Drucksache 18 / 11 054 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Canan Bayram (GRÜNE) vom 20. April 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. April 2017) und Antwort Das Ankunftszentrum Berlin - Unterkunft, Verfahrensabläufe, Asylverfahrensberatung Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Es wird darauf hingewiesen, dass die Einrichtung eines Ankunftszentrums keine berlinspezifische Maßnahme darstellt. Wie sich aus der vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) online unter http://www.bamf.de/DE/DasBAMF/Aufbau/Standorte /Ankunftszentren/ankunftszentren-node.html veröffentlichten Übersicht ergibt, befindet sich in jedem Bundesland mindestens ein Ankunftszentrum. Es handelt sich somit um eine bundesweite Verfahrensweise, die weitgehend bundeseinheitlich standardisiert ist, wie den Ausführungen im ebenfalls vom BAMF im Internet veröffentlichten „Leitfaden zum Aufbau eines Ankunftszentrums“ (abrufbar unter der Internetadresse https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikatio nen/Broschueren/leitfade-aufbau-ankunftszentrum.html) entnommen werden kann. Es ist somit zu berücksichtigen, dass es sich insoweit um ein Konzept des Bundes handelt, das auf dem Wege von Verwaltungsvereinbarungen oder Prozessbeschreibungen mit den jeweiligen Ländern abgestimmt und dann gemeinsam und in enger Abstimmung umgesetzt wird. Eine Weisungsbefugnis des Bundes besteht nicht. 1. Wie sind aktuell die Verfahrensabläufe und -schritte im „Ankunftszentrum Berlin“ (bitte detailliert beschreiben !) und welche Behörden, Abteilungen, Dienststellen und private Dritte (zB LAF Registrierung, LAF Leistungen , LAF Sozialdienst, BAMF, Polizei, LABO, Jobcenter , Charité, Tamaja, Johanniter usw.) sind konkret mit welchen Aufgaben beteiligt? An welchen Standorten finden welche Verfahrensbestandteile statt? Zu 1.: Das Ankunftszentrum Berlin ist auf zwei Standorte verteilt und besteht aus dem Unterkunftsbereich im Hangar 5 und dem Verwaltungsteil am Standort Bundesallee 171. Auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Berlin-Tempelhof erfolgt die kurzzeitige Unterkunft und die vorübergehende Betreuung der Asylbegehrenden. Am Standort Bundesallee erfolgt die - Erstregistrierung und Sicherheitsüberprüfung durch das Land Berlin (Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) / Polizei) - EASY-Verteilentscheidung gemäß § 45 Asylgesetz (AsylG) - ggf. Ausgabe von Fahrkarten und Weiterleitung in andere Bundesländer. Nur für nach Berlin zu verteilende Asylbegehrende werden darüber hinaus folgende Aufgaben wahrgenommen : - Antragstellung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) - ggf. Sofortentscheidungen beim BAMF und daraus resultierende ausländerrechtliche Entscheidungen durch das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO/Ausländerbehörde) - medizinische Untersuchung nach § 62 AsylG (überwiegend am nächsten Werktag nach der Ankunft ) - Unterbringung in einer Erstaufnahmeeinrichtung, Not-/Gemeinschaftsunterkunft - Berechnung/Auszahlung der Leistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) - Ausgabe des Berlinpasses, der Willkommenscard der BVG und der elektronischen Gesundheitskarte - Erstberatung durch die Bundesagentur für Arbeit Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 11 054 2 2. Aktuell wird der Hangar 5 des ehem. Flughafen Tempelhof als „Ankunftszentrum“ genutzt. a) Welche Behörden mit wie vielen Mitarbeiter*innen nach Vollzeitäquivalenten und Qualifikation sind im oder am Hangar 5 derzeit stationiert, und was genau ist deren Aufgabe? b) Wie viele Sozialbetreuer*innen und weitere Mitarbeiter *innen des Betreibers Tamaja nach Vollzeitäquivalenten und Qualifikation sind im Hangar 5 derzeit stationiert , und was genau ist deren Aufgabe? c) Weshalb erfolgt derzeit die Abfertigung Asylsuchender am LAF-Container am Hangar 5 so, dass die Menschen während ihrer Vorsprache vor dem Container bei Wind und Wetter ungeschützt im Freien stehen müssen ? d) Wer nimmt die erste Registrierung am Hangar 5 vor, und welchen Inhalt hat der dort verwendete Laufzettel (bitte beifügen)? e) Wer nimmt die Gesundheitsuntersuchung im Hangar 5 vor, was wird untersucht, und an wen werden in welcher Form die Ergebnisse übermittelt? Zu 2. a): Im Bereich für die kurzzeitige Unterbringung sind neben der Betreiberin ausschließlich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) sowie von dieser Behörde beauftragte Sprachmittlerinnen und Sprachmittler eingesetzt. Vom LAF werden elf Verwaltungsmitarbeiterinnen und Verwaltungsmitarbeiter im Schichtdienst (sieben Tage die Woche von 06.00 bis 2.00 Uhr) eingesetzt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter prüfen im Einzelfall, ob die vorsprechenden Personen als Asylbegehrende von der Betreiberin in die Unterkunft aufgenommen werden können oder ob ggf. eine andere Dienststelle im Land Berlin zuständig ist. Zu 2. b): Von der Betreiberin wird derzeit Personal in folgendem Umfang eingesetzt: 2,5 Stellen für qualifizierte Sozialarbeit 10 Stellen für Sozialbetreuung 5 Stellen für Sprachmittlung Die neuankommenden Asylbegehrenden im Ankunftszentrum werden durch qualifizierte Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, Sozialbetreuerinnen und Sozialbetreuer sowie durch Sprachmittlerinnen und Sprachmittler unterstützt. Die Aufgaben bestehen im Wesentlichen in der Versorgung und Information der vorsprechenden Personen sowie im Bedarfsfall in der Krisenintervention und in der Deeskalation bei sich abzeichnenden Konfliktsituationen . Ferner obliegen ihnen Kinder- und Frauenschutzmaßnahmen (einschließlich der Würdigung der sexuellen Selbstbestimmung) sowie die Gewährleistung einer sicheren Kinderbetreuung. Im Einzelnen handelt es sich insbesondere um folgende Tätigkeiten: Mögliche Betreuung der Neuankommenden auch im Bereich des Onboardings, insbesondere: o Notwendige Bereitstellung von Kleidung und/oder Hilfsmitteln (Gehhilfen, Rollstuhl, medizinische Versorgung über ärztliche Visite oder Pflegedienst, zusätzliche Decken oder Einstiegshilfen usw.) o Rundgang durch den Bereich für die kurzzeitige Unterbringung und Erläuterung der Anlaufpunkte o Aufklärung über die überreichten Unterlagen entsprechend des Bedarfes o Erläuterung der in der Unterkunft geltenden Regeln (Hausordnung) o Deeskalation bei Streitigkeiten oder Unmutsbekundungen o Nachfragen nach dem eigenen persönlichen Befinden und dem Befinden der Familie o Bei Anzeichen von Kindeswohlgefährdung, Gewalt gegen Frauen oder Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung sind unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen (abgestimmtes Teamhandeln). o Kindern wird der Zugang zur Kinderbetreuung in angemessener Zeit gewährt (Zeitraum von täglich 09.00 bis 20.00 Uhr), wobei die Eltern ausdrücklich aufgefordert sind, ihre Aufsichtspflicht wahrzunehmen. o Bei den Hilfestellungen geht es um Auskünfte über die Vorgehensweisen bei besonderen Hilfebedarfen, wie Operationen, Pflege, Medikation usw. o Unterstützung der Bewohnerinnen und Bewohner , die bei Familienangehörigen wohnen und/oder Eltern und Kinder suchen möchten sowie in ähnlichen Situationen. Zu c) Im Hangar 5 besteht derzeit keine Möglichkeit, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des LAF in einer Weise unterzubringen, die eine Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen vor der Aufnahme durch die Betreiberin ermöglicht. Bei ungünstiger Witterung oder gleichzeitigem Eintreffen mehrerer Personen wird die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen in den am Eingang befindlichen Aufenthaltsraum des Hangar 5 verlegt. Zu d) Eine Registrierung erfolgt durch die Betreiberin, da die Asylbegehrenden in einer Unterkunft aufgenommen werden und die Betreiberin hierfür die erforderlichen Informationen für eine sachgerechte Unterbringung benötigt . Der Laufzettel ist als Muster in der Anlage beigefügt. Zu e) Bei der Ankunft findet vor der Aufnahme in der Unterkunft ein medizinischer „Kurzcheck“ durch sanitätsdienstlich geschultes Personal statt. Der Kurzcheck (oder „Erstscreening“) beschränkt sich auf offensichtlich vorhandene medizinische Krankheitsbilder (Hautausschläge , Parasitenbefall, Fieber usw.) und soll das frühzeitige Erkennen von Befunden ermöglichen, die eine Aufnahme in einer Gemeinschaftsunterkunft ausschließen. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 11 054 3 Das Ergebnis des Screenings verbleibt bei der Betreiberin der Unterkunft. Die medizinische Untersuchung nach § 62 AsylG findet zurzeit am nächsten Arbeitstag in der Bundesallee statt. Es ist geplant, ab dem 01.07.2017 die Untersuchung nach § 62 AsylG zum Standort auf dem ehem. Flughafen Tempelhof zu verlagern, so dass die Untersuchung - für die während der Öffnungszeiten der Untersuchungsstelle neu eintreffenden Asylsuchenden - noch vor der Aufnahme in die Unterkunft erfolgen kann. Außerhalb der Öffnungszeiten der Untersuchungsstelle erfolgt das Erstscreening auch weiterhin am nächsten Arbeitstag noch vor dem Registrierungsverfahren. Ab dem 01.07.2017 werden die Charité und das Bezirksamts Lichtenberg von Berlin (für die TBC-Vorsorge) jeweils mit dem für die Aufgabendurchführung benötigten Personal vor Ort vertreten sein. 3. Ist es zutreffend, dass im Juni 2017 ein Umzug des Ankunftszentrums von Hangar 5 in die Hangars 1 und 2 vorgesehen ist? a) Welchen Zeitplan verfolgt der Senat hinsichtlich der Einrichtung eines „Ankunftszentrums“ in den Hangars 1 und 2 des ehem. Flughafen Tempelhofs? b) Welche Umbaumaßnahmen in Hangar 1 und 2 sind dafür geplant? c) Soll das „Ankunftszentrum“ dauerhaft in den Hangars etabliert werden? d) Soll die zum „Ankunftszentrum“ gehörende Unterkunft dauerhaft in den Hangars etabliert werden? e) Welche Behörden(bestandteile) sollen als Teil des „Ankunftszentrums“ in die Hangars einziehen? f) In welche Gebäudebereiche konkret sollen die jeweiligen Behörden einziehen? g) Welche Prozessabläufe (vgl. Frage 1) sollen dort stattfinden, welche ggf. woanders, und weshalb? h) Wie ist der Einzug von Behörden in die Hangars vereinbar mit der weitgehend ungeschützten Privatsphäre in den Schlaf- und Aufenthaltsräumen in den Hangars? i) Welche alternativen Standorte für die Unterkunft des „Ankunftszentrums“ hat der Senat geprüft, weshalb wird keine alternative, menschenwürdige Unterkunft genutzt? Ist dies für die Zukunft geplant? Bitte konkret erläutern. j) Wäre es denkbar, statt der Unterkunft eine Verwaltungsdienststelle in die Hangars zu verlegen, und das frei gewordene Behördengebäude als Unterkunft zu nutzen, und wenn nein weshalb nicht? k) Welche künftige Nutzung ist für die Hangars 3 bis 7 vorgesehen? Zu 3.: Es trifft zu, dass im Juni 2017 ein Umzug des Ankunftszentrums von Hangar 5 in die Hangars 1 und 2 vorgesehen ist. Zu a) Die zurzeit noch im Hangar 6 und 7 untergebrachten Menschen (ca. 500 Personen) werden nach Fertigstellung der Tempohomes auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof in diese Unterkunft verlegt und der westliche Teil des Flughafens (Hangar 5 bis 7) wird freigezogen. Die Hangars 5 bis 7 werden in die Verfügungsgewalt der Tempelhof Projekt GmbH für anderweitige Nutzungen zurückgeführt. Entsprechend der jetzigen Planung ist der Hangar 1 und 2 als neuer kurzeitiger Unterkunftsbereich für das Ankunftszentrum vorgesehen. Der Hangar 3 wird als Reserve für das Ankunftszentrum und der Hangar 4 bisher als landesweite Reserve für den Notfall einer Evakuierung einer Unterkunft für Geflüchtete und der damit verbundenen Verlegung der Bewohnerinnen und Bewohner geplant . Die Verlagerung vom Hangar 5 in den Hangar 2 erfolgt spätestens bis zum 30.06.2017; ab dem 15.08.2017 ist hier bereits eine Nachnutzung durch die Volksbühne vorgesehen. Zu b) Im Hangar 1 werden bei Bedarf die Betten aufgestellt und die erforderlichen Sanitäranlagen errichtet. Der Hangar 2 ist vollständig eingerichtet – hier sind in wenigen Räumen lediglich malermäßige Instandsetzungen erforderlich. Die zunächst im Hangar 3 vorgesehene „Krankenstation “ in besonders eingerichteten Wohncontainer wird voraussichtlich in den Bestandsbau des Hangars 2 eingerichtet werden können. Der Hangar 4 bleibt ungenutzt – im Bedarfsfall werden mobile Betten aufgebaut. Die Hangars 2, 3 und 4 sind mit Sanitäranlagen ausgestattet ; zurzeit wird geprüft, ob die vorhandenen Anlagen durch wartungsärmere Anlagen ersetzt werden können. Zu c) und d): Die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales beabsichtigt, den Standort auf Eignung zu überprüfen. Bis zum Abschluss der Überprüfung wird der Standort in den Hangars für die kurzzeitige Unterbringung während des Registrierungsprozesses genutzt. Sobald geeignete Alternativen für den Unterkunftsteil des Ankunftszentrums zur Verfügung stehen, kann über einen Umzug entschieden werden. Zu e) Es werden nur die bereits am Hangar 5 eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des LAF umziehen . Darüber hinaus wird das von der Charité und vom Bezirksamt Lichtenberg von Berlin gestellte Personal den Einsatzort von der Bundesallee 171 zum Flughafengelände verlegen. Weitere Verwaltungsmitarbeiterinnen und Verwaltungsmitarbeiter sind am Standort Tempelhof nicht vorgesehen . Zu f) Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des LAF werden in den Hangar 1 (Büroraum) und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Charité sowie des Bezirksamts Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 11 054 4 Lichtenberg von Berlin werden in die bereits als „Med- Point“ genutzten Räume des Hangars 2 einziehen. Zu g) Mit Ausnahme des Zeitpunkts der Untersuchung nach § 62 AsylG (vgl. Antwort zu 2e) bleiben die Prozesse unverändert. Zu h) Der Verwaltungsteil verbleibt am Standort Bundesallee 171. Ein weiterer Einzug von Behörden ist nicht vorgesehen. Zu i) Für das Ankunftszentrum wurden im letzten Jahr im Vorfeld der Entscheidung zur Errichtung des Ankunftszentrums die Standorte „Schmidt-Knobelsdorf-Kaserne“ und das ehemalige Rathaus Wilmersdorf geprüft. Zum damaligen Zeitpunkt hat sich der Senat für die Einrichtung des Ankunftszentrums auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens in Tempelhof entschieden. Wie bereits erwähnt, beabsichtigt die Senatsverwaltung für Integration , Arbeit und Soziales Alternativen zum jetzigen Standort und den Aufgabenumfang einer derartigen Aufnahmeeinrichtung zu überprüfen. Das Ziel dieser Prüfung ist die Nutzung eines anderen Standortes. Für die kurzzeitige Unterbringung der Menschen für wenige Tage wird die Liegenschaft vorerst bis zur Identifizierung und Ertüchtigung geeigneter Standorte genutzt. Perspektivisch ist auch eine dezentrale Unterbringung der neu in Berlin ankommenden Asylbegehrenden denkbar. Siehe auch Antwort zu 3. c) und d). Zu j) Diese Option wurde nicht erwogen. Die zunächst vorgesehene Planung zur Einrichtung des Verwaltungsstandortes im Hangar 5 wurde im Juli 2016 eingestellt, da sich im Rahmen der Planung herausgestellt hatte, dass der Standort ungeeignet ist. Die Einrichtung der Unterkunft im Verwaltungsstandort Bundesallee 171 wäre nur nach umfangreichen Umbauarbeiten möglich, da es an diesem Standort an der geeigneten Infrastruktur für einen Beherbergungsbetrieb mangelt. Zu k) Auf die vorstehenden Ausführungen wird verwiesen . 4. Aktuell wird für einige Fallgruppen binnen drei Tagen ab Ankunft im derzeitigen Behördenteil des Ankunftszentrums in der Bundesallee das Asylverfahren abschließend entschieden. a) Für welche Fallgruppen und welche Herkunftsländer wird das Asylverfahren im Ankunftszentrum Bundesallee binnen drei Tagen abschließend entscheiden? b) Wie groß waren sind dieses Fallgruppen pro Monat in absoluten Zahlen und prozentual gesehen im Verhältnis zur Gesamtzahl der Antragsteller*innen seit Eröffnung des Ankunftszentrums? c) Wie und durch wen werden die betroffenen Menschen auf dieses Schnellverfahren vorbereitet? d) Inwiefern ist eine unabhängige Beratung in allen Verfahrensschritten gewährleistet? Zu 4.: Eine Verfahrensdauer von wenigen Tagen erfolgt am Ankunftszentrum Berlin bei Asylanträgen von Personen aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten im Sinne von § 29a AsylG bzw. bei Fallkonstellationen, die nach summarischer Prüfung durch das BAMF keinen weitergehenden Ermittlungsaufwand erfordern. Zu a) Zu den Fallgruppen ohne weitergehenden Ermittlungsaufwand werden seitens des BAMF Asylanträge von Personen aus Herkunftsstaaten mit hoher Schutzquote (z. B. Syrien, religiöse Minderheiten im Irak) sowie mit geringer Schutzquote (z. B. Westbalkanstaaten, Republik Moldau, Vietnam) gezählt. Zu b) Nachfolgend wird eine Übersicht über die Tagesverfahren /Direktverfahren gegeben: Personen Anzahl Akten Direktverfahren in % Antragstellungen insgesamt Sept. 2016 188 97 13,1 % 740 Okt. 2016 239 131 18,8 % 696 Nov. 2016 296 167 21,2 % 788 Dez. 2016 439 237 32,1 % 738 Jan. 2017 275 158 34,1 % 464 Febr. 2017 141 72 15,8 % 456 März 2017 90 71 14,5 % 489 Summe 1668 933 21,3 % 4371 Zu c) und d): Es gelten im Ankunftszentrum die allgemeinen Qualitäts- und Verfahrensstandards des BAMF. Kern des Asylverfahrens bildet eine individuelle Anhörung und Ermittlung der Fluchtgründe durch qualifizierte Einzelentscheiderinnen und Einzelentscheider des BAMF. Für die Einzelentscheiderinnen und Einzelentscheider besteht stets die Möglichkeit, die zur Entscheidungsfindung notwendigen Recherchen zu tätigen und die Hintergründe einer individuellen Verfolgung zu klären. Aus diesem Grund können zwischen Anhörung und Entscheidung im Ankunftszentrum Berlin auch mehrere Wochen bzw. Monate liegen. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 11 054 5 Durch den Sozialdienst des LAF erfolgt eine Beratung der Asylbegehrenden zum Ablauf des Asylverfahrens. Im Bereich des BAMF sind den Betroffenen alle Prozessschritte verpflichtend zu erläutern. Diese Erläuterungen werden jeweils dokumentiert. Durch den Sozialdienst des LAF werden weitere, einschlägige Beratungsangebote an die Geflüchteten übermittelt . Beistände sind zum Verfahren zugelassen. Bei Unsicherheiten bezüglich des Verfahrens ebenso wie in persönlichen Konfliktsituationen besteht für die Asylsuchenden jederzeit die Möglichkeit, das Verfahren zu unterbrechen und zu einem späteren Zeitpunkt fortzusetzen. Die Verfahrensdauer verlängert sich dann entsprechend. Seitens der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales ist die Prüfung der Einrichtung einer behördenunabhängigen Asylverfahrensberatung im Ankunftszentrum Bundesallee vorgesehen. 5. Welche Bescheide und Identitätsdokumente erhalten a) anerkannte Asylsuchende b) abgelehnte Asylsuchende c) Asylsuchende mit noch nicht entschiedenem Verfahren im Ankunftszentrum konkret von welcher Behörde (LAF, Jobcenter, BAMF, LABO) zum Abschluss des dreitägigen Verfahrens? Zu 5.: Von der Bundesagentur für Arbeit werden im Ankunftszentrum ausschließlich erste Informationen im Rahmen einer Gruppenveranstaltung vermittelt und auf Wunsch Einzelberatungen angeboten. Bescheide oder Identitätsdokumente werden den Geflüchteten von der Bundesagentur für Arbeit dagegen nicht ausgehändigt. Von der Ausländerbehörde wird Asylsuchenden, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt oder die als Asylberechtigte anerkannt wurden, im Ankunftszentrum im Direktverfahren der anerkennende Bescheid des BAMF ausgehändigt. Gleichzeitig werden die für die Bestellung des Reiseausweises und des elektronischen Aufenthaltstitels erforderlichen Daten erhoben und die Bestellung bei der Bundesdruckerei veranlasst. Sofern die Betroffenen über einen gültigen Nationalpass oder ein Document de Voyage (DDV) verfügen, wird darin ein Vermerk angebracht, dass ein deutsches Passersatzpapier ausgestellt wurde. Daneben wird den Betroffenen ein Abholtermin für das Dienstgebäude der Ausländerbehörde am Standort Friedrich-Krause-Ufer für Reiseausweis und elektronischen Aufenthaltstitel sowie ggf. eine Bescheinigung über eine Integrationskursverpflichtung/- berechtigung ausgehändigt. Gleichzeitig wird den Betroffenen ein Hinweis auf die mögliche Beratung durch den Paritätischen Wohlfahrtsverband im Dienstgebäude des LAF am Standort Bundesallee gegeben. Asylsuchenden, denen subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, wird von der Ausländerbehörde im Ankunftszentrum der anerkennende Bescheid des BAMF ausgehändigt. Verfügen die Betroffenen über einen gültigen Nationalpass , wird die Aufenthaltserlaubnis als Klebeetikett in den Pass eingetragen, anderenfalls wird die Aufenthaltserlaubnis auf Ausweisersatz erteilt. Gleichzeitig wird den Betroffenen ein Hinweis auf die mögliche Beratung durch den Paritätischen Wohlfahrtsverband am vorgenannten Standort gegeben. Ausländischen Staatsangehörigen, deren Asylbegehren vom BAMF abgelehnt wurde, wird der ablehnende Bescheid des BAMF ausgehändigt. Erklären die Betroffenen ihre Ausreisebereitschaft, werden sie an die Rückkehr - und Weiterwanderungsberatungsstelle (RuW) des LAF verwiesen; gleichzeitig wird ihnen eine Grenzübertrittsbescheinigung mit einem Hinweis auf die bestehende Gestattungswirkung während der Rechtsbehelfsfrist ausgehändigt . Sofern eine Ausreisebereitschaft nicht bekundet wird, erhalten die Betroffenen eine Aufenthaltsgestattung. Asylsuchenden mit noch nicht entschiedenem Verfahren werden vom LAF Ankunftsnachweise ausgestellt; diese werden ihnen jedoch nicht ausgehändigt, sondern die Betroffenen werden sofort an das BAMF weitergeleitet , das ihnen die Aufenthaltsgestattung aushändigt. 6. Ist es zutreffend, dass aktuell das LAF die in Art. 19 Verfahrensrichtlinie (RL 2013/32/EU) vorgeschriebene unentgeltliche rechts- und verfahrenstechnische Auskunftserteilung im Asylverfahren im Ankunftszentrum durchführt? a) Zu welchem Zeitpunkt des Verfahrens findet diese Beratung statt? b) Was ist Bestandteil der Auskunftserteilung? Wie viel Zeit nimmt die Auskunftserteilung i.d.R. in Anspruch ? c) Inwiefern werden bei der Auskunftserteilung die individuellen Umstände der Antragsteller*innen berücksichtigt ? d) Wie viele Personalstellen (VZÄ) sind für diese Aufgabe vorgesehen? e) Erhalten alle Antragsteller*innen diese Beratung oder erfolgt diese nur auf Nachfrage? 7. Weshalb findet im Ankunftszentrum derzeit keine Asylverfahrensberatung zu Ablehnungsgründen und möglichen Rechtsmitteln statt, und ist dies künftig geplant? Wenn nein, warum nicht? 8. Weshalb findet im Ankunftszentrum keine behördenunabhängige Asylverfahrensberatung statt, und ist dies künftig geplant? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wann und durch wen? 9. Durch wen, wann und in welcher Form erhalten Antragsteller*innen im Ankunftszentrum die in Art. 5 Aufnahmerichtlinie (RL 2013/33/EU) vorgeschriebenen Informationen über Rechte und Pflichten im Rahmen der Asylaufnahme sowie über Organisationen oder Personengruppen , die einschlägige Rechtsberatung leisten und die hinsichtlich der Aufnahmebedingungen einschließlich der med. Versorgung beraten können? Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 11 054 6 Zu 6. bis 9.: Die in der Fragestellung zu 6. sowie zu 9. genannten Richtlinien sind bisher nicht in innerstaatliches Recht umgesetzt worden. Die Bestimmungen der Richtlinien entfalten daher nur unter der Voraussetzung unmittelbare Rechtswirkung, dass sie individuelle Rechte regeln und ausreichend konkret bestimmt sind. Die in Artikel 19 der Richtlinie 2013/32/EU genannten Aufgaben können gemäß Artikel 21 Abs. 1 Nichtregierungsorganisationen , Fachkräften von Behörden oder spezialisierten staatliche Stellen übertragen werden. In Abstimmung mit dem Bundesministerium des Innern (BMI) übernehmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAMF in den Ankunftszentren diese Aufgabe. Es handelt sich nicht um eine Rechtsberatung oder eine vorweggenommene Anhörung. Eine neutrale, vertrauliche Auskunftserteilung bedeutet, dass die/der Auskunftserteilende gewonnene Erkenntnisse und Informationen nicht an die zuständige Entscheiderin/den zuständigen Entscheider oder zur Akte gibt. Ebenso nehmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BAMF keine Einschätzungen der Erfolgsaussichten des Asylantrags oder des Rechtsbehelfs vor. Soweit Asylsuchende im Rahmen der Auskunftserteilung Informationen in das Asylverfahren einbringen möchten, werden sie auf die zuständige Bearbeiterin/ den zuständigen Bearbeiter des BAMF verwiesen. Davon unabhängig bietet auch das LAF im Ankunftszentrum eine Asylverfahrensberatung an: Diese beinhaltet die Information über den Ablauf des Asylverfahrens und die Möglichkeiten der Leistungsgewährung. Es wird ein von verschiedenen Flüchtlingsorganisationen ausgearbeitetes Merkblatt zur Anhörung (die Zustimmung, dieses Merkblatt aushändigen zu dürfen, wurde eingeholt). Die Adressliste diverser Beratungsstellen, das Merkblatt des Berliner Netzwerk für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge , das Merkblatt zur Leistungsgewährung sowie die Broschüre des Beauftragten für Integration und Migration ausgehändigt. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass auch Informationen nicht-staatlicher Akteure der Flüchtlingsarbeit im Rahmen der Beratung vermittelt werden. Gleichzeitig wird mit den ausgehändigten Merkblättern der Informationspflicht nach Art. 5 der Richtlinie 2013/33/EU nachgekommen . 10. Inwiefern finden im Ankunftsprozess die Bedürfnisse besonders Schutzbedürftiger Personen nach Art. 21 Aufnahmerichtlinie Berücksichtigung? Inwiefern und durch wen findet im Ankunftszentrum eine Beurteilung entsprechend Art. 22 Aufnahmerichtlinie statt, ob Antragssteller*innen besondere Bedürfnisse nach Art. 21 haben? Zu 10.: Die Identifizierung des in der Fragestellung genannten Personenkreises erfolgt zunächst im Rahmen der Beratung am ersten Tag im Ankunftszentrum durch erfahrene Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter. Die zu Beratenden werden in diesen Gesprächen gebeten, mitzuteilen , welche Besonderheiten für die Unterbringung zu berücksichtigen sind. Hierzu wurde in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk für besonders Schutzbedürftige in Berlin (BNS) ein Merkblatt erarbeitet. Ein weiteres Ergebnis der Zusammenarbeit mit dem BNS ist die Erstellung eines Leitfadens zur Identifizierung dieser Personengruppe , der sich momentan in der Abstimmung zwischen den am Verfahren Beteiligten befindet. Besonders Schutzbedürftige werden – soweit ihre Schutzbedürftigkeit identifiziert werden kann bzw. direkt mitgeteilt wird – auf die entsprechenden Fachstellen zur weiteren Beratung hingewiesen. Die Zusammenarbeit mit den Sozialdiensten in den Wohnheimen führt dazu, dass das LAF auch bei im Ankunftszentrum nicht ausgeführten Einschränkungen nachsteuern kann und auch zu einem späteren Zeitpunkt eine Identifizierung möglich ist. Identifizierte besonders Schutzbedürftige werden gleich am ersten Tag im Ankunftszentrum in einer ihrer Schutzbedürftigkeit entsprechenden Unterkunft untergebracht. 11. Wie bewertet der Senat die Abläufe im Ankunftszentrum ? Ist es angemessen, das Asylverfahren binnen drei Tagen unter Lagerbedingungen durchzuziehen, ohne Gelegenheit zur Ruhe zu kommen, vorherige (unabhängige ) Beratung in Anspruch zu nehmen und sich in Ruhe auf das Asylverfahren vorzubereiten? Zu 11.: Der Senat ist der Auffassung, dass den Asylbegehrenden die Möglichkeit gegeben sein sollte, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Eine kurze Dauer des Asylverfahrens – ohne Abstriche bei der Rechtssicherheit – kann auch Vorteile für die Asylsuchenden bieten: So entfällt nach dem Abschluss des Asylverfahrens die rechtliche Verpflichtung zum Aufenthalt in einer Aufnahmeeinrichtung (mit Ausnahme der in § 48 Abs. 1a genannten Personenkreise) u. a. mit der Folge, dass der Bezug einer eigenen Wohnung zulässig ist. Es werden im Ergebnis eines positiv abgeschlossenen Asylverfahrens bei Bedürftigkeit Sozialleistungen nach dem Zweiten bzw. Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB II/XII) gewährt (so dass etwa die aus § 4 Asylbewerberleistungsgesetz – AsylbLG folgenden Einschränkungen bei der Leistungsgewährung im Falle von Krankheit, Schwangerschaft und Geburt entfallen) und es besteht uneingeschränkter Zugang zu Integrationsleistungen. Der Senat geht davon aus, dass die Geflüchteten ihrerseits anstreben, möglichst zeitnah nach ihrer Flucht die Möglichkeit zu erhalten, ihr Asylbegehren bei der zuständigen Stelle geltend zu machen. Wie in der Antwort zu 4. ausgeführt wurde, werden die Anträge, die voraussichtlich keinen weiteren Ermittlungsaufwand erfordern, in dieser kurzen Zeitspanne bearbeitet. Abgeordnetenhaus Berlin – 18. Wahlperiode Drucksache 18 / 11 054 7 Die Betreiberin der Unterkunft auf dem ehemaligen Flughafengelände in Tempelhof verfolgt das Ziel, eine bestmögliche Versorgung und Betreuung der dort lebenden Geflüchteten, soweit dies unter den gegebenen baulichen Rahmenbedingungen realisiert werden kann, zu gewährleisten. Berlin, den 15. Mai 2017 In Vertretung Daniel T i e t z e _____________________________ Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Mai 2017) Laufzettel LAF - Ablauf Bundesallee - 02.05.2017 Pass vorhanden? Sicherheitsüberprüfung Pik-Station Ausgabe Weiterleitung Foto (BVG) Sozialdienst Antragsbogen Charité Ausgabe AuW BAMF Bundesagentur LABO Die abgebildete und beschriebene Person ist für den Ankunftsservice in der EAE+ Flughafen Tempelhof und am Behördenstandort Bundesallee angemeldet. Die Anmeldung gilt zunächst und mindestens bis zum 24.04.2017. Rückfragen bitte an: Unterkunft, EAE Tempelhof, Tamaja Berlin GmbH – 0176 212 056 04 Behördenstandort Bundesallee – 030 90229 3875 Zugangsberechtigung EAE+ am ehemaligen Flughafen Tempelhof Nachname Vorname Geburtsdatum Familie Sprache Belegung erledigt am erledigt am erledigt am erledigt am erledigt am erledigt am erledigt am erledigt am erledigt am erledigt am erledigt am Ziel: Maßnahmen: Termin: Akte POL LAF LAF LAF LAF LAF MED LAF BAMF LABO BA nein Mustermann Max 01.09.1950 Englisch EAE erledigt am LAF Röntgen: Ð160826-8-1fÓ 160826-8-1BewohnerID bis 170502-111-1 S18-11054 S1811054_Anlage