Drucksache 18 / 11 277 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) vom 18. Mai 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Mai 2017) zum Thema: Verfahren gegen Mitarbeiter im Justizvollzug II und Antwort vom 07. Juni 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Juni 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Herrn Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/11277 vom 18. Mai 2017 über Verfahren gegen Mitarbeiter im Justizvollzug II -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Auf meine Anfrage 18/10823 "Verfahren gegen Mitarbeiter im Justizvollzug" betreffend die Jahre 2011 bis 2016 hat die Staatssekretärin Gerlach erklärt, "spezifische Zahlen von Verfahren gegen Mitarbeiter im Justizvollzug würden nicht erhoben." 1. Da nach II. Nr. 1.2 der Allgemeinen Verfügung - AV - der Senatsverwaltung für Justiz vom 31. März 2011 - 3262/1/4 - über die Berichtspflichten in Strafsachen stets in Ermittlungsverfahren, die Anlass zu Maßnahmen der Dienst- und Fachaufsicht geben können sowie nach Nr. 2 generell gegen Bedienstete der Justiz an die Senatsverwaltung für Justiz zu berichten gewesen ist, sofern es sich um Angehörige des höheren Dienstes gehandelt hat und nicht alsbald erkennbar war, dass offensichtlich unbegründete Vorwürfe erhoben worden sind, liegen für die Dauer der Gültigkeit der Senatsverwaltung Angaben zu meiner Anfrage vor. Weshalb hat der Senat die Anfrage objektiv unzutreffend beantwortet? Zu 1: Der Senat hat die Frage objektiv richtig beantwortet. 2. Ich frage daher erneut: wie viele Strafanzeigen und wie viele Ermittlungsverfahren hat es in den Jahren 2011 bis 2016 wegen jeweils welchen Tatverdachts gegen Mitarbeiter in den Justizvollzugsanstalten des Landes Berlin im Zusammenhang mit ihrer dienstlichen Tätigkeit gegeben? 3. In wie vielen dieser Verfahren ist Anklage erhoben worden und wie war jeweils die Verurteilungsquote in den jeweiligen Jahren? Zu 2. und 3.: Wie schon in der Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/10823 berichtet , werden die erfragten Zahlen statistisch nicht erhoben. Richtig ist, dass die zitierte Berichtspflicht besteht. Diese umfasst indessen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Justizdienstes. Eine Unterscheidung nach Dienstbehörde und damit eine Identifizierung der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Justizvollzugs erfolgt nicht. Auch die Staatsanwaltschaft erfasst die fraglichen Ermittlungsverfahren nicht gesondert, so dass eine entsprechende Eingrenzung nicht möglich ist. 2 4. Weshalb sind bei der Vollzugsplankonferenz (§ 9 Abs. 5 Satz 1 StVollzG Bln) im geschlossen Vollzug, die nach dem Diagnostikverfahren (§ 8 StVollzG Bln) über die Unterbringung im offenen Vollzug (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 StVollzG Bln) entscheidet, keine Mitarbeiter/innen der Vollzugseinrichtungen des offenen Vollzuges beteiligt? 5. Diese fehlende Einbindung erscheint auch deshalb schädlich, weil nach § 9 Abs. 8 StVollzG Bln die Aushändigung des Vollzugs- und Eingliederungsplans und seiner Fortschreibungen an den Gefangenen vorgesehen sind. Damit ist der Gefangene über die Selbstbindung der Vollzugsbehörde informiert und verlässt sich naturgemäß auf die getroffenen Regelungen. Eine für ihn positive Veränderung durch eine Vollzugsplankonferenz in der Anstalt des offenen Vollzuges wird er demnach sicher leichter akzeptieren als eine negative - so wie sie im 2. und 3. Absatz der Beantwortung der Frage 3 aufgeführt sind - Veränderung nicht, da sie für ihn völlig unerwartet kommt und - möglicherweise - nicht vorhersehbar erscheint. Diese als willkürlich empfundene Entscheidung stärkt naturgemäß nicht das Vertrauen des Gefangenen in das Funktionieren staatlicher Ordnung. Weshalb hält der Senat trotzdem an dieser Praxis fest? Zu 4. und 5.: Das Berliner Strafvollzugsgesetz (StVollzG Bln) sieht in § 9 Abs. 5 Satz 1 ausdrücklich vor, dass die Anstalt zur Erstellung und Fortschreibung des Vollzugs- und Eingliederungsplans eine Konferenz mit den an der Vollzugsgestaltung maßgeblich Beteiligten durchführt. Nach Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck der Bestimmung erfasst diese nur Personen, die während des bislang erfolgten Vollzugs eigene Erkenntnisse über den Gefangenen gewinnen konnten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des offenen Vollzuges sind in diesem Sinne grundsätzlich nicht an der Gestaltung des geschlossenen Vollzuges beteiligt. Daher nehmen sie in Ausnahmefällen des internen Übergangsmanagements an den Konferenzen des geschlossenen Vollzuges teil. Eine nach der Verlegung erfolgende Prüfung der Behandlungs- und Lockerungsplanung im offenen Vollzug auf der Grundlage eigener Erkenntnisse zur/zum Inhaftierten ist sinnvoll , da sich die vollzuglichen Bedingungen im offenen von denen im geschlossenen Vollzug unterscheiden. Die/der Inhaftierte wird selbstverständlich über die Bedingungen im offenen Vollzug und die dort erfolgenden Untersuchungen informiert. Die Gefahr eines „Vertrauensverlustes in das Funktionieren staatlicher Ordnung“ ist daher ausgeschlossen . Berlin, den 7. Juni 2017 In Vertretung M. Gerlach Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung S18-11277 S18-11277