Drucksache 18 / 10 905 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) vom 03. April 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. April 2017) und Antwort Transparenz I: die IHK Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welcher Person bei welcher Senatsverwaltung obliegt die Rechtsaufsicht über die Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin als Körperschaft öffentlichen Rechts? Zu 1.: Zuständig für die Ausübung der Aufsicht über die Industrie- und Handelskammer ist gemäß § 11 Abs. 1 und 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern des Bundes (im Folgenden : IHKG Bund) in Verbindung mit § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Industrie- und Handelskammer zu Berlin (im Folgenden: IHKG Berlin) das für den Geschäftsbereich Wirtschaft zuständige Mitglied des Senats. 2. Sind - und wenn ja, welche - Vorgaben hinsichtlich der Vergütung von Leitenden Mitarbeitern der IHK zu beachten, insbesondere die sich aus der Stellung als KöR ergeben? Zu 2.: Nein, aus den für Industrie- und Handelskammern (IHKn) allgemein geltenden rechtlichen Bestimmungen ergeben sich keine Vorgaben für die Vergütung von leitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Industrie - und Handelskammer zu Berlin (IHK Berlin). 3. Gibt es im öffentlichen Dienst des Landes Berlin variable Zielvorgaben, deren Erreichung vergütet wird? Wo werden diese exemplarisch angewandt? Zu 3.: Ja, hierzu wird exemplarisch verwiesen auf die Geschäftsberichte der Berliner Wasserbetriebe AöR (Jahr 2015, S. 85), der Berliner Stadtreinigung AöR (Jahr 2015 S. 82) und der BVG AöR (Jahr 2015, S. 60). Diese sind alle online abrufbar. Die Festlegung von variablen Zielvorgaben erfolgt gemäß den gesetzlichen Vorgaben, die teilweise spezialgesetzlich geregelt sind. Auch bei den Berliner Bäderbetrieben AöR und im Bereich der Hochschulen einschließlich des Vorstands der Charité-Universitätsmedizin Berlin sowie in der Leitung des Studierendenwerks Berlin sind Zielvereinbarungen und Leistungszulagen existent. Ebenso existieren im Bereich der Kulturverwaltung Zielvereinbarungen, deren Erreichung vergütet wird. Mit den Vorständen der öffentlich-rechtlichen Landesstiftungen im Bereich der Museen, Gedenkstätten und Bibliotheken sowie mit den Leitungspersonen der Bühnen (Stiftungen des öffentlichen Rechts, landeseigene Gesellschaften mit beschränkter Haftung sowie LHO-Betriebe) werden in der Regel jährliche Zielvereinbarungen abgeschlossen . Darüber hinaus entsprechen variable Gehaltsanteile grundsätzlich dem haushaltsrechtlichen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. 4. Falls es diese gibt, wie werden diese Zielvorgaben festgelegt? Wäre es in diesem Zusammenhang zulässig und entspräche es der vom Senat gewünschten Transparenz , wenn allein eine Person die Zielvorgaben kennen und allein darüber entscheiden würde, ob diese erreicht worden sind? Zu 4.: Sowohl im privatrechtlichen als auch im öffentlich -rechtlichen (Unternehmens-) Bereich gibt es nach dem jeweiligen Fachrecht, ergänzt um das zugehörige Satzungsrecht, diesbezüglich Regelungen, durch welches Organ oder welches Gremium die Festlegung von Zielvorgaben erfolgt. Soweit das Fachrecht dies zulässt, ist auch die Übertragung dieser Kompetenzen auf eine Person rechtlich möglich. Der Senat unterstützt generell die Förderung von Transparenz. Daher begrüßt er, dass die IHK Berlin als eine der bundesweit ersten Kammern überhaupt im Jahresabschluss das Gehalt des Hauptgeschäftsführers einschließlich der variablen Vergütung veröffentlicht. Der Senat setzt sich ferner dafür ein, dass auch dort größtmögliche Transparenz geschaffen wird, wo sie nicht gesetzlich vorgeschrieben ist. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 905 2 5. Ist dem Senat bekannt, dass der Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin eine variable Vergütungskomponente erhält, deren Zielvorgaben allein mit dem IHK- Präsidenten vereinbart werden? Falls nein, warum nicht, wenn der Senat die Rechtsaufsicht führt? Falls ja, weshalb hält der Senat dieses Verfahren für offenbar angemessen, da dieses nicht unterbunden wird? Zu 5.: Der Sachverhalt ist dem Senat bekannt. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese Praxis rechtlich zulässig ist, so dass sie von der Rechtsaufsicht nicht „unterbunden “ werden kann: Weder die Bestellung des Geschäftsführers, noch der Anstellungsvertrag sind nach dem IHKG Bund genehmigungsbedürftig (§ 11 Abs. 2 IHKG-Bund). Der Geschäftsführer wurde ordnungsgemäß von der Vollversammlung bestellt. Gemäß § 11 Abs. 4 Satz 2 der Satzung der IHK Berlin obliegt zwar die Festlegung des Gehalts und der sonstigen Vertragsbestandteile des Anstellungsvertrages des Hauptgeschäftsführers dem Präsidium, einem aus 14 Personen bestehenden Kollegialorgan. Das Präsidium hat bei Abschluss des Anstellungsvertrags mit dem Hauptgeschäftsführer auch das Gehalt inklusive des variablen Anteils festgelegt, jedoch im Wege einer Zusatzvereinbarung die Vereinbarung der jeweiligen Ziele an den oder die Präsident*in delegiert. Dies ist nach der Satzung nicht ausgeschlossen und kann daher rechtlich nicht beanstandet werden. Darüber hinaus hat die Vollversammlung der IHK Berlin als deren höchstes internes Entscheidungsgremium sich am 13. Januar 2017 explizit dagegen entschieden, dass die Vereinbarung für die variablen Gehaltsbestandteile des Hauptgeschäftsführers ihr zur Kenntnis und Genehmigung vorgelegt wird. Der Sachverhalt ist jedoch Gegenstand des Dialogs zwischen Rechtsaufsicht und IHK, der sich insbesondere auf Gebiete erstreckt, in denen die Aufsicht nicht rechtlich einschreiten muss. Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag e.V. (DIHK) als Dachverband hat das Thema „Förderung von Transparenz“ aufgenommen und auf Bundesebene verschiedene Vorschläge unterbreitet. 6. Ist beabsichtigt - wenn nein, weshalb nicht - die IHK Berlin - ähnlich wie die IHK Hannover im Jahr 2015 wegen der intransparenten Vergütungsregelung - durch den Landesrechnungshof prüfen zu lassen? Zu 6.: Gemäß § 111 Abs. 2 Satz 1 Landeshaushaltsordnung Berlin (LHO) unterliegt die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Kammern der Selbstverwaltung der Wirtschaft nicht der Prüfung durch den Rechnungshof, da eine den Grundsätzen der LHO entsprechende Prüfung gewährleistet ist. 7. Ist der Senat der Auffassung - mit welcher Begründung ? - ob es zulässig ist, dass die IHK Berlin wegen kritischer öffentlicher Meinungsäußerungen zu diesen Vergütungsfragen gegen Mitglieder der IHK-Vollversammlung , also von den IHK-Zugehörigen direkt gewählte Mandatsträger rechtlich vorgeht und die anwaltliche Vertretung aus den Mitgliedspflichtbeiträgen bestreitet? Zu 7.: Wie jedem Bürger ist es auch juristischen Personen , also auch der IHK Berlin, gestattet, sich mit anwaltlicher oder auch gerichtlicher Hilfe gegen falsche Behauptungen, soweit diese sich gegen sie und ihre Organe richten, zu wehren, insbesondere, wenn diese öffentlich vorgetragen werden. Hierbei ist es aufgrund des bestehenden Dienstverhältnisses üblich, dass der Arbeitgeber bzw. der Dienstherr die Rechtsverfolgungskosten für die oder den konkret Betroffene/n trägt. Berlin, den 19. April 2017 In Vertretung Christian R i c k e r t s ...................................................... Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Apr. 2017)