Drucksache 18 / 10 913 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marc Vallendar (AfD) vom 10. April 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. April 2017) und Antwort Sicherung und Verbesserung der Qualität und Funktionsfähigkeit der Berliner Justiz Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Sind die Gerichte und Strafverfolgungsbehörden im Land Berlin, einschließlich der gemeinsamen Fachobergerichte mit dem Land Brandenburg unter Berücksichtigung der Eingänge im höheren Justizdienst (Richter und Staatsanwälte ) und im gehobenen Dienst (Rechtspfleger) personell auskömmlich besetzt? Entspricht gegenwärtig in den genannten Bereichen der Ist-Zustand dem stellenplanmäßigen Soll-Zustand? Wenn nicht, an welchen Gerichten und Strafverfolgungsbehörden besteht hierzu welche personelle Unterdeckung? Zu 1.: Der Senat wird im Rahmen des im Jahre 2017 zu erstellenden Personalentwicklungskonzepts für eine ausreichende Personalzumessung der Gerichte und Strafverfolgungsbehörden unter Berücksichtigung der Eingänge und der noch anhängigen Altfälle Sorge tragen. Dabei wird auch der gehobene Dienst betrachtet werden. Im Haushaltsplan des Landes Berlin sind insgesamt 1.782 R-Stellen etatisiert. Davon entfallen 1.706 Stellen auf den Einzelplan 06 – Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung. Mit dem Doppelhaushalt 2016/2017 sind mit Wirkung zum 1. Januar 2017 für den Einzelplan 06 insgesamt 36 Stellen neu eingerichtet worden. Ferner wurden durch den Nachtragshaushalt 2017 sieben weitere Stellen beim Verwaltungsgericht eingerichtet, so dass im Haushaltsjahr 2017 insgesamt 43 Stellen erstmals zu besetzten sind. Diese neu eingerichteten Stellen werden im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen Verfahren zeitnah besetzt. Einschließlich der im Haushaltsjahr 2017 neu eingerichteten 43 Stellen sind derzeit im richterlichen und staatsanwaltschaftlichen Dienst insgesamt 64 Stellen nicht besetzt, davon 24 Stellen in der ordentlichen Gerichtsbarkeit , 12 Stellen bei den Strafverfolgungsbehörden, 19 Stellen bei den Verwaltungsgerichten, die - wie alle anderen freien Stellen auch - aufgrund der gestiegenen Fallzahlen zügig besetzt werden und neun Stellen in der Arbeitsgerichtsbarkeit . In Anbetracht der Größe des gesamten Stellenbestands, des Umfangs der altersbedingten und sonstigen Fluktuation sowie des Umstands, dass einige Stellen wegen einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge aus haushalts- und dienstrechtlichen Gründen nicht besetzt werden können, ist daher festzustellen, dass der Ist- Zustand dem stellenplanmäßigen Soll-Zustand gegenwärtig nahezu entspricht. Im gehobenen Dienst werden nach der Übernahme der noch in der Ausbildung befindlichen Nachwuchskräfte im Dezember 2017 voraussichtlich noch 8,5 Stellen unbesetzt sein (1 Stelle Staatsanwaltschaft, 1,5 Stellen Sozialgericht , 6 Stellen Arbeitsgerichte). 2. Von wie vielen Richtern, Staatsanwälten und Rechtspflegern wurde seit dem 1.1.2016 eine Arbeitsüberlastung angezeigt? In wie vielen Spruchkörpern, Abteilungen und Dezernaten der Richter, Staatsanwälte und Rechtspfleger bestand im Zeitraum vom 1.1.2016 bis einschließlich 31.3.2017 in wenigstens mehr als zwei Monaten eine höhere Eingangsbelastung von mehr als 120% in Bezug auf die zu erwartenden Arbeitsleistung nach Pebb§y oder ähnlichen Kategorisierungen? Zu 2.: Das Personalbedarfsberechnungssystem PEBB§Y dient der Berechnung des Personalbedarfs auf Landesebene und ist eine Richtschnur für die Personalzuweisung an die einzelnen Gerichte und Strafverfolgungsbehörden . Die Kommission der Landesjustizverwaltungen für Fragen der Personalbedarfsberechnung hat darüber hinaus ausdrücklich festgehalten, dass die gerichts - bzw. behördeninterne Geschäftsverteilung nicht Zweck von PEBB§Y ist. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 913 2 Eine auf PEBB§Y bezogene Auswertung wird dementsprechend nach Kenntnis des Senats nur bei dem Kammergericht und dem Amtsgericht Tiergarten zur Vorbereitung der Entscheidungen der Präsidien erstellt. Da bei der internen Geschäftsverteilung neben der Eingangsbelastung auch andere Umstände berücksichtigt werden können, ist eine auf einzelne Spruchkörper oder Dezernate bezogene Vergleichsbetrachtung nur von beschränkter Aussagekraft. Ungeachtet dessen wiesen beim Kammergericht zwei Zivilsenate Ende 2016 eine Eingangsbelastung von mehr als 120 % auf. Beim Amtsgericht Tiergarten waren es einige Abteilungen, die eine entsprechende Belastung aufwiesen, die aber aufgrund der bei dem Amtsgericht Tiergarten bundesweit einmaligen und daher von PEBB§Y nicht abgebildeten Spezialisierung sowohl von den betroffenen Richterinnen und Richtern als auch vom Präsidium als angemessen erachtet wird. Überlastungsanzeigen werden nicht statistisch erfasst. Dem Senat sind im Bereich der Richterinnen und Richter Überlastungsanzeigen von erstinstanzlichen Strafsenaten beim Kammergericht und darüber hinaus im Geschäftsbereich der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung insgesamt 18 Überlastungsanzeigen und im Bereich der Rechtspfleger 10 Überlastungsanzeigen bekannt. 3. Hängt ggf. die höhere Belastung der Strafverfolgungsbehörden und Gerichte (vgl. Ziffer 2) mit dem Zuzug von Flüchtlingen und Migranten nach Berlin seit dem Sommer 2015 zusammen? Welche Maßnahmen hat der Senat getroffen um die anfallende Mehrarbeit in der Justiz zu bewältigen? Zu 3.: Eine höhere Belastung der Strafverfolgungsbehörden und Gerichte seit dem Sommer 2015 lässt sich nur in wenigen Bereichen feststellen. In der ordentlichen Gerichtsbarkeit hat sich der Zuzug unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge ausgewirkt. Wegen des erhöhten Bedarfs in den Familiengerichten konnten zur personellen Unterstützung im nichtrichterlichen Dienst drei Assessoren mit einem Arbeitskraftanteil von je 0,75 befristet eingestellt werden. Die Finanzierung erfolgt durch Bundesmittel aus dem Masterplan Integration und Sicherheit. Bei den Strafverfolgungsbehörden wird statistisch nicht erfasst, ob ein Verfahren gegen einen Flüchtling oder Migranten geführt wird. Beim Verwaltungsgericht Berlin ist die Zahl der Asylsachen deutlich angestiegen. Der Senat hat durch den Doppelhaushalt 2016/2017, den Nachtragshaushalt 2017 und im Wege der Haushaltswirtschaft das Verwaltungsgericht Berlin um 23 Stellen im R-Bereich verstärkt. Beim Sozialgericht Berlin ist die Zahl der Verfahren nach dem Asylbewerberleistungsgesetz geringfügig gestiegen. Dieser Anstieg hat bei der Gesamtbetrachtung der Belastung des Sozialgerichts aber keine merklichen Auswirkungen. 4. Ist die Berliner Justiz in der Lage, die offenen Stellen im höheren und gehobenen Justizdienst vollständig und angemessen zu besetzen? Wie viele Bewerbungen lagen durchschnittlich für eine neu zu besetzende Richterstelle im Zeitraum 01.01.2016 bis 31.03.2017 vor? Unterscheidet sich die Bewerberlage bei Neueinstellungen zwischen Richtern und Staatsanwälten? Welche Examensergebnisse und Zusatzqualifikationen werden grundsätzlich bei Neueinstellungen in den höheren Justizdienst vorausgesetzt? Wurde bei Neueinstellungen in den höheren Justizdienst seit dem 01.01.2016 von diesen Anforderungen abgewichen, wenn ja, in wie vielen Fällen? Zu 4.: Die Berliner Justiz ist in der Lage, die offenen Stellen im höheren und gehobenen Justizdienst vollständig und angemessen zu besetzen. Die Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung schreibt im höheren Dienst bei der Einstellung keine einzelnen Richterstellen aus, es werden vielmehr jährlich sechs Einstellungskampagnen durchgeführt, zu denen aus den bis dahin jeweils vorliegenden Bewerbungen nach dem Prinzip der Bestenauslese eingeladen wird. Der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung lagen im Jahr 2014 insgesamt 185, im Jahr 2015 insgesamt 199 und im Jahr 2016 210 Bewerbungen vor. In diesem Jahr liegen mit Stand 5. April 2017 65 Bewerbungen vor. Die Bewerberlage bei Neueinstellungen unterscheidet sich nicht zwischen Richterinnen und Richtern einerseits und Staatsanwältinnen und Staatsanwälten andererseits. Die Einstellungskampagnen für beide Ämter werden nach einheitlichen Grundsätzen durchgeführt. Bewerberinnen und Bewerber um eine Einstellung als Richterin oder Richter auf Probe bzw. Staatsanwältin oder Staatsanwalt zur Anstellung müssen zwingend die in § 9 des Deutschen Richtergesetzes genannten Voraussetzungen erfüllen und im Ersten Staatsexamen mindestens 7,5 Punkte, im Zweiten Staatsexamen mindestens 8,5 Punkte erreicht haben. Bewerbungen sind zurzeit in der Regel dann aussichtsreich, wenn die Bewerberinnen und Bewerber in beiden Examina die Note „Vollbefriedigend“ erzielt sowie überdurchschnittliche Leistungen im Vorbereitungsdienst gezeigt haben. Neben hoher sozialer Kompetenz werden ein hohes Maß an Engagement und Belastbarkeit sowie die Fähigkeit, sich schnell in neue Rechtsgebiete einzuarbeiten, erwartet. Flexibilität, Entschlusskraft und Verhandlungsgeschick sind ebenso erforderlich wie Organisationstalent, Kooperationsfähigkeit , Kommunikationsfähigkeit und die Bereitschaft und Fähigkeit, im Team zu arbeiten. Von diesen Anforderungen wurde seit dem 1. Januar 2016 nicht abgewichen . In der Arbeitsgerichtsbarkeit sind im höheren Justizdienst ausschließlich Richterinnen und Richter tätig. Vakante Stellen konnten bisher vollständig und angemessen besetzt werden. Auf Proberichterstellen in der Arbeitsgerichtsbarkeit sind im Zeitraum 01.01.2016 bis 31.03.2017 durchschnittlich 9,5 Bewerbungen eingegangen. In den Ausschreibungen für Proberichterinnen und Proberichter in der Arbeitsgerichtsbarkeit werden folgende Voraussetzungen angegeben: „1. und 2. juristische Staatsprüfung. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 913 3 Erwünscht: Prädikatsexamen, vertiefte arbeitsrechtliche Kenntnisse sowie Erfahrungen im Berufsleben. Wegen der an die Bewerberinnen und Bewerber zu stellenden Anforderungen wird auf die Gemeinsame Allgemeine Verfügung der Senatsverwaltung für Justiz und für Integration , Arbeit und Soziales vom 5. Dezember 2007 (AnforderungsAV), veröffentlicht im Amtsblatt für Berlin vom 14. Dezember 2007, S. 3204 ff., verwiesen.“ 5. Hält der Senat die im Land Berlin gezahlten Bezüge für Richter und Staatsanwälte für angemessen? Gibt es Widersprüche und Klagen von Richtern und Staatsanwälten gegen das Land Berlin bzgl. der Höhe bzw. Angemessenheit ihrer Besoldung im Land Berlin (wenn ja wie viele)? Ist es seitens des Senats geplant, die Bezüge für Richter und Staatsanwälte anzuheben, um dadurch die Attraktivität einer Beschäftigung im höheren Justizdienst im Vergleich zur konkurrierenden Situation gegenüber großen Straf- und Wirtschaftskanzleien spürbar zu verbessern ? Wenn ja, in welcher prozentualen Höhe ist in welchem Zeitrahmen eine Anhebung der Bezüge für Richter und Staatsanwälte beabsichtigt? Zu 5.: Der Senat hält die im Land Berlin gezahlten Bezüge für Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte für vereinbar mit dem Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation aus Artikel 33 Abs. 5 Grundgesetz (GG). Dies entspricht im Übrigen auch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Berlin und des Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, welches im Oktober 2016 entschieden hat, dass das Berliner Besoldungsrecht mit Artikel 33 Abs. 5 GG vereinbar ist, soweit es die richterlichen Besoldungsgruppen R1 bis R3 in den Kalenderjahren 2009 bis 2015 betrifft. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Unabhängig davon sehen die Richtlinien der Regierungspolitik vor, die Besoldung in Berlin bis zum Jahr 2021 auf den Durchschnitt aller Länder anzupassen. Als erster Schritt soll spätestens im August 2017 ein prozentualer Aufschlag – auch auf die R-Besoldung - in Höhe von einem Prozentpunkt auf den Tarifabschluss erfolgen. Die Entscheidung hierüber obliegt jedoch dem Haushaltsgesetzgeber . Die Anhebung der Bezüge soll allerdings nicht vor dem Hintergrund einer etwaigen Konkurrenzsituation mit Rechtsanwaltskanzleien auf dem Arbeitsmarkt erfolgen. Wie bereits in der Antwort zu Frage 4. ausgeführt , ist die Berliner Justiz – auch mit der derzeitigen Besoldung - in der Lage, die offenen Stellen im höheren Justizdienst vollständig und angemessen zu besetzen. Es liegen 83 Klagen von Richterinnen und Richtern bzw. und Staatsanwältinnen und Staatsanwälten gegen das Land Berlin bzgl. der Höhe bzw. der Angemessenheit ihrer Besoldung vor. Hinsichtlich der Anzahl der Widersprüche kann keine einheitliche Antwort gegeben werden, da im Geschäftsbereich teilweise Statistiken über die Anzahl der Widersprüche und teilweise über die Anzahl der Personen, die Widerspruch eingelegt haben, geführt werden. Im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit und beim Verwaltungsgericht Berlin haben insgesamt 670 Personen Widerspruch eingelegt. Im Bereich der Strafverfolgungsbehörden , beim Oberverwaltungsgericht Berlin und beim Sozialgericht Berlin liegen insgesamt 742 Widersprüche vor. Aus dem Kreis der Richterinnen und Richter der Arbeitsgerichtsbarkeit wurden 18 Widersprüche bzgl. der Angemessenheit der Besoldung erhoben, die abschlägig beschieden wurden. Daraus resultieren 7 vor dem Verwaltungsgericht Berlin anhängige Klagen. 6. Sind die Berliner Strafgerichte und Strafverfolgungsbehörden in Bezug auf Räumlichkeiten und Sitzungssäle auskömmlich ausgestattet? Sind die Berliner Strafgerichte auch für etwaige Großverfahren angemessen gerüstet? Zu 6.: Aufgrund der Personalzuwächse für die Strafgerichte und Strafverfolgungsbehörden in den vergangenen Jahren stoßen die räumlichen Kapazitäten auf dem Campus Moabit an ihre Grenzen. Planungen für eine Verbesserung der räumlichen Unterbringung der Beschäftigten werden derzeit gemeinsam mit der Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM GmbH) erarbeitet. Auf die gestiegenen Anforderungen für die Durchführung von sogenannten Sicherheitsverfahren ist bereits im Rahmen des Berliner Präventions- und Sicherheitspaketes des Senats vom 9. Januar 2017 reagiert worden. Für die Errichtung zweier modularer Sicherheitssäle wurden im Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt und Nachhaltigkeitsfonds (SIWANA) insgesamt 4,5 Mio. € bereitgestellt. Erste Schritte zur Umsetzung dieses Vorhabens sind bereits vollzogen worden. Es wird davon ausgegangen , dass durch die beiden zusätzlichen Säle, die modernsten Sicherheitsanforderungen genügen werden, eine Entlastung für den Campus Moabit insgesamt erreicht wird. Darüber hinaus prüft der Senat, ob und ggf. in welchem Umfang weitere Investitionen am Standort erforderlich sind. 7. Wie hoch beziffert der Senat den bei den Strafgerichten und Strafverfolgungsbehörden für notwendige Sanierungen und Renovierungen anstehenden Finanzierungsbetrag ? Welche Sanierungsmaßnahmen sind hier konkret mit welchem Finanzierungsvolumen geplant? Zu 7.: Nach Mitteilung der BIM GmbH, die sämtliche Dienstgebäude der Berliner Justiz verwaltet, beträgt der Sanierungsstau allein am Standort des Kriminalgerichts Moabit insgesamt rund 54 Mio. €. Für das Jahr 2017 sind von der BIM GmbH für die verschiedenen Gebäude des Kriminalgerichts Moabit Maßnahmen mit einem Umfang von insgesamt 1.665.000 € geplant. Diese umfassen Brandschutzmaßnahmen, Sanierung von Lüftungs- und Entrauchungsanlagen, Fassadensanierung, Strangsanierung der WC-Stränge, Fenstersanierung, Fassadenbeleuchtung sowie eine Sanierung der Innenhöfe. 8. Sind im Zusammenhang mit dem veränderten Ressortzuschnitt in der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung räumliche Veränderungen in der Gerichts- und Verwaltungsorganisation durchgeführt worden oder beabsichtigt? Wenn ja, welche Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 913 4 Veränderungen sind durchgeführt worden oder beabsichtigt und sind diese räumlichen Veränderungen zur Aufrechterhaltung der Gerichts- und Verwaltungsorganisation notwendig? Welche finanziellen Mittel wurden bzw. werden für solche räumlichen Veränderungen aufgewendet bzw. werden hierfür veranschlagt? Zu 8.: Im Zuge der Senatsbildung wurde die Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung (LADS) der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung (SenJustVA) zugeordnet. Der veränderte Ressortzuschnitt hat keine Änderung der Gerichtsorganisation zur Folge. Die BIM GmbH hat mitgeteilt , dass die räumliche Zusammenführung der verschiedenen Verwaltungsbereiche und der Einzug der LADS in das Dienstgebäude der SenJustVA in der Salzburger Straße 21 - 25 zeitnah angestrebt wird. Derzeit werden verschiedenen Unterbringungsvarianten geprüft. Vor diesem Hintergrund können die Planungen und die räumlichen sowie finanziellen Auswirkungen derzeit noch nicht konkret benannt werden. 9. Wie ist der Stand zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte bei den Gerichten und Strafverfolgungsbehörden? Zu 9.: Der elektronische Rechtsverkehr ist im Bereich des Handelsregisters seit dem Jahr 2007, im Übrigen seit 2010 bei allen Berliner Gerichten und Staatsanwaltschaften eröffnet. Zur Umsetzung des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013 wurde in der ordentlichen Gerichtsbarkeit die Kommunikationsinfrastruktur auf die „elektronische Kommunikationsplattform (eKP)“ nebst zugehöriger so genannter „Eingangslistenapplikation (ELA)“ umgestellt , um die erwarteten steigenden elektronischen Eingänge bewältigen zu können. Nun liegt der Fokus auf der Weiterentwicklung der „elektronischen Integrationsplattform (eIP)“, mit der die elektronische Gerichtsakte realisiert wird. Ende des Jahres 2017 soll an einem Amtsgericht die elektronische Akte pilotiert werden. Die Berliner Verwaltungsgerichtsbarkeit hat erfolgreich den Empfang und die Verarbeitung elektronischer Verwaltungsakten des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) eingeführt, im nächsten Schritt soll auch die weitere Kommunikation mit dem BAMF so weit wie möglich elektronisch erfolgen. Derzeit wird das Fachverfahren für die vollelektronische Aktenbearbeitung weiterentwickelt und getestet, die Pilotierung der eAkte am VG Berlin ist für Herbst 2017 vorgesehen. Das Berliner Sozialgericht baut den elektronische Rechtsverkehr derzeit sukzessive auch im Bereich des Postausgangs aus. Bis Ende des Jahres 2017 wird neben der weiterhin führenden Papierakte flächendeckend eine elektronische Zweitakte angeboten, die den Richterinnen und Richtern und den Servicemitarbeiterinnen und - mitarbeitern eine elektronische Aktenbearbeitung ermöglicht . Der Bereich der Strafverfolgung wird vom Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten ausgenommen, so dass noch kein gesetzlicher Auftrag zum Ausbau von elektronischem Rechtsverkehr und elektronischer Akte besteht. Gleichwohl planen die Staatsanwaltschaften, im Bereich der Fahrgelddelikte den elektronischen Rechtsverkehr mit der Polizei im Jahr 2017 zu pilotieren. In der Arbeitsgerichtsbarkeit sind aktuell die baulichen Maßnahmen durch Anschluss der Mehrzahl der Säle und Beratungszimmer an das Netzwerk durch Kabelverlegung abgeschlossen. Die Teststellung eines Prototypen eIP (elektronisches Integrationsportal) mit dem in der Arbeitsgerichtsbarkeit verwendeten Fachverfahren Trijus Fach ist in Vorbereitung. Dazu wird gegenwärtig an der Fertigstellung einer Schnittstelle zwischen dem Fachverfahren und eIP gearbeitet. 10. Welche Kosten entstanden bereits bzw. werden für die im 100-Tage-Programm vorgesehenen Punkte im Bereich Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung (Einsetzung einer Fach- und Koordinationsstelle gegen Diskriminierungen auf dem Wohnungsmarkt, Vertrauensanwalt und hauptamtlicher Tierschutzbeauftragter) entstehen? Zu 10.: In den Haushaltsjahren 2016/17 sind bisher zur Einsetzung einer Fachstelle gegen Diskriminierungen auf dem Wohnungsmarkt Kosten in Höhe von rd. 21.000 € entstanden. Es sind Ausgaben zur Finanzierung eines Zuwendungsprojektes „Fachstelle Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt geplant. Im Haushaltsjahr 2017 kann das Projekt mit Mitteln in Höhe von bis zu 70.000 € gefördert werden. Für die vertragliche Aufwandsentschädigung für den Vertrauensanwalt oder die Vertrauensanwältin werden Kosten von monatlich 2.500 € zuzüglich Mehrwertsteuer anfallen. Mit der Besetzung der Stelle des oder der Tierschutzbeauftragten werden Personalkosten nach Entgeltgruppe 15 TV-L anfallen (derzeit durchschnittlich 92.820 €/Jahr). Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 913 5 11. Da keiner der angesprochenen ersten neun Punkte Einzug in das 100-Tage-Programm des Senats gefunden hat, stellt sich daraus folgernd die abschließende Frage: Welche Priorität räumt der Senat der Sicherung und Verbesserung der Qualität und Funktionsfähigkeit der Berliner Justiz in personeller, finanzieller, räumlicher und ITbezogener Ausstattung der Gerichte und Strafverfolgungsbehörden ein? Zu 11.: Der Senat räumt der Sicherung und stetigen Verbesserung der Qualität und der Funktionsfähigkeit der Berliner Justiz in den aufgeführten Bereichen höchste Priorität ein und sieht hierin eine dauerhafte Herausforderung . Berlin, den 25. April 2017 In Vertretung M. Gerlach Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Apr. 2017)