Drucksache 18 / 11 207 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sebastian Czaja (FDP) vom 20. April 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Mai 2017) zum Thema: Wissenschaftliche Methodik bei der Erstellung des Berliner Mietspiegels und Antwort vom 23. Mai 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. Mai 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Herrn Abgeordneten Sebastian Czaja (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/11207 vom 20. April 2017 über Wissenschaftliche Methodik bei der Erstellung des Berliner Mietspiegels Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: In welcher Kategorie wurde der Berliner Mietspiegel 2015 vom Senat eingestuft? a. Wenn als qualifizierter Mietspiegel, nach welchen wissenschaftlichen Methoden wurde der Mietspiegel 2015 erstellt? b. Wenn es sich um einen einfachen Mietspiegel handelt, welche Bindungswirkung hat dieser bei rechtmäßigen Mieterhöhungsverlangen? Antwort zu 1: Der Berliner Mietspiegel 2015 ist ein qualifizierter Mietspiegel gemäߧ 558d BGB. So wurde er vom Senat sowie von vier an der Erstellung beteiligten Verbänden anerkannt. Es wurden bei der Erstellung nicht nur die grundlegenden Voraussetzungen erfüllt, die für Mietspiegel allgemein zu beachten sind (z.B. welche mietpreisbildenden Faktoren zu berücksichtigen sind oder welcher Wohnungsbestand zugrunde zu legen ist), sondern es wurden auch die Maßstäbe angelegt, die für qualifizierte Mietspiegel gelten. Dies betrifft nach § 558d Abs. 1 und 2 BGB die Erstellung nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen, die Dokumentation der Vorgehensweise und der Ergebnisse in einem Methodenbericht, die Art der Anerkennung sowie die zeitliche Anpassung. Hinsichtlich des Erfordernisses der Erstellung nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen der Statistik wurden die in den „Hinweisen zur Erstellung von Mietspiegeln“ des Bundesministeriums bzw. des Bundesinstitutes für Bau-. Stadt- und Raumordnung enthaltenen Voraussetzungen beachtet (repräsentative Datenbasis, nachvollziehbarer Einsatz der Anwendung anerkannter wissenschaftlicher Auswertungsmethoden, Dokumentation der Anwendung anerkannter wissenschaftlicher Methoden sowie öffentlichen Zugänglichkeit der Dokumentation). 2 Frage 2: Wie will der Senat zukünftig sicherstellen, dass nicht 30% der Datenerhebung für den Berliner Mietspiegel unzureichend ist? a. In welchem Quorum sollen kommunale Wohnungsgesellschaften, private Wohnungsunternehmen sowie Privatvermieter ausgewählt werden, um einen objektiven Mietspiegel zu erheben? 1.) In welchem Quorum wurden die Felder „1973-1990 Ost angefertigt? 2.) Wenn in diesem Feld nur kommunale Wohnungsunternehmen herangezogen wurden, wieso? b. In welchem Verhältnis bei der Datenerhebung von Wohnungen werden die Bezirke gleichmäßig im Verhältnis zur Einwohnerzahl berücksichtigt? c. In welcher Form sollen die Ausstattungsmerkmale der heutigen Zeit angepasst werden? 1.) Wieso finden folgende Ausstattungsmerkmale (Barrierefreie Wohnung, Energiesparlampen Treppenhaus und bei Außenleuchten, Spielplatz auf dem Grundstück, Abgehängte Decken mit integrierter Beleuchtung, vom Vermieter gestellte Einbauschränke/-regale, Elektrische Rollläden, Elektrische Fußboden-Heizung im Bad, Klimaanlage, „Keyless Access“, Kostenlose Stellplätze für Wohnungsmieter auf dem Gelände, Beheizter Raum zum Trocknen der Wäsche, Erweiterte Nutzungsmöglichkeiten der Außenflächen, Maßnahmen zur Ressourcenschonung, Gespachtelte Wände, Zusätzliche Sicherheitsschlösser an der Wohnungstür, „Smart Metering“) keine Berücksichtigung? 2.) Ist vorgesehen, auch ökologische Merkmale (z.B. Verbrauchsausweis) zukünftig mehr zu berücksichtigen? Antwort zu 2: Der Senat geht nicht davon aus, dass zukünftig 30 % der Datenbasis unzureichend ist. Die Wohnwertmerkmale, die zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete herangezogen werden dürfen, sind in § 558 Abs. 2 BGB abschließend geregelt (Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage). Weitere Merkmale, wie z.B.die Art des Vermieters, sind nicht vorgesehen. Für die Repräsentativität der Daten muss neben der Durchführung einer Zufallsstichprobe sichergestellt sein, dass alle Wohnungen mit ihren mietpreisbestimmenden Merkmalen in etwa im gleichen Verhältnis in der Stichprobe enthalten sind wie in der Grundgesamtheit aller mietspiegelrelevanten Wohnungen. Auf Basis der aktualisierten Grundgesamtheit wird daher eine disproportionale Stichprobe nach den o.g. Merkmalen (die der Gliederung der Merkmale der Mietspiegeltabelle entsprechen) gezogen - soweit die Datengrundlage vorliegt. Ist die Zufallsstichprobe groß genug, wie beim Berliner Mietspiegel, wird davon ausgegangen, dass sie repräsentativ ist und Strukturen am Wohnungsmarkt (wie z.B. Vermieterstruktur oder Bezirksverteilung) widerspiegelt. In der Baualtersklasse 1973-1990 Ost umfasste die Stichprobe für den Mietspiegel 2015 alle in diesem Wohnungssegment relevanten Eigentümergruppen. Ein Verhältnis von Bezirken und deren Einwohnerzahlen bzw. Bezirken untereinander muss bei der Stichprobenziehung nicht besonders berücksichtigt werden. Hier gilt der o.g. Satz zur Widerspieglung der Strukturen aufgrund der Methode der Stichprobenziehung als Zufallsauswahl entsprechend. Die Ausstattungsmerkmale, die in der Orientierungshilfe für die Spanneneinordnung (die nicht Teil des qualifizierten Mietspiegels ist) enthalten sind, resultieren aus den wohnungswirtschaftlichen Erfahrungen der Mitglieder der Arbeitsgruppe Mietspiegel sowie 3 insbesondere auch aus Erkenntnisse aus der Praxis und der Rechtsprechung. Die Orientierungshilfe insgesamt sowie die einzelnen Merkmale werden bei jedem Mietspiegel überprüft und einvernehmlich entschieden. Nicht alle zusätzlich möglichen Ausstattungen haben nach Auffassung der Mitglieder der Arbeitsgruppe Mietspiegel Auswirkungen auf den Wohnwert (i.S, von wohnwerterhöhenden Merkmalen der Orientierungshilfe) und führen zu einer entsprechend höhere Miete. Auch müssen die Anschaffungskosten des Vermieters für Ausstattungen (z.B. Energiesparlampen im Teppenhaus) im Verhältnis stehen zu daraus resultierenden möglichen Mieterhöhungen. Die ausgewählten Ausstattungen sollen einen höheren Wohnwert für alle Mieter bedeuten; dies wird z.B. bei einem Merkmal: „Erweiterte Nutzungsmöglichkeiten der Außenflächen“ kritisch gesehen. Zudem sind die Merkmale der Orientierungshilfe nicht abschließend. In Einzelfällen können weitere ebenfalls gewichtige Merkmale zum Tragen kommen, die nicht genannt sind. Der energetische Zustand der Wohngebäude wird bereits seit mehreren Mietspiegeln durch die Einbeziehung des Energieverbauchskennwertes berücksichtigt. Das abgestufte Wertungssystem hat sich bisher bewährt. Frage 3: Wie viele Bürger (Wohneinheiten) haben an der Datenerhebung in den einzelnen 96 Mietspiegelfeldern insgesamt teilgenommen? a. Wie viele waren davon Mieter? b. Wie viele Vermieter haben an dieser Datenerhebung teilgenommen? c. Welche kommunalen Wohnungsunternehmen haben mit wieviel Wohnungen an der Erarbeitung teilgenommen? d. Wie viele Privatvermieter haben an dieser Datenerhebung teilgenommen? Antwort zu 3: Von den insgesamt in die Mietspiegeltabelle 2015 eingeflossenen 7.557 Daten wurden 2.984 Daten von Mietern und 4.573 Daten von Vermieter bereitgestellt. Die Bruttostichpprobe umfasste ca. 2.400 Vermieter. Der Senat hat keine Auswertung, wie viele Vermieter die 4.573 Daten bereitgestellt haben. Im Endbericht ist die Struktur der Ergebnisstichprobe veröffentlicht (Tabelle 3). Danach wurden knapp 50 % der Daten durch städtische Gesellschaften und Genossenschaften bereitgestellt. Weitere knapp 50 % wurden durch private Eigentümer geliefert. Frage 4: In welcher Form wird der Mietspiegel 2017 veröffentlicht? a. Wenn als qualifizierter Mietspiegel, nach welchen wissenschaftlichen Methoden wird der Mietspiegel erstellt? b. Wenn nein, wieso nicht? Antwort zu 4: Der Berliner Mietspiegel 2017 wird als qualifizierter Mietspiegel gemäߧ 558d BGB veröffentlicht. Zur Frage der wissenschaftlichen Methoden siehe Antwort zu Frage 1. 4 Frage 5: Plant der Senat, eine Online-Datenerfassung in Berlin einzuführen? a. Wenn ja, welche wissenschaftlichen Methoden werden angewandt b. Wenn nein, wieso nicht? Antwort zu 5: Nein. Die bisherige Form der Datenerfassung über Mieterinterviews mit Einsichtnahmen in die Mietunterlagen sowie die Bereitstellung von Daten durch die Vermieter wird als die derzeit beste Datengrundlage für den Berliner Mietspiegel gesehen. Einen Online-Fragebogen gibt es gegenwärtig allerdings bereits in der Vorhebung zur Befragung (dem sog. Mieterscreening). In diesem Befragungsschritt, der der eigentlichen Befragung bei den Mietern vorgeschaltet ist, werden die als Stichprobe gezogenen Befragungsteilnehmer zur Mietspiegelrelevanz ihrer Wohnung sowie zur Teilnahmebereitschaft befragt. Frage 6: Plant der Senat, zukünftig den Berliner Mietspiegel bezirksweise erheben zu lassen? a. Wenn ja, in welcher Form soll der Mietspiegel mit wieviel Wohnlagen ausgestattet werden b. Wenn nein, warum nicht? Antwort zu 6 b.: Nein. Berlin wird als einheitliche Gemeinde i.S. des Mietspiegels gesehen. Die Ermächtigung des Gesetzgeber, dass ein Mietspiegel auch für Teile einer Gemeinde erstellt werden kann (§ 558c Abs. 2 BGB) findet seine Einschränkung in der übergeordneten Vorschrift, dass gemäß § 558 Abs. 2 BGB die ortsübliche Vergleichsmiete aus allen vergleichbaren Entgelten in der Gemeinde zu ermitteln ist. Mietspiegel für lediglich einen räumlichen Teil der Gemeinde sind somit nur dann zulässig, wenn in diesem Gemeindeteil ausschließlich ein bestimmter Wohnungstyp vorkommt, den es in der Restgemeinde nicht gibt. Dieses ist aber in Berlin nicht der Fall. Auch in anderen Großstädten werden Mietspiegel nicht für Teile der Gemeinden erstellt. Berlin, den 23. Mai 2017 In Vertretung Sebastian Scheel ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen S18-11207 S18-11207a