Drucksache 18 / 10 702 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Georg Kössler und Dr. Turgut Altug (GRÜNE) vom 14. März 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. März 2017) und Antwort Berliner Wasser II – Dezentrales Regenwassermanagement und Naturschutz Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie sichert der Senat die Belange des Naturschutzes im Rahmen der Umsetzung der Vorgaben aus dem Koalitionsvertrag, denen zufolge mit dem Ziel der Entlastung der Kanalisation und des Gewässerschutzes „alle Maßnahmen der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung [...] entsprechend den örtlichen Gegebenheiten geprüft [werden]“? Antwort zu 1: Die Integration von dezentraler Regenwasserbewirtschaftung ist ein wesentlicher Bestandteil bei der Konzeptentwicklung der „Neuen Stadtquartiere“. Bei allen Projekten werden bereits in einem frühen Planungsstand die örtlichen Gegebenheiten geprüft und darauf aufbauend zielgerichtet mögliche Maßnahmen dezentraler Regenwasserbewirtschaftung abgeleitet, die im weiteren Planungsverlauf konkretisiert werden. Es besteht eine enge Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Senatsverwaltungen sowie den Berliner Wasserbetrieben. Die Belange des Naturschutzes werden im Rahmen der wasserrechtlichen Zulassungsverfahren im Einzelfall geprüft. Soweit erforderlich, werden Zulassungen mit entsprechenden Auflagen versehen. Frage 2: Stimmt der Senat der Auffassung der Fragesteller zu, dass eine Verbesserung der biologischen Vielfalt durch eine smarte und dezentrale Regenwasserbewirtschaftung möglich ist? Wenn ja, wie? Antwort zu 2: Dezentrale Regenwasserbewirtschaftung kann einen Beitrag zur Verbesserung der biologischen Vielfalt leisten; einerseits durch die Schaffung von naturnäheren Abflussverhältnissen in den Fließgewässern, andererseits durch die Schaffung von Lebensräumen vor Ort. Dort, wo Menge und Güte des anfallenden Regenwassers es erlauben, kann es zur Stützung des Wasserhaushalts genutzt werden und damit auch, um die biologische Vielfalt zu erhalten und zu verbessern. Dies ist jeweils im Einzelfall zu prüfen. Jede Maßnahme bedarf einer Detailplanung , in der die hydrologische Situation, der aktuelle Zustand des Gewässers (Altlasten, Schlämme, Eutrophierung ), Anforderungen vorkommender Arten und das Entwicklungspotential geprüft und bewertet werden. Frage 3: Welche Kleingewässer oder Feuchtgebiete in Berlin sind durch niedrige Wasserstände bzw. Austrocknung gefährdet und könnten mit Hilfe eines dezentralen Regenwassermanagements gestützt werden? Frage 4: Aus welchen Gründen sind diese Kleingewässer oder Feuchtgebiete nach Kenntnis des Senates konkret gefährdet? Antwort zu 3 und 4: Kleingewässer liegen in der Zuständigkeit der Bezirksämter. Die Wuhle beispielsweise, Fließgewässer 2. Ordnung, trocknet im Oberlauf während langer Trockenperioden aus und würde von einer Verstärkung der dezentralen Regenwasserbewirtschaftung profitieren. Grundsätzlich ist der Wasserhaushalt in Berlin stark anthropogen verändert. Insbesondere durch die hohe Versiegelung und die Ableitung des Regenwassers über die Kanalisation ist der Anteil des Oberflächenabflusses deutlich erhöht, während Verdunstung und Grundwasserneubildung und Zwischenabfluss (Interflow) deutlich geringer sind. Durch dezentrales Regenwassermanagement werden Grundwasserneubildung und Interflow gestärkt, wovon die aufnehmenden Gewässer profitieren. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 702 2 Eine weitere Möglichkeit, die derzeit im Rahmen der gesamtstädtischen Ausgleichskonzeption geprüft wird, ist die Stützung des Wasserhaushalts von Kleingewässern und Feuchtgebieten durch gezielte Zuführung von Regenwasser (semizentrale Regenwasserbewirtschaftung). Diese Möglichkeit ist jedoch durch die topografischen Verhältnisse stark eingeschränkt und in jedem Einzelfall konkret zu prüfen. Es ist außerdem zu berücksichtigen, dass das Regenwasser bei einer Ableitung in ein Kleingewässer nicht bzw. nur eingeschränkt zur Verbesserung des Kleinklimas zur Verfügung steht. Frage 5: Gibt es in diesen Kleingewässern oder Feuchtgebieten nach Kenntnis des Senates bedrohte Arten ? Welche? Antwort zu 5: Die Berliner Feuchtbiotope beherbergen eine Vielzahl gefährdeter, stark gefährdeter oder auch vom Aussterben bedrohte Arten. Darunter finden sich zum Beispiel Moorfrosch, Wechselkröte, Knoblauchkröte und Kammmolch; aber auch Arten wie Ringelnatter, Eisvogel, Rohrweihe, Große Moosjungfer, Biber und Wasserfledermaus sind auf derartige Lebensräume angewiesen . Frage 6: Welche Maßnahmen werden nach Kenntnis des Senates unternommen oder sind (bis wann) geplant, um die Wasserstände in den Kleingewässern oder Feuchtgebieten wieder auf ein für Arten und Lebensräume ausreichendes Maß anzuheben? Frage 7: In welchen dieser Kleingewässer oder Feuchtgebieten ist nach Kenntnis des Senates eine Einleitung von Regenwasser als Hilfsmaßnahme möglich und sinnvoll? Frage 8: Plant der Senat Maßnahmen zur Umsetzung solcher Einleitungen und wenn ja, wo, bis wann und wer wäre dann verantwortlich bzw. Vorhabenträger? Antwort zu 6, 7 und 8: Wie in der Antwort zu 3 und 4 erwähnt, wird im Rahmen der gesamtstädtischen Ausgleichskonzeption geprüft, ob die Stützung des Wasserhaushalts von Kleingewässern und Feuchtgebieten durch gezielte Zuführung von Regenwasser möglich und sinnvoll ist. Die Prüfung erfolgt u.a. unter Beteiligung der Unteren Naturschutzbehörden der Bezirksämter und der Wasserwirtschaft. Es ist jeweils im Einzelfall zu prüfen und über die Verantwortlichkeit zu entscheiden. Jede Maßnahme bedarf einer Detailplanung, in der die hydrologische Situation, der aktuelle Zustand des Gewässers, die Anforderungen der vorkommenden Arten und das Entwicklungspotential geprüft und bewertet werden. Konkrete Aussagen sind derzeit noch nicht möglich, da die Untersuchungen nicht abgeschlossen sind. Nach Kenntnis des Senats gibt es außerdem bei den Bezirksämtern Planungen zur Aufwertung von Gewässern (z.B. Biotopverbundkonzept Pankow). Frage 9: Welche Kosten veranschlagt der Senat für diese Maßnahmen? Antwort zu 9: Dazu ist derzeit keine Aussage möglich. Frage 10: Wie wird gewährleistet, dass bei der Verwendung von Regenwasser zur Stützung von Kleingewässern oder Feuchtgebieten keine Beeinträchtigung von Flora und Fauna durch stoffliche Einträge erfolgt? Antwort zu 10: Es ist nur nicht bzw. gering belastetes Niederschlagswasser zu verwenden bzw. eine Reinigung vorzuschalten. Auf die Erfordernis der Einzelfallprüfung wurde bereits hingewiesen. Soweit erforderlich, werden wasserrechtlichen Zulassungen mit entsprechenden Auflagen versehen. Frage 11: In welchem Umfang sind Untersuchungen bzw. Studien erforderlich, um Machbarkeit, Risiken und ökologische Auswirkungen solcher Einleitungen zu ermitteln ? Antwort zu 11: Jede Maßnahme bedarf einer Detailplanung , in der die hydrologische Situation, der aktuelle Zustand des Gewässers (Altlasten, Schlämme, Eutrophierung ), die Anforderungen vorkommender Arten und das Entwicklungspotential geprüft und bewertet werden. Frage 12: Welche Pflegemaßnahmen sind erforderlich, um langfristig Kleingewässer und Feuchtgebiete in einem guten ökologischen Zustand zu erhalten? Wie können diese Pflegemaßnahmen sichergestellt werden? Antwort zu 12: Die Pflege und Unterhaltung von Kleingewässern unterliegt nach dem Allgemeinen Zuständigkeitsgesetz den Bezirken und damit deren Planung und Prioritätensetzung. Frage 13: Bei welchen der neuen geplanten Stadtquartiere ist nach Kenntnis des Senates eine dezentrale Regenwasserbewirtschaftung im Einklang mit Umwelt- und Naturschutzaspekten nicht verbindlich geplant und wieso nicht? Antwort zu 13: Die Möglichkeiten einer dezentralen Regenwasserbewirtschaftung werden für jedes der neuen geplanten Stadtquartiere untersucht. Umwelt- und Naturschutzaspekte werden hierbei berücksichtigt. Es ist derzeit noch keine Aussage möglich, in welchen Stadtquartieren eine dezentrale Regenwasserbewirtschaftung aufgrund von hydrogeologischen (z.B. sehr geringer Flurabstand) oder städtebaulichen Rahmenbedingungen nicht möglich oder ggf. durch semizentrale Anlagen zu ergänzen ist. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 702 3 Berlin, den 24. März 2017 In Vertretung S t e f a n T i d o w ................................ Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Apr. 2017)