Drucksache 18 / 10 615 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Joschka Langenbrinck (SPD) vom 28. Februar 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. März 2017) und Antwort Masernalarm in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Masernfälle waren dem Senat bekannt in den einzelnen Jahren 2012-2016? Zu 1.: Insgesamt sind in den Jahren 2012 -2016 1961 Masernerkrankungen an das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) übermittelt worden. Dabei unterliegt die jährliche Fallzahl starken Schwankungen. Die Jahresgesamtzahlen der an das LAGeSo übermittelten Masernerkrankungen können nachfolgender Tabelle entnommen werden. Tabelle 1: Jahresgesamtzahlen der an das LAGeSo übermittelten Masernfälle Jahr Fallzahl 2012 18 2013 492 2014 132 2015 1243 2016 76 2. Was unternimmt der Senat, um die Masernbekämpfung in Berlin voranzutreiben? 4. Was unternimmt der Senat, um auf die Risiken beim Verzicht auf eine Masernimpfung hinzuweisen? 5. Plant der Senat weitere Maßnahmen zur Aufklärung der Bevölkerung über die Risiken beim Verzicht auf eine Masernimpfung? Zu 2., 4. und 5.: Die regelmäßige und unverzügliche Bearbeitung der Fallmeldungen durch die Gesundheitsämter in den Bezirken ist wichtig, um frühzeitig ungewöhnliche Erkrankungsgeschehen zu erkennen und zeitnah Präventions- bzw. Kontrollmaßnahmen einleiten zu können. Der Senat setzt sich deshalb dafür ein, den Öffentlichen Gesundheitsdienst zu stärken (z. B. mit der Umsetzung des Mustergesundheitsamtes), damit auch im Bereich des Infektionsschutzes angemessene Personalressourcen vorgehalten werden. Um die Masernbekämpfung in Berlin voranzutreiben, setzt sich der Senat entsprechend der Richtlinien der Regierungspolitik für eine Steigerung der Impfbereitschaft durch einen niedrigschwelligen Zugang und offensive Öffentlichkeitsarbeit ein. Diese wird Informationen zur Aufklärung über Risiken beim Verzicht auf eine Masernimpfung beinhalten. Die Senatsverwaltung für Gesundheit , Pflege und Gleichstellung bereitet derzeit Eckpunkte zur Erhöhung des Impfschutzes vor. 3. Wie viele Personen in Berlin wurden jeweils in den Jahren 2012-2016 gegen Masern geimpft und wie viele Personen haben die Impfung verweigert bzw. wurden aus anderen Gründen nicht geimpft und welche Gründe sind dem Senat hierfür bekannt? Zu 3.: In Berlin bzw. Deutschland existiert kein einheitliches umfassendes System zur Erhebung von Impfdaten . Die Surveillance (Überwachung) von Infektionskrankheiten beruht im Wesentlichen auf der bundesweiten Meldepflicht im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Zur Ermittlung des Impf- und Immunstatus der Bevölkerung müssen daher Teilstichproben oder Querschnittsuntersuchungen herangezogen werden, die eine Einschätzung der Impfsituation ermöglichen. Regelmäßig erhobene Daten zum Impfstatus der Bevölkerung liegen nur aus den Einschulungsuntersuchungen (ESU) der Kinder vor. Die zur Beantwortung der Frage heranzuziehenden Daten der Einschulungsuntersuchungen (ESU) erfassen den Impfstatus der Kinder zum Zeitpunkt der Einschulung . Die hierbei erfassten Daten zur Masernimpfung Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 615 2 beziehen sich entsprechend auf die einige Jahre zuvor verabreichten Masernimpfungen, entsprechend der Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) im Alter von 11-14 und 15-23 Monaten. Tabelle 2 gibt einen Überblick über die in den Jahren 2010-2015 in den ESU erhobenen Durchimpfungsraten. Absolute Zahlen liegen nicht vor. Aus den Zahlen geht hervor, dass sich der Durchimpfungsgrad in den vergangenen Jahren kontinuierlich erhöht hat. Daten zur Anzahl geimpfter Kinder oder Erwachsener aus dem ambulanten Bereich liegen dem Senat bzw. dem zuarbeitenden LAGeSo nicht vor. Dem Senat liegen auch keine Daten zur Anzahl der Impfverweigernden vor. Ferner liegen dem Senat keine für Berlin spezifischen Informationen über die Beweggründe von Impfverweigernden vor. In der Fachliteratur werden folgende wichtige Faktoren angegeben, die die elterliche Entscheidung beeinflussen, ihr Kind nicht oder verspätet impfen zu lassen: die Sorge vor (Langzeit-) Nebenwirkungen, (unzutreffende) Vorstellungen über das (kindliche) Immunsystem, sowie aus fachlicher Sicht eindeutig zu widerlegende Zweifel an der Wirksamkeit von Impfungen. Tabelle 2: Zeitreihe Durchimpfungsgrad der Kinder gegen Masern bei den Einschulungsuntersuchungen in Berlin 2010 - 2015 Jahr Keine Masernimpfung / % >= 1 Dosis Masernimpfung / % >= 2 Dosen Masernimpfung / % 2010 4.6 95.4 89.7 2011 4.1 95.9 90.7 2012 4.1 95.9 90.9 2013 4.0 96.0 90.8 2014 3.7 96.3 91.6 2015 3.1 96.9 92.2 6. Wie viele Fälle von sogenannten „Masernpartys“ sind dem Senat bekannt und was unternimmt der Senat, um auf die gesundheitlichen Risiken derartiger Praktiken hinzuweisen? Zu 6.: Dem Senat liegen keine Daten über die Anzahl sog. „Masernpartys“ vor. Die in der Antwort zu den Fragen 2., 4. und 5. erwähnte offensive Öffentlichkeitsarbeit wird die gesundheitlichen Risiken derartiger Praktiken aufgreifen. 7. Besteht nach Auffassung des Senats eine vorsätzliche oder fahrlässige Körperverletzung, wenn Eltern ihre Kinder an „Masernpartys“ teilnehmen lassen? Zu 7.: Über das Vorliegen einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Körperverletzung der Eltern bei durch sie herbeigeführter Teilnahme ihrer Kinder an einer „Masernparty “ ist keine allgemeingültige Aussage möglich. Berlin, den 23. März 2017 In Vertretung Boris Velter Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Mrz. 2017)