Drucksache 18 / 11 246 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Hanno Bachmann (AfD) vom 15. Mai 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Mai 2017) zum Thema: Leer stehende Asylunterkünfte – Ausmaß und Kosten und Antwort vom 06. Juni 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Juni 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales Herrn Abgeordneten Hanno Bachmann (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/11246 vom 15. Mai 2017 über Leer stehende Asylunterkünfte – Ausmaß und Kosten ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1) Sind die in einem Bericht des ZDF-Magazins „Frontal 21“ vom 09.05.2017 gemachten Angaben zutreffend, wonach aktuell 21 % aller Asylbewerberunterkünfte in Berlin leer stehen? Falls nein, wie hoch ist dann aktuell die Leerstandsquote? Mit welcher Leerstandsquote rechnet der Senat bis zum Ende dieses Jahres? 2) Welche Asylbewerberunterkünfte im Einzelnen stehen derzeit vollständig oder teilweise leer (bitte auflisten mit Adresse und Kapazität)? 3) Wie lange sind jeweils die Vertragslaufzeiten derzeit leer stehender angemieteter Asylbewerberunterkünfte und wie hoch ist jeweils die monatliche Miete? Besteht seitens des Senats die Absicht, diese angemieteten Unterkünfte aufzugeben und schnellstmöglich aus den Verträgen auszusteigen oder hält der Senat leer stehende Unterkünfte für den Fall eines erneuten Massenzustroms als Reserve vor? 4) Bestehen in den Mietverträgen Kündigungsrechte, um bei fortbestehendem Leerstand vorzeitig aus den Mietverträgen auszusteigen, und bis wann wäre ein Ausstieg jeweils möglich? Ist der Senat unabhängig von etwaigen Kündigungsrechten in Verhandlungen mit den Vermietern, um vorzeitig aus den Verträgen aussteigen und die Kosten für das Land möglichst gering halten zu können? Bis wann sind Ergebnisse dieser Verhandlungen, sei es positiv oder negativ, zu erwarten? 2 5) Gibt es neben dem ehemaligen Tetra-Pak-Gelände in Reinickendorf weitere vom Senat angemietete Liegenschaften, deren Umrüstung zu Asylbewerberunterkünften sich nach Anmietung als zu teuer erwies und die deshalb derzeit leer stehen? 6) Gibt es leer stehende Asylbewerberunterkünfte, die sich auf im Eigentum des Landes stehenden Liegenschaften befinden? Ist für diese Liegenschaften eine anderweitige Nutzung geplant, und falls ja, bis wann soll diese jeweils umgesetzt sein? 7) Wie hoch sind die Kosten der laufenden Bewirtschaftung (für Reinigung, Bewachung, Instandhaltung etc.) leer stehender Unterkünfte auf landeseigenen Grundstücken? Gibt es für diese Liegenschaften Verträge mit Betreibern von Asylunterkünften, welche derzeit noch laufen, und falls ja, wie sind die Vertragslaufzeiten? Wie hoch sind jeweils die monatlichen Leistungen, welche Betreiber von Asylunterkünften trotz des Leerstandes aufgrund der mit ihnen geschlossenen Verträge erhalten? Lassen sich diese Verträge mit den Betreibern vor der Vertragslaufzeit lösen und finden hierzu Verhandlungen statt? 8) Wie hoch sind die Kosten, die für leer stehende Asylunterkünfte im Jahre 2017 bislang insgesamt aufgelaufen sind und mit welchen Kosten kalkuliert der Senat insoweit für das Gesamtjahr 2017? Zu 1. bis 8.: Aktuell findet eine Konsolidierung des Unterkunftsportfolios des Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) statt. Die im Zuge der hohen Zugangszahlen in 2015 und 2016 provisorisch hergerichteten Notunterkünfte werden auf Basis ihrer Eignung für die langfristige Unterbringung geprüft. Daran schließt sich die Wirtschaftlichkeitsprüfung des Umbaus zu einer Erstaufnahmeeinrichtung bzw. Gemeinschaftsunterkunft an. Dies wird zu einer deutlichen Verbesserung der Unterbringungssituation der betroffenen Menschen führen. Für die Vorbereitung der nötigen Umzüge aufgrund von Schließungen oder Umbaumaßnahmen ist die Schaffung von Platzreserven notwendig. Es wurden zunächst Belegungsstopps für Unterkünfte ausgesprochen, die in den nächsten Monaten geschlossen werden, um die nötigen Platzreserven für anstehende Umzüge und unvorhergesehene Ereignisse zu schaffen. Zum Stichtag 17.05.2017 hält das LAF folgende Platzzahlen in Flüchtlingsunterkünften vor: Art der Unterkunft Kapazität Belegung Auslastung Erstaufnahmeeinrichtung 2.597 2.254 86,79 % Gemeinschaftsunterkunft 15.646 14.790 94,53 % Notunterkunft 19.539 11.996 61,40 % Im Bereich der Erstaufnahmeeinrichtungen resultiert der Leerstand hauptsächlich aus einem Belegungsstopp für die Unterkunft in der Motardstraße. Diese weist erhebliche bauliche Mängel auf und soll freigezogen werden, sobald Plätze in einer ausreichenden Qualität im Sozialraum zur Verfügung stehen. 3 In der Unterkunft in der Großkurthstraße / Karower Chaussee konnten wegen eines Brandschadens 176 Plätze nicht belegt werden. Die Unterkunft wurde saniert, so dass die 176 Plätze in Kürze wieder für die Belegung zur Verfügung stehen. Unabhängig von den derzeitigen Umschichtungsprozessen sind nicht belegbare Plätze, die sich aus der Belegungsstruktur der jeweiligen Unterkunft ergeben, vorhanden. Falls beispielsweise eine 3-köpfige Familie untergebracht werden soll und nur 4-Bett- Appartments zur Verfügung stehen, ist ein Platz nicht belegbar. Zwei leerstehende Objekte befinden sich nicht auf landeseigenen Grundstücken. Die Flächen dieser Standorte stehen für die Unterbringung von Geflüchteten grundsätzlich zur Verfügung, es bestehen jedoch für beide Objekte keine Verträge mit Betreiberinnen bzw. Betreibern. Es handelt sich zum einen um die ehemalige Fabrikhalle in der Hennigsdorfer Str. in Reinickendorf. Diese wurde in 2015 zu Zeiten der höchsten Zugangszahlen angemietet. Für den Fall, dass die Zugangszahlen auf dem hohen Niveau des zweiten Halbjahres 2015 verblieben wären, hätte das Land Berlin einen deutlich höheren Bedarf an Unterkunftsplätzen gehabt, der nur durch die Belegung von großen Unterkünften hätte gedeckt werden können. Durch den Rückgang der Zugangszahlen nach dem ersten Quartal 2016, bestand nicht mehr die Notwendigkeit, die hohen Investitionen zur Herrichtung der Fabrikhalle zu tätigen. Um den Standort zu einer Unterkunft für Geflüchtete zu qualifizieren, wären erhebliche Mittel erforderlich. Hiervon wurde aus Gründen der Wirtschaftlichkeit auch im Zuge der Entscheidung des Senats, landeseigene Unterkünfte (Tempohomes und modulare Unterkünfte für Flüchtlinge) zur qualitativ hochwertigeren Unterbringung zu errichten, Abstand genommen. Der Standort wird zu Teilen als Lagerhalle genutzt, alternative Nutzungsmöglichkeiten werden geprüft. Ergänzend hierzu wird auf die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage 18/10694 verwiesen. Über diese Beantwortung hinaus handelt es sich bei den Mietkonditionen um vertrauliche Daten, die im Hinblick auf die wettbewerblichen Interessen der Vertragspartner nicht veröffentlicht werden können. Zum anderen wird für einen kurzfristigen erneuten Anstieg der Zugänge von Geflüchteten vom Land Berlin seit Juni 2016 eine Reserveunterkunft für bis zu 500 Personen in Form von drei Traglufthallen auf dem Gelände der ehemaligen Schmidt- Knobelsdorf-Kaserne in Spandau vorgehalten. Die Hallen befinden sich im Eigentum des Landes Berlin. Das Grundstück wird dem Land Berlin mietfrei von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) überlassen. Eine künftige Nutzung der Traglufthallen im Rahmen der Kältehilfe wird derzeit geprüft. 4 Die Erfahrungen aus dem Jahr 2015 haben gezeigt, dass das Vorhalten von kurzfristig nutzbaren Kapazitäten im Falle von unerwartet hohen Flüchtlingszugängen geboten ist, um im Notfall nicht auf Sporthallen oder andere ungeeignete Unterbringungsmöglichkeiten zurückgreifen zu müssen. Berlin, den 06. Juni 2017 In Vertretung Daniel T i e t z e _____________________________ Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales S18-11246 S18-11246a