Drucksache 18 / 10 909 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Kristian Ronneburg (LINKE) vom 06. April 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. April 2017) und Antwort Auslastung und Erweiterungspotentiale von „Park and Ride“ und „Bike and Ride“ Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Erkenntnisse liegen dem Senat hinsichtlich der Auslastung von Park+Ride-Anlagen sowie Bike+-Ride-Anlagen in Berlin und Umland standortkonkret vor? Frage 2: Welche Anlagen werden als besonders überlastet eingestuft? Antwort zu 1 und 2: Die in Berlin vorhandenen Park and Ride Plätze liegen in der Zuständigkeit der bezirklichen Straßen- und Grünflächenämter als Straßenbaulastträger . Sie bewirtschaften die Anlagen und sind für die Gewährleistung der Verkehrssicherungspflicht verantwortlich . Statistische Analysen über standortkonkrete Auslastungen der Park and Ride Plätze liegen in den Bezirken nicht vor. Aufgrund der kostenlosen und uneingeschränkten Verfügbarkeit von Park and Ride Plätzen im Nahbereich zum öffentlichen Verkehr ist bei den vorhandenen Anlagen in Berlin wochentags von einem sehr hohen Auslastungsgrad auszugehen. Der Senat fördert seit Jahren Bike and Ride Baupropgramme der S-Bahn Berlin GmbH und Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) zur Errichtung von Fahrradabstellanlagen an den Zugangsstellen des öffentlichen Personenverkehrs . Im Rahmen dieser Programme wurde das Fahrradabstellangebot in den Jahren 1999 bis 2016 von ca. 10.000 Abstellplätzen auf ca. 29.000 Fahrradabstellplätze erhöht. Zur Ermittlung der Nachfrageschwerpunkte hat der Senat im Jahr 2015 an 36 S- und U-Bahnhöfen eine Angebots - und Nachfrageanalyse zu Bike- und Ride im Tageszeitraum durchgeführt und Erhebungen der Deutschen Bahn aus den Jahren 2014 und 2015 ausgewertet. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass insgesamt an den Beispielbahnhöfen in der Summe mehr Räder als vorhandene Bike and Ride Plätze abgestellt wurden. Bei mehr als der Hälfte der einzelnen Bahnhöfe übersteigt die Nachfrage das vorhandene Angebot. Frage 3: Welche Erkenntnisse liegen dem Senat hinsichtlich der Möglichkeit, zusätzliche Kapazitäten an diesen Standorten zu schaffen, vor? Frage 4: Welche Erkenntnisse liegen dem Senat hinsichtlich vorhandener Flächenpotentiale für zusätzliche P+R sowie B+R-Kapazitäten vor? Frage 5: Welche konkreten Maßnahmen verfolgt der Senat bei der Schaffung zusätzlicher Kapazitäten für „Park and Ride“ und „Bike and Ride“? Antwort zu 3, 4 und 5: Es hat sich gezeigt, dass Park and Ride zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse aufgrund der hohen Kosten für Grunderwerb, Betrieb und Unterhaltung sowie dem geringen verkehrlichen Nutzen (möglichen Neukundenzuwachs und Entlastung der Straßen vom Individualverkehr) nur sehr begrenzt geeignet und wirtschaftlich tragfähig sind. Zur Entlastung der Berliner Stadtgebiete vom Autoverkehr verfolgt das Land Berlin gemeinsam mit dem Land Brandenburg das Ziel, den Autoverkehr so früh wie möglich zu brechen und ein Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel zu fördern. Park and Ride Plätze sollen daher im Land Brandenburg außerhalb der Berliner Stadtgrenze liegen, wo in aller Regel freie Flächen eher verfügbar und finanzierbar angeboten werden können. In Berlin erfolgt daher keine Flächen- und Kapazitätsvorsorge zur Schaffung zusätzlicher Park and Ride Plätze. Zur Erhöhung des Bike and Ride Abstellangebotes hat der Senat im Rahmen der Erarbeitung einer neuen Strategie Fahrradparken einen hohen Bedarf von zusätzlichen Abstellplätzen an Berliner S- und U-Bahnhöfen ermittelt. Aufgrund der überwiegend vorhandenen Flächenknappheiten vor allem im Innenstadtgebiet sollen zur Bedarfsabdeckung neue flächensparende, sichere und komfortable Abstellsysteme (Doppelstockanlagen, Fahrradparkhäuser , -stationen, Sammelschließanlagen) errichtet werden. Zur Erprobung der Eignung der Abstellsysteme insbesondere hinsichtlich des Betriebes und der Unterhaltung Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 909 2 sollen Modellprojekte durchgeführt werden. Derzeit läuft ein Interessenbekundungsverfahren für die Errichtung von Fahrradabstellanlagen an Bahnhöfen im Bezirk Steglitz- Zehlendorf einschließlich eines Fahrradparkhauses am S- Bahnhof Zehlendorf. Nach Auswertung der Ergebnisse und Vorliegen der Tragfähigkeit können an weiteren Bahnhöfen wie zum Beispiel Ostkreuz, Gesundbrunnen, Warschauer Straße, Hauptbahnhof Sammelschließanlagen , Fahrradparkhäuser oder –stationen errichtet werden. Frage 6. Inwiefern unterstützt der Senat die Bezirke bei der Bewältigung des Pendlerverkehrs? Antwort zu 6: Konzeptionell greift der aktuelle Stadtentwicklungsplan Verkehr ebenso wie die derzeit laufende Überarbeitung dieses Planwerks die Thematik Stadt- Umland-Verflechtung und Pendlerverkehre explizit auf. Daneben wurde der Sachbereich mehrmals im Rahmen des Kommunalen Nachbarschaftsforums (KNF) in den unterschiedlichen, räumlich differenzierten Arbeitsgemeinschaften beraten. An den Arbeitsgemeinschaften sind neben Vertretenden der jeweiligen Berliner Außenbezirke auch Vertretende der Umlandgemeinden beteiligt. Bezogen auf den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) steht das Land Berlin gemeinsam mit den weiteren Gesellschaftern des Verkehrsverbundes Berlin- Brandenburg (Land Brandenburg sowie den Landkreisen und kreisfreien Städten des Landes Brandenburg) intensiv im Austausch zu Pendlerverkehren und Pendlern als Zielgruppe des ÖPNV-Angebots. Frage 7: Plant der Senat den Bezirken eigene finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, um mit dem Umland regionale Konzepte und Maßnahmen zur Bewältigung des Pendlerverkehrs zu entwickeln? Antwort zu 7: Explizite Mittel für die Bezirke zur Erstellung regionaler Konzepte und Maßnahmen zur Bewältigung des Pendlerverkehrs im Stadt-Umland-Kontext stehen derzeit nicht zur Verfügung. Frage 8: Welche Strategie verfolgt der Senat grundsätzlich bei der Bewältigung des zunehmenden Pendlerverkehrs in Berlin? Frage 9: Auf welcher Grundlage erfolgen die notwendigen Abstimmungen bei der Bewältigung des Pendlerverkehrs mit dem Land Brandenburg und wie gedenkt der Senat die Zusammenarbeit beider Länder im Sinne einer länderübergreifenden Planung für die Metropolregion Berlin-Brandenburg zu verbessern? Antwort zu 8 und 9: Aktuell erfolgt gemeinsam mit dem Land Brandenburg und unter Koordinierung durch den Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg eine gutachterliche Untersuchung zu den Angeboten des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV), um Aussagen für die Zukunft zu erhalten (Erhöhung von Kapazitäten, Aus- und Wiederaufbau von Strecken). Zudem wird im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten das Regionalverkehrsangebot auf der Schiene erweitert (zum Beispiel durch weitere Linienverdichtungen und Linienverlängerungen über Spandau hinaus in die Innenstadtbereiche nach Jungfernheide , Gesundbrunnen und Südkreuz). Grundsätzlich sollten Park and Ride Plätze an den wohnortnächsten Bahnhöfen oder Haltepunkten des öffentlichen (Schienen-)Verkehrs angelegt sein, da dann die Entlastung der Straßen am größten und die Auslastung des ÖPNV-Angebotes am besten ist. Das heißt, dass für Pendler aus Brandenburg die Anlagen möglichst in Brandenburg errichtet werden sollten. Dort sind auch Flächen für Park and Ride in aller Regel eher verfügbar und die Flächenkosten geringer als in Stadtlagen Berlins. Bereits heute besteht in Stadtrandlagen von Berlin und verschärft mit zunehmender Nähe zum S-Bahn-Ring das Problem, ausreichende und geeignete Flächen in Bahnhofsnähe zu finden und für Park and Ride verfügbar zu machen. Konkurrierende höherwertige Nutzungen verhindern dort regelmäßig eine Park and Ride Nutzung oder die Erweiterung von Park and Ride Anlagen innerhalb des Stadtgebiets Berlin. Für die Realisierung von Park and Ride Anlagen sind – in Brandenburg – die Gemeinden zuständig. Brandenburg hat hierzu einen Leitfaden entwickelt und stellt entsprechende Fördermittel zur Verfügung. Berlin befasst sich vor dem Hintergrund oben genannten Einschätzungen und der großen Potenziale bei der Verknüpfung von Fahrrad und ÖPNV schwerpunktmäßig mit der Realisierung von Bike and Ride Anlagen. Unabhängig davon tauschen sich die Länder und Ministerien in dieser Frage nicht nur regelmäßig aus, sondern realisieren auch neue Ansätze, wie beispielsweise im Forschungsprojekt „E-Bike-Pendeln“, welches im Rahmen des „Schaufenster Elektromobilität“ explizit auf Arbeitswege und Pendlerverflechtungen zwischen Berlin und dem Brandenburger Umland abzielt. Berlin, den 19. April 2017 In Vertretung S t e f a n T i d o w ................................ Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Apr. 2017)