Drucksache 18 / 10 915 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Emine Demirbüken-Wegner (CDU) vom 07. April 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. April 2017) und Antwort Nachgefragt zu den Antworten der schriftlichen Anfrage 18/10564 – Personalmangel im Kita- Bereich mit Folgen (Teil II) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Warum war der Senat in seiner Beantwortung der Schriftlichen Anfrage 18/10564 hinsichtlich der Frage nach der Anzahl der Krippenplätze im Land Berlin nicht auskunftsfähig? 2. Da nach § 19 Abs. 4 KitaFöG die Angaben in den bezirklichen Jugendämtern vorliegen müssen, ergeht an den Senat noch einmal die Frage: Wie viele Krippenplätze gibt es insgesamt und wie viele aufgegliedert auf die Bezirke? 3. Wie hoch ist die Auslastung der Krippenplätze und wie viele Plätze müssen dazu kommen, um den steigenden jährlichen Bedarf bis 2020 abzudecken (bitte in Jahresscheiben aufgliedern)? Welche Bezirke haben einen besonders hohen Bedarf? Zu 1. bis 3.: Im Land Berlin können Eltern ihr Kind sowohl in einer Kindertageseinrichtung (Kita) als auch in einer Kindertagespflegestelle (TP) betreuen lassen. In einer Kindertagespflegestelle kann ein Kind, vor allem in den ersten Lebensjahren, familiennah betreut werden. Jene Betreuungsform ist aber nicht zu verwechseln mit Krippenplätzen. Die betreuten Kleinstkinder bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres werden umgangssprachlich als Krippenkinder und die betreuten Kinder vom vollendeten dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt als Kindergartenkinder bezeichnet. Demnach hat der Senat die Schriftliche Anfrage Nr. 18/10564 hinsichtlich der Frage nach der Anzahl der Krippenplätze (Frage 3) zusammen mit Frage 1 beantwortet . Eine Aufgliederung der angebotenen Plätze nach Altersstufen und somit auch eine Aussage über die Auslastung nach Kinderkrippen-Plätzen (Alter 0 bis unter 3 Jahre) erfolgt nicht. Eine Darstellung der belegten Kita-Plätze für Krippenkinder (Altersgruppe 0 bis unter 3 Jahre) ist möglich (Tabelle 1). Demnach waren zum 31.12.2016 insgesamt 48.985 Plätze von 0- bis unter 3-jährigen Kindern belegt (davon 516 unter 1-jährige und 48.442 1- bis unter 3- jährige). Weiterhin waren 95.861 Plätze von 3- bis unter 6-Jährigen belegt und 8.122 Plätze von Kindern im Alter 6 und älter. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 915 2 Tabelle 1: Belegte Plätze in Kindertageseinrichtungen, differenziert nach Bezirken sowie Altersstufen und - gruppen am 31.12.2016 Die belegten Kindertagespflege-Plätze können der Tabelle 2 entnommen werden. Bei dieser Betreuungsform entspricht die Zahl der belegten Plätze der Zahl der angebotenen Plätze. Tabelle 2: Belegte Kindertagespflege-Plätze am 31.12.2016 Bezirk Einrichtungsbezirk* 0 bis unter 1 Jahr 1 bis unter 3 Jahren 3 bis unter 6 Jahren 6 bis unter 7 Jahren 7 Jahre 0 bis unter 6 Jahren 0 bis unter 7 Jahren 0 bis unter 8 Jahren 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 01 Mitte 94 5.256 10.847 777 0 16.197 16.974 16.974 02 Friedrichshain-Kreuzberg 56 4.673 8.377 633 1 13.106 13.739 13.740 03 Pankow 81 7.332 12.534 1.160 4 19.947 21.107 21.111 04 Charlottenburg-Wilmersdorf 26 3.169 6.962 482 3 10.157 10.639 10.642 05 Spandau 20 2.547 5.888 529 1 8.455 8.984 8.985 06 Steglitz-Zehlendorf 30 3.120 7.208 556 1 10.358 10.914 10.915 07 Tempelhof-Schöneberg 43 4.339 8.326 765 0 12.708 13.473 13.473 08 Neukölln 29 3.561 7.989 598 1 11.579 12.177 12.178 09 Treptow-Köpenick 26 3.843 6.608 583 0 10.477 11.060 11.060 10 Marzahn-Hellersdorf 31 3.544 7.071 707 2 10.646 11.353 11.355 11 Lichtenberg 65 4.510 7.735 750 1 12.310 13.060 13.061 12 Reinickendorf 15 2.548 6.316 568 0 8.879 9.447 9.447 Berlin 516 48.442 95.861 8.108 14 144.819 152.927 152.941 Quelle: festgeschriebene Kita-Daten aus der Integrierte Software Berliner Jugendhilfe (ISBJ), ISBJ-Kita-Fachverfahren; Datenstand vom 31.12.2016; bearb. SenBildJugFam, III E * = belegte Plätze in den Kindertageseinrichtungen des jeweiligen Bezirkes bzw. in Berlin gesamt. belegte Kita-Plätze Bezirk Einrichtungsbezirk* belegte TP-Plätze 1 2 3 01 Mitte 620 02 Friedrichshain-Kreuzberg 427 03 Pankow 364 04 Charlottenburg-Wilmersdorf 628 05 Spandau 547 06 Steglitz-Zehlendorf 543 07 Tempelhof-Schöneberg 979 08 Neukölln 368 09 Treptow-Köpenick 179 10 Marzahn-Hellersdorf 231 11 Lichtenberg 206 12 Reinickendorf 332 Berlin 5.424 Quelle: festgeschriebene Daten aus ISBJ-Kita-Fachverfahren; Datenstand vom 31.12.2016; bearb. SenBildJugFam III E * = belegte Plätze des jeweiligen Bezirkes bzw. in Berlin gesamt. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 915 3 Gemäß der aktualisierten Kindertagesstättenentwicklungsplanung (KEP) 2016 – Rote Nummer 2317 B – werden im Zeitraum Kitajahr 2016/2017 bis zum Ende des Kitajahres 2019/2020 insgesamt rund 30.000 neue Kita-Plätze benötigt. Diesem Ausbaubedarf liegt für diesen Zeitraum u.a. ein prognostizierter Zuwachs von rund 5.000 zu betreuenden Kindern im Alter von 0- bis unter 3 Jahren (ohne Flüchtlingskinder) zugrunde. 4. Wie wirkt sich der veränderte Erzieherschlüssel im Krippenbereich von 5,9 auf 4,9 Kinder pro Erzieher, der damit immer noch über dem Bundesdurchschnitt von 4,4 liegt, auf den Mehrbedarf an Personal in diesem Bereich aus? Zu 4.: Die zum 01.08.2016 in Kraft getretene 1. Stufe der Qualitätsverbesserung in der Fachkräfte-Kind- Relation erfordert in der Spitze im Kita-Jahr 2016/2017 einen zusätzlichen Personalmehrbedarf von rund 800 Vollzeitäquivalente (VZÄ). 5. Warum ist der Senat nicht in der Lage – auch ohne ein IT-Verfahren, das erst im Jahr 2018 funktionstüchtig sein soll –, aus der Statistik zum Personal-Ist, die jeweils zum 15. März eines jeden Jahres fällig wird, die fehlenden Erzieherinnen und Erzieher zu ermitteln? Zu 5.: Der Senat wertet auch derzeit die jährlich erfolgenden Personal-Iststandsmeldungen aus. Aufgrund der zurzeit noch händischen Auswertungen jeder einzelnen Einrichtung hat dies einen erheblichen zeitlichen Aufwand zur Folge, da bezogen auf den Stichtag der Abgleich mit der Belegung erfolgen muss, so dass im Regelfall Stichprobenprüfungen erfolgen. Wird eine Gesamtauswertung durchgeführt, liegen diese Ergebnisse mit einer zeitlichen Verzögerung von einem halben Jahr vor. 6. Wie steht der Senat zu der in der Öffentlichkeit kursierenden Angabe von ca. 2.000 unbesetzten Kita-Plätzen wegen fehlenden Personals? Was hat sich zu dieser Problematik aus dem Gespräch des Senats vom 31. März 2017 mit den Jugendstadträten ergeben? Zu 6.: Dem Senat ist die außerordentlich angespannte Situation zum Fachkräftebedarf in Kindertageseinrichtungen bekannt. Der Senat wird deshalb – nicht zuletzt auf Grundlage des Fachaustauschs mit den für Jugend zuständigen Bezirksstadträtinnen und Bezirksstadträten sowie Fachkräften in den Jugendämtern – die Quereinstiegsregelungen für Fachkräfte zum 01. Mai 2017 für einen befristeten Übergangszeitraum erweitern. Danach werden Sozialassistentinnen und Sozialassistenten für 24 Monate mit der Maßgabe auf den Personalschlüssel angerechnet, dass sie nach Ablauf dieses Zeitraumes mit der berufsbegleitenden Ausbildung zur Erzieherin/zum Erzieher beginnen. Darüber hinaus gehören staatlich anerkannte Familienpflegerinnen und Familienpfleger zukünftig zu den anerkennungsfähigen Berufen nach § 11 Abs. 3 Nr. 3 Kindertagesstätten Förderungsgesetz. Die Quote für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger wird für alle Einrichtungen auf 33 Prozent erhöht. Die Anerkennung von Muttersprachlerinnen und Muttersprachlern mit einer pädagogischen Vorausbildung wird vereinfacht. 7. Wie will der Senat mit den zu erwartenden Elternklagen umgehen, die auf Grund der Nichterfüllung des Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz zu erwarten sind? Zu 7.: Wie bereits ausgeführt, unternehmen die Bezirke und der Senat alle Anstrengungen, um die Erfüllung des Rechtsanspruchs in allen Fällen zu erreichen. 8. Warum bleiben trotz unbestreitbarer Anstrengungen des Senats hinsichtlich der Steigerung von Ausbildungsplätzen für Kita-Erzieherinnen und -Erzieher im Land Berlin nicht genügend Absolventen in unserer Stadt? Was will der Senat dagegen tun? Zu 8.: Dem Senat liegen keine Untersuchungen bezüglich des Verbleibs und weiterer beruflicher Entwicklungen der Absolventinnen und Absolventen vor. Der Senat geht davon aus, dass die weitere Angleichung der Tarifsysteme TVL (Tarifvertrag der Länder) und TVÖD (Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst) durch den jüngst vereinbarten Tarifabschluss zur weiteren Attraktivität Berlins, auch in den randnahen Regionen, beitragen wird. 9. Aus welchen Gründen ist der Senat gegen eine Prämienzahlung, um den Erziehermangel zu lindern? Zu 9.: Prämienzahlungen sieht der geltende Tarifvertrag der Länder nicht vor. Die Regelung gemäß § 16 Abs. 5 TVL, wonach Beschäftigten u.a. zur Deckung des Personalbedarfs oder zur Bindung von qualifizierten Fachkräften ein bis zu zwei Stufen höheres Entgelt vorweg gewährt werden kann, wird einzelfallbezogen angewandt. 10. Aus der Antwort des Senats zur Drucksache 18/10564 geht hervor, dass die Einstufung des Erzieherberufs als Mangelberuf erst Mitte Mai 2017 auf der Tagesordnung der JFMK steht. Welche Bundesländer haben ihr Interesse bekundet, der Initiative beizutreten und wie lange wird es dauern, bis diese in die Praxis umgesetzt werden wird? 11. Was will der Senat unternehmen, wenn es zu keinem Beschluss auf der JFMK kommt, den Erzieherberuf zum Mangelberuf erklären zu lassen? Zu 10. und 11.: Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie hat bereits in die März-Sitzung der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesjugend- und Familienbehörden (AGJF) einen Beschlussvorschlag zur Fachkräftegewinnung eingebracht, der die Erarbeitung eines Maßnahmenpakets mittels einer Bund-Länder- Arbeitsgruppe vorsieht. Teil dieses Maßnahmenpakets soll die Anerkennung des Erzieherberufs als Mangelberuf Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 915 4 sein. Dieser Beschluss wurde von 15 Bundesländern unterstützt . Als weiteren Schritt bringt Berlin eine entsprechende Beschlussvorlage in die Sitzung der Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK) am 18./19. Mai 2017 ein. Das Ergebnis bleibt abzuwarten, jedoch wird insbesondere in den städtischen Ballungszentren ein vergleichbarer Bedarf an zusätzlichen Fachkräften im Erziehungsbereich benannt. Berlin, den 26. April 2017 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Apr. 2017)