Drucksache 18 / 11 501 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Fréderic Verrycken (SPD) vom 04. Mai 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Juni 2017) zum Thema: Schiffsabgase und Antwort vom 16. Juni 2017 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Juni 2017) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Fréderic Verrycken (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/11 501 vom 04.05.2017 über Schiffsabgase Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie hoch ist der Schadstoffausstoß durch Schiffmotoren in den letzten 10 Jahren p.a. gewesen? Antwort zu 1: Das von Senat als Grundlage für den Luftreinhalteplan 2015 erstellte Emissionsinventar (http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/luftqualitaet/de/emissionen/ekataster_2015. shtml) gibt für die beiden relevantesten Schadstoffe Stickstoffoxide und Feinstaub (PM10) jährliche Gesamtemission durch den Schiffsverkehr in Berlin von jeweils 250 t/Jahr bzw. 9,6 t/Jahr an. Frühere, weniger genaue Schätzungen aus dem Jahr 2009 ergaben 196 t/Jahr an Stickoxidausstoß und 5 t/Jahr an Partikelemissionen. Zum Vergleich: Der Ausstoß des Berliner Kfz-Verkehrs beträgt knapp 7000 t Stickoxide/Jahr und etwa 630 t Feinstaub (PM 10)/Jahr. Frage 2: Gibt es regionale Hotspots und wenn ja, wo? Antwort zu 2: Anders als der Straßenverkehr, dessen Emissionen sich in stark befahrenen Straßenschluchten aufgrund der Barrierewirkung der umliegenden Gebäude nur relativ schlecht ausbreiten und deshalb häufig zu Grenzwertüberschreitungen führen, werden Schiffsemissionen relativ schnell verdünnt, so dass die dadurch erzeugte Zusatzbelastung in dem für Überschreitungen der Luftqualitätsgrenzwerte maßgebenden Tages- oder Jahresmittel kaum zu Buche schlägt. Daher gibt es in Berlin in der Nähe der Wasserstraßen keine Hot Spots, wo Grenzwertüberschreitungen zu erwarten sind. 2 Allerdings tragen die Schiffsemissionen zur stadtweiten Hintergrundbelastung bei und sie führen in unmittelbarer Nähe der Uferbereiche zu Geruchsbelästigungen. Frage 3: Was hat der Senat in den letzten 10 Jahren unternommen, um die erhebliche Schadstoffbelastung durch veraltete Schiffmotoren zu begrenzen. Antwort zu 3: Um bei den Reedereien von Fahrgastschiffen Anreize für eine Reduzierung der Emissionen von Dieselrußpartikeln zu schaffen, wurde von der für den Umweltschutz zuständigen Senatsverwaltung bereits vor fünf Jahren ein Pilotprojekt zur Nachrüstung von Fahrgastschiffen mit Dieselrußfiltern durchgeführt. Dabei wurde nachgewiesen, dass die Filternachrüstung bei Fahrgastschiffen in der Praxis funktioniert und daraufhin ein Förderprogramm aufgelegt, das die Einbau- und Filterkosten für die Reeder zu 50 % abdeckt. Das Förderprogramm wurde bisher nicht in Anspruch genommen, weil gegenüber den Reedereien, welche die Fahrgastschifffahrt betreiben, keine rechtliche Handhabe für verbindliche Umweltauflagen besteht. Hinzu kommt, dass die mit Schiffen befahrbaren Gewässer in Berlin ganz überwiegend Bundeswasserstraßen sind, zum Teil mit übergeordneter oder sogar internationaler Bedeutung für die Frachtschifffahrt. Damit liegt die Regelungskompetenz für die Schifffahrt in Berlin bei der Bundesregierung, was die Grenzwerte für den Schadstoffausstoß von Schiffsmotoren angeht sogar beim europäischen Gesetzgeber. Die aufgrund des o.g. Modellprojekts gestiegene Sensibilität der Öffentlichkeit für das Thema Rußemissionen aus Fahrgastschiffen hat immerhin zu einer wachsenden Bereitschaft zumindest bei den größeren Fahrgastreedereien geführt, in die Modernisierung der Motoren ihrer Schiffe zu investieren. Für die wenigen verbleibenden Landeswasserstraßen Berlins hat Berlin eine Landesschifffahrtsverordnung erlassen. Gemäß § 14 Landesschifffahrtsverordnung gelten beim Stillliegen von Wasserfahrzeugen sehr strenge Regularien. So ist "jedes unnötige und vermeidbare Laufenlassen von Verbrennungsmotoren verboten". Darüber hinaus dürfen Verbrennungsmotoren beim Stillliegen nicht zur Stromerzeugung benutzt werden, soweit in Häfen, an Umschlagstellen oder Liegestellen Landstromanschlüsse für die Schifffahrt vorhanden sind. Verstöße werden als Ordnungswidrigkeit geahndet. Mit diesen strikten Vorschriften schöpft der Senat seit geraumer Zeit alle Spielräume aus, die ihm im Bereich des Schifffahrtsaufsichtsrechts gegeben sind. Was die Fahrgastschifffahrt angeht, bei der der Stromverbrauch aufgrund der Gastronomie an Bord höher ist als bei der sonstigen Berufsschifffahrt, hat der Senat bereits im Vorfeld der Erarbeitung des Berlin Luftreinhalteplans die Möglichkeit der Landstromnutzung zur Energieversorgung von Schiffen während der Liegezeiten an Anlegestellen geprüft, um das Laufenlassen der Dieselmotoren zu diesen Zeiten zu reduzieren. Die Prüfung ergab allerdings, dass diese Maßnahme in der Praxis kaum sinnvoll ist, da die Liegezeiten tagsüber an den einzelnen Anlegestellen meist so kurz ist, dass eine Umstellung auf Landstrom im Vergleich zum Aufwand und den Infrastrukturkosten nur einen geringen Umweltnutzen bringen würde. Für das Land Berlin besteht nur dann eine Möglichkeit, Umweltvorgaben für den Betrieb von Fahrgastschiffen festzulegen, wenn Berlin als Auftraggeber fungiert. Dies geschieht bereits über den Berliner Nahverkehrsplan, der Umweltstandards für Fähren festlegt, die im Auftrag Berlins betrieben werden. So wird auf die besondere Eignung von Elektroantrieben als schadstoffarmer Antrieb verwiesen und für Dieselmotoren die 3 Ausrüstung mit Partikelfiltern gefordert, die die Partikelmasse um mindestens 90 % reduzieren. In diesem Jahr werden auf den Fährlinien zunehmend Solarfähren eingesetzt. Die Linie Wannsee-Kladow wird mit einem modernen Schiff mit Dieselantrieb inklusive Filter betrieben, dessen Stickoxidemissionen ebenfalls deutlich reduziert sind Frage 4: Was plant der Senat auch in Hinblick auf die Erfahrungen der letzten Jahre mit dem kaum genutzten Landes -Zuschuss derprogramm in Hinblick auf Erneuerung oder Nachrüstung der Schiffsmotoren? Antwort zu 4: Angesichts der mangelnden rechtlichen Möglichkeiten zur Regulierung des Schiffsverkehrs in Berlin besteht kaum Aussicht auf verstärkte Nutzung von Fördergeldern für die nicht verpflichtende Nachrüstung von Partikelfiltern, weil für die Reedereien auch bei Inanspruchnahme der Förderung zusätzliche Kosten entstehen. Solange sich die rechtlichen Rahmenbedingungen nicht ändern, hält der Senat eine Neuauflage des Förderprogramms für nicht zielführend, zumal die Verwendung von Geldern aus dem europäischen Fonds für regionale Entwicklung aufgrund der geänderten Förderbedingungen für Maßnahmen zur Luftreinhaltung sehr viel schwieriger geworden ist. Gleichwohl wird der Senat noch mal mit den Fahrgastreedereien Gespräche führen, um zu eruieren, welche Rahmenbedingungen für eine Förderung der Nachrüstung auf größere Akzeptanz treffen. Immerhin wird das Förderprogramm des Bundes zur Erneuerung von Schiffsmotoren auch von Berliner Reedereien genutzt, weil durch die neue Motorisierung auch eine Kraftstoffund Wartungskosteneinsparung verbunden ist. Berlin, den 16.06.2017 In Vertretung S t e f a n T i d o w ................................ Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz S18-11501 S18-11501a