 und 2015 bekannt. 10. Sind Wohnheime der unter 1. genannten Organisationen als gemeinnützig anerkannt und somit steuerlich subventioniert? Falls ja, welche? Zu 10.: Zu Einzelfällen können grundsätzlich keine Auskünfte gegeben werden, da alle Informationen, die einen Steuerfall betreffen, durch das Steuergeheimnis i. S. d. § 30 Abgabenordnung (AO) geschützt sind und daher ohne Zustimmung des Betroffenen grundsätzlich nicht offenbart werden dürfen. 11. Welche Erkenntnisse hat der Senat darüber, welchen Personengruppen die Wohnheime der unter 1. genannten Organisationen offen stehen und welchen nicht? Zu 11.: Dem Senat liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 12. Inwieweit hält der Senat den Status der Gemeinnützigkeit bei Wohnheimen von den unter 1. genannten Organisationen für gerechtfertigt, die lediglich männlichen , deutschen Studenten offen stehen und bei Austritt aus der Verbindung geräumt werden müssen? Zu 12.: Hinsichtlich der Einzelfallbeurteilung wird auf die Ausführungen zum Steuergeheimnis in der Antwort zu Frage 10 verwiesen. Allgemein gilt, dass sich die Anerkennung der Gemeinnützigkeit nach den bundesgesetzlichen Regelungen des dritten Abschnittes der Abgabenordnung (Steuerbegünstigte Zwecke) richtet. Danach kann mit dem Unterhalten eines Wohnheims grundsätzlich ein steuerbegünstigter Zweck verwirklicht werden. Voraussetzung ist u.a., dass die Allgemeinheit i.S.d. § 52 Abs. 1 Satz 2 AO gefördert wird, d.h., der geförderte Personenkreis darf nicht fest abgeschlossen oder dauernd klein sein. Eine sachliche Begrenzung ist jedoch zulässig, wenn sich die Auswahl der Personen an den verfolgten Zwecken orientiert. Bei Einschränkungen des geförderten Personenkreises kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs stets auf den Einzelfall, insbesondere die Kriterien für die sachliche Beschränkung und den geförderten Zweck an. Damit muss u.a. eine ausschließliche Förderung von Frauen oder Männern nicht grundsätzlich schädlich sein; dies ist vielmehr eine Frage der Einzelfallkonstellation . 13.Ist der abstammungsbezogene Volkstumsbegriff, der insbesondere bei den Mitgliedern des Dachverbands „Deutsche Burschenschaft“ vertreten wird, aus Sicht des Senats mit dem Grundgesetz vereinbar? 14. Ist der abstammungsbezogene Volkstumsbegriff, der insbesondere bei den Mitgliedern des Dachverbands „Deutsche Burschenschaft“ vertreten wird, aus Sicht des Senats mit den Zielen des Berliner Integrationskonzepts vereinbar? Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 613 3 16. Hat der Senat Kenntnisse über Verbindungen zwischen Burschenschaften, die in der „Deutschen Burschenschaft “ organisiert sind zu Parteien, Fraktionen oder parteinahen Jugendorganisationen? Zu 13., 14. und 16.: Der Senat von Berlin kann nur Einschätzungen und Erkenntnisse zu in Berlin organisierten bzw. agierenden extremistischen Gruppen und Zusammenschlüssen abgeben. Die „Deutsche Burschenschaft “ (DB) ist ein überregionaler burschenschaftlicher Dachverband. Da keine Aktivitäten des DB in Berlin bekannt sind, können Bewertungen oder Informationen zu einer etwaigen rechtsextremistischen Ausrichtung der DB nur durch die zuständigen Bundesbehörden und – ministerien vorgenommen bzw. gegeben werden (vgl. auch Antwort zu Frage 5 der Kleinen Anfrage 17/ 12 453 vom 18. Juli 2013). 15. Welche Erkenntnisse hat der Senat über rassistische , antisemitische, fremden- oder asylfeindliche Bestrebungen oder Aktivitäten innerhalb der unter 1. genannten Organisationen? Zu 15.: Siehe Antwort zu Frage 1. 17. Hat der Berliner Verfassungsschutz jemals eine der unter 1. genannten Organisationen oder einzelne ihrer Mitglieder beobachtet? Findet eine solche Beobachtung derzeit statt? Falls zutreffend: Welche Organisationen waren in welchen Zeitraum mit welcher Begründung betroffen? Zu 17.: Der Berliner Verfassungsschutz informiert in seinen jährlichen Verfassungsschutzberichten und vielen weiteren Publikationen über verschiedene extremistische Phänomenbereiche und deren Entwicklung. Darüber hinaus gibt er aus Geheimschutzgründen in öffentlich zu beantwortenden Anfragen keine Auskunft zur Beobachtung von Einzelorganisationen (vgl. Antwort zu Frage 3 der Kleinen Anfrage 17/11 352 vom 13. Dezember 2012). 18. Welche Erkenntnisse gibt es über personelle Überschneidungen zwischen Mitgliedern der unter 1. genannten Organisationen und anderen rechtsextremen oder rechtspopulistischen Zusammenschlüssen? 19. Welche Erkenntnisse gibt es über Vorträge oder sonstige aktive Beiträge von Personen aus der rechtsextremen Szene bei Veranstaltungen der unter 1. genannten Organisationen? 20. Welche Erkenntnisse gibt es über die Teilnahme von Personen aus der rechtsextremen Szene an Veranstaltungen der unter 1. genannten Organisationen? 21. Welche Erkenntnisse hat der Senat über Veröffentlichungen von Artikeln, Kommentaren o.ä. von Mitgliedern Parteien des asylfeindlichen, rechtspopulistischen oder rechtsextremen Spektrums bzw. deren Jugendorganisationen in den Verbandszeitschriften der unter 1. genannten Organisationen bzw. auswärtigen Burschenschaften und Verbindungen? 22. Welche Erkenntnisse hat der Senat über Veröffentlichungen von Artikeln, Kommentaren o.ä. von Personen der rechtsextremen Szene in den Verbandszeitschriften von der unter 1. genannten Organisationen? 23. Welche Erkenntnisse hat der Senat über Verbindungen zwischen den unter 1. genannten Organisationen und a) dem „Institut für Staatspolitik“ (IfS) b) der „Identitären Bewegung“ c) der sogenannten Reichsbürger-Szene d) der Wochenzeitung „Junge Freiheit“ e) der Zeitschrift „Compact“? 24. Welche Erkenntnisse hat der Senat über die Teilnahme an rechtsextremen, rechtspopulistischen und asylfeindlichen Demonstrationen von Mitgliedern der unter 1. genannten Organisationen? 25. Welche Erkenntnisse hat der Senat über sonstige Verbindungen und Kontakte zwischen den unter 1. genannten Organisationen und Personen der rechten Szene? Zu 18. bis 25.: Es liegen keine Hinweise auf Kontakte oder Kooperationen zwischen rechtsextremistischen Gruppen, Vereinen, anderen rechtsextremistischen Personenzusammenschlüssen und Berliner Burschenschaften bzw. den jeweiligen Mitgliedern vor. Im Übrigen siehe Antwort zu Frage 1. 26. Welche Erkenntnisse hat der Senat über Verbindungen zwischen den unter 1. genannten Organisationen und a) dem „Zentrum für Kontinentale Zusammenarbeit“, b) dem „Dialog der Zivilisationen“, c) der Partei „Einiges Russland“, bzw. den ihr nahestehenden Jugendorganisationen d) den Medien „RT Deutsch“ und „Sputnik News“? Zu 26.: Siehe Antwort zu Frage 1. Berlin, den 16. März 2017 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Mrz. 2017)