Drucksache 18 / 11 238 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Fréderic Verrycken (SPD) vom 24. April 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Mai 2017) zum Thema: ,,Mehr Zivilcourage!“ und Antwort vom 29. Mai 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Jun. 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz Herrn Abgeordneten Fréderic Verrycken (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/11238 vom 24. April 2017 über „Mehr Zivilcourage!“ ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Was wird seitens des Senats unternommen, um Menschen, die Zivilcourage gezeigt haben und selber zu Opfern von Gewalt wurden, angemessen zu schützen und zu unterstützen? 3. Welche Programme beziehungsweise Maßnahmen seitens des Senats gibt es, um Zivilcourage zu fördern? Zu 1. und 3.: Im Rahmen des Landesprogramms „Demokratie. Vielfalt. Respekt. Gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus“ werden verschiedene Maßnahmen gefördert, die Zivilcourage in Fällen von Gruppenbezogener Menschenverachtung thematisieren . So wird „Zivilcourage“ sowohl in den bildungsbezogenen Maßnahmen, z. B. im Rahmen des Netzwerks „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“ angesprochen als auch in den Beratungsangeboten des „Vereins für demokratische Kultur (VDK) e.V. und der Stiftung SPI Berlin (Sozialpädagogisches Institut). Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) des VDK e.V. hat z. B. in enger Kooperation mit bezirklichen Registerstellen den „Taschenratgeber - aktiv gegen Rechtsextremismus“ entwickelt, der konkrete Hinweise und Empfehlungen für zivilcouragiertes Handeln vermittelt. Die MBR bietet außerdem allgemein Beratung zu Möglichkeiten und Grenzen der Zivilcourage in Fällen von Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus. Personen, die bei rassistischen, rechtsextremen und antisemitischen Vorfällen Zivilcourage gezeigt haben und selber zu Opfern von Gewalt und Bedrohung wurden, können sich an die Opferberatung „ReachOut“ des Vereins Ariba e.V. wenden. ReachOut bietet u. a. Unterstützung bei der Suche nach Rechtsbeistand, Begleitung zu Polizei, Behörden, Gerichtsterminen , Beratung über finanzielle Unterstützung (Prozesskostenhilfe, Entschädigungszahlungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) etc.), psychosoziale Beratung und Vermittlung von therapeutischen Angeboten. 2 Die Polizei Berlin bietet Veranstaltungen für Erwachsene zum Umgang mit Aggression und Gewalt im öffentlichen Raum an. Ein Fokus liegt dabei auf deeskalierendem Verhalten . Entwicklung und Üben von Handlungsmustern zur Vermeidung von Gewalteskalation sowie zum Erlernen sinnvollen Hilfeverhaltens in Gewaltsituationen ist auch Inhalt der Anti- Gewalt-Veranstaltungen an Schulen, die von der Polizei Berlin angeboten werden. Über das Medienportal http://www.polizei-beratung.de der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK) werden verschiedene Verhaltenstipps und Medien zum Thema Zivilcourage bereitgestellt. Über ProPK können auch Unterrichtsfilme mit Begleitheft zur Förderung von Zivilcourage bei Schülerinnen und Schülern ab 10 Jahren angefordert werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Polizei Berlin sind verpflichtet, alle Opfer einer Straftat auf ihre speziellen Rechte und die sich hieraus ergebenden rechtlichen Ansprüche nach dem Opferentschädigungsgesetz hinzuweisen. Zu diesem Zweck wird ein Opferschutzmerkblatt ausgehändigt und ausführlich über Beratungsstellen zum Opferschutz informiert. Darüber hinaus verfügt jede Polizeidirektion über speziell geschulte Opferschutzbeauftragte , die zusätzlich umfassend beraten können und über langjährige bestehende Kontakte zu den Opferschutzorganisationen sowie zur Trauma-Ambulanz verfügen. 2. Wie werden Menschen, die durch Zivilcourage Opfer von Gewalt geworden sind, entschädigt, unterstützt beziehungsweise gewürdigt? Zu 2.: Personen, die bei Unglücksfällen, gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher Gefahr für seine Gesundheit retten, sind bei der Unfallkasse Berlin gesetzlich unfallversichert. Das Gleiche gilt für Personen, die sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen. Erleiden diese Personen bei ihrer Hilfsaktion einen Körperschaden, hat die gesetzliche Unfallversicherung den gesetzlichen Auftrag, ihre Gesundheit mit allen geeigneten Mitteln wiederherzustellen und die Teilhabe am Arbeitsleben sowie am Leben in der Gemeinschaft zu sichern bzw. wieder zu ermöglichen . Wenn die Erwerbsfähigkeit durch den Versicherungsfall länger als ein halbes Jahr um mindestens 20 % gemindert ist, zahlt die Unfallkasse eine Verletztenrente. Den Nothilfe Leistenden und den bei der Verfolgung von Straftätern Hilfe Leistenden ersetzt die gesetzliche Unfallversicherung anders als sonst auch Sachschäden. Außerdem erhalten diese Personen im Versicherungsfall zusätzliche finanzielle Leistungen (sogenannte Mehrleistungen ), auf die andere Versicherte der gesetzlichen Unfallversicherung keinen Anspruch haben. Subsidiär bestehen Ansprüche nach dem Opferentschädigungsgesetz. Die Landeskommission Berlin gegen Gewalt beschäftigt sich als zentrales Berliner Präventionsgremium auch mit dem Themenschwerpunkt Opferschutz. Der Opferbeauftragte des Landes Berlin, Herr Roland Weber, ist zudem ständiges Mitglied der Landeskommission . Mit Unterstützung von Herrn Weber und dem WEISSEN RING wurde der Opferschutz im letzten Jahr beim Berliner Präventionstag „Wenn Menschen Opfer werden“ 3 thematisiert. Hier wurden Projekte und ehrenamtliche Initiativen mit dem Berliner Präventionspreis 2017 für ihr Engagement in der Präventionsarbeit für Opfer geehrt. Daneben gab die Veranstaltung mit verschiedenen Vorträgen fachliche und wissenschaftliche Impulse zum Thema Opferschutz und diente dem Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis. Berlin, den 29. Mai 2017 In Vertretung M. Gerlach Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung S18-11238a S18-11238