Drucksache 18 / 11 230 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) vom 26. April 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Mai 2017) zum Thema: Gewalt gegen LGBTI-Geflüchtete und Antwort vom 31. Mai 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Juni 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Herrn Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/11230 vom 26. April 2017 über Gewalt gegen LGBTI-Geflüchtete ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1.Sind dem Senat homo- und transphobe Vorfälle und Übergriffe auf Geflüchtete in Berlin aus den letzten drei Jahren bekannt? (Aufstellung erbeten.) Zu 1.: Dem Senat sind homo- und transphobe Vorfälle und Übergriffe auf lesbische, schwule, bisexuelle sowie transgeschlechtliche Geflüchtete sowohl aus den Medien als auch aus Berichten von Trägern mit Angeboten für Lesben, Schwule, Bisexuelle sowie trans- und intergeschlechtliche Menschen (LSBTI) bekannt. Aufgrund dieser Berichte und der besonderen Situation und Bedarfe von LSBTI Geflüchteten hat der Senat bereits früh damit begonnen, besondere Maßnahmen zu ihrer Unterstützung und zum Schutz zu entwickeln und umzusetzen (Berliner Modell zur Unterstützung von LSBTI Geflüchteten; siehe hierzu auch Antwort zur Frage 4). Im Folgenden werden Angaben von durch die Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung (LADS) der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung (SenJustVA) zuwendungsgeförderten Projekten abgebildet, die von Gewalt betroffene LSBTI Geflüchtete beraten, begleiten und unterstützen, ebenso Angaben der Ansprechpartnerin und des Ansprechpartners der Staatsanwaltschaft Berlin für LSBTI sowie Angaben der Senatsverwaltung für Inneres und Sport (SenInnDS). Projekte LesMigraS der Lesbenberatung Berlin e.V., MANEO des Mann-O-Meter e.V. sowie MILES des BLSB e.V.: Eine genaue und einheitliche Aufschlüsselung nach den erfragten Kategorien ist nur bedingt möglich. Die zuwendungsgeförderten Projekte arbeiten mit unterschiedlichen Dokumentationssystemen , haben teilweise in 2014 noch keine Förderung für die entsprechenden Maßnahmen erhalten oder konnten aus Kapazitätsgründen keine differenzierteren bzw. vollständigen Angaben liefern. Zudem ist dringend zu beachten, dass bei den Anga- 2 ben Mehrfachnennungen möglich sind, wenn eine betroffene Person beispielsweise verschiedene Beratungsstellen aufgesucht hat. Die Angaben beziehen sich auf Einzelpersonen . Die Träger weisen auf die Wahrscheinlichkeit hin, dass eine Einzelperson mehrfach Gewalt erlebt haben, die Gesamtzahl der Gewaltvorfälle somit höher sein kann. Tabelle 1: Angaben der Projekte zu homo- und transphoben Vorfällen und Übergriffen auf Geflüchtete in Berlin 2014 - 2016. * = keine Angabe Tabelle 2: Angaben der Projekte zur Verteilung auf lesbische, schwule sowie transgeschlechtliche Betroffene. Die von MILES in Tab. 1 für 2016 ausgewiesenen 70 Vorfälle konnten vom Träger aus Kapazitätsgründen nicht weiter ausdifferenziert werden und sind demnach nicht Bestandteil von Tabelle 2. Ansprechpartnerin und Ansprechpartner der Staatsanwaltschaft Berlin für LSBTI: Die Ansprechpartnerin und der Ansprechpartner der Staatsanwaltschaft Berlin für LSBTI bestätigen, dass es in den letzten drei Jahren Straftaten zum Nachteil von Geflüchteten gegeben hat, die auf einer homo- und/oder transphoben Motivation beruhten und mehrheitlich Beleidigungen, Bedrohungen und Körperverletzungen umfassten. Zu dem Kriterium 'Opfer = Geflüchteter' führen die Ansprechpersonen keine gesonderte Statistik, so dass keine konkreten Zahlen genannt werden können. SenInnDS: Grundlage für die Angaben der Senatsverwaltung für Inneres und Sport bildet der „Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen Politisch motivierter Kriminalität“ (KPMD-PMK). Dabei handelt es sich entgegen der „Polizeilichen Kriminalstatistik“ (PKS) um eine Eingangsstatistik . Die Fallzählung erfolgt tatzeitbezogen, unabhängig davon, wann das Ermittlungsverfahren an die Staatsanwaltschaft abgegeben wurde. Die folgenden statistischen Angaben stellen keine Einzelstraftaten der Politisch motivierten Kriminalität (PMK) dar. Bei der Darstellung handelt es sich um Fallzahlen. Ein Fall bezeichnet jeweils einen Lebenssachverhalt in einem engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit identischer oder ähnlicher Motivlage, unabhängig von der Zahl der Tatverdächtigen , Tathandlungen, Anzahl der verletzten Rechtsnormen oder der eingeleiteten Ermittlungsverfahren. Die Fallzahlen der PMK unterliegen bis zum Abschluss der Ermittlungen – gegebenenfalls bis zum rechtskräftigen Gerichtsurteil – einer Bewertung gemäß der angenommenen Tätermotivation. Darüber hinaus können Fälle der PMK erst nach dem Statistikschluss bekannt und entsprechend gezählt werden. Deshalb kommt es sowohl unter- als auch überjährig immer wieder zu Fallzahlenänderungen. Es werden nur die Fälle gezählt, die gemäß den bundesweit verbindlichen Verfahrensregeln zur Erhebung von Fallzahlen im Rahmen des KPMD-PMK für Berlin statistisch zu zählen sind. Jahr LesMigraS MANEO MILES gesamt 2014 14 k.A.* k.A. 14 2015 58 9 95 162 2016 150 15 70 355 Jahr L S T 2014 3 6 5 2015 16 98 48 2016 16 71 78 3 Im Rahmen des KPMD-PMK erfolgt für Fälle der Hasskriminalität gegen die sexuelle Orientierung keine weitere Differenzierung nach sexuellen Identitäten. Straftaten gegen geflüchtete Menschen und Asylbegehrende können ab dem Jahr 2016 ausgewertet werden, da das entsprechende Unterthema erst mit Wirkung vom 1. Januar 2016 eingeführt wurde. Für die Vorjahre liegen keine recherchierbaren Fallzahlen vor. Aufgrund des Anschlages auf den Berliner Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz und der damit verbundenen polizeilichen Maßnahmen sind im KPMD-PMK Erfassungsrückstände zu verzeichnen, die derzeit durch die Polizei Berlin aufgearbeitet werden. Dadurch kann es bei der Beantwortung von Anfragen zur Nennung von unterschiedlichen Fallzahlen kommen , da diese sich durch die noch immer erfolgenden Nacherfassungen auch weiterhin noch verändern können. Für das Jahr 2016 wurden 11 Fälle bekannt, bei denen geflüchtete Menschen bzw. Asylbegehrende aufgrund ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen Homosexualität bzw. Transgeschlechtlichkeit geschädigt wurden. Tabelle 3: Verteilung der Fälle auf Delikte in 2016. Delikt Anzahl Beleidigung 2 Bedrohung 2 Körperverletzung 3 Gefährliche Körperverletzung 3 Raub 1 2.Wie viele Mitteilungen zu homo- und transphobe Vorfälle und Übergriffen betrafen hierbei das Sicherheitspersonal in Unterkünften für Geflüchtete in Berlin? Zu 2.: Seitens der zuwendungsgeförderten Projekte gibt LesMigraS an, dass in 2015 insgesamt vier und in 2016 insgesamt 47 Vorfälle und Übergriffe gemeldet wurden, die das Sicherheitspersonal von Unterkünften betreffen. Hierbei handelte es sich bei 37 Meldungen um verbale Beleidigungen, bei acht um körperliche und bei zwei um sexualisierte Gewalt . Angaben zu den Unterkünften liegen nicht vor. Das Projekt MANEO meldet für 2015 zwei Betroffene von Gewalt durch Mitarbeitende in Unterkünften. Angaben zu den Unterkünften liegen nicht vor. Den Ansprechpersonen für LSBTI der Staatsanwaltschaft Berlin liegen hierzu keine konkreten Zahlen vor. Im KPMD-PMK wurde bislang kein derartiger Fall für das Jahr 2016 registriert. 3.Wurden entsprechende Meldungen an Integrationsbeauftragten des Landes gerichtet? (Wenn ja, mit welchem Ergebnis?) Zu 3.: Homo- und transphobe Vorfälle und Übergriffe auf Geflüchtete in Berlin wurden bisher der/dem Integrationsbeauftragten nicht gemeldet. Dies ist vermutlich darauf zurückzuführen , dass in der Stadt die LADS als fachkundige Ansprechpartnerin bekannt ist. Aufgrund von berichteten Vorfällen – auch in Zusammenhang mit dem Sicherheitspersonal – hatte auf Initiative der LADS die damals zuständige Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen einen Änderungsantrag zur „Verordnung zur Änderung der Bewachungsverordnung “ (Bundesratsdrucksache: 449/16) zur 867. Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Integration und Sozialpolitik (AIS) des Bundesrates eingebracht. Dieser 4 Änderungsantrag wurde vom AIS-Ausschuss am 29. September 2016 angenommen und am 14. Oktober 2016 in seiner 949. Sitzung vom Bundesrat beschlossen. Die Bewachungsverordnung regelt u. a. die Qualifizierung des Sicherheitspersonals. Die Initiative des Landes Berlin beinhaltete daher u. a., dass das Wissen um die Situation von besonders schutzbedürftigen Geflüchteten wie beispielsweise allein reisenden Frauen, Homosexuellen , transgeschlechtlichen Personen, Menschen mit Behinderung, Opfer schwerer Gewalt sowie die Aneignung von Handlungskompetenz in Bezug auf den Umgang mit und den Schutz dieser Gruppen zum Bestandteil der Unterrichtung sowie der Sachkundeprüfung des Wachpersonals zu machen ist. Die Verordnung über das Bewachungsgewerbe (Bewachungsverordnung - BewachV) wurde entsprechend am 01.12.2016 geändert (siehe auch BGBl. I Nr. 56 vom 02.12.2016, Seite 2692). 4.Welche besonderen Maßnahmen sind im Rahmen des Masterplans „Integration und Sicherheit“ zum Schutz von LGBTI-Geflüchteten im Land Berlin vorgesehen, welche konkreten Maßnahmen wurden umgesetzt und welche sind in diesem Zusammenhang noch in der Bearbeitung? Welche Senatsverwaltungen sind hierfür zuständig und involviert? Zu 4.: Im Rahmen des Masterplans „Integration und Sicherheit“ setzt der Senat vielfältige Maßnahmen um, die LSBTI Geflüchtete vor Gewalt und Diskriminierung schützen sollen und ihnen bei erlebter Gewalt und Diskriminierung Unterstützung bieten. Die Maßnahmen richten sich dabei mehrheitlich direkt an die Zielgruppen, teilweise beispielsweise auch an die sog. Mehrheitsgesellschaft oder sie sind Teil von Angeboten, die sich zwar nicht ausschließlich an LSBTI Geflüchtete richten, aber dennoch ihre besonderen Problemlagen im Fokus haben. Die SenJustVA, LADS verantwortet folgende Maßnahmen: Förderung der Fachstelle für LSBTI Geflüchtete, Förderung niedrigschwelliger psychosozialer Beratung und Begleitung im Handlungsfeld Antigewaltarbeit, Förderung niedrigschwelliger Antidiskriminierungsberatung, Förderung des niedrigschwelligen Case Managements, Förderung des Empowerments für LSBTI Geflüchtete und des Aufbaus von Selbsthilfegruppen , Förderung von Fortbildungen und Schulungen zum Themenfeld LSBTI Geflüchtete für Leitungen und Mitarbeitende in Unterkünften für geflüchtete Menschen (in Kooperation mit dem LAF) und anderen Berufsgruppen, Förderung der Erstellung von Informationsmaterialien, Förderung der Implementierung des Themenfeldes LSBTI im Rahmen des Werte- und Normendialogs, Förderung einer Fachstelle zu Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt, Förderung von Maßnahmen zur Entkräftung von Vorurteilen gegenüber Geflüchteten. Diese Maßnahmen werden fortlaufend umgesetzt und ggf. weiterentwickelt. Eine in Kooperation zwischen der SenJustVA sowie der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung (SenGPG) in Zusammenarbeit mit den Ansprechpersonen für LSBTI der Polizei Berlin, der Ansprechpartnerin und dem Ansprechpartner der Staatsanwaltschaft Berlin für LSBTI, Mitarbeitenden des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (LaGeSo), des Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) sowie zahlreichen 5 Fachleuten aus Nichtregierungs-Organisationen entwickelte Handreichung „Was tun bei Gewalt gegen Frauen und LSBTI in Unterkünften“ wird in Kürze erscheinen. Ein in Kooperation zwischen der SenJustVA, der SenGPG und der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales (SenIAS) und dem Berliner Netzwerk für besonders Schutzbedürftige Flüchtlinge (BNS) entwickelter Gesprächsleitfaden zur Identifizierung von besonderen Schutzbedarfen befindet sich zurzeit in der internen Abstimmung. Die SenInn Sport verantwortet folgende Maßnahmen: Die polizeilichen Ansprechpersonen für LSBTI pflegen engen Kontakt und Informationsaustausch mit staatlichen und nichtstaatlichen Stellen, die mit LSBTI-Flüchtlingsarbeit betraut sind. So empfingen die Ansprechpersonen für LSBTI auf Initiative des Lesben- und Schwulenverbandes Berlin-Brandenburg e.V. (LSVD) bereits 2015 im Polizeipräsidium zwei Delegationen von Geflüchteten und stellten ihre Arbeit vor. Durch die Polizei wurde der Kontakt zur Berliner LSBTI-Flüchtlingsunterkunft in Treptow hergestellt und dieser wird weiterhin gepflegt. Darüber hinaus wurden zwei Informationsveranstaltungen für Geflüchtete durchgeführt. Eine gemeinsam mit MANEO in der LSBTI- Flüchtlingsunterkunft und eine weitere durch eine vom LSVD initiierte Veranstaltung zusammen mit dem Ansprechpartner der Staatsanwaltschaft Berlin für LSBTI. Ziel war es, den anwesenden Geflüchteten die Rolle der Polizei Berlin darzustellen sowie über Handlungsstrategien im Bereich Gewaltprävention zu informieren. Die SenIAS verantwortet folgende Maßnahmen: spezifische Unterkunft für LSBTI-Geflüchtete, Muster-Betreiberverträge inkl. der Anlage zur Leistungs- und Qualitätsbeschreibung, Förderung der Migrations- und Verfahrensberatung für LSBTI-Flüchtlinge, Einrichtung einer Ansprechperson für LSBTI Geflüchtete beim Sozialdienst des LAF. Gewaltschutz für Bewohnerinnen und Bewohner von Gemeinschaftsunterkünften wurde als Zielsetzung u. a. bei der Erarbeitung der geltenden Fassung des Muster- Betreibervertrags explizit durch entsprechende vertragliche Vorgaben berücksichtigt. Die Betreiberinnen und Betreiber sind nach dem Muster-Betreibervertrag verpflichtet, die vertraglichen Leistungen so auszuführen, dass im Rahmen der Möglichkeiten die Voraussetzungen eines gewaltfreien Zusammenlebens im Vertragsobjekt gegeben sind. Dabei sind die nationalen, ethnischen, kulturellen und religiösen Besonderheiten der untergebrachten Personen zu berücksichtigen. Die Einzelheiten ergeben sich aus der Leistungs- und Qualitätsbeschreibung , welche Anlage des Betreibervertrages ist. Im Rahmen dieser Vorgaben ist ausdrücklich auch die Berücksichtigung der Belange von homo- und bisexuellen sowie trans- oder intergeschlechtlichen und queeren Geflüchteten und ggf. die Gewährleistung einer Weitervermittlung dieser Personengruppen an spezialisierte Beratungsstellen verpflichtend vorgesehen. Zur Unterstützung der Betreuung der in der Unterkunft für LSBTI Geflüchtete in Treptow lebenden Personen hat das LAF der Aufstockung der Stelle für den Ehrenamtskoordinator von bisher 25 auf nunmehr 50 Prozent einer Vollzeitstelle zugestimmt. Die Stelle wurde ab April 2017 mit einem Mitarbeiter besetzt. Mit dieser Maßnahme soll der Erkenntnis Rechnung getragen werden, dass es für die dort untergebrachten Geflüchteten zwar einen großen potentiellen Unterstützerkreis in Berlin gibt, dieser sich aber überwiegend nicht im unmittelbaren Wohnumfeld befindet, sondern über das gesamte Berliner Stadtgebiet ver- 6 teilt ist. Der zusätzlich eingestellte Mitarbeiter hat die Aufgabe, dieses wünschenswerte und benötigte ehrenamtliche Engagement für die Unterkunft zu koordinieren. Pläne für die Einrichtung einer zweiten Unterkunft ausschließlich für LSBTI Geflüchtete werden im LAF derzeit nicht verfolgt, da das LAF aktuell - auch im Hinblick auf die im Vergleich zu den Vorjahren stark rückläufigen Zuzugszahlen - keinen entsprechender Bedarf erkennt. Grundsätzlich empfiehlt die Berliner Schwulenberatung auch aus Gründen der Sicherheit für die lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen sowie queeren Geflüchteten vorzugsweise kleinere Standorte. Das LAF berücksichtigt für diese Zielgruppe die Expertise der Schwulenberatung Berlin. 5.Welche Zusatzqualifikationen und Sensibilisierung erhalten Sprachmittler/innen, Lots/innen und Stadtteilmütter in der Arbeit mit LGBTI-Geflüchteten, welche Angebote gibt hierzu und diese zertifiziert? (Aufstellung erbeten.) 6.Welche Qualitätsstandards sind bei der Arbeit der Stadtteilmütter hinsichtlich der Diversity festgelegt und wo sind diese festgeschrieben? (Aufstellung erbeten.) Zu 5. und 6.: Sprachmittlerinnen und Sprachmittler: Im Büro des Integrationsbeauftragten werden auf Honorarbasis Sprachmittlerinnen und Sprachmittler beschäftigt. Bei Auswahl der Honorarkräfte sind interkulturelle Kompetenzen der Bewerberinnen und Bewerber eines der wichtigsten Kriterien. Eine der beiden gegenwärtig in der Beratungsstelle des Integrationsbeauftragten tätigen Sprachmittlerinnen besitzt eine Bescheinigung der IHK Berlin über ihre Teilnahme an einem zweitägigen Seminar „Interkulturelle Kompetenzen im Umgang mit Flüchtlingen“. Die Bewerbung der anderen Honorarkraft enthält die Angabe, dass sie während ihres Studiums an der Freien Universität Berlin im Rahmen eines Projektseminars ein Semester lang einen „Safe Space für Trans- Menschen“ besucht hatte. Das von der LADS zuwendungsgeförderte Projekt „Jo weiß Bescheid“ der Schwulenberatung Berlin entwickelt zurzeit ein Konzept sowie Materialien für ein halbtägiges Training für Sprachmittlerinnen und Sprachmittler, das im 4. Quartal 2017 mit diesen durchgeführt werden soll. Es ist vorgesehen, dass die Teilnehmenden eine Teilnahmebescheinigung erhalten. Lotsinnen und Lotsen: Das von der LADS zuwendungsgeförderte Projekt „Jo weiß Bescheid“ der Schwulenberatung Berlin hat in Kooperation mit der Regiestelle SPI Consult GmbH im Juni 2016 sowie im März 2017 jeweils zweitägige Schulungen für Integrationslotsinnen und -lotsen und für Stadtteilmütter durchgeführt. Die zweitätigen Schulungen beinhalteten am zweiten Tag jeweils eine Exkursion zu verschiedenen für und mit geflüchteten LSBTI arbeitenden Trägern wie der Schwulenberatung Berlin, dem Sonntags-Club, des Café Kuchus, der Fachstelle für erwachsene LSBTI Geflüchtete und dem LSVD Berlin-Brandenburg. Bestandteile der Schulungen sind u.a. Begriffsbestimmungen, sexuelle und geschlechtliche Identität als Fluchtgrund, menschenrechtliche Situationen von LSBTI global, in europäischen Ländern und in Deutschland, rechtlicher Rahmen (z. B. Urteile des EuGH), Bedarfe hinsichtlich Anerkennungsverfahren und Unterbringung, Weitervermittlungskompetenz , gemeinsamer fachlicher und Erfahrungsaustausch sowie die Arbeit an Fallbeispielen. 7 Die Teilnehmenden erhalten eine Teilnahmebescheinigung. Stadtteilmütter: Die drei über das Programm Soziale Stadt der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen geförderten Projekte, Stadtteilmütter in Neukölln, Kiezmütter Mitte und Stadtteilmütter Friedrichshain-Kreuzberg – Netzwerk Elternkompetenzen, haben in ihren Schulungskonzepten Fortbildungen zum Thema LSBTI und Aspekte von Diversity verankert. Alle drei Projekte arbeiten mit dem Neuköllner Curriculum oder angelehnt an dieses. Die Fortbildungen werden durch externes Schulungspersonal mit spezialisierten Trägern durchgeführt. Die Zielgruppen der Stadtteil- und Kiezmütter sind Mütter und Familien mit Kindern. Stadtteilmütter Neukölln: Die Neuköllner Stadtteilmütter erhalten im Rahmen ihrer Basisschulung erste Informationen , Aufklärung und Sensibilisierung zum Umgang mit Fragen der sexuellen Orientierung. Das Thema wird dort für die Basisschulungen unter den Themen Geschlechtsspezifische Erziehung und Rechte des Kindes mit aufgegriffen. In den späteren Aufbauqualifizierungen der Stadtteilmütter während ihrer aktiven Tätigkeit (i.R. der Beschäftigungsmaßnahmen) werden Fortbildungen zum Thema LSBTI durchgeführt . Diese organisiert der Träger, das Diakoniewerk Simeon gGmbH regelmäßig und kooperiert dabei mit Referentinnen und Referenten der Projekte LesMigraS, Maneo und MILES. Der Basiskurs und die Fortbildungen sind nicht zertifiziert. Zukünftig ist geplant, die elf Integrationslotsinnen und Integrationslotsen im Landesrahmenplan , die bei dem Diakoniewerk Simeon gGmbH angestellt sind, auch an der Fortbildung der SPI zu LSBTI Geflüchteten teilnehmen zu lassen. Kiezmütter Mitte: Im Curriculum der qualifizierenden Schulung für angehende Kiezmütter ist ein zweitägiger Workshop zur Sensibilisierung zu LSBTI Themen fest verankert. Die Schulungen werden jährlich, mindestens jedoch alle zwei Jahre im Team wiederholt. Hierzu besteht seit 2006 eine Kooperation mit MILES. Im Bedarfsfall leisten die Kiezmütter Verweisarbeit zu relevanten Stellen. Die Kiezmütter erhalten nach erfolgreicher Schulung das kommunal anerkannte Kiezmütter-Zertifikat. Eine spezielle Zertifizierung zu LSBTI Themen findet nicht statt. Stadtteilmütter Friedrichshain-Kreuzberg: Alle Stadtteilmütter, die über das Landesrahmenprogramm für Integrationslotsinnen finanziert werden, erhalten regelmäßig eine 2-tägige Fortbildung zu dem Thema LSBTI. Die Koordinatorinnen greifen das Thema ebenfalls in den wöchentlich stattfindenden Reflexionstreffen auf und sensibilisieren die Teilnehmenden zu diesem Thema. Qualitätsstandards: In der Basisqualifizierung für Integrationslotsinnen und Integrationslotsen des Landesrahmenprogramms in der Zuständigkeit von SenIAS sind Diversity-Trainings enthalten. Die SPI Consult GmbH ist als Fachstelle des Landesrahmenprogramms beauftragt, die Quali- 8 fizierungen der Integrationslotsinnen und -lotsen zu organisieren. Die SPI Consult GmbH ist zertifiziert nach EN ISO 9001. Zertifikat Nr. 20 100 8581, besitzt eine Trägerzulassung und ist zertifiziert nach AZAV. Aspekte von Diversity sind auch in den Schulungskonzepten der Stadtteil- und Kiezmütter verankert (Neuköllner Curriculum). In den Projekten selbst gibt es keine spezifisch festgelegten Qualitätsstandards. In den Grundsätzen der Arbeit wird jedoch festgelegt, dass sich die Arbeit der Stadtteilmütter auf Respekt und Wertschätzung für die unterschiedlichen religiösen und kulturellen Lebenswelten und Lebensentwürfe der Familien gründet. Von allen Stadtteilmüttern/Kiezmüttern wird erwartet, dass sich diese offen mit den vermittelten Themen der Schulungen auseinandersetzen sowie ein respektvolles und tolerantes Verhalten in ihrer Tätigkeit ausüben. Darüber hinaus sei anzumerken, dass der Träger der Stadtteilmütter Neukölln, Diakoniewerk Simeon gGmbH, in seinem Unternehmensleitbild das Thema Diversity integriert hat. Für die Kiezmütter Mitte finden Diversity-Trainings in Zusammenarbeit mit dem Migrationsrat Berlin-Brandenburg sowie mit der Destiny Diversity Academy zu Themen wie Rassismus , Vorurteilen und Homophobie statt. 7.Sind dem Senat homo- und transphobe Vorfälle und Übergriffe aus dem Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) oder anderen Behörden in Berlin aus den letzten drei Jahren bekannt? (Aufstellung erbeten .) Zu 7.: LesMigraS macht hierzu folgende Angaben: Tabelle 4: Homo- und transphobe Vorfälle und Übergriffe durch Behörden in Berlin. Die Betroffenen berichteten dabei mehrheitlich von der Verwendung beleidigender Begriffe sowie beleidigenden verbalen und nonverbalen sonstigen Äußerungen. Den Ansprechpersonen für LSBTI der Staatsanwaltschaft Berlin liegen hierzu keine Informationen vor. 8.In welcher Form sind die Mitarbeiter/innen der Berliner Behörden hinsichtlich des Umgangs mit LGBTI- Geflüchteten geschult und sensibilisiert? (Aufstellung der Maßnahmen und Schulungen seit 2014 nach Behörden erbeten.) Zu 8.: Das von der LADS zuwendungsgeförderte Projekt „Jo weiß Bescheid“ der Schwulenberatung Berlin hat im November 2016 zwei 3-stündige Schulungen für die bezirklichen Koordinatorinnen und Koordinatoren für Flüchtlingsfragen durchgeführt. Ebenfalls im November 2016 wurde in Kooperation mit LesMigraS eine Schulung für das Referat Qualitätssicherung Unterbringung des LAF durchgeführt. Jahr L S T gesamt 2014 k.A. k.A. k.A. k.A. 2015 LaGeSo BAMF 36 4 3 9 16 1 7 12 20 2016 LAF BAMF Jobcenter 50 3 5 9 17 6 10 11 27 2 4 6 9 Im April 2017 wurden von dem oben genannten Projekt darüber hinaus zwei Schulungen für Mitarbeitende des Landeseigenbetriebs des LAF durchgeführt. Bestandteile der Trainings waren u.a. (siehe auch oben) Begriffsbestimmungen, sexuelle und geschlechtliche Identität als Fluchtgrund, menschenrechtliche Situationen von LSBTI global und in Deutschland, rechtlicher Rahmen (z.B. Urteile des EuGH), Bedarfe hinsichtlich Anerkennungsverfahren und Unterbringung, gemeinsamer fachlicher Austausch, Arbeit an Fallbeispielen . Im vierten Quartal 2016 wurde von der LADS in Kooperation mit der Abteilung Frauen und Gleichstellung eine Fortbildungsreihe zu „Gewaltbetroffene geflüchtete Frauen und LSBTI als besonders schutzbedürftige Gruppen“ für Mitarbeitende des LAF angeboten, die aufgrund der geringen Anmeldezahl nicht stattfinden konnte. Für das zweite Halbjahr 2017 ist geplant, die Fortbildungsreihe erneut für alle Mitarbeitenden der Berliner Senats- und Bezirksverwaltungen anzubieten. Berlin, den 31. Mai 2017 In Vertretung Margit Gottstein Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung S18-11230 S18-11230a