Drucksache 18 / 10 986 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Andreas Otto (GRÜNE) vom 07. April 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. April 2017) und Antwort Kann der Gedenkweg an der Bernauer Straße im Konsens gesichert werden? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Sind mit dem im Bebauungsplan 1-40bba genannten „weiterhin Streit befangene(n) Teilbereich ... nördlich der Schönholzer Straße zwischen Brunnenstraße und Ruppiner Straße“ die Grundstücke Schönholzer Straße 13/14 sowie 19 und 20 gemeint? Antwort zu 1: Ja. Frage 2: Trifft es zu, dass die Eigentümer der Grundstücke Schönholzer Straße 13/14 sowie 19 und 20 in Übereinstimmung mit den Handlungsvorschlägen der Abschlussmediation im Vermittlungsverfahren zum Bebauungsplan 1-40b vom 11.2. 2012 einen privatrechtlichen Vertrag mit der Gedenkstätte Berliner Mauer geschlossen haben? Antwort zu 2: Es trifft zu, dass die Eigentümer des Grundstücks Schönholzer Straße 13/14 in 2014 einen privatrechtlichen Vertrag mit der Stiftung Berliner Mauer geschlossen haben. Dieser Nutzungsvertrag regelt im Wesentlichen: - Rechte und Pflichten der Stiftung bezüglich der Verlegung einer Wasser- und einer Elektroleitung seitlich des auf diesem Grundstück gelegenen Abschnitts des ehemaligen Postenwegs. (Aufgrund später erfolgter Gedenkstättenplanungsänderungen war die Verlegung einer Wasser- und einer Elektroleitung nicht erforderlich.) - Die öffentliche Zugänglichkeit zu diesem Postenwegabschnitt an den Gedenktagen 13. August, 9. November und 3. Oktober eines jeden Jahres. Dazu enthält der Nutzungsvertrag explizite Angaben zu den zwischen den Eigentümern und dem Land Berlin strittigen Fragen und zu der daraus resultierenden Absicht der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, für dieses Grundstück (und für die Grundstücke Schönholzer Straße 19 und 20) den gesonderten Bebauungsplan 1-40bbb aufzustellen. Zitat aus der Vertragspräambel : „Die vertragsschließenden Parteien stimmen darüber ein, dass sich aus dieser Vereinbarung jedoch keine Präjudizierung hinsichtlich des Bebauungsplanverfahrens ergibt.“ Die Eigentümer der Grundstücke Schönholzer Str. 19 und 20 waren am Abschluss einer solchen Vereinbarung nicht interessiert. Frage 3: Trifft es zu, dass In einem Schreiben des Staatssekretärs für Kulturelle Angelegenheiten, André Schmitz, vom 3.2.2014 dieser Vertrag von Senatsseite zustimmend zur Kenntnis genommen wurde? Antwort zu 3: Es trifft es zu, dass der unter 2. genannte Vertrag in einem Schreiben des damaligen Staatssekretärs für Kulturelle Angelegenheiten, André Schmitz, vom 3.2.2014 zustimmend zur Kenntnis genommen wurde. Frage 4: Weshalb bezeichnet der Senat die in (1) genannten Grundstücke angesichts der seit 2014 bewährten rechtlichen Regelung als "weiterhin Streit befangen"? Antwort zu 4: Das Land Berlin verfolgt ein anderes Planungsziel als die Grundstückseigentümer der o.g. Grundstücke. Für das Land Berlin ist es erforderlich, den Postenweg in seinem originalen Wegeverlauf zu sichern und als Teil der Gedenkstätte uneingeschränkt öffentlich begehbar und erlebbar zu machen. Da die Eigentümer die Teilflächen nicht verkaufen wollen, werden die Grundstücke als streitbefangen bezeichnet. In der Nutzungsvereinbarung , die mit den Eigentümern der Grundstücke Schönholzer Straße 13/14 geschlossen wurde, wird deutlich, dass die Vereinbarung von Beginn an temporär angelegt wurde: „Dieser Vertrag gilt ab dem 1. April 2014 zunächst unbefristet. Der Vertrag endet jedoch, sobald die Stiftung Eigentümer der von diesem Vertrag erfassten Flächen ist oder der Eigentümer die dauerhafte Duldung der unbedingten Nutzung dieser Grundstücksteilflächen durch die Stiftung erklärt.“ Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 10 986 2 Frage 5: Welche Möglichkeiten sieht der Senat, den Gedenkweg Berliner Mauer dauerhaft zu sichern, ohne den in (2) genannten Vertrag infrage zu stellen? Antwort zu 5: Keine. Das Erfordernis der geradlinigen Begehbarkeit leitet sich nicht nur aus dem authentischen Wegeverlauf ab, sondern auch aus der optischen Wirkung bzw. der Erlebbarkeit der Mauergedenkstätte, wie sie sich durch eine uneingeschränkte Blickbeziehung zwischen Brunnenstraße und Schwedter Straße ergibt. Diese Wirkung wird durch die bestehenden Unterbrechungen der Privatgärten erheblich gemindert. Der Postenweg weist eine spezifische Lage und Bedeutung auf, die ihn von anderen städtischen Wegebeziehungen abhebt . Der originale Wegeverlauf entspricht zudem dem denkmalpflegerischen Konzept für den Postenweg. Siehe auch Antwort zu Frage 4. Frage 6: Weshalb wurde im Bebauungsplan für die Bestandsgebäude an der Schönholzer Straße eine Bebauungstiefe festgelegt, die die Bestandsgebäude in Frage stellt? Antwort zu 6: Die gewählte Tiefe der Baukörperfestsetzung sichert die Vorderhausbebauung planungsrechtlich ab und berücksichtigt grundsätzlich die bestehende Kubatur der Gebäude. Sie stellt mit 13 m eine innerstädtisch angemessene Gebäudetiefe dar. Alle über die Baugrenze hinausgehenden Gebäudeteile (Balkone, Aufzüge) genießen Bestandsschutz. Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 Baunutzungsverordnung (BauNVO) kann ein Vortreten von Gebäudeteilen vor die Baugrenze in geringfügigem Ausmaß zugelassen werden. Frage 7: Wie ist die gegenwärtige Praxis der Nutzung des Gedenkweges? Antwort zu 7: Gegenwärtig nutzen die Besucherinnen und Besucher der Gedenkstätte eine Umwegung auf nördlich gelegenen unbebauten Grundstücken. Der Bebauungsplan 1-40bba sieht hier eine Wohnbebauung vor. Die im Eigentum der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) befindlichen Grundstücke werden an eine städtische Wohnungsbaugesellschaft veräußert, die an dieser Stelle unter anderem mietpreis- und belegungsgebundene Wohnungen errichten wird. Um ausreichende Freiflächen für die künftigen Anwohner zur Verfügung zu stellen und das städtebauliche Konzept für die Neubauten südlich der Bernauer Straße nicht zu unterbrechen, ist eine dauerhafte Umwegung nicht möglich. Davon abgesehen widerspricht diese Lösung dem Planungsziel des Landes Berlin, das Rückgrat der Gedenkstätte in seinem historischen Verlauf dauerhaft öffentlich begehbar zu machen. Eine alternative Umgehung wurde auch vom ehemaligen Kulturstaatssekretär Schmitz nach Machbarkeitsprüfung durch die Gedenkstätte Berliner Mauer abgelehnt. Siehe auch Antwort zu Frage 5. Frage 8: Welche Vorsorge ist getroffen für den Fall, dass der Gedenkweg in Teilen dauerhaft neben dem Postenweg parallel zur Bernauer Straße verlaufen wird? Antwort zu 8: Keine. Zu den Gründen siehe auch Antwort zu Frage 7. Berlin, den 02. Mai 2017 In Vertretung R. L ü s c h e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Mai 2017)