Drucksache 18 / 10 743 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Georg Kössler (GRÜNE) vom 15. März 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. März 2017) und Antwort Vision Zero Waste I - Bioabfallsammlung verbessern Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nur zum Teil in eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) Anstalt öffentlichen Rechts um eine Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Sie wurde bei der Beantwortung berücksichtigt. Frage 1: Wie viele Tonnen Bioabfall wurden nach Kenntnis des Senates in den vergangenen 10 Jahren bis 2016 in Berlin gesammelt (bitte nach Jahren aufschlüsseln )? Frage 2: Wie hoch ist nach Kenntnis des Senates der Anschlussgrad an eine Biotonne in Berlin? (Bitte die vergangenen 10 Jahre bis 2016 aufschlüsseln.) Antwort zu 2: Der Anschlussgrad der Biotonne liegt in den Innenstadtbereichen bei rund 80%. In den Außengebieten liegt der Anschlussgrad bei rund 20-25%. Frage 3: Welches durchschnittliche Behältervolumen stellt die BSR den Berliner*innen zur Verfügung? (Bitte in Liter pro Woche bzw. in Liter pro Personen und Woche und nach Bezirken aufgeschlüsselt.) Antwort zu 3: Das durchschnittliche Behältervolumen pro Woche und Einwohnerin/Einwohner beträgt über ganz Berlin aktuell rd. 3,5 l ohne Berücksichtigung der Volumina, die durch die Nutzung der Laub-und Gartentonne , sowie der Laubsäcke und der Abgabe auf den Recyclinghöfen entstehen und ohne Berücksichtigung der bezirklichen Unterschiede. Antwort zu 1: Die Mengenangaben ergeben sich aus der nachfolgenden Tabelle: Frage 4: In welchen Bezirken und Wohngebieten ist nach Kenntnis des Berliner Senates eine flächendeckende und haushaltsnahe Sammlung des Bioabfalls nicht gegeben und hält er diesen Zustand für vereinbar mit den bestehenden Vorgaben des Kreislaufwirtschaftsgesetzes? Antwort zu 4: Das Bundesumweltministerium hat in einem Eckpunktepapier vom 03.04.2014 ausdrücklich betont, dass die Getrenntsammlungspflicht für alle im jeweiligen Gebiet des öffentlichen Entsorgungsträgers anfallenden überlassungspflichtigen Bioabfälle gilt. Freiwillige Anschlusslösungen und ein Anschluss lediglich von Teilgebieten sind in der gesetzlichen Bestimmung nicht vorgesehen. Zudem hat die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage (Drs. 18/2214) dazu ausgeführt: „Die in § 11 Abs.1 KrWG festgelegte Pflicht zur Getrenntsammlung überlassungspflichtiger Bioabfälle gilt zur Erfüllung der dort näher genannten Anforderungen umfassend und flächendeckend.“ Der Senat teilt diese Auffassung. Abfall (Mg/a) 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Bioabfall 52.777 52.425 58.655 58.155 61.750 62.230 63.296 66.901 67.798 72.161 Bioabfall: Biogut, inkl. Laub- und Gartentonne Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 743 2 Insbesondere in den gartenreichen Siedlungsgebietsstrukturen des Landes Berlin ist bisher keine flächendeckende Bioabfallsammlung gemäß § 11 Kreislaufwirtschaftsgesetz gegeben. Vor diesem Hintergrund soll die flächendeckende Bioabfallsammlung in allen Gebietsstrukturen (gartenreiche Gebiete, Blockbebauung und Geschosswohnungsbau) umgesetzt werden. Frage 5: Wie bewertet der Berliner Senat die Anordnung zur Aufstellung von Biotonnen und das einhergehende Aktionsprogramm des Hamburger Umweltsenators Jens Kerstan (Grüne) und plant er vergleichbares? Wenn nein, warum nicht? Antwort zu 5: Der Senat hält freiwillige Anschlusslösungen und den Anschluss lediglich von Teilgebieten an die getrennte Bioabfallsammlung für nicht ausreichend. Vor diesem Hintergrund nimmt er das Hamburger Aktionsprogramm mit großem Interesse zur Kenntnis. Das Hamburger Aktionsprogramm beinhaltet viele Komponenten , die auch in Berlin schon seit einiger Zeit zur Anwendung kommen (Öffentlichkeitsarbeit und Kundenbetreuung , attraktive Preisgestaltung der Biotonne). Speziell die in Hamburg in der Recycling-Offensive abgeschlossene Vereinbarung mit der Wohnungswirtschaft zur Intensivierung der Biotrennung wäre eine sinnvolle Ergänzung für Berlin. Frage 6: Wie sehen nach Kenntnis des Senates die Planungen für den Bau einer zweiten Behandlungsanlage aus, um die im Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm (BEK) geforderte Erhöhung der energetisch optimalen Behandlungskapazitäten von Bioabfall zu gewährleisten ? Frage 7: Reichen nach Kenntnis des Senates die vorhanden Behandlungskapazitäten auch für die zukünftig zusätzlich zu erfassenden Bioabfallmengen aus? Wenn nein, wie wird er auf eine weitere moderne und emissionsarme Bioabfallbehandlungsanlage in Berlin hinwirken ? Antwort zu 6 und 7: Nach Angaben der BSR werden sich diese mit der Planung weiterer Kapazitäten rechtzeitig auseinandersetzen, wenn eine konstante Steigerung der gesammelten Bioabfallmenge absehbar ist. Untersuchungen der Senatsumweltverwaltung zeigen, dass zusätzlich zur jetzigen Bioabfallsammlung durch eine flächendeckende Einführung der Biotonne in allen Berliner Siedlungsgebietsstrukturen (insbesondere gartenreiche Gebiete ) bis zu rund 100.000 Mg/a Bioabfall aus Haushalten (bestehend aus Rasenschnitt, Laub und Küchenabfällen) getrennt erfasst werden kann. Die bestehende moderne BSR-Vergärungsanlage ist für die Behandlung dieser zusätzlichen Mengen nicht ausreichend. Vor diesem Hintergrund soll diese zusätzliche Biomasse in emissionsarmen Anlagen (z.B. Vergärungsanlage) behandelt werden. Frage 8: Ist dem Senat bekannt in welchem Umfang Biomüll fälschlich im Restmüll gesammelt wird und damit nicht ökologisch und energetisch optimal verwertet werden kann? Wenn ja, welchen Effekt auf den Klimawandel (in CO2-eq. pro Jahr) hat dies? Frage 9: In welchem Umfang könnte die energetische Verwertung (Müllverbrennung) in Ruhleben durch eine bessere Trennung der Biomüll- und Restmüllfraktionen und eine Fokussierung auf Restmüllverbrennung ökonomisch und ökologisch optimiert werden? Antwort zu 8 und 9: Der Anteil biogener Abfälle im Hausmüll beträgt in Berlin – wie auch bundesweit üblich - rund 40-45%. Untersuchungen zeigen, dass durch die getrennte Erfassung der Bioabfälle das anfallende Restmüllaufkommen in der Größenordnung von rund 50.000 Mg/a gesenkt werden kann. Weitere Erhöhungen der Biomassemengen sind nur bei einer stärkeren Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger möglich. Durch diese hochwertige Verwertung der Biomasse kann eine weitere Klimagasentlastung von rund -11.000 Mg CO2-Äq/a bewirkt werden. Frage 10: Was unternimmt der Senat, um durch eine entsprechende Tarifgestaltung deutliche/spürbare Anreize zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen zu schaffen ? Antwort zu 10: Laut BSR bietet das Tarifsystem bereits heute hohe Anreize zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen. So sind die Nutzung der Recyclinghöfe sowie der Wertstofftonne entgeltfrei. Die Tarife der Biotonnen liegen aktuell zwischen 30% und 47% der Tarife der entsprechenden Behältergröße der Hausmülltonne. Frage 11: Plant der Senat weitere Aktivitäten um die Qualität des gesammelten Bioabfalls und den Benutzungsgrad zu steigern? Wenn ja, wann und in welchem Umfang? Wenn nein, wieso nicht? Antwort zu 11: Die BSR hat in Siedlungsgebieten im Jahr 2016 ein neues Produkt zur saisonalen Sammlung von Gartenabfällen mit Erfolg getestet, die „Laub und Gartentonne“. Ab der Tarifperiode 2017/2018 wird dieses Produkt als Standardprodukt zusätzlich zur Biotonne angeboten. In Innenstadtgebieten hat die BSR im vergangenen Jahr gemeinsam mit der Wohnungsbaugesellschaft WBM und einer Wohnungsbaugenossenschaft ein Pilotprojekt zur Steigerung der Bioabfallmengen unter dem Stichwort „Bio-Logisch“ durchgeführt. Inhalte waren eine gemeinsame verstärkte Betreuung und Information der Mieter*innen zur Bioabfallsammlung und -verwertung. Im Ergebnis konnten die gesammelten Mengen im Pilotbereich um 20-30% gesteigert werden. Nicht untersucht wurde dabei allerdings, wie nachhaltig diese Wirkung ist. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 743 3 Die Umsetzung dieser Vorgehensweise ist mit weiteren Wohnungsbaugesellschaften für die kommenden Jahre geplant. Berlin, den 31. März 2017 In Vertretung Stefan Tidow ................................ Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Apr. 2017)