Drucksache 18 / 10 825 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) vom 20. März 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. März 2017) und Antwort Buntes Angebot im Kitaeigenbetrieb Süd-West Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Der Schriftlichen Anfrage liegen Sachverhalte zugrunde , die ausschließlich den Eigenbetrieb von Berlin, Kindertagesstätten Berlin-Süd-West, betreffen und nur von dort beantwortet werden können. Der Eigenbetrieb wurde daher um Stellungnahme bzw. Beantwortung gebeten. 1. a) Der Kita-Eigenbetrieb Süd-West hat auf meine Anfrage erklärt, man verzichte auf Anraten der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) auf Schweinefleisch in den Kindertagesstätten. Dem Qualitätsstandard der DGE für die Verpflegung in Tageseinrichtungen für Kinder ist auf Seite 47 jedoch ausdrücklich das Angebot "Schweinebraten" zu entnehmen . Eine Empfehlung, kein Schweinefleisch zu servieren, enthält der Qualitätsstandard der DGE gerade nicht. Da diese Begründung also offensichtlich nicht zutreffen kann: was ist der Grund, dass kein Schweinefleisch serviert wird? b) Weiter erklärt der Eigenbetrieb das Weglassen von Schweinefleisch im Ernährungsplan wie folgt: "Für Kinder und Säuglinge empfiehlt sich daher während der Wachstumsphase bis hin zur Adoleszenz besonders eine Verköstigung mit Fleischsorten mit einem hohen Eisengehalt als Spurenelement mit essenzieller Bedeutung. Ein Mangel an diesem entscheidenden Spurenelement kann sich besonders auf die Gehirnentwicklung und die kognitive Leistungsfähigkeit negativ auswirken und zu Langzeitstörungen in den neuralen Verbindungen führen." Im Gegensatz zu eisenarmem Kalbs- und Geflügelfleisch (1,5 bis 10 mg) enthält Schweineleber sogar 17 mg Eisen in 100 g und wäre demnach besonders zu empfehlen , um negative Entwicklungen der kognitiven Leistungsfähigkeit von Kindern vorzubeugen. Da auch diese Begründung also offensichtlich nicht zutreffen kann: was ist der Grund, dass kein Schweinefleisch serviert wird? Zu 1 a) und b): Der Eigenbetrieb von Berlin, Kindertagesstätten Berlin-Süd-West, führt hierzu folgendes aus: „Der ausführliche DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in Tageseinrichtungen für Kinder, der unter breiter Beteiligung von Politik, Verbänden, Wissenschaft und Praxis auf 56 Seiten erarbeitet wurde, nennt Schweinefleisch an zwei Stellen: - Auf Seite 11 heißt es „Weißes Fleisch (Geflügel) sollte bevorzugt angeboten werden, da es unter gesundheitlichen Gesichtspunkten günstiger zu bewerten ist als rotes Fleisch (Schwein, Rind, Schaf, Ziege).“ Dieser Hinweis ist auch den „10 Regeln der DGE“ zu entnehmen, die übersichtlich auf einer Seite Hinweise zu einer vollwertigen und gesunden Ernährung geben. - Der angeführte „Schweinebraten“ ist eine von sechs Fleischvarianten, die bei einem Wochenplan für eine Kita unter der Kategorie „max. 2 x Fleisch/Wurst, davon mind. 1 x mageres Muskelfleisch “ aufgeführt werden: „Putenbrust, Hähnchenschnitzel , Hühnerfrikassee, Rinderroulade, Schweinebraten, Geschnetzeltes“ (Seite 47). - Bei der Gestaltung eines Vier-Wochenplans werden in der gleichen Veröffentlichung als Beispiele zur praktischen Umsetzung die folgenden Angebote aufgeführt: „Putenbrust, Hähnchenschnitzel, Rinderbraten, Geschnetzeltes“ (Seite 16). Es gibt keine Anweisung des Trägers, dass es kein Schweinefleisch geben darf. Der Speiseplan jeder einzelnen Kita wird individuell mit den Kindern, den Köchen und den Beschäftigten erarbeitet, Anregungen durch Eltern finden Berücksichtigung. Der Speiseplan hängt in jeder Kita gut sichtbar für Eltern aus. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 825 2 Eisenreiche Lebensmittel finden sich auf dem Speisenplan einer Kita innerhalb eines Monats wieder, beispielsweise und auszugsweise im Monat März: Rote Beete , Krautsalat, Hühnerfrikassee, Reis, Fischfrikadelle, Dillsoße, Kartoffeln, Karottengemüse, Rahmspinat, Ei, Brot, Putenschinken, Backfisch, Pilzsoße, Erbsengemüse, Thymiansoße.“ 2. Da sich Fehler bei der Ernährung nach Darstellung des Eigenbetriebs "besonders auf die Gehirnentwicklung und die kognitive Leistungsfähigkeit negativ auswirken und zu Langzeitstörungen in den neuralen Verbindungen führen" sind derartige organisatorische Änderungen nach § 14 Abs. 2 KitaFöG unter Beteiligung der Eltern durchzuführen . Wann hat diese Elternbeteiligung in jeder Tageseinrichtung des Eigenbetriebs Süd-West (bitte unter Angabe der Anschrift der Tageseinrichtung und der Zahl der betroffenen Kinder in der Einrichtung geschlüsselt) jeweils mit welchem Ergebnis stattgefunden? Welche Einwände sind erhoben worden? Welches Informationsmaterial ist dazu übermittelt worden? 3. Nach § 36 Abs. 1 GGO I Berlin sind über bedeutsame Vorgänge wie Telefonate, Besprechungen, Einzelweisungen , Prüfungen, Besichtigungen, Ergebnisse Vermerke zu fertigen. Nach dieser Norm sind über z. B. Telefonate , Besprechungen, Einzelweisungen, Prüfungen, Besichtigungen Vermerke zu fertigen. Welche Vermerke sind wann durch wen in dieser nach Angaben des Eigenbetriebs bedeutsamen Frage gefertigt worden? An wen wurden diese wann übermittelt? Zu 2.und 3.: Der Eigenbetrieb von Berlin, Kindertagesstätten Berlin-Süd-West, führt hierzu folgendes aus: „Nach einem ausführlichen Gespräch wird mit den Eltern /Personensorgeberechtigten ein Betreuungsvertrag geschlossen. Dabei werden auch die individuelle Kita- Konzeption und die Besonderheiten der Kita angesprochen . Ein wesentliches Informationsbedürfnis vieler Eltern und Entscheidungskriterium für eine Kita der Kindertagesstätten Berlin Süd-West ist das im eigenen Haus zubereitete Mittagessen. Dies wird in den Aufnahmegesprächen erläutert. Auf Elternversammlungen wird auch über die Essensangebote der Kita gesprochen. Sofern die Themen die Gesamtheit der Einrichtungen betreffen, werden diese im Elternbeirat besprochen. Die Art der Speisenplangestaltung und die Inhalte des Essensangebotes waren bisher nicht Thema in diesem Gremium. Die Speisen werden unter Einhaltung der EU-Lebensmittel- Informations-Verordnung verarbeitet, der Speisenplan wird ausgehängt. Im Übrigen liegen dem Eigenbetrieb Süd-West keine Beschwerden zu diesem Thema vor. Zur Frage 3 wurde dem Fragesteller am 21. Februar 2017 ausführlich durch den zuständigen Jugendstadtrat des aufsichtführenden Trägerbezirks der Kindertagesstätten Berlin Süd-West geantwortet.“ 4. Welche Stelle ist in den Eigenbetrieben oder für diese mit der Bestellung von Lebensmitteln befasst? Wann und durch wen haben diese Personen von der Weisung , kein Schweinefleisch mehr zu bestellen, erfahren? 5. Sind in der Folge wegen dieser Entscheidung Lieferanten gewechselt worden? Zu 4. und 5.: Der Eigenbetrieb von Berlin, Kindertagesstätten Berlin-Süd-West, führt hierzu folgendes aus: „Je nach Küchenbetrieb sind entweder das eigene Wirtschaftspersonal oder die beauftragte Firma mit der Bestellung von Lebensmitteln befasst. Eine Weisung durch die Geschäftsstelle existiert nicht (…).“ 6. Wie verfahren die Kindertagesstätten des Eigenbetriebs mit einem weltanschaulich bedingten Elternwunsch, das Kind möge regelmäßig Schweinefleisch zu Mittag serviert bekommen? Zu 6.: Der Eigenbetrieb von Berlin, Kindertagesstätten Berlin-Süd-West, führt hierzu folgendes aus: „Die pädagogischen Fachkräfte oder andere Vertreterinnen oder Vertreter des Eigenbetriebs besprechen diesen Elternwunsch ebenso wie jeden anderen Elternwunsch in Bezug auf das Mittagessen. (…).“ Der Kita-Eigenbetrieb teilte darüber hinaus mit, dass ein solcher Wunsch seit seinem Bestehen (2006) nicht an ihn herangetragen worden sei und dass es im Übrigen auch keine Vorgaben über Fleischsorte oder Wurst Belag bei Frühstück und Imbiss gäbe. Berlin, den 12. April 2017 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Apr. 2017)