Drucksache 18 / 10 830 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Stefan Förster (FDP) vom 27. März 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. März 2017) und Antwort Neue Fördermechanismen in der Filmförderung Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie schätzt der Senat aktuell die Filmförderung in Berlin und Deutschland im Hinblick auf deren Wirksamkeit und den effektiven Einsatz der Mittel ein? Wo gibt es Schwachstellen bei den bisherigen Fördermechanismen? Zu 1.: Die Kino- und Fernsehfilmförderung in Deutschland ist nach Ansicht des Senats in Berlin und Deutschland auch im Vergleich zu anderen europäischen Ländern auf einem hohen Niveau und effektiv. In Deutschland wird überwiegend der Kinofilm in seiner Entwicklung, der Produktion und dem Vertrieb und Abspiel gefördert. Im Jahr 2015 wurden hierfür vom Bund, der Filmförderungsanstalt aus Abgaben der Branche und von den Ländern insgesamt ca. 280 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. Den Fernsehfilm haben insbesondere die Länderfilmförderungen mit ca. 29 Mio. Euro gefördert. Damit nimmt Deutschland bei der klassischen Filmförderung hinter Frankreich eine Führungsposition gegenüber allen anderen europäischen Staaten ein. 2016 sind noch einmal 10 Mio. Euro durch den German Motion Picture Fund GMPF für internationale Großproduktionen auch im TV-Bereich hinzugekommen. Die Staatsministerin für Kultur und Medien hat außerdem eine Aufstockung des Deutschen Filmförderfonds DFFF um insgesamt 75 Mio. Euro angekündigt. Die Mittel werden auch effektiv ausgegeben. Die gemeinsame Förderinstitution von Berlin und Brandenburg, das Medienboard, hat im Filmjahr 2016 229 Projekte mit insgesamt 26,5 Mio. Euro gefördert. Damit wurde ein Drehtage-Rekord erzielt. Es wurden insgesamt 5000 Drehtage in der Region verzeichnet. Eines der Erfolgskriterien ist der Regionaleffekt. Das Medienboard erreichte bei Spielfilmen und Serien 2016 einen Regionaleffekt von 566 %, d.h., jeder Fördereuro löst weitere Ausgaben von 5,66 Euro aus. Ein weiteres Erfolgskriterium sind Festivalteilnahmen und Preise. 2016 holte „Bridge of Spies“ einen Oscar, „Toni Erdmann “ erhielt 5 europäische Filmpreise und eine Oscarnominierung . Mit den Förderungen konnte in den letzten Jahren der Anteil deutscher Filme am Kinomarkt gesteigert werden. 2017 haben die Medienboard-geförderten Filme „Vier gegen die Bank“ und „Bibi & Tina 4 - Tohuwabohu Total “ jeweils mehr als eine Million Zuschauer ins Kino gelockt. Die Förderkriterien werden regelmäßig überprüft und der Entwicklung des Filmmarktes und der digitalen Welt angepasst. Die letztere Revision des Filmförderungsgesetzes auf der Bundesebene hat mit der Novellierung stattgefunden , die zum 1.1.2017 in Kraft getreten ist. Dabei wurden eine Reihe von Änderungen eingeführt, die zum Beispiel die stärkere Förderung von Qualität, eine vorsichtige Lockerung der Sperrfrist-Ausnahmen und die Besetzung der Förderausschüsse betrafen. Nachholbedarf gibt es bei Anreizsystemen, die auf die Unterstützung internationaler Großproduktionen im internationalen Wettbewerb zielen. Hier haben andere Länder automatische Systeme, nach denen Produktionen ohne Obergrenzen anteilig gefördert werden, wenn sie im jeweiligen Land produziert werden. Deshalb wird gefordert, eine konsistente Förderung der gesamten audiovisuellen Produktionswirtschaft einzurichten, um dadurch Deutschland für alles Genres des audiovisuellen Schaffens wieder als international wettbewerbsfähigen Produktionsort zu etablieren, Arbeitsplätze in der Produktionswirtschaft zu schaffen und zu sichern und im Wirtschafts- und Kulturgut Film, Serie, Animation, VFX und Games eine wirtschaftlich tragfähige Grundlage zu verschaffen, so die Forderung der Verbandsvertreter. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 830 2 2. Welche konkreten Vorstellungen hat der Senat zur Änderung der Filmförderung in Berlin und Deutschland, etwa im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes zur Förderung von „creative industries“? Zu 2.: Neben der klassischen Filmförderung, die arbeitsteilig von Bund, Ländern und der FFA geleistet wird, gilt es, weitere Fördermechanismen einzuführen, die konkurrenzfähige Anreize zur Produktion in Deutschland bieten. Die Ankündigung eines DFFF II, der für Kinofilme diese Anreize bietet, durch die Staatsministerin für Kultur und Medien ist ein Schritt in die richtige Richtung. Erforderlich wäre aber eine Ausdehnung der Förderung auf den gesamten audiovisuellen Bereich, insbesondere die Computerspielentwicklung. Anders als Film- und Fernsehproduktionen werden Spieleentwicklungen als audiovisuelles Format erst seit einigen Jahren von den Länderförderinstitutionen unterstützt, und dies auch nur mit erheblich geringerem Mitteleinsatz. Beim Medienboard stehen z.B. 1,3 Mio. Euro für innovative audiovisuelle Inhalte zur Verfügung. Vom Umsatz und der gesamtgesellschaftlichen Bedeutung her sind Computerspiele aber von vergleichbarer Wichtigkeit wie die Filmindustrie . Sie sind auch unterstützungsbedürftig. Der Anteil deutscher Entwicklungen am in Deutschland erzielten Umsatz ist auf nur 6,5 % gesunken, also auf ca. ein Viertel des Anteils der deutschen Filme am Filmmarkt. Die Zahl der Arbeitskräfte in der Games-Branche wächst deutlich langsamer als der Gesamtmarkt. Automatische Fördermechanismen und Anreize können und sollen in erster Linie auf der Bundesebene eingerichtet werden. Deshalb setzt sich der Senat dafür ein, dass nach dem Vorbild des DFFF II Förderlinien z.B. für TV-High-End-Dramaserien, für VFX und für den Gamesbereich beim Bund eingerichtet werden. Hintergrund ist, dass – wie Studien nachgewiesen haben – jeder Fördereuro zu einem Mehr an Steuereinnahmen führt, das die Förderausgaben mehr als kompensiert. Zugleich hält es der Senat für sinnvoll, dass die äußerst heterogene Förderstruktur des Bundes mit nunmehr vier verschiedenen Förderfonds im Hinblick auf die Übersichtlichkeit überprüft wird. 3. Wie könnte die Wertschöpfungskette des Films auf bundespolitischer Ebene besser ausgenutzt werden? Welche Initiativen plant der Senat hierzu? Zu 3.: Filme werden in einer gestuften Auswertung in den Markt gebracht. Bei Kinofilmen ist nach wie vor die Verwertung in den Filmtheatern die erste wichtige Stufe. Danach folgen die anderen Auswertungen im Pay und Free TV bzw. über DVD und Video on Demand- Angebote. Bereits während der Diskussion um die Novellierung des Filmförderungsgesetzes haben sich die Länder dafür eingesetzt, die Ausnahmemöglichkeiten von den Sperrfristen bei der Förderung durch die FFA moderat zu lockern, um den Entwicklungen am Markt und den Bedürfnissen des Publikums besser gerecht zu werden. Dabei ist allerdings die Schutzwürdigkeit der Filmtheater zu berücksichtigen, die auf ein Zeitfenster für die proprietäre Auswertung angewiesen sind. Der Senat wird sich hier weiterhin aktiv einbringen. Berlin, den 11. April 2017 Der Regierende Bürgermeister In Vertretung B j ö r n B ö h n i n g Chef der Senatskanzlei (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. April 2017)