Drucksache 18 / 11 229 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) vom 26. April 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Mai 2017) zum Thema: Behördlicher Rechtsschutz bei der Berliner Polizei und Antwort vom 29. Mai 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Juni 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/11229 vom 26. April 2017 über Behördlicher Rechtsschutz bei der Berliner Polizei ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie hoch war bzw. ist das Budget für behördlichen Rechtsschutz bei der Polizei Berlin in den Jahren 2013, 2014, 2015, 2016 und 2017 und in welcher Höhe wurde es jeweils abgerufen? (Aufstellung nach Jahren erbeten.) Zu 1.: Jahr Ansatz im Haushaltsplan Ist-Ausgaben Bemerkungen 2013 126.000 € 42.151,36 € 2014 39.400 € 1.709,31 € 2015 39.400 € 17.767,59 € 2016 502.000 € 12.190,74 € 2017 502.000 € 7.260,70 € Stand: 15.05.2017 2. Wann und in welcher Form gewährt die Polizei Berlin ihren Beschäftigten behördlichen Rechtsschutz? (Aufstellung der Anspruchsvoraussetzungen erbeten.) Zu 2.: Die Gewährung von Rechtsschutz richtet sich nach den Ausführungsvorschriften über Rechtsschutzmaßnahmen in Zivil- und Strafsachen für Bedienstete des Landes Berlin (AV Rechtsschutz) vom 18. Mai 2016, veröffentlicht am 3. Juni 2016 im Amtsblatt für Berlin (ABl.), Ausgabe Nr. 22/2016, Seite 1166 bis 1170. Die Voraussetzungen für die Unterstützung bei Rechtsschutzmaßnahmen in Strafsachen sind in Nr. 2.2 und für die Unterstützung bei Rechtsschutzmaßnahmen in Zivilsachen in Nr. 3.2 / der AV Rechtsschutz abschließend festgelegt. Der behördliche Rechtsschutz erfolgt durch die Gewährung von Darlehen für die Kosten der Rechtsverfolgung, auf deren Rückzahlung unter bestimmten Voraussetzungen auch verzichtet werden kann. Sowohl für Rechtsschutzmaßnahmen in Strafsachen als auch in Zivilsachen sind gemeinsame Voraussetzungen, dass 2 ein dienstliches Interesse an einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung besteht , die Maßnahme wegen der Eigenart der Sach- und Rechtslage geboten erscheint, die Verauslagung der Kosten der Dienstkraft nicht zugemutet werden kann; als nicht zumutbar gilt für Polizeivollzugskräfte und andere Bedienstete, soweit sie Vollzugsaufgaben wahrnehmen oder in Wahrnehmung hoheitlicher Befugnisse Zwang ausüben sowie für vergleichbare Gruppen die Verauslagung von Kosten, wenn sie schriftlich erklären, die Kosten der Rechtsverteidigung nicht anderweitig geltend zu machen, kein anderweitiger Anspruch auf Rechtsschutzmaßnahmen (z.B. Rechtsschutzversicherung ) besteht bzw. eine schriftliche Erklärung vorliegt, dass ein anderer subsidiärer Rechtsschutz nicht in Anspruch genommen wird. Für Rechtsschutzmaßnahmen in Strafsachen ist ferner Voraussetzung, dass der Behörde die Gewährung des Darlehens für Rechtsschutzmaßnahmen zugemutet werden kann, insbesondere das zur Last gelegte Verhalten sich nicht gegen den Dienstherrn richtet beziehungsweise der Dienstherr nicht selbst das Verfahren gegen die Dienstkraft veranlasst oder wegen derselben Angelegenheit ein Disziplinarverfahren eingeleitet hat und nach den Umständen des Falles anzunehmen ist, dass die Dienstkraft kein oder kein schweres Verschulden trifft. Für Rechtsschutzmaßnahmen in Zivilsachen ist weitere Voraussetzung, dass die Durchsetzung eigener Ansprüche im Adhäsionsverfahren nicht möglich ist und im konkreten Fall hinreichende Erfolgsaussichten auf Seiten der Dienstkraft bestehen und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheint. 3. Wurden die Voraussetzungen und Fallgestaltungen für behördlichen Rechtsschutz seit 2013 verändert bzw. sind Veränderungen geplant? Wenn ja, welche? (Aufstellung erbeten.) Zu 3.: Die AV Rechtsschutz ist an die Stelle des Rundschreibens des Bundesministeriums des Innern über die Gewährung von Rechtsschutz für Bundesbedienstete vom 2. Dezember 2005, veröffentlicht am 24. Januar 2006 im Gemeinsamen Ministerialblatt (GMBI), Ausgabe Nr. 3/2006, Seite 38 bis 40, und des Rundschreibens meines Hauses Nr. 75/2002 vom 18. Dezember 2002 getreten, die zuvor Anwendung fanden. Änderungen der erst vor einem Jahr in Kraft getretenen AV Rechtsschutz sind aktuell nicht vorgesehen. 4. Was geschah mit dem aus dem Budget nicht verausgabten Geld für behördlichen Rechtsschutz? Zu 4.: Die für den behördlichen Rechtsschutz veranschlagten, aber nicht verausgabten Haushaltsmittel wurden im Rahmen der Deckungsfähigkeit nach den Bestimmungen der Landeshaushaltsordnung für anderweitige Mehrbedarfe verwendet. 5. In wie vielen Fällen seit 2013 wurde bei Straftaten zum Nachteil von Polizeibeschäftigten (im Zusammenhang mit ihrer Dienstausübung) seitens der Polizei Berlin von Amts wegen Strafanzeige und/ oder Strafantrag gestellt? (Aufstellung nach Kalenderjahren und Deliktsgruppen erbeten.) Zu 5.: Taten, die von einem Amtsträger oder gegen ihn begangen wurden, sind auf Antrag des Dienstvorgesetzten, dem der Betreffende zur Zeit der Tat unterstellt war, verfolgbar (§ 77 a Absatz 1 des Strafgesetzbuches). 3 Seitens der Dienstvorgesetzten wurden Strafanträge entsprechend nachfolgender Aufschlüsselung gestellt, wobei in Strafantragsvorgängen auch mehrere Delikte zusammengefasst sein können und die Anzahl in der deliktischen Erfassung dadurch deutlich über der Gesamtzahl liegt. Jahr Anzahl der Strafanträge insgesamt Deliktgruppe Beleidigung Körperverletzung 2013 2.457 1.774 913 2014 2.739 2.015 958 2015 2.930 2.067 1.111 2016 2.874 2.053 1.017 2017 Stand: 30.04.2017 906 628 337 Nachfolgende Tabelle bildet die Anzeigen von Amts wegen zum Nachteil von Polizeidienstkräften sowie „sonstige Polizeimitarbeiter/innen“ (Angestellte) ab. Ergänzend sei darauf hingewiesen , dass in einem Vorgang mehrere Geschädigte enthalten sein können und die Eingabe eines Opfertyps (Polizeidienstkraft) zwingend nur bei bestimmten Delikten („PKS- Opferdelikten“, PKS= Polizeiliche Kriminalstatistik) vorgesehen ist. Der Straftatbestand der Beleidigung zählt nicht dazu. Deliktsbereich 2013 2014 2015 2016 2017 (Jan.-April) Straftaten gegen das Leben 5 0 4 3 0 Sexualdelikte 4 1 9 5 3 Rohheitsdelikte gesamt davon Körperverletzung 1.106 1.237 1.271 1.143 297 911 1.031 1.076 941 245 Widerstand davon Widerstand gg. Polizeivollzugskräfte 1.921 2.141 2.046 2.028 618 1.879 2.082 2.000 1.968 596 alle sonstigen Delikte 1.720 2.089 1.903 1.817 524 gesamt 4.756 5.468 5.233 4.996 1.442 6. In wie vielen Fällen seit 2013 wurde seitens der Polizei Berlin bei Straftaten zum Nachteil von Polizeibeschäftigten (im Zusammenhang mit ihrer Dienstausübung) gegen die Tatverdächtigen zivilrechtlich vorgegangen (Kostenerstattung der Leistungen der Dienstunfallfürsorge, Verdienstausfall und ähnliches)? (Aufstellung nach Kalenderjahren, Höhe der erwirkten Titulierungen und tatsächlicher Höhe der Ansprüche erbeten .). Zu 6.: Eine derartige Statistik wird bei der Polizei Berlin nicht geführt. 7. Ist die Senatsinnenverwaltung der Auffassung, dass Polizeibeschäftigte zur Durchsetzung von Schmerzensgeldansprüchen im Adhäsionsverfahren und/ oder im Zivilrechtsverfahren zukünftig unentgeltlichen behördlichen Rechtsschutz erhalten sollten? (Wenn nicht, warum nicht?) 4 Zu 7.: In Anerkennung der gefahrgeneigten Tätigkeit von Polizei- und Justizvollzugsbeamtinnen und Polizei- und Justizvollzugsbeamten wurde mit Inkrafttreten der geltenden AV Rechtsschutz die Gewährung von Darlehen für Rechtsschutzmaßnahmen zur Durchsetzung von Schmerzensgeldansprüchen wegen einer im unmittelbaren Zusammenhang mit einer Amtshandlung erlittenen Verletzung des Körpers oder der Gesundheit eingeführt. 8. Ist die Senatsinnenverwaltung der Auffassung, dass künftig bei erwirkten Schmerzensgeldansprüchen unverzüglich nach Rechtskrafterlangung die Polizei Berlin bei dem betroffenen Beschäftigten unter dessen Abtretung der Ansprüche an die Behörde in Vorleistung gehen sollte? (Wenn nicht, warum nicht?) Zu 8.: Die Erfüllungsübernahme von Schmerzensgeldansprüchen durch den Dienstherrn wird derzeit geprüft, so dass hierzu gegenwärtig noch keine abschließende Stellungnahme abgegeben werden kann. Berlin, den 29. Mai 2017 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport S18-11229 S18-11229a