Drucksache 18 / 10 810 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katina Schubert und Stefanie Fuchs (LINKE) vom 27. März 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. März 2017) und Antwort Leistungskürzungen für Geflüchtete im Regelkreis des SGB II Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie bewertet der Senat die Tatsache, dass – nach Meldungen von Beratungsstellen – anerkannten Flüchtlingen auf Basis der Fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit, nach denen auch dann von einer Bedarfsgemeinschaft auszugehen ist, wenn der Ehepartner noch im Herkunftsland oder in einem Flüchtlingslager in einem angrenzenden Land lebt, der volle Regelsatz der Regelbedarfsstufe 1 (409,- €) verwehrt und nur der reduzierte Betrag der Regelbedarfsstufe 2 (368,- €) für den in Bedarfsgemeinschaft lebenden Partner gewährt wird; obwohl nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (Urteil vom 16.04.2013, Az.: B 14 AS 71/12 R) solche Leistungskürzungen nur dann gerechtfertigt sind, wenn beide Partner in einer Haushaltsgemeinschaft tatsächlich aus einem Topf wirtschaften und dadurch Einsparmöglichkeiten erzielen können? Zu 1.: Für zwei volljährige Leistungsberechtigte, die als Ehegatten, Lebenspartner oder in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft eine Bedarfsgemeinschaft bilden und als solche einen gemeinsamen Haushalt führen wird für jede dieser Personen als Regelbedarf ein Betrag der Regelbedarfsstufe 2 (seit 01.01.2017: 368,- Euro) anerkannt. Die Reduzierung auf jeweils 90 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 für Alleinstehende (seit 01.01.2017: 409,- Euro) liegt darin begründet, dass bei Partnern einer Bedarfsgemeinschaft typisierend von einem gemeinschaftlichen Wirtschaften mit entsprechenden Einsparpotentialen ausgegangen wird. Bei anerkannten Flüchtlingen, deren Ehepartner noch im Ausland leben, bilden beide zwar eine Bedarfsgemeinschaft , Einsparpotentiale durch „Wirtschaften aus einem Topf“ sind hier jedoch nicht zu realisieren. Die Bedarfslage dieses Personenkreises entspricht damit der von Alleinstehenden, sodass hier die Regelbedarfsstufe 1 anzuerkennen ist. In den Fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit zu § 7 Sozialgesetzbuch - Zweites Buch (SGB II), der den Kreis der Leistungsberechtigten definiert, wurde die spezielle Bedarfslage des in Rede stehenden Personenkreises bislang noch nicht explizit behandelt. Mit Unterrichtung vom 28.03.2017 stellt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Ergänzung der Fachlichen Weisungen mit dem Ziel einer einheitlichen und korrekten Rechtsanwendung in Aussicht (siehe Anlage). Soweit im Einzelfall zu Unrecht der geringere Regelsatz der Bedarfsstufe 2 gewährt wurde, ist die Differenz zur Bedarfsstufe 1 nachzuzahlen. 2. Sind dem Senat Fälle bekannt, in denen es entgegen der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes zu einer solchen Leistungskürzung für anerkannte Flüchtlinge im Regelkreis des SGB II kam? Zu 2.: Dem Senat sind keine Fälle bekannt, in denen anerkannten und allein lebenden Flüchtlingen unter Missachtung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur der Regelbedarf der Regelbedarfsstufe 2 gewährt wurde. 3. Wie wird der Senat sicherstellen, dass in Berlin die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes in den genannten Sachverhalten einheitlich beachtet wird? Zu 3.: Der Senat geht davon aus, dass die angekündigte Ergänzung der Fachlichen Weisungen die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ausdrücklich aufgreifen und damit auch zu einer bundesweit einheitlichen Rechtsauslegung und Rechtsanwendung beitragen wird. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 810 2 Berlin, den 07. April 2017 In Vertretung Alexander Fischer Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Apr. 2017) S18-10810 S1810810_Anlage