Drucksache 18 / 10 630 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) vom 03. März 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. März 2017) und Antwort Neue Schwerpunktsetzung für die politische Bildung bei den Auszubildenden bei der Berliner Polizei, Feuerwehr und Justiz? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Auszubildende sind derzeit bei der Berliner Polizei, der Berliner Feuerwehr und der Berliner Justiz beschäftigt? (Aufstellung erbeten.) Zu 1.: Polizeivollzugsdienst 1216 Polizeimeisteranwärterinnen und Polizeimeisteranwärter Feuerwehrtechnischer Dienst 379 Brandmeisteranwärterinnen und Brandmeisteranwärter Justizdienst Allgemeiner Justizdienst: 322 Auszubildende für den Beruf Justizfachangestellte /Justizfachangestellter Justizvollzugsdienst: 235 Justizvollzugsobersekretäranwärterinnen und Justizvollzugsobersekretäranwärter 2. Welche einzelnen Ausbildungsmodule sind jeweils für die politische Bildung vorgesehen und in welchem Rahmen und in welchem Stundenumfang werden diese vollzogen? Zu 2.: Polizeivollzugsdienst Das Fach „Politische Bildung“ besteht derzeit inhaltlich aus den drei Themenbereichen Politik, Staatsrecht und Grundrechtslehre. Im Rahmen dieser Bereiche sind die Themen im Fach „Politische Bildung“ wie folgt verteilt: 1. Ausbildungsabschnitt mit 128 Unterrichtsstunden - Bürger und Polizei - Bedeutung der Grundrechte und der freiheitlichen demokratischen Grundordnung - Mensch, Kleingruppe, Nation - Der Staat: Elemente und Aufgaben 2. Ausbildungsabschnitt mit 144 Unterrichtsstunden - Parlamentarismus und politische Willensbildung - Rechtsstaat und Grundrechte - Freiheitliche demokratische Grundordnung - Gesellschaftlicher Wandel - Interkulturelle Kompetenz, Rassismus, Antisemitismus 3. Ausbildungsabschnitt mit 40 Unterrichtsstunden - Interkulturelle Kompetenz Mit der Neustruktur der Polizeiakademie (PA) sollen bei der politischen Bildung keine inhaltlichen Veränderungen vorgenommen werden. Der Themenbereich „Politik “ soll jedoch zukünftig organisatorisch dem Fachbereich „Führung/Allgemeinbildung“ zugeordnet werden. Staatsrecht und Grundrechtslehre sollen in das neue Fach „Öffentliches Recht“ überführt werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 630 2 Feuerwehrtechnischer Dienst Die Berliner Feuerwehr bietet den Bewerberinnen und Bewerbern drei verschiedene Zugangswege zum Vorbereitungsdienst als Brandmeisteranwärterin oder Brandmeisteranwärter an, die sich von den Voraussetzungen (zum Beispiel eine abgeschlossene Berufsausbildung oder nur ein Schulabschluss), von der Dauer (von eineinhalb bis zu vier Jahren) und von den Inhalten (zum Beispiel eine integrierte Notfallsanitäterausbildung ) her unterscheiden. In diesen Ausbildungsgängen sind die Stundenansätze für die politische Bildung unterschiedlich. a) Vorbereitungsdienst „112 direct“, keine abgeschlossene Berufsausbildung erforderlich, Dauer drei Jahre: In der ersten Stufe dieser Stufenausbildung sind im Ausbildungsmodul „Sozialkunde“ insgesamt acht Unterrichtsstunden für die politische Bildung vorgesehen. In der zweiten Stufe kommen weitere sechzehn Unterrichtsstunden hinzu. b) Vorbereitungsdienst „112 classic“, Voraussetzung abgeschlossene Berufsausbildung, Dauer eineinhalb Jahre: Nach dem Lehrplan sind im Ausbildungsmodul „Feuerwehrtechnischen Grundausbildung“ insgesamt sechzehn Unterrichtsstunden für die politischen Bildung vorgesehen. c) Vorbereitungsdienst „112 medic“, keine abgeschlossene Berufsausbildung erforderlich, Dauer bis zu vier Jahre wegen integrierter Ausbildung zur Notfallsanitäterin oder zum Notfallsanitäter: Gemäß dem Lehrplan sind innerhalb der 3-jährigen Notfallsanitäterausbildung im Modul 8 insgesamt achtzehn Unterrichtsstunden für die politischen Bildung vorgesehen; dieser Umfang ist bundesweit einheitlich vorgegeben. Justizdienst Allgemeiner Justizdienst: Die Auszubildenden für den Ausbildungsberuf Justizfachangestellte /Justizfachangestellter erhalten politische Bildung a) gemäß dem Rahmenlehrplan für den Ausbildungsberuf Justizfachangestellte/Justizfachangestellter (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 05.12.1997) in der Berufsschule, dort insbesondere im Fach Wirtschafts - und Sozialkunde. Die Lehrinhalte finden sich dort in den Lernfeldern (LF) 1 (Eintritt in das Berufsleben , 20 Unterrichtsstunden), LF 4 (rechtliches Handeln in Beruf und Gesellschaft, 60 Unterrichtsstunden ), LF 2 (Beschäftigung im öffentlichen Dienst, 80 Unterrichtsstunden), LF 3 (wirtschaftliches Handeln im öffentlichen Dienst und in der Gesellschaft, 80 Unterrichtsstunden ) und b) im Rahmen der betrieblichen Ausbildung (Berufsbildung , arbeits- und sozialrechtliche Grundlagen) sowie im praxisbegleitenden Lehrgang „Geschäftsgangbestimmungen “, dort in der Einführung zum Thema Gewaltenteilung, Aufbau der Gerichte und Grundgesetz im Rahmen von zwei bis drei Doppelstunden . Die darüber hinausgehend erforderlichen Inhalte werden in der Berufsschule vermittelt. Justizvollzugsdienst: Im Rahmen der zweijährigen Ausbildung für den allgemeinen Vollzugdienst an Justizvollzugsanstalten (aVD, Justizvollzugsobersekretäranwärterinnen und Justizvollzugsobersekretäranwärter) sind insgesamt 32 Unterrichtseinheiten zu eineinhalb Zeitstunden für die politische Bildung vorgesehen. Davon sind acht Unterrichtseinheiten für Besuche von Verfassungsorganen oder Gedenkstätten festgesetzt. Zusätzlich ist für alle Auszubildenden ein zweitägiges Seminar zur politischen Bildung im Haus der Wannseekonferenz obligatorisch . Unterrichtsmodule sind die Staatsstrukturprinzipien nach Artikel 20 Grundgesetz, die Verfassungsorgane der Bundesrepublik Deutschland und ihre Funktion, die grundlegenden Bürger- und Menschenrechte sowie die wichtigsten Organe der Europäischen Union und deren Arbeitsweise. 3. Sind die Module für die politische Bildung in diesen Bereichen bundesweit einheitlich geregelt beziehungsweise angeglichen? Zu 3.: Bundesweit einheitliche Regelungen sind in der Antwort zu Frage 1 aufgeführt. 4. Ist geplant, in den genannten Bereichen die Module für politische Bildung zu erweitern und insbesondere bei der Landespolizeischule die Stundenzahlen deutlich zu erhöhen? Wenn nicht, warum nicht? Zu 4.: Der inhaltliche und zeitliche Aufbau der genannten Ausbildungen ist wie bei anderen anspruchsvollen Ausbildungen an Lehr- oder Ausbildungsplänen orientiert . Die Lehr- und Ausbildungspläne sind aufgrund der feststehenden maximalen Ausbildungszeit und der zu vermittelnden Ausbildungsinhalte, aber auch aufgrund der vorhandenen Ausbildungsmittel (wie spezielle Trainingseinrichtungen ) nicht beliebig veränderbar. Bei den genannten Ausbildungsgängen ist nicht geplant, die Zeitansätze für die politische Bildung zu erhöhen, da diese angemessen sind und jede Erhöhung unweigerlich zu einer Kürzung von anderen Fachinhalten führt. 5. Werden die Auszubildenden der Berliner Polizei weiterhin Plenarsitzungen des Berliner Abgeordnetenhauses besuchen und wie viele Stunden sind dafür jeweils für eine Klasse vorgesehen? Falls nicht, warum nicht? 6. Weshalb war es bisher nicht möglich, dass die Auszubildenden der Berliner Feuerwehr und der Berliner Justiz das Berliner Abgeordnetenhaus während einer Plenarsitzung besuchen und sich mit den Abgeordneten austauschen und gibt es Pläne, solche Besuche einzuführen ? Wenn nicht, warum nicht? Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 630 3 Zu 5. und 6.: Die Polizeimeisteranwärterinnen und Polizeimeisteranwärter werden weiterhin an Plenarsitzungen des Abgeordnetenhauses teilnehmen. Hierfür sind sechs Unterrichtsstunden eingeplant. Um allen Nachwuchskräften der in der Antwort zu der ersten Frage genannten Ausbildungsgänge die Funktionsweise der repräsentativen Demokratie und die Werte der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu vermitteln , kann es eine sinnvolle Ergänzung zum theoretischen Unterricht darstellen, Plenarsitzungen und Ausschuss -Sitzungen des Abgeordnetenhauses von Berlin zu besuchen. Andere sinnvolle Exkursionen können Besuche im Deutschen Bundestag oder im Bundesrat sein. Aus gesamtgesellschaftlicher Sicht können beispielsweise auch Exkursionen zu Gedenkstätten oder Nicht- Regierungsorganisationen für die politische Bildung vorteilhaft sein. Diese müssen sich jedoch in den Zeitrahmen der Lehr- und Ausbildungspläne einpassen lassen, ohne deshalb auf andere, ebenfalls wichtige Ausbildungsinhalte verzichten zu müssen. Die Möglichkeit, Plenar- und Ausschuss -Sitzungen des Abgeordnetenhauses von Berlin zu besuchen, ist bekannt und wird auch genutzt; sie ist aber nicht als zwingend vorgegeben. Berlin, den 21. März 2017 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Mrz. 2017)