Drucksache 18 / 10 747 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katalin Gennburg (LINKE) vom 16. März 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. März 2017) und Antwort Bundesrechtlich verordneter Einbau „intelligenter“ Messsysteme bzw. Smart Meter: Was kommt auf Berliner Mieter/innen und Verbraucher/innen zu? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie steht der Senat zum sukzessiven verpflichtenden Einbau intelligenter Messsysteme bzw. Smart Meter zur Messung des Stromverbrauchs in privaten Haushalten, der im Rahmen des Gesetzes zur „Digitalisierung der Energiewende“ 2016 durch den Bundestag beschlossen wurde? Zu 1.: Der Einbau der intelligenten Messsysteme bzw. Smart Meter zur Messung in privaten Haushalten entspricht der von Berlin mitgetragenen Gesetzeslage. Grundsätzlich wird zum Gelingen der Energiewende der Einbau intelligenter Messsysteme für erforderlich gehalten . 2. Teilt der Senat die Auffassung der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), dass der verpflichtende Einbau solcher Smart Meter einen grundrechtswidrigen und datenschutzrechtlich bedenklichen Eingriff in die Souveränität der Verbraucher/innen und in die informationelle Selbstbestimmung darstellt? Zu 2.: Der Gesetzgeber hat in den §§ 19 bis 28 des Gesetzes über den Messstellenbetrieb und die Datenkommunikation in intelligenten Energienetzen (Messstellenbetriebsgesetz ) den Messstellenbetreibern umfassende und strenge technische Vorgaben zur Gewährleistung von Datenschutz und Datensicherheit beim Einsatz von Smart- Meter-Gateways auferlegt. Diese technischen Vorgaben werden von der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) als „grundsätzlich sehr hoch“ bewertet. Es wird die konsequente Einhaltung dieser Sicherheitsvorgaben gefordert . Die Verbraucherinnen und Verbraucher sollen darüber informiert werden, dass eine freiwillige Weitergabe ihrer Daten, beispielsweise für Werbezwecke, Rückschlüsse auf Lebensstandard und Gewohnheiten zulässt. Dieser Auffassung, die von der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit geteilt wird, schließt sich der Senat an. 3. Wie beurteilt der Senat insbesondere die Konsequenzen der Umlagefähigkeit von Kosten für Einbau und Betrieb solcher intelligenten Messsysteme auf Mieter /innen? Zu 3.: Nach den §§ 31 und 32 Messstellenbetriebsgesetz werden Obergrenzen für den Einbau von intelligenten Messsystemen festgelegt. Für die Anschlüsse von Mieterinnen und Mietern darf die Kostenbelastung nicht mehr als 20,00 € im Jahr betragen. 4. Welche Möglichkeiten und Handlungsspielräume sieht der Senat, um Mieter/innen bzw. Verbraucher/innen in Berlin vor überhöhten Nebenkosten infolge des zwangsweisen Einbaus intelligenter Stromzähler zu schützen? Zu 4.: Der Austausch der Stromzähler erfolgt durch die Stromnetz Berlin GmbH. Es ist nicht erkennbar, wie überhöhte Grundgebühren oder sonstige Kosten für intelligente Stromzähler geltend gemacht werden sollen, da nach den §§ 31 und 32 Messstellenbetriebsgesetz die unter 3. erwähnten Obergrenzen in Höhe von 20,00 € pro Jahr festgelegt sind. Macht eine Vermieterin bzw. ein Vermieter gegenüber dem Mieterhaushalt überhöhte Betriebskosten geltend, muss das auf zivilrechtlichem Wege geklärt werden. 5. Das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende sieht in §29 Abs. 2 vor, dass grundzuständige Messstellenbetreiber auch Verbraucher/innen mit einem Jahresstromverbrauch von unter 6.000 kWh „optional“ mit intelligenten Messsystemen ausstatten können. Ist dem Senat bekannt, ob und inwiefern entsprechende Verteilnetzbetreiber in Berlin derzeit den Einbau intelligenter Messsysteme unterhalb der bundesgesetzlichen Anforderungen an Messstellen von Endverbraucher/innen planen? Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 747 2 Zu 5.: Der grundzuständige und damit zur Umsetzung der Vorgaben des Messstellenbetriebsgesetzes verpflichtete Messstellenbetreiber – Stromnetz Berlin GmbH – plant ausschließlich die in § 29 Absatz 1 Messstellenbetriebsgesetz definierten sog. Pflichteinbaufälle mit intelligenten Messsystemen auszustatten. Davon abweichend werden intelligente Messsysteme ausschließlich auf ausdrücklichen Wunsch des Letztverbrauchers bzw. der Letztverbraucherin eingesetzt. 6. Planen die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften derzeit den Einbau intelligenter Messsysteme oder einfacher digitaler Zählgeräte in ihren Beständen oder bei Neubauprojekten? (Bitte nach Gesellschaften und nach Bezirken auflisten.) Zu 6.: Gesellschaft Planung degewo Nein, es gibt jedoch zwei Pilotvorhaben. GESOBAU Nein Gewobag Nein, dazu werden derzeit Strategien beraten. HOWOGE Ja, dazu erfolgen derzeit Strategiediskussionen. STADT UND LAND Ja, seit 2010 in der Umsetzung. WBM Ja, erfolgt im Zuge der Beauftragung von Messdienstleistern. 7. An welche Übertragungs- und Verteilnetzbetreiber sowie Energieversorgungsunternehmen werden die im Rahmen des Betriebs intelligenter Mess-systeme erhobenen Stromverbrauchsdaten von Berliner Haushalten weitergeleitet ? (Bitte einzeln nach Gesellschaft auflisten.) Zu 7.: Die durch das intelligente Messsystem gemessenen Verbrauchsdaten sollen ab dem Jahr 2020 direkt mittels eines Gateways an die berechtigten Marktpartner zur Erfüllung ihrer energiewirtschaftlichen Aufgaben gemäß §§ 66 ff. Messstellenbetriebsgesetz übermittelt werden. Dies sind der Verteilnetzbetreiber (in Berlin: Stromnetz Berlin GmbH), der Übertragungsnetzbetreiber (für Berlin: 50Hertz Transmission AG), der jeweilige Stromlieferant und der Bilanzkreisverantwortliche. Darüber hinaus kann der Letztverbraucher bzw. die Letztverbraucherin selbst entscheiden, ob diese Daten zusätzlich für Dritte freigegeben werden sollen. Dabei werden die gesetzlichen Bestimmungen zur Datensicherheit und zum Datenschutz des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) eingehalten. Bis Ende 2019 erfolgt die Verteilung der Daten im Rahmen der Marktprozesse der Bundesnetzagentur (Interimsprozesse) über den Verteilnetzbetreiber . 8. Wie viel Geld planen die Gesellschaften für die Umrüstung auf intelligente Messsysteme in den landeseigenen Wohnungsbeständen innerhalb der nächsten fünf Jahre zu investieren? (Bitte nach Gesellschaften auflisten .) Zu 8.: In der Mittelfristplanung der Gesellschaften sind dazu grundsätzlich bislang nur bei der STADT UND LAND Mittel von 5.000 T€ als Investitionsmittel eingeplant (vgl. auch Antwort zu 6.). 9. Welche Maßnahmen gedenkt der Senat zu ergreifen , um einem Missbrauch erhobener Verbrauchsdaten, die die Erstellung von Nutzungsprofilen von Endverbraucher /innen ermöglichen, vorzubeugen? Zu 9.: Die Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder haben eine Orientierungshilfe verabschiedet, die geeignete Maßnahmen zum Schutz personenbezogener Daten im Rahmen von Smart Meter Technologien vorschlägt . Sie beinhaltet auch entsprechende Forderungen und Empfehlungen. 10. Sind dem Senat Beschwerden/Widersprüche von Mieter/innen bekannt, wonach dem Einbau smarter Rauchwarnmelder in landeseigenen Wohnungsbeständen widersprochen wurde, weil über diese Bewegungsprofile speicherbar sind und unklar ist, wo und von wem die gespeicherten Daten gelagert werden. Zu 10.: Es liegen den städtischen Wohnungsbaugesellschaften keine Beschwerden vor. Berlin, den 31. März 2017 In Vertretung Christian R i c k e r t s ....................................................... Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Apr. 2017)